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Hohenstein Ernstthalkl Anzcign Tageblatt für Lohenstein-KrnMak, Gverlungwih, Gersdorf, Kermsdorf, Wernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. - Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche und Privat-Anzei-e«. m Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonnement: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Durch die Post bezogen Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. 25 Mk. excl. Bestellgeld. Jnsertionsgebühreu: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 1V Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Nr. 122. Freitag, den 29. Mai 1903. 30. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Flaschenbierhändlers Paul Adolf Uhlig in Hohen stein-Ernstthal wird nach Abhaltung des Schluß termins hierdurch aufgehoben. Hohenstein-Ernstthal, 22. Mai 1903. Königliches Amtsgericht. Auf dem die Firma F. Oscar Zwingenberger betreffenden Blatte 45 des Handelsregisters für Hohenstein-Ernstthal ist heute verlautbart worden, daß der Mitinhaber Fabrikant Franz Oscar Zwingen berger aus der Firma ausgeschieden ist. Hohenstein-Ernstthal, am 26. Mai 1903. Königliches Amtsgericht. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Baumeisters Oswald Pohle in Hohenstein-Ernst thal ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Ver walters, sowie über die Erstattung der Auslagen und die Gewährung einer Vergütung an die Mit glieder des Gläubigerausschusses der Schlußtermin auf den 19. Juni 1903, vormittags 11 Uhr vor dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte bestimmt worden. Hohenstein-Ernstthal, den 26. Mai 1903. Der Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Pfingstfest «nd Wahl- vorbereittmg. Als vor einigen Monaten amtlich bekannt ge geben wurde, daß die Neuwahlen zum deutschen Reichstage am 16. Juni stattfinden sollten, da wurde von verschiedenen Seiten die Befürchtung ausgesprochen, daß die diesjährige Pfingstfeier durch die Wahlagitation gestört werden würde. Und nun ist gerade das Umgekehrte eingetroffen, die Vorbereitung auf das Fest ist nicht durch die Wahlen, wohl aber ist die Wahlagitation durch das bevorstehende Pfingstfest eingeschränkt worden. Daraus geht hervor, daß dem deutschen Volke das schöne Fest, das wir in wenigen Tagen feiern, doch weit wichtiger ist und weit mehr am Herzen liegt, als der Wahllärm. Und diese Tatsache wiederum ist ein Beweis dafür, wie viel höher der Familiensinn des deutschen Volkes entwickelt ist, als der politische Sinn. Im Auslande begreift man garnicht, wie der Deutsche, der gegenwärtig mitten im Wahlkampfe steht, mit herzlichster Hin gabe die Festvorbereitungen treffen mag, wie die große Mehrheit des Volkes von politischer Leiden schaft so gänzlich verschont bleibt. Im Auslande treten alle andern Rücksichten gegen die Wahlen so vollkommen zurück, daß die Wahlen in mehreren Staaten grundsätzlich an Sonntagen vorgenommen werden und daß z. B. in Frankreich kein Mensch etwas darin finden würde, wenn eine allgemeine Wahl auf den ersten oder zweiten Pfingstfeiertag anberaumt würde. Damit sollte man uns in Deutschland kommen! Auch wir wissen die Be deutung einer Reichstagswahl nach ihrem Werte zu schätzen, aber wir wissen doch andererseits auch, daß sich der Vollzug solcher Wahl in aller Ruhe und Leidenschaftslosigkeit bewerkstelligen läßt. Ab gesehen von einer kleinen Schaar politischer Heiß sporne läßt sich im deutschen Volke kein Mansch seine Pfingstfreude durch den Wahlkampf be schränken. „Mein Haus ist meine Burg", so lautet des deutschen Mannes Grundsatz, unter dessen Befolgung die öffentlichen Angelegenheiten keines wegs leiden. Der gute Familienvater wird auch stets ein guter Staatsbürger sein und es nicht an sich fehlen lassen, wenn