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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 20.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190305203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030520
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030520
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-20
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 20.05.1903
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wenn es zu Pfingsten auch wie mit Mulde» gießt. Die merken ja davon doch nichts! Der andere Teil der hübschen Anglerinnen aber hofft nun aus's Frühjahr. Gemeinsame Ausflüge und ganz be sonder- der gemeinsam betriebene Sport bietet eine vorzügliche Gelegenheit. Nur selten hat ein mun terer Radler ungestraft, pardon unverlobt — öftere Touren mit einer hübschen Radlerin gemacht. Meist schon bei der zweiten, sicher aber bei der dritten Tour hat's geschnappt. Na und wenn man so nach Ostern drei oder vier schöne Touren zu Rade gemacht hat, dann kann auf dem großen Pfingstpicknick die Verlobung proklamiert werden. Bestände der Mai aus lauter schönen Tagen, — du lieber Himmel! wer könnte die liebeglühenden Herzen vor diesem Uebermaß von Wonne retten! Die Flammen würden allzu rasch emporlodern. So aber gewinnt die keimende Neigung an Tiefe und Innigkeit, wenn einige Regentage kommen und Spiel oder Ausflug verhindern. * — Ja der Woche vor dem Pfiugstfeste, vom 24. bis mit 31. Mai, ist die Vereinigung mehrerer Pakete unter einer Postpaketadresse im inneren deutschen Verkehr nicht gestattet. Auch für den Auslandsverkehr empfiehlt es sich, während dieser Zeit zu jedem Postpakete besondere Begleit papiere auszufertigen. * — Am ersten Pfiugstfeiertage sind in Sachsen öffentliche Versammlungen aller Art, in- gleichen Versammlungen der Gemeindevertreter, der Innungen und anderer Genossenschaften, sowie auch die öffentlichen Versammlungen solcher religiöser Vereimgungen, die die staatliche Anerkennung nicht besitzen und die ministerielle Genehmigung zu ge meinsamer öffentlicher Uebung eines besonderen Kultus nicht erlangt haben, auch wenn diese Ver sammlungen gottesdienstliche Zwecke verfolgen, gänz lich verboten. Desgleichen sind Tanzbelustigungen an öffentlichen Orten, sowie Privatbälle, auch wenn diese in Privathäusern oder in Lokalen geschlossener Gesellschaften abgehalten werden, am ersten Pfingst feiertage und am vorausgehenden Sonnabend unter sagt. Versammlungen müssen am Pfingstsonntag nachts 12 Uhr beendet sein und dürfen am zweiten Pfingstfeiertag vor beendigtem Vormittagsgottes dienste nicht beginnen. * — Jetziger Zeit sind die grünen Suppen zur Förderung der Gesundheit beliebt. Sie werden bereitet aus den jungen Blättern von Gundermann, Löwenzahn, oder Hundeblume, Mauerpfeffer und dem freilich rasch vergänglichen Feigwarzkraute, aus Veronica, Bachbunge, Bornkresse, Becherkraut (kotsrium), wohl auch mit Zusatz von duftigem Wiesensalbei und etwas echter Gartenraufe. Das alles wird rasch im Wasser gewaschen, dann ge wiegt und mit Ei und Fleischbrühe leicht ausgekocht. * — Die Zeit der immerwährenden Dämmer ung beginnt in der zweiten Hälfte des Monats Mai. Sie dauert an bis in das letzte Drittel des Monats Juli. In dieser Zeit befinden wir uns auf der Höhe des Jahres. Bei wolkenlosem Himmel gibt es dann keine eigentliche Nacht, sondern nur eine