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da Wilhelm in Freiberg war, große Opfer zu bringen. So manche Nacht hat sie bis in die Morgenstunden hinein ge sessen und gearbeitet. Und das Bild der sich für ihren Sohn aufopfernden Mutter stand in späteren Jahren so oft vor des Dichters geistigem Auge. Er sagt: „Sauer ist ihr der mir zu gewährende Unterhalt daselbst genug geworden, doch hat sie immer Rat geschafft und hat es eher an sich fehlen lassen, gls daß mir eine Not angekommen wäre. Als ich nach zwei Jahren in das Seminar eintrat und nach vier jährigem Kursus 1846 dasselbe mit der Zensur „gut" ver ließ, war ihre Freude vollkommen. Was ich geworden bin, verdanke ich zunächst meiner guten Mutter." Während seiner Seminarzeit in Freiberg wohnte Kau- lisch in dem Hause auf der Petersstraße, da sich jetzt die Restauration „zum Strauß" befindet. Ein Zimmer im Ober geschoß war sein Stübchen. — Nun begann seine Lehrer laufbahn. Ter „Schulamtskandidat" Fr. Wilh. Kaulisch wird am 6. April 1846 als Vikar zu Seifersdorf bei Roßwein eingewiesen. Das idyllische Schulhaus daselbst sollte über elf Jahre ihn beherbergen. Wieder war es die liebe, lreu- sorgende Mutter, die sein trautes Heim im Seifersdorfer Schulhause so freundlich ausgestattete, so weit es ihre finan ziellen Verhältnisse gestatteten. Hier in Seifersdorf verlebte der Lehrer Kaulisch eine schöne Zeit, wohl die glücklichste seines Lebens. Des Jünglings Brust war voller Ideale, und mit hoher Begeisterung und voller Hingabe übte er sei nen Beruf aus. Hier war es nun auch, wo er in Weihe stunden seiner Muse, der Dichtung, huldigte. Schon als Seminarist dichtete er. Albin Mittebach in Leipzig schreibt einmal: „So oft Kaulisch in die Wcihnachtsferien kam, brachte er seiner Mutter ein Gedicht mit, das er ihr an ihrem auf den 25. Dezember fallenden Geburtstage über reichte." Herr Oberkirchner a. D. E. Häntzschel in Neustadt, der 1919 ein 32 Seiten umfassendes Schriftchen über den Dichter Kaulisch herausgab, sagt: „Im Schulhause zu Sei fersdors entstanden zahlreiche Gedichte. Die Natur, die Ge selligkeit, Liebe und Freundschaft, Lehrerleid und Lehrerlust, das Kommen und Scheiden der Menschheit faßte er in Reime, von denen wenige an die Oeffentlichkeit gekommen sind. Die meisten blieben, was sie waren, Augenblickskinder, nur für den verständlich und wertvoll, der sie empfunden und ge sunden. Doch wurden auch schon damals einige Gedichte von Kaulisch durch den Druck veröffentlicht. So erschienen solche 1847 und 1848 in der Sächsischen Schulzeitung." (Schluß folgt.) o— Vom Ursprung des Papiers —° Das Papier, dem die diesjährige Jahresschau Deutscher Arbeit in Dresden gewidmet sein wird, ist im Laufe der Zeilen eines der hervorragendsten und unentbehrlichsten Ge brauchsmittel der Kulturwelt geworden. Ohne das Papier kann man sich die ganze neuzeitliche Kultur kaum noch vor stellen. Im menschlichen Leben hat es sich einen ganz her vorragenden Platz erobert. Die Erfindung des Papieres war eine der wichtigsten Vorbedingungen für die Erfindung der Buchdruckerkunst. Die schönsten und erhabendsten Ge danken unserer führenden Geister werden uns durch das Papier vermittelt, das dadurch ein Kulturfaktor ersten Ranges geworden ist. Es hat dazu beigetragen, die Menschheit aus den Tiefen der Wildheit und der Barbarerei auf ihre heutige Höhe zu heben und cs wird auch bei ihrer weiteren Vor wärts- und Aufwärtsentwicklung ein immer bereiter Helfer sein. U>Dringlich bezeichnete das Wort einen Beschreibstoff, den die alten Aegypter aus der Papyrusstaude gewannen. Sie