das Allgemeinwohl seiner bedarf. Aber Politik nur um der Politik willen treiben, den Kampf nur um des Kampfes willen aufsuchen, kurz, politische Leidenschaftlichkeit künstlich erzeugen, das ist nicht deutsche Art. Und wir sind stolz darauf, daß dem so ist. Wir begrüßen es mit Genugtuung, daß die gesamte Wahlagitation die Pfingstvorbereitungen und die Freude auf das schöne Fest nicht im geringsten zu beeinträchtigen vermocht hat. Zum Aall Hüssener. Der zu 4 Jahren und 1 Woche Gefängnis und Degradation verurteilte bisherige Fähnrich zur See Hüssener hat durch seinen Verteidiger gegen das Urteil des Marinekriegsgerichts Be rufung einlegen lasten. Die Verurteilung des Hüssener zur Degradation hat, wie dem „B. L.-A." geschrieben wird, zur Folge, daß der Verurteilte nach der Verbüßung seiner Strafe der allgemeinen Dienstpflicht, so weit er ihr nach den Bestimmungen des Gesetzes noch nicht vollkommen genügt hat, als gemeiner Matrose nachkommen muß. Der aktiven Dienstzeit hat Hüssener als Freiwilliger bereits genügt. Die Offizierslaufbahn ist ihm, wenigstens im Frieden, abgeschnitten. Würde er während eines Krieges eingezogen und zeichnete er sich während desselben in hervorragender Weise durch Tapferkeit und Charakterstärke aus, so wäre es nicht ausgeschlossen, daß sich ihm die Offizierskarriere wieder öffnete, vorausgesetzt, daß sich ein Offizierkorps findet, das ihn aufnimmt. Die freikonservative „Post" sagt: Im Hinblick auf das Strafmaß kann man nur sagen, daß Hüssener gnädige Richter gefunden hat, welche alle zu seiner Entlastung dienenden Momente inbetracht zogen und sich nicht von der ungewöhnlichen Tragik des Falles auf der einen und der wenig sympa thischen Persönlichkeit des Angeklagten auf der andern Seite bei der Prüfung des Sachverhalts beeinflussen ließen. Die Unreife des Angeklagten hätte nach Meinung des Blattes als strafmildernd nicht inbetracht kommen können, da von einem Menschen, der das Offiziersexamen bestanden hatte und jeden Tag zum Offizier berufen werden konnte, soviel verlangt werden muß, daß er genau mit den Vorschriften bekannt ist, die den Waffengebrauch regeln und die Behandlung trunkener Untergebener betreffen. Die „Nat.-Ztg." und ähnlich das „Berl. Tage blatt" befürchten, daß die Auffassung über diese Bestimmungen in den beteiligten Kreisen dem Hüssener doch wohl einen gewissen Anlaß zu seiner Ueberzeugung gegeben haben könnten, er sei zu seinem Vorgehen berechtigt und verpflichtet gewesen. Der Staatsanwalt erklärte zwar, Hüssener könne auf Grund der Vorschriften diese Ueberzeugung nicht gehabt haben. In dieser Beziehung hat aber der Gerichtshof dem Hüssener offenbar Zugeständ nisse gemacht. Dadurch ist seiner Auffassung, er habe seine harte Soldatenpflicht getan, im gewissen Grade eine Billigung erteilt worden, die im Ver ein mit dem Verlauf der Verhandlung dem Ge danken Nahrung gibt, daß Hüsseners falsche Auf fassung der Instruktion nicht so ganz als selbst verschuldet zu betrachten ist. Dafür zu sorgen, daß die richtige Instruktion auch im richtigen Geiste in die jungen Leute übergeht, sei Sache der Marine verwaltung. Ganz unbefriedigt von dem Urteil ist die liberale „Volksztg.": Daß die Gesetze es ermöglichen, für ein so schweres Verbrechen eine so milde Strafe zu verhängen, daß die Verhältnisse es ermöglichen, einem jungen Menschen solchen Gebrauch der Waffe zu gestatten, das sei ebenso traurig, wie die Nieder- metzelung eines deutschen Soldaten durch einen andern mitten im tiefsten Frieden! Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. Berlin, 28. Mai. Herzog Karl Eduard von Koburg-Gotha wird auf Einladung de« Kaiser paare» die Pfingstseiertage im Neuen Palais bei Potsdam verleben. Er begleitet dann die Majestäten nach Frankfurt a. M. zum Sängerfest und begibt sich von dort zurück nach Bonn zur Wiederaufnahme seiner Studien. — Zur Feier bei Döberitz. Für die am heutigen 28. Mai und am 29. auf dem Truppenübungsplatz Döberitz unweit Berlin statlfindenden großen mili tärischen Schauspiele find auf ausdrücklichen Befehl des Kaiser« die ausgedehntesten Absperrungen vor genommen worden; selbst militärische Zuschauer sollen zu einzelnen Vorgängen nicht zugelaffen werden. Die Ausschmückung de» Festplatze« ist beendet. Sowohl auf dem Marsch nach dem UebungSplatz am Donnerstag wie auch auf der Rückkehr am Freitag wird ein Teil der Berliner Gardetruppen, insbesondere Kavallerie, mit Ponton« über die Havel setzen. Donnerstag abend ist großer Zapfenstreich der Musikkorp« der Berliner, Pot«- damer und Spandauer Garnison. Freitag mit tag wird der Denkstein für Friedrich den Großen feierlichst enthüllt, und zwar nach der großen Ge- fecht«übung und im Anschluß an die Parade über sämtliche Truppen. — Da- Militär-Wochenblatt schreibt zu der Feier u. a.: Am 1. September d. I. sind 150 Jahre verflossen, seit eine Armee von Die schwarze Dame. Eine Pfingstgeschichte von H. Limpurg. (Nachdruck verboten.) „Und ich sage dir, Luise, es ist mein Wille, daß du Baron Freising heiratest. Sein Onkel, dein Pate, hat eS so bestimmt, daß in diesem Falle die Hälfte der Erbschaft dir gehören soll, während sonst daS ganze Vermögen dem Neffen allein zufällt. Nun ist er so pietätvoll, daß er morgen hierher kommen und dich um dein Jawort bitten will, statt das Geld ganz allein zu behalten. Ich wünsche es also ganz kategorisch, daß du ihn nimmst. Hast du gehört?" „Ja, Popa, aber ich —" „Nichtsda!" fuhr der alte General von Bohlen in die Höhe, „ich bin ein alter, an unbedingten Gehorsam gewöhnter Mann und lasse mir am aller- wenigsten von meinem einzigen Kinde Einwendungen machen. Also richte dich danach, Luise." „Du weißt, Papa, daß — daß ich — eine andere Neigung —" Der General lachte spöttisch: Komm mir nur nicht mit dem dummen Zeug. Du spielst wohlauf den jungen Feldheim an, der hier in der Nachbar schaft Stoppelhopser ist c Daraus wird nie etwas, denn der Mensch hat keinen roten Heller." „Aber Herr von Feldheim ist sonst ein Ehrenmann." „DaS will ich ihm auch gewiß nicht bestreiten, nur soll er dich nicht bekommen, denn ihr müßtet alle beide am Hungertuche nagen. Also am zweiten Pfingstseiertage ist BerlobungSdiner, und ich bitte mir'S aus, daß du keine Einwände erhebst und alles aufS beste besorgst." In den blauen, großen Augen des schönen, blonden Mädchen« schimmerte eine Träne, doch um den Mund prägte sich in demselben Moment ein Zug von Energie und Trotz aus, und ohne dem Vater eine Antwort zu geben, wollte sie hinaus gehen. Doch der General rief herrisch : „Verstanden, Luise?" so daß sie ruhig, wennschon klanglos ant wortete: „O gewiß, Papa, ich will sogleich die Zimmer des Barons in Ordnung bringen lassen. „Auf Wiedersehen!" lächelte sie dann mühsam, denn das Weinen war ihr noch immer näher als das Lachen. „So ist das Mädel", nickte Herr von Bohlen mürrisch, „verschlossen wie eine Auster, und doch möchte ich wetten, daß sie im innersten Herzen einen zähen Widerstand nährt. Aber wir werden ja sehen, ob es ihr etwas hilft; sie muß Freising zusagen; ich kann ihr nichts mitgeben, denn wenn ich sterbe, bleibt kein Kapital mehr übrig." Luise ging stillschweigend ihren häuslichen Ver richtungen nach, welche alle tadellos in Ordnung waren, aber immer energischer prägte sich der Widerstand um den kleinen roten Mund, und auch in den Augen flammte eS ganz eigentümlich. Sie schrieb noch vor dem Mittagessen ein kleines Billet, gab es dem Kammermädchen zu besorgen und begab sich sodann in den Speisesaal, als sei nichts geschehen. Am nächsten Morgen langte Baron Freising an, ein hoher, stattlicher, ziemlich ernster Mann mit