tiefe Dämmerung. * — Warnung. In verschiedenen Städten Sachsens ist ein Betrüger aufgetreten, welcher haupt sächlich Schuldirektoren und Lehrer heimsucht und um Unterstützung zur Weiterreise bittet, hierbei ein Anstellungsdekret, unterschrieben vom Schul inspektor Dr. Schindler, Rochlitz, vorzeigend. Der Unbekannte ist etwa 35 Jahre alt, hat dunkelblonden, zugespitzten Vollbart und spricht Altenburger Dialekt. Wie festgestellt ist, ist der Amtsstempel Rochlitz, mit welchem das Anstellungsdekret versehen, ge stohlen worden. * — Der sächsische Fleischerverbandstag hat beschlossen, reichsgesetzliche Bestimmungen zu er streben, daß bei Schlachtungen die Betäubung der Blutenziehung vorauszugehen habe, und daß diese nur von Personen vorgenommen werden dürfe, die hierzu durch eine geeignete Prüfung die Berechtigung erworben haben. * — Vom Krankeukaffenwesen Die nunmehr fast vollständig vorliegenden Berichte der sächsischen Ortskrankenkassen für das Jahr 1902 lassen fast überall eine Besserung der Vermögenslage und vielfach auch eine Steigerung der Mitgliederzahl erkennen. Die Finanzen haben sich weniger durch Erhöhung der'Mitgliederbeiträge, obwohl solche zum Beispiel in Olbernhau und Plauen vorgekommen sind, als durch die allgemeinen Wirtschaftsverhält- nisie vermehrt. Am wenigsten Fortschritte haben die Kassen in Pirna, Meißen, Olbernhau und Meerane, hier infolge des Streiks, gemacht; jedoch sind auch hier größere Defizits, wie sie im Jahre 1901 nicht selten waren, vermieden worden. * — Die Echülcrzahl der Evangelischen Volks schullehrer-Seminare Sachsens (19) beträgt seit Ostern 1903: 3939 (1902 bis 1903: 3750). Das katholische Lehrer-Seminar in Bautzen wird von 113 Schülern besucht; die drei Lehrerinnen-Seminare enthalten 371 Schülerinnen. * — Die Leipziger Gewerbckammer klagt in ihrem soeben zur Ausgabe gelangten Jahresbericht über die mangelhafte Tätigkeit der Handwerker auf dem Gebiete des Genossenschaftswesens: „Obwohl in manchen Zweigen des Handwerks der Nutzen des genossenschaftlichen Zusammenschlusses der Handwerker, insbesondere hinsichtlich des Einkaufs von Rohmaterialien, nachgewiesenermaßen auf der Hand liegt, kommt doch die Einrichtung solcher Genossenschaften nicht vorwärts. Es ist zu beklagen, daß trotz der Einsicht über den Nutzen solcher Ge nossenschaften und der Bereitstellung von Staats beihilfen der genossenschaftliche Zusammenschluß der Handwerker auf diesem Gebiete nicht über den guten Willen hinauskommt." Bekanntlich ist die Regierung durch einen vorjährigen Landtagsbeschluß in die Lage versetzt, nicht nur den bestehenden Ge nossenschaften selbst aus einem für diesen Zweck bestimmten Fonds von 2 Millionen Mk. Darlehen zu gewähren, sondern auch den Gemeinden, welche unter eigener Garantie für Rückzahlung und Zinsen des A"'UZ^die Bildung von Genossenschaften und di^»^^^gewerblicher Anlagen fördern wollen. sollten die Handwerker so bald als möglich für ihre Zwecke nutzbar zu machen suchen. * — Eountag und Freitag. Sonntagskinder, d. h. an einem Sonntag geborene Menschen sind nach einem verbreiteten Aberglauben besonders vom Glück begünstigt. Sie sollen alle die Aussicht haben, reich zu heiraten und Vermögen aufzuhäufen. Auch prophetische Gaben sollen sie besitzen. Sonntags hochzeiten sollen eine glückliche Ehe zur Folge haben. Dagegen gilt der Freitag als ein Unglückstag; die am