entrindeten den Schaft dieser Wasserpflanze und verban den die dünnen zarten Hautstreifen in zwei Lagen kreuz und quer miteinander, worauf die auf diese Weise hergestellten Blätter getrocknet und durch Streichen mit einem glatten harten Gegenstand geglättet wurden. Diese Papyrusbogen, deren Erzeugung sreilig recht zeitraubend und kostspielig war, waren im Altertum der einzige Schreibstoff von wirklicher Praktischer Bedeutung. In weit späterer Zeit, und zwar ungefähr vom elften Jahrhundert unserer Zeitrechnung ab, wurde auch das Leder als Beschreibstoff benutzt, zunächst im Orient. Hauptsächlich war es die kleinasiatische Stadt Pergamum, die sich in der Herstellung eines für Schreibzwecke ganz besonders geeigneten Leders auszeichnete. Nach ihr erhielt auch dieser Schreib - stoss den Namen Pergament. Es hat mit dem Papier nur den Verwendungszweck gemeinsam. Beschaffenheit und Her stellung waren dagegen von der des Papiers grundverschie den. Das Pergament wurde aus den Häuten von Kälbern, Ziegen, Schafen usw. gewonnen und später auch in Griechen land, Italien und Deutschland verfertigt. In der Kindheits zeit der Buchdruckerkunst wurde es nicht nur zum Beschreiben sondern auch zur Herstellung besonders wertvoller Drucke benutzt. Die große Verbreitung der Erfindung Gutenbergs und ihre Anwendung auf breitester Grundlage wäre aber schwerlich möglich gewesen, wenn ihr nur das kostbare Per gament als einziger Stoff zum Bedrucken zur Verfügung gestanden hätte. Diese weite Verbreitung und ausgedehnte Anwendung wurde der Buchdruckerkunst erst möglich durch das ebenso gute wie zweckentsprechende und billige Papier, d. h. also durch den Beschreib- und Bedruckstoff, der durch die Verfolzung feinster Pflanzenfasern gewonnen wird. Das Papier ist zwar in Europa von den erwähnten Beschreibstoffen erst zuletzt bekannt und verwendet worden, es ist aber durchaus nicht der jüngste dieser Stoffe. Die Chinesen, dieses alte Kulturvolk im fernen Osten, verfertigen und verwenden Papier schon seit mehr als zwei Jahrtausenden. Sie sind die eigentlichen Erfinder des Papiers. Als Roh material benutzten sie die Fasern des Papiermaulbeerbaumes. Der abgezogene und entrindete Bast wurde zunächst im Wasser zum Faulen gebracht, wodurch die Fasern voneinan der getrennt wurden. Dann wurden sie gewaschen und längere Zeit in Kalk gelegt, nochmals sorgfältig gereinigt, durch Schlagen oder Stampfen zerkleinert und in Wasser zu einem Brei verrührt. Dieser wurde aus der Breibütte auf ein Sieb aus feinen Bambusstäben geschöpft, auf dem die Fasern durch Schütteln vollends ineinander verfolzt und zu einem dünnen Breiblatte vereinigt werden. Es wurde nach dem Trocknen geglättet und mit Stärke „geleimt", wodurch die Saugfähig keit des Stoffes beseitigt und dieser selbst befestigt wurde. So erzielten die Chinesen ein haltbares, beschreibfähiges Papier. Wie die Herstellung der Seide und der anderen Waren, so fand auch die Papiermacherei von China aus ihren Weg nach dem Abendlande. Sie kam über Samarkant in Mittel asien zu den Arabern und wurde durch die Mauren schon im zwölften Jahrhundert in Spanien ausgeübt. Auch die Kreuzzüge haben zu ihrer Einführung und Ausbreitung in Europa viel beigetragen. Auf Kreuzfahrer ist z. B. auch die Entstehung der weltberühmten Papiermühlen in dem ita lienischen Städten Fabriano zurückzusühren, dec ersten in Europa, die heute noch Weltruf genießen. Von Italien kam dann die Papiermacherei, die früher den freien Künsten zugerechnet wurde, auch bald nach Frankreich und Deutsch land, wo schon im 14. Jahrhundert in