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seine eigene Fertigkeit, die mit rationeller Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen muß, wenn man gegenüber der gerade hier besonders starken Konkurrenz bestehen will. So sucht man so schnell und so billig als möglich zu arbeiten. Welche Anstrengungen die Werbe firmen machen, um für sich selber neue Kunden zu gewinnen, zeigt das große und schön ausgestattete, 1930 in 750 Exemplaren erschienene dlauual von Hapes-Lochner, das man mir mit eingedrucktem Besitzvermerk schenkte ses ist bas Buch, aus das Herr Kroch mich aufmerksam machen wollte). Daraus geht hervor, daß die Firma ungefähr SV Schriftarten vorrätig hält — von deutschen solche von L. Bernhard, N. Koch sKabel), P. Renner sFutura) —, baß sie ein genaues Studium der verschiedenen Typen und einige Kenntnisse von Entstehung und Gebrauch historischer Schriften für den Praktiker genau so nützlich erachtet wie die gründlich« Lektüre der Fachzeit schriften. Douglas C. McMurtrie, der typographische Leiter der Ludlow Company, der für diesen Schristenkatalog das Vorwort ge schrieben hat, ist vielleicht derjenige in Amerika, der sich praktisch wie theoretisch am meisten mit dem modernen Werbebruck beschäftigt hat, abgesehen davon, daß er auch die frühe amerikanische Druckgeschichte durch eigene Forschungen erhellt und Schriften entwirft. Auch er, der Tschicholds Werke und die in den Typographischen Mitteilungen und dem Archiv für Buchgewerbe veröffentlichten Arbeiten genau kennt und über moderne Typographie und Werbung mehrere Bücher geschrieben hat, lehnt unsere neuesten Bestrebungen ab. Er sagte zu mir: »In Deutschland wirb, viel theoretisiert, aber diese Theorien werben relativ selten in die Praxis umgesetzt — zum Beweis wies er auf Anzeigen in der Woche und Berliner Jllustrirten hin —, in Amerika wird wenig theoretisiert, aber in der Praxis werden viele Forderun gen der Neuen Typographie erfüllt. Auch ohne häufige Anwendung von selten schwarzen Typen, ohne .interessant' und .modern' um jeden Preis sein zu wollen, kann man Werbedrucksachen eindringlich und ausdrucksvoll Herstellen«. Es ist daran viel Wahres, und doch, wir möchten die Vielfältigkeit unserer Ausdruckssormen, auch wenn sie manchmal Ab- und Umwege einschlagen, nicht missen — sie sind ein Zeichen schöpferischen Lebens. * Es gäbe noch viel zu erzählen. Von den Hausbibliotheken, die fast alle Druckereien und Schriftgießereien Amerikas besitzen, oft mit sehr wertvollen Beständen, von R. R. Donnelly L Sons, der größten Druckerei Chicagos, zu der die I-alceoicke kros« gehört — dort frühstückte ich in der Kantine mit einem Nordschleswiger, der in der großen Handbuchbindereiabteilung dieser Firma eine neue Heimat und neuen Verdienst gefunden hat —, von bibliophilen Klubs und ihren reichen Schätzen, von Zeitungsbetrieben und der Ludlow Handfeymaschine mit Zeilenguß, wurde noch nichts berichtet. Aber ich möchte bas Entgegenkommen der Schristleitung, die mir schon viel Platz gewährt hat, nicht mißbrauchen. Eine kleine, salt un wahrscheinlich klingende Begebenheit, die sich im Lokalzug zwischen Baltimore und Washington ereignete, sei noch zum Schluß geschildert. Auf dieser Fahrt trat ein Schaffner, der meinen Namen aus den Koffern gelesen hatte, plötzlich sehr Höflich, die Mütze in der Hand, auf mich zu. Wie groß war mein Erstaunen, als er sich als ein Namensvetter von mir entpupptel Seine Familie stammt, wie er mir erzählte, ursprünglich aus Bayern, und sein Bruder, Professor der Rechte in Virginia, hat sie in einem Stammbaum angeblich bis ins 13. Jahrhundert Nachweisen können. Wir waren beide von diesem Zusammentreffen so bewegt, daß wir verabredeten, unsere Stammbäume auszutauschen. Aber der Schaffner Meiner von Balti more hat nichts wieder von sich hören lassen. Logong, 6. L. bi.i flinfüstrunx in die kiblivpliilie. I-oipelo: Larl IV. IliorssMaun 1931. VII, 251 L. N 1v.il KU 15.—. Eine Einführung in die Bibliophilie ist nicht dasselbe wie eine in die Buchkuude, wie sie in ziemlich elementarer Form etwa Heil- mayer-Holczabek, auf höherer Stufe Schottenloher und Bohatta, streng wissenschaftlich soeben der erste Band des neuen Handbuches der Bibliothekswissenschaft gelicsert haben. Denn die Bibliophilie hat cs nicht mit dem Buche überhaupt, sondern nur mit bestimmten Sammelgebieten und mit besonders gearteten Exemplaren zu tun. Bogeng hat sich ebenso lange wie gründlich mit der Bibliophilie und ihrer Geschichte besaßt. Aber der Versicherung, daß dies neue Buch nicht etwa eine gekürzte Ausgabe seiner »Großen Bibliophilen« (1922) sei, hätte es kaum bedurft. Ein bloßer Auszug aus einer Geschichte des Büchersammelns iväre keine Einführung in das Ganze. Viele Berührungspunkte ergeben sich dagegen