Freitag Geborenen sollen allezeit Stümper bleiben. Der Volksaberglaube, der selbst soweit geht, daß manche Leute am Freitag nichts wichtiges, besonders keine Reise unternehmen, wird aber da durch Lügen gestraft, daß viäe Berühmtheiten an einem Freitag geboren wurden und daß große Er eignisse in der Weltgeschichte an einem Freitag geschahen. * Lichtenstein-Callnberg, 16 Mai. Unter Vorsitz des Herrn Geh. Schulrats Grüllich fanden am Lehrerinnen-Seminar zu Callnberg vom 8. bis 14. Mai die Wahlfähigkeitsprüfungen statt. Von 21 Lehrerinnen erhilten 6: Ila, 10: II, 5: Ilb, in der Amts- und sittlichen Führung alle I. * Dresden, 19. Mai. Auf Anordnung Königs Georg findet zur Eröffnung der deutschen Städte ausstellung zu Ehren der Vertreter der deutschen Bundesstaaten sowie städtischen Behörden im königlichen Residenzschlosse eine große Galatafel statt. * Dresden, 17. Mai. Die Stadtverordneten beschlossen mit allen gegen 2 Stimmen den Nat zu ersuchen, bei der Staatsregierung um Ge nehmigung der Feuerbestattung durch ein städtisches Krematorium vorstellig zu werden. Das vom Bürgermeister Hentschel geäußerte Bedenken, eine andere als die Erdbestattung könne nur auf Grund einer Aenderung der Landesgesetze geschehen, ist durch die Praxis widerlegt, denn das evang.-luth. Landeskonsistorium hat bereits im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern beschlossen, die kirchliche Einsegnung bei Feuerbestattungen nicht mehr zu versagen und zu gestatten, daß Gefäße mit den Ueberresten der durch Feuer Bestatteten auf den Friedhöfen unterirdisch beigesetzt werden. Kürzlich hat auch der Leipziger Stadtrat die Er richtung eines Krematoriums und eines Kolumba riums auf dem Südfriedhofe zugestimmt. Die Entwürfe sind der krematistischen Abteilung der deutschen Städte-Ausstellung eingereiht. s Dresden, 19. Mai. Die Inhaber von Wettbureaus, Perthen, Prochnow, Murch und Koalik wurden unter dem Verdachte des Betrugs verhaftet. Sie werden der Steuerhinterziehung bei Annahme ausländischer Wetten beschuldigt. * Leipzig, 19. Mai. Im Bicrboykott ist eS zwischen den beteiligten Faktoren zu einer Einigung gekommen, welche heute Dienstag abend noch der Genehmigung durch eine große Versammlung unter liegt. An der endgiltigen Erledigung der Sache ist nicht zu zweifeln, lieber die Friedens-Bedingungen haben sich die Parteien bis zur Versammlung Schwei gen auferlegt. * Chemnitz, 18. Mai. Auf dem Grundstück der Filiale der Aktienlagerbierbrauerei Schloß- Chemnitz an der Roonstraße im Stadtteil Alten dorf hat sich am Sonnabend nachmittag 3 Uhr ein schwerer Unglücksfall zugetragen, dem leider auch ein Menschenleben zum Opfer gefallen ist. Das Gebäude ist bekanntlich am Dienstag voriger Woche durch eine Feuersbrunst eingeäschert worden. Die mit der Errichtung eines Baugerüstes beschäftigten Zimmerleute wurden von einer einstürzenden Giebel wand getroffen und aus dem dritten Stockwerk hinab in die Tiefe geschleudert. Die Zimmerer Heinr. Gröbner, Hermann Kreher und Josef Holschick erlitten hierbei schwere iunere und äußere Ver letzungen. Die beiden ersten mußten ins Stadt krankenhaus überführt werden, wo Gröbner am Sonntag vormittag 9 Uhr seinen Verletzungen er legen ist. — Der Rat hat sein Einverständnis er klärt, daß im Südviertel unter dem Namen Luther kirche ein neues Gotteshaus errichtet wird. Für den Kirchenbau sollen 400 000 