Camin, Ravensburg und Nürnberg die ersten Papiermühlen entstanden. Die Dresdner Ausstellung wird besonders in ihrer wissenschaft lichen Abteilung eineu guten Ucberblick über die Vorläufer des Papiers und die Geschichte der Papiermacherei ermöglichen. Praktische Winke ° Gartevmöbrl wetterfest anzustreichen. Für Gar tenbänke und anderes Holzwerk, das Tag und Nacht der Witterung ausgesetzt ist, nehme man Graphit, Kautschuk und Schellack, verbinde alle drei mit etwas Bleizucker und reibe die Masse schließlich mit Lein- oder Terpentinöl zusammen. Dieser Anstrich bewährt sich gegen alle Witterungseinflüsse 4Nas Herze fröhlich, den Mut recht ehrlich, Die Rede züchtig, die Taten richtig, Auf Gott vertrauen und auf ihn bauen. Das sind die Waffen, die Frieden schaffen. 4 Ostern. Tal und Triften nachtumfangen, Urweltliches Lichtverlangen, Flüstert in der Winde Weh'n, Daß im Lenztrieb junger Säfte Und im lichten Spiel der Kräfte Blütenmärchen neu ersteh'n. Tal und Triften nachtverborgen, Wetterleuchtet schon der Morgen Todbesiegen-, groß und schön, Daß in feierlicher, neuer Werdekraft das Osterfeuer Hell entzünde alle Höh'n. Tal und Triften nachtumgeben, — Wagt sich doch geheimes Leben Sonnenfreudig leis' hervor; Und das Wunder zu beschwören, Jauchzt ich unsichtbaren Chören Allee Sehnsucht Ruf empor. Daß sie Frühlingsbotschaft sende, Rings der Schönheit Freude spende, Die in ihrem Leuchten ruht; Grüßt mit hohen Weihestunden Tal und Triften, nachtentwunden, Gold'ne Sonnenaufgangsglut. I. Kurt Stephan. o—,0 Ostergedanken ° o Sie haben einen Siegel auf feinen Grabstein gedrückt und haben eine Wache um fein Grab gestellt, wie das Matthäus am Ende seines vorletzten Kapitels berichtet. Diese doppelte, bürokra tische Maßnahme, durch die festgestellt werden sollte, daß hier von einer Auferstehung durchaus nicht die Rede sein könne, bringt uns aus ernste Ostergrdanken. Denn es war ja bei uns zunächst einiger maßen umgekehrt. Es war so, daß der von der Staatsverwaltung geregelte Religionsunterricht und die kirchliche Lehrdisziplin und die grundsätzliche Stellung der maßgeblichen Kreise der zivilen und militärischen Gesellschaft den Osterglauben hielten, der im Dolde, bei seinen geistigen Führern wie in seinen Massen, längst ausge höhlt war. Wie ausgehöhlt seit langem der Glaube der Christen heit! Und, als das Neue kam in unseren Tagen, da haben wir uns wahrlich an manches schwer gewöhnt, aber an den Wandel der herrschenden Meinung in Dlaubenssachen haben wir uns mit einer Leichtigkeit gewöhnt, die unserem Ueberzeugungsernst ein schlechtes Zeugnis ousstellt. Daß christliche Elternvereinr mit einer Wucht, die uns selber in Erstaunen setzt, der Abschaffung und Ent - leerung des Religionsunterrichts sich widersetzen, daß man gegen die Unterdrückung von Feiertagen dämpft, ist Tatsache und in mancher Hinficht erfreulich. Nur daß dies alles augenscheinlich mehr dar Aeußere betrifft. Vertreten wir denn den Glauben in dieser neuen Welt der organisierten, glaubenslosen DIerseitlgkeit? Haben wir den Glauben? Oder ist der Glaube das, worüber wir am ehesten mit uns reden lassen? Gottlob, daß wir den Glauben nicht eigentlich zu vertreten haben I Wir sollen ja doch als dir Verwunderten dieses Wunders, al« die U-berwältigten dieser Gewalt an jedem Osterfeste dahin- gehen. Gott will uns überwältigen. Die Erd« bebt, der Engel verkündet, und Jesu« spricht zu uns: Seid gegrüßet! Ach, stellen wir uns doch nicht als solche, die das Osterwunoer gleichsam au» dem Vorrat glauben und verkünden könnten! Ist etwas sicher, so die«, daß ein