mit dem »Umriß einer Fachkunde für Biichersammler« (1911). Für nicht wenige, die als Sammler, Bibliothekare oder Buchhändler und Antiquare mit dem Buche zu tun haben, gehört dieser Umriß auch heute noch zum täg lichen Handwerkszeug, Er zeichnet sich durch besondere Reichhaltig keit der Einzelangaben und erwünschte Hinweise aus Speziallite- ratur aus, erschwert aber den Zugang durch unübersichtlichen Druck, eine unleidlich kleine Schrift und bas Fehlen eines Registers. Eine Neubearbeitung, die diesen Ubelständen abhülfe, würbe ich auch jetzt noch für sehr erwünscht halten, wenigstens was die ersten fünf Ab schnitte angeht. Denn ein vollständiger Ersatz ist das neue Buch nicht. Das erste Kapitel <S. 1—28) erörtert dieBegrifse Bibliophilie und Biblio- manie und grenzt die Bibliophilie gegen die verwandten Sammel weisen ab, betont auch die kulturelle Bedeutung, die in der Erhaltung und Wertschätzung des alten und der Vervollkommnung des neuen Buches besteht, sowie die wirtschaftliche Bedeutung der Bildung von Weltmarktpreisen. Das zweite Kapitel gibt eine Übersicht über die Epochen derBibliophilie vom Altertum bis auf unsere Zeit. Während aber die »Großen Bibliophilen« ins Einzelne gehen, können hier nur die herrschenden Hauptrichtungen gekennzeichnet werden, wobei auch die grüßten Versteigerungen ln England und Frankreich, die berühmtesten Nekorbpreise und die Entwicklung des Antiquariats er wähnt werden. Etwas näher wird am Schluß aus die großen ameri kanischen Büchersammler unserer Zeit: Robert Hoe, Pierpont Mor gan, Henry E. Huntington eingegangen. Dann folgen die beiden wichtigsten Abschnitte. Im dritten Kapitel <S. 89—178) werden die Sammelgebiete behandelt, zunächst allgemeiner die literarischen, sachwissenschastlichen, bibliotechnischen und illustrativen Sammlungen, die Buchhandschrif ten, Autographen, literarischen Manuskripte und Inkunabeln, dann aber auch die Spezialitäten wie Erstausgaben, Luxusaus gaben, Vorzugsausstattungen, Privatdrucke und Handpressen, Unika, Ausgaben auf Großpapier oder Pergament usw. Hier werden auch schwierigere Fragen wie Auslage und Ausgabe, Neu- und Nachdruck auslage, Misch- und Nebenauflage, Autor- und Originaledition, Erst und Urausgabe geklärt. Das letzte Kapitel (S. 181—231) ist dem Sammlerstllck gewidmet. Hier kommen vor allem die Provenienz, die Erhaltung, der Einband, die Desektergänzung, das Ausbessern und die Fälschungen zur Be sprechung. Gegen die Ausführungen, die sich überall durch volle Be herrschung des Gegenstandes auszeichnen, sind wesentliche Einwen dungen nicht zu machen. Nur meine ich, baß sich der Verfasser in einer für viele Leser zu schwierigen Höhenlage bewegt, zu viel vom Benutzer verlangt, manchmal ebensoviel voraussetzt, wie er gibt. Da Bogeng selbst früher ausgesührt hat, daß der Bücherfreund ein Dilettant (ccm ckilettal) ist, möchte ich glauben, daß eine Einführung in die Bibliophilie nicht mit so tiefem Ernste geschrieben werden sollte. Auch zeigt sich wieder, wie in dem Umriß, die Abneigung gegen Übersichtlichkeit und Gliederung: unter den kursiv gesetzten Zwischentiteln lausen die Ausführungen ohne jeden Absatz und jede Lesehilfe über die ganze Seite oder sogar mehrere Seiten fort, wozu noch kommt, daß die Antiquaschrift unübersichtlich ist. Um so notwendiger ist bas Register, das wenigstens diesmal nicht fehlt. Da gegen vermißt man jeden Hinweis auf die wichtigste Einzelliteratur. Ein paar Kleinigkeiten: S. 4 wird der Eindruck erweckt, daß die Bezeichnung Bibltomanie erst bei Esquirol (also im 19. Jahrhundert) vorkomme. Das ist doch viel zu spät. Sie findet sich schon in den Briefen des geistreichen französischen Arztes und Schriftstellers Gui Patin 1884 und 1858, dann bei de Vigneul-Marville 1899, Johann Friedrich Reitz 1739, Bollioud-Mermet (nicht Mermo, wie Bogeng S. 49 schreibt) 1781 usw. — Den unsinnig geworbenen Namen Majoli <S. 187) sollten wir auch in Anführungszeichen nicht weiter mitschleppen, sondern durch Mahieu ersetzen, ebenso Canevari durch Pietro Luigi Farnese. Kl. Löffler. Kleine Klitieilungen Die »Arbeitsgemeinschaft der Jungbuchhändler Stuttgarts« ver anstaltete dieses Frühjahr im Rahmen des Fortbildungsprogramms des Württ. Bnchhändlervereins einen über süns Abende ausgedehnten Kursus unter dem Titel »Einführung in die Buchgestal tung« unter der Leitung von Fachlehrer R. Kolb von der Ge werbeschule im Hoppenlau, Stuttgart. Dieser Kursus war in erster Linie für Nichthersteller und Sortimenter gedacht: er wollte die elementaren typographischen Gesetze und Regeln auszeigen. Mit Hilfe dieser und gestützt aus das reichhaltige Anschauungsmaterial des Leiters sollte der Weg gewiesen werbe», wie ein Buch in seiner äußeren Gestalt — technisch und ästhetisch — zu bewerten sei.