Mk. aufgewendet werden. * Chemnitz, 18. Mai. Am heutigen Montag legten die organisierten Dachdeckergehilfen die Arbeit nieder, weil die Meister ihre Forderungen nicht bewilligt haben. Sie fordern Verkürzung der Arbeitszeit und einen einheitlichen Stundenlohn von 55 Pfennigen. * Chemnitz, 18. Mai. In der Nacht zum Sonnabend wurden von der hiesigen Polizei zwei Männer festgenommen, die im Verein mit einem dritten, dessen Festnahme später ebenfalls gelang, in einem größeren Goldwarengeschäft an der Fried richstraße einen Einbruch versuchten. Sie hatten an dem hölzernen, mit einem Zinkeinsatz versehenen Schaufenstersockel bereits eine 25 am lange, 12 am breite Oeffnung durch Herausschneiden und Heraus stemmen des Zinkeinsatzes hergestellt und die da hinter gelegene Holzleiste losgesprengt, sodaß es nur noch geringer Mühe und wenig Zeit bedurft hätte, daß sie die im Schaufenster ausgelegten wertvollen Uhren rc. hätten erlangen können. Die Verhafteten sind wegen Diebstahls bereits vorbe straft. * Hainichen, 17. Mai. Von einem bedauer- lichen Unfall wurde in den letzten Tagen der Lehrer der hiesigen Webschule, Herr Graf, befallen. In folge Schmindelanfalles kam derselbe in der Haus flur seiner Wohnung zum Fallen, wobei er sich außer anderen Verletzungen eine Gehirnerschütterung zuzog. Bei dem hohen Alter des Mannes, Graf ist 75 Jahre alt, ist sein Zustand sehr ernst zu nehmen. * Zwickau, 18. Mai. An der von den Mili tärvereinen des Zwickauer Bezirks veranstalteten Sonderfahrt nach dem Kyffhäuserdenkmal nahmen 170 Personen teil. — Heute vormittag wurde in der Glauchauer Straße das Pferd eines Kohlen- suhrmannes aus Niederschindmaas scheu und ging durch, dabei wurde der Geschirrführer zu Boden gerissen und von seinem eigenen Wagen überfahren. Einige hinzugeeilte Personen brachten den Verun glückten in ein Haus, wo derselbe nach einigen Minuten an den erlittenen Verletzungen verschied. * Oberplanitz, 18. Mai. Von der hiesigen Polizei wurde am Sonnabend ein Fremder ange halten, der im Laufe des Tages golden aussehende Uhr ketten an den Mann zu bringen suchte. Da man es mit einem sogenannten „Nepper" zu tun hatte, der auf abgefeimte Weise Leute ums Geld bringt, wurde er dingfest gemacht und der Staats anwaltschaft Zwickau zugeführt. * Meerane, 18. Mai. Ihr 50-jähriges Bürger jubiläum feierten am letzten Donnerstag die Herren Webermeister Karl Jul. Auerbach, Karl August Friedrich Fuchs und Fleischer Franz Julius Ahnert hier. Der Rat beglückwünschte die Jubilare durch Ueberreichung eines Diploms. * Crimmitschau, 17. Mai. Die am Freitag bei Ausbesserung einer Fabrikesse abgestürzten Essenbauer, die Gebrüder Rübs chläger aus Teuchern bei Weißenfels, befinden sich auf dem Wege der Besserung. Wennschon ihre Verletzungen schwere sind, so haben sie doch keinerlei Knochenbrüche er litten. * Weißbuch bei Wildenfels, 18. Mai. Ge fänglich eingezogen wurde am Sonnabend ein 13 Jahre alter Schulknabe P. von hier, der im Laufe der letzten Zeit wiederholt auf raffinierte Weise und mittels Einsteigens einen hiesigen Brunnen bauer um Geldbeträge in Höhe bis zu 50 Mark bestohlen hat. * Plauen i. B, 18. Mai. Ein Fuchs, der in Gefangenschaft gehalten wurde, ist gestern nach mittag aus einem Hofe eines Hauses an der Reißiger Straße entkommen. Der Fuchs, ein starkes zweijähriges Tier, kletterte über einen hohen Bretter zaun und einen