dunkelblondem Vollbart und regelmäßigen GesichtS- zügen. Luise, die seine Ankunft von dem Fenster ihres Gemaches aus beobachtete, mußte sich gestehen, daß eS eine äußerst einnehmende, männliche Er- scheinung war, und dennoch grollte sie ihm. WaS kam er auch hierher, um sie zu werben? Ohne Liebe, nur des Geldes wegen! Sie vergaß gänz. lich, daß beim Scheitern jenes HeiratSplanes nicht er, sondern sie selbst benachteiligt sein würde. Langsam, widerwillig ging sie zum Frühstück hinab, doch fest entschlossen, sobald sich eine Gelegen heit bieten würde, mit dem Baron zu sprechen und ihm offen die ganze Sachlage zu schildern. Der General und sein Gast waren bereits in heiterer animierter Unterhaltung, als die junge stellvertretende Hausfrau eintrat. Freising begrüßte sie mit einer tiefen huldigenden Verneigung und küßte die kleine, ihm zum Willkommen gebotene Hand. Man nahm Platz, und bald entwickelte sich eine recht animierte Unterhaltung, in die sich auch Luise halb gegen ihren Willen verflochten sah. Sie mußte sich gestehen, daß Freising ein vollendeter Edelman sei, und mit einem Male erwachte ein Gefühl deS Vertrauens zu ihm, so daß sie beinah sehnsüchtig einer Unterhaltung mit ihm entgegensah. Doch so bald schien sich die Gelegenheit zu einer solchen nicht zu finden. Die Herren kamen auf landwirtschaftliche Angelegenheiten zu sprechen und vertieften sich so völlig darein, daß Luise sich geräuschlos erhob und das Zimmer verließ. — Baron Freising hatte seinen Diener mitgebracht, und als derselbe bei ihm eintrat, um die Sachen zu besorgen, erkannte sein Herr an dem geheimnis vollen Lächeln, daß Johann etwas auf dem Herzen habe. „Nun, wie gefällt es dir hier im Schlosse?" fragte er lächelnd. „Ganz gut, gnädiger Herr, sogar recht gut, aber wenn ich nur wüßte, wie eS mit dem Gespenst steht." „Welches Gespenst ? Bist du närrisch geworden ?" „O nein, gnädiger Herr; es soll nämlich im Schloß alle Jahre um die Pfingstzeit die schwarze Dame umgehen, und — und — gestern ist sie wieder erschienen. Ganz schwarz verhüllt und nur ein kleines brennendes Lichtchen in der Hand haltend." „Ein vorsichtiges Gespenst! Da kann es doch wenigstens nicht die Nase brechen." „ES ist eine frühere Schloßfrau", berichtete Johann weiter, dem es sichtlich Wohler wurde, je mehr er die große Neuigkeit von der Seele wälzen konnte, „die ihren Mann gemordet hat und zwar an Pfingsten. Sie findet nun keine Ruhe im Erb begräbnis und wandert alljährlich wieder dem Ort zu, wo sie einst das Verbrechen beging." „Sehr romantisch", nickte der Baron, „indes tut mir die Dame leid, und sie sollte lieber ruhig unten in ihrem Sarge bleiben, als hier oben sich und andere quälen. Hm, vielleicht sehe ich mir dieselbe auch einmal an." „O gnädiger Herr, mit solchen Sachen darf man nicht spaßen", warnte Johann ganz entsetzt; die schwarze Dame könnte sich rächen und Ihnen Unheil bringen. „Wissen es der Herr General und daS gnädige Fräulein, und was sagen sie dazu?" „Ich weiß es nicht, aber die vornehmen Herrschaften haben meist wenig Glauben an Gespenster." „Da hast du recht. Aber wie wär'S, wenn du mir heute Helsen würdest, der geheimnisvollen Dame aufzulauern und ihr daS Lämpchen auszulöschen? Die Pfingstnacht wird köstlich, und bei dem Hellen Vollmondschein muß ja daS schöne Gespenst Lust zum Spazierengehen empfinden." „Gott bewahre mich davor", wehrte der Kammer- diener erbleichend, „ich würde vor Angst laut schreien, und da kommt dann das Gespenst und dreht mir den Hals um." „Also die Gespenster sind nervös? Da würden sie auch wohl nicht vertragen, wenn ich mit meiner Pistole einen kleinen Willkommen zusenden wollte. Hm, und doch will ich eS versuchen, die schwarze Dame kennen zu lernen. Nun aber eile dich; e» wird Zeit, zum Diner hinunterzugchen. (Fortsetzung folgt.)