parteimäßiges Christentum, welches dem Evange lium sich persönlich verschließt und über die anbetende Gemeinde sich persönlich erhaben dünkt, auch im öffentlichen Leben ohne Stoßkraft bleibt. Freilich darf mit Ergriffenheit die deutsch« Seele sich im Bilde jenes verzweifelnden Denkers wiedersinden, der sich zwischen Leben und Tod an das Wunder als „des Glaubens liebstes Kind" hinwirst und von den süßen Weisen sich wieder an den Strand des Lebens werfen läßt Aber wer fühlte nicht auch, daß Faustens Ostertrost ein leidiger Trost ist ? Es muß tiefer durchge kämpft fein oder vielleicht nur demütiger, nur vertrauender. Es tut not ein Herzutreten und Schauen, soweit eben Menschen in den Bezirk des Wunderbaren eintreten können, es tut not, daß man den Weg des Glauben» einschlage mit gutem Willen, es tut not, daß man abermals Jesus treffe aus diesem Wege. In seiner Glorie schämt er sich nicht, uns Brüder zu heißen (Matth. 28, 10). Das ist wichtiger, als daß wir das Wesen seines Auserstehens ergrün den. Und dann: Alles Ist hier ein Urbild der zukünftigen Dinge Es steht geschrieben (l. Joh. 3, 2): Wir werden ihn sehen, wie er ist. Das kommt von der Auferstehung Jesu Christi her und ist ihre Seele. Noch leben wir zwischen Furcht und Freude, zwischen der unerbittlichen Etgengesetzlichkeit dieser Welt und Gottes Bot schäft. Aber die Gotteskunde wird obsiegen, wenn das Wesen dieser Welt vergehet „Ich sag es jedem, daß er lebt und auser- panden ist," singt Novalis. So laßt uns tun, aber der gekrönte Knecht Gottes selbst sülle uns Herz und Mund, bi« wir ihn sehen werden, wie er ist. uw. o——— Osterreiten ———o Von Otto Flössel, Bautzen Osterreiten! Es ist ein alter wendischer Brauch. Die einen sagen, Kreuzritter hätten ihn aus dem heiligen Laude mitgebracht. Jedes Jahr, so erzählt der Volksmund, am Ostertage erlaubten die Ritter ihren Knechten, die Rüstung auzulegen, die sie in Palästina getragen hatten, und auf dem Pferde durch Dorf und Städte zu reiten. Nach andere» geht der Brauch zurück auf altheidnischeu Götterglauben. Wie oben im Norden Germaniens die Frühlingsgöttin Freia, so segnete tief in Sorabien Sonnengott Sivantewik am Oster tage die Gefilde, daß seinem Segen Blühen und Wachsen entsprösse. Wie dem auch sei: Alt und schön ist die Sitte des Osterreitens, und wo überall katholische Wenden in dec Lausitz wohnen, wird sie geübt bis heutigentags, drunten im lieblichen Neißetal bei Ostritz, droben in der preußischen Wendei im frommen Flecken Wittichenau und im Bautzener Land bei Radibor. Nirgend aber wird sie mit größerem Pomp, nirgend mit feierlicherem Gepränge begangen als in der Kamenzer Pflege ums Kloster Marienstcrn. In Weltabgeschiedenheit liegt das Kloster, abseits vom lauten Verkehr, nicht berührt vom Schienenstrang, der fernab anderen Zielen zustrebt. Einsam liegt das Kloster. Es träumt seinen jahrhundertealten Traum von Weldüberwin düng und Himmelsfrieden. Einmal im Jahre aber erwacht es daraus zu Leben und lauter Wirklichkeit, am Ostertage. Osterreiten ist! und da kommen Schaulustige von nah und fern, aus all den Dörfern ringsumher, aus den Städten des Lausitzer Landes, ja selbst vom Elbestrand und drüber hinaus. Nach Tausenden und Abertausende» zählen sie, die alljährlich zu Fuß und zu Noß, mit Rad und mit Wagen zum Oster- reiteu nach Marienstern kommen. Bewimpelte Omnibusse bringen lustige Leute von Dresden her. Singen und Lachen klingt aus dem schweren Gefährt, das lärmend auf staubiger Landstraße hottelt. Neber Feldwege und Wiesenraine streben Wandervögel in bunten Scharen mit Marschgesang daher.