ebenso hohen Lattenzaun weg und geriet sodann in einen Hühnerhof an der Hammer straße. Der Wirt in Eckardts Restauration und einige Gäste fingen den Fuchs ein, ehe es aber da zu kam, hatte das Tier einen 28jährigen Zeichner von hier dermaßen in beide Hände gebissen, daß derselbe sich sofort in ärztliche Behandlung begeben mußte und der Arzt ihm anriet, ins Krankenhaus zu gehen. * Lengenfeld. Der Fabrikweber Michael Zeid ler von hier fand am Freitag vormittag im Walde zwischen Lengenfeld und Schönbrunn unter Moos und Zweigen einen Reisekoffer. In Gemeinschaft mit dem Chausseewärter untersuchte er den Koffer. Es ergab sich, daß dieser gewaltsam geöffnet worden war. Er enthielt eine Menge Sattlerwerkzeug, Photographien, sowie Briefe und sonstige Papiere, ebenso ein Tagebuch mit der Adresse Hermann Grünert, Sattlergehilfe aus Löbtau bei Dresden und Robert Grünert, Sattler und Dekorateur aus Löbtau bei Dresden. Der Koffer wurde dem Gemeindeamt Schönbrunn übermittelt und der Polizei von dem Funde Kenntnis gegeben. Wie der Koffer an jene Stelle gekommen ist, ist bis jetzt ein Rätsel. * Auerbach. Das am Freitag vormittag von einem Geschirr überfahrene Töchterchen des Zeichners Max Popp ist im Kgl. Kreiskrankenstift zu Zwickau seinen schweren Verletzungen erlegen. Popp ver liert damit sein einziges Kind. * Schwarzenberg, 18. Mai. Heute abend 6 Uhr erschoß sich der Kaufmann Louis Korb in seinem Kontor. Man vermutet, daß kleine Verluste den in wohlgeordneten Verhältnissen und in allgemeiner Achtung stehenden Mann zu dem traurigen Schritt verleitet haben. * Crlbach i. B, 18. Mai. Aehnlich wie bei Meerane wurde am Freitag früh auch hier die Feuerwehr zur Vertreibung einer 72 Köpfe starken Zigeunerbande ausgebolen. Das Zigeunerlager wurde von den Feuerwehrleuten völlig umzingelt und der Kreis immer enger gezogen, bis die Spritze herbeigeschaffl war. Ehe diese jedoch in Tätigkeit trat, hatten sich die Zigeuner eines Besseren be sonnen und zogen schleunigst fürbaß, von den wackeren „Pompiers" bis zur Flurgrenze geleitet. * Kötzschenbroda Hier brach am Sonntag in dem Sattlermeister Beugeschen Grundstück Feuer aus, das den Dachstuhl des Gebäudes zerstörte. Unter dem Verdacht, den Brand vorsätzlich ange legt zu haben, wurde der Besitzer Beuge in Haft genommen und in das Untersuchungsgefängnis des Landgerichts Dresden eingeliefert. Schöffengerichtssitzung vom 19. Mai 1903. Vorsitzender: Herr Amtsgerichtsral Käßberg. Schöffen: die Herren Kaufmann Friedrich au« Hohenstein-Ernstthal und Ort«richter Neubert aus Hermsdorf. Al« erster Angeklagter erscheint zur heutigen Ver handlung der bereits vorbestrafte Gartenbesitzer Friedrich Hofmann aus Oberlungwitz vor den Schranken de« hiesigen Schöffengericht«. Ihm wird zur Last gelegt, am 20. März d. I«. sein Gespann vor dem Restaurant „Schweizerhau«" im Hütten grund ohne Beleuchtung und nicht au«gesträngt auf der Chaussee stehen gelaßen zu haben, trotzdem schon Dunkelheit eingetreten war. Erst als bereit« An zeige erstattet war, ist H. seinen Verpflichtungen nachgekommen. Aus dem Nachhausewege soll er außerdem noch laut geschimpft und sich dadurch de« ruhestörenden Lärms schuldig gemacht haben. Die geladenen drei Zeugen bekunden die« zum Teil und erfolgte deshalb heute seine Verurteilung zu 2 Mk. Geldstrafe und Tragung der Kosten. Wegen ruhe störenden Lärm« wurde er freigksprochen. Wegen eine« ähnlichen Vergehen« erschien hier auf der Handelsmann Rudolf Floßmann au« Pleißa. Er soll am 15. April d. I«. eine Verkehr«störung dadurch hervorgerufen haben, daß er auf der Dcxf- straße in Langenberg seinen Wagen schräg über^.-ie Straße stehen ließ, sodaß der öffentliche Verkeh^ge- hemmt wurde. Der Angeklagte selbst befand sich während dieser Zeit in einem gegenüberliegenden Hause, zum Zwecke de« Verkauf« seiner Waren. Dabei soll er sich länger als nötig aufgehalten haben. Auf die Strafverfügung de« Amt«vorsteher« in Langenberg vom 25. April d. I«. hatte er ge richtliche Entscheidung beantragt. Da« hiesige Schöffengericht gelangte jedoch ebenfall« zur Ueber« zeugung der Schuld de« Angeklagten und verurteilte ihn zu 1 Mark Geldstrafe. Die dritte Verhandlung richtete sich gegen da« erst 14 Jahre alte Fabrikmädchen Franziska Kunst mann au« Zwickau-Pöllnitz. Dieselbe, bereit« vom Amtsgericht Zwickau mit einem Verwet« wegen Diebstahl« vorbestraft, betrat heute wiederum de«- selben Vergehen« wegen die Anklagebank. Sie wird beschuldigt, der Dtenstmagd Frieda Pochmann, mit welcher sie zusammen beim Gutsbesitzer Zimmer mann in Oberlungwitz in Dienst stand, eine Mark und zwei seidene Kleiderlitzen im Werte von zu sammen etwa 60 Pfg. au« der unverschloßenen Lade entwendet zu haben. Die Angeklagte gibt den Dieb stahl der Kleiderlitzen zu, bestreitet jedoch, die Mark gestohlen zu haben. Außerdem wird ihr noch zur Last gelegt, dem Kinde Meyer am 21. Februar cr. auf offener Siraße eine Mark au« dem Portemonnaie entwendet zu haben, welche« Vergehen da« Mädchen ebenfall« zugibt. In der bereits vor 8 Tagen an gesetzten Verhandlung war die Angeklagte nicht er- schienen; in der heutigen Haupt-Verhandlung er folgte nun ihre Verurteilung zu 1 Monat und 1 Tag Gefängni«, sowie Tragung der Kosten. Gerichtssaal. 8 Prozeß des sächsischen EtaatsfiSkn« gegen die Leipziger Bant. OberlandeSgericht Dresden. In dem Prozeß des sächsischen StaatS- fiskus gegen die Konkursverwaltung der Leipziger Bank in Sachen der LotteriedarlehnSkasse fand jetzt erneut vor dem 2. Zivilsenat unter Vorsitz des Senatspräsidenten OberlandeSgerichtSrat Oberjustiz rats Dr. Nippold Verhandlung statt, die zum großen Teil mit der Verlesung der Zeugenaussagen und Sachverständigen-Gutachten auSgefüllt wurde. Der frühere Prokurist und stellvertretende Direktor bei der Leipziger Bank Scholinus bekundet, daß der Geschäftsverkehr der Leipziger Bank mit der Lotterie- darlehnSkaffe auf feiten der Bank fast ausschließlich durch ihn und auf feiten der Darlehnskasse bis etwa 1897 durch den Buchhalter und Kassierer Göbel, von dieser Zeit an durch den Kassierer Eberth ver mittelt worden sei. Im Jahre 1885 habe Göbel den Verkehr in bedeutenderem Umfange angebahnt, indem er erklärte, die Leipziger Bank könne Darlehen ohne Depot erhalten. Die Bank habe darauf auf Rechnungsbuch größere Darlehen, die einmal die Summe von 5 Millionen Mark erreichten, bekommen und zwar ohne jedes Unterpfand. Göbel habe ihm ferner auch gesagt, der Geh. Finanzrat Diller wünsche, daß die Darlehnskasse mit der Leipziger Bank auch etwas Diskontverkehr habe. Aus Eberths Anregung seien dann der Bank in noch größerem Umfange Darlehen gegen Pfand gegeben worden, und als er Eberth einmal gesagt habe, so große Beträge schicklicher Effekten ständen ihr ^der Leipziger Bank) zur Sicherstellung der Darlehen nicht zu Gebote, habe dieser erwidertes würden auch Wechsel als Pfand genommen werden, und hinzugefügt: „Von Ihnen nehmen wir alles." Eine bestimmte Verabredung, dahingehend, daß die Bank kurzfristige Wechsel, die sie der Darlehnskasse zum Pfand gebe, stets vor Verfall gegen andere Wechsel umzutauschen habe, sei nicht getroffen, es sei allerdings immer so gehandhabt worden. Aus die Wechsel, die der Darlehnskasse als Pfand gegeben wurden, sei aber nur der bunte Stempel „Leipziger Bank" mit den Unterschriften der beiden Direktoren gekommen. JedeSmal, wenn die Bank an die Darlehnskasse Wechsel als Unterpfand sandte, habe sie einen Begleitbrief mitgegeben, in dem die Worte standen: „Wir überreiche» Ihnen hiermit als Unterpfand" oder gleichbedeutende Ausdrücke. Die Frage, ob die Leipziger Bank der Darlehnskasse aus diesen zum Unterpfand gegebenen Wechseln wechselmäßig hafte, hat sich der Zeuge angeblich seinerzeit nie gestellt, weil er damals nicht habe annehmen können, daß etwas Derartiges überhaupt in Frage kommen würde. Da er und jedenfalls auch die Beamten der Dar- lehnSkaffe diesen Standpunkt einnehmen, seien auch niemals neben den Schuld- und Pfandverschreibungen mündliche Verabredungen über die Rechte getroffen worden, die etwa die Pfandgläubigerin au« den Wechseln gegen die Leipziger Bank herleiden könne. — Der Kassierer Eberth bei der Königlichen LandeS- lotterie bemerkt zunächst, daß die in letzter Zeit gegen ihn eingeleitete Disziplinaruntersuchung mit seiner Freisprechung geendet habe. DeS weiteren erklärt er, daß die Darlehnskasse früher mit der Leipziger Bank nur Diskontverkehr hatte, für welchen eine Verordnung des Finanzministeriums von 1879 bestimmte, daß nur Wechsel angenommen werden dursten, die mit mindestens zwei Unterschriften, von denen eine von der Leipziger Bank oder der Allge meinen Deutschen Kreditanstalt herrühren müsse, versehen seien. Daß das Akzept einer dieser beiden Banken auf den Wechseln stehe, war nicht erfordert. Die Darlehnskasse sei nun von der Ansicht auSge- gangen, daß sie Wechsel unter den gleichen Beding ungen, unter denen sie sie kaufen dürste, auch be leihen könne. Diese Ansicht sei seines Wissens auch von dem früheren zweiten Direktor der Landeslotterie und jetzigen Referenten für Lotteriesachen im Finanz ministerium, Geh. Finanzrat Heymann, geteilt worden. Daß für die von der LotteriedarlehnSkasse gegebenen Darlehen auch Wechsel als Unterpfand genommen wurden, begann, als die Leipziger Bank erklärte, daß sie nicht genügend Effekten zur Verpfändung habe. Von wem der Anstoß zu dieser Neuerung ausgegangen sei, wisse er nicht mehr, möglicherweise von ihm (Eberth) selbst. Daß er zu dem Zeugen Scholinus gesagt habe : „Von Ihnen nehmen wir alles," könne richtig sein. ES habe dies der Aus druck des unerschütterlichen Vertrauens auf die Bank sein sollen. Zeuge sagt, er sei stets davon auSge- gangen, daß sich die Leipziger Bank durch ihr auf dieverpfändetenWechsel gesetztes Giro wechselmäßig der Darlehnskasse verpflichtete, da dies im kaufmännischen Verkehr als selbstverständliche Folge des Giros an gesehen werde. Ausdrücklich sei aber nicht davon gesprochen worden. Wegen eines besonderen Vor falles seien ihm im März 1900 Bedenken gegen daS Geschäftsgebahren der Leipziger Bank gekommen,
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