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Nr. 61. Unsere täglichen fünf Fragen. —Frage: War heißt dar Wort „Faszist"? Antwort: Das Wort „Faszist" kommt her vom italienischen fascisti und bedeutet eigentlich weiter nichts als „Bündler". Es ist die Bezeichnung für die nach dem Weltkrieg in Italien entstandene radikalnationalistische Partei unter Führung Mussolinis. —Frage: Wo befindet sich der größte Palmen- Hain in Europa? Antwort: Bei Bordighera zwischen San Remo und Ventimiglia befindet sich ein 4000 Stämme zählender Palmenhain, der der größte in Europa ist. Aus ihm werden alljährlich die Palmblätter zum Osterfeste nach Rom geliefert. Papst Sixtus V. verlieh im Jahre 1586 der Familie Dresca diese Lieferung als Privileg, womit zur Erweiterung des anfänglich viel kleineren Palmhaines wesentlich beigetragen wurde. —^rage: Wie ist die Redensart ein „Fiasko machen" zu erklären? Antwort: Fiasko stammt aus. dem italienischen Sprachschatz und bedeutet Flasche. Die Redensart „ein Fiasko machen" bezieht sich auf die Zerbrechlichkeit des Glases; im übertragenen Sinne auf den Mißerfolg irgend eines Unternehmens. —Frage: Don wem wurde das erste Kölnische Wasser (Eau de Cologne) hergestellt? Antwort: Mit Bestimmtheit läßt sich diese Frage nicht beantworten. Angeblich soll ein gewisser Joh. Maria Farina, der 1685 in Italien geboren wurde, das Köl nische Wasser erfunden haben. —Frage: Wieviel Lokomotiven und Wagen besitzen gegenwärtig die Eisenbahnen, und zwar alle Länder zusammengesaßt? Antwort: Mitte 1926 befuhren rund 200000 Lo- komotioen und 6 Millionen Wagen die Erde. Aus dem Gerichtssaal. KutiSker erneut verhaftet. Iwan Kutisker. der Anfang vorigen Monats wegen erheblicher Verschlechterung seines Gesundheits- zustandes aus der Haft entlassen und von der Chariis nach seiner Privattoohnung gebracht worden war, ist am Sonnabend von Staatsanwaltschaftsrat Ziegel er neut verhaftet und nach der Charitü zurückgebracht worden. Zu dem unerwarteten Vorgehen der Staatsanwalt schaft soll eine Private Mitteilung Anlaß gegeben haben, wonach Kutisker beabsichtige, demnächst eine Erholungs reise anzutreten. Von den Angehörigen wird die Be hauptung jedoch bestritten. Der Wilms-Prozeß. Nachdem bereits am Freitag die Personalvernehmung der An geklagten erfolgt war, begann die Sonnabendverhandlung mit der Vernehmung des Angeklagten von Poser. v. Pos^r war zur Zeit, als Wilms verschwand, sein Kom pagnieführer in Rathenow. Das dortige Arbeitskommando, be richtete v. Poser, hu.te die Aufgabe, die Waffen instand zu setzen und di« Leute wieder an Disziplin zu gewöhnen. Durch den Mit- angeklagten Oberleutnant Schulz kam die Mitteilung, Wilms werde nach Rathenow kommen. Am nächsten Tage wurde Wilms gebracht. Etwa nach einer Woche sei dann durch Schulz mitgeteilt worden, es müsse in der Gegend von Rathenow ein kommu - nistisches Waffenlager erfaßt werden, wozu ein Auto unter der Führung des heutigen Angeklagten Fuhrmann kommen werde. An dieser Aktion habe Wilms teilgenommen. Als er sich am anderen Morgen nach dem Ergebnis des Unter- Schleichendes Gist. Roman von Reinhold Ortmann. Llf «Nachdruck verboten.) Die junge Frau sah so angelegentlich zum Fenster hinaus, als gäbe es auf der Strecke, die sie schon so un endlich oft durchfahren hatte, die interessantesten Dinge zu bewundern. Und plötzlich unterbrach sie den munteren Redestrom ihrer Begleiterin mit der Frage: „Da es dir so gut gefällt, werden wir also die Freude haben, dich recht lange in Frankenwalde zu behalten?" „Das ist sehr ungewiß. Zum Winter möchte ich jeden falls nach Berlin in irgendein gutes Atelier. Aber ich habe Hermann allerdings feierlich versprechen müssen, wenigstens über den Sommer dazubleiben. Er ist ja überhaupt sehr wenig damit einverstanden, daß ich für Geld arbeite. Aber das lasse ich mir natürlich nicht nehmen. Ich möchte so brennend gern endlich einmal auf eigenen Füßen stehen. Und ich könnte euch ja sehr ost besuchen, auch wenn ich in Berlin eine Beschäftigung hätte." „Nimm dir's immerhin vor! Bis zum Winter er eignet sich leicht noch mancherlei. Aber es ist Zeit, unsere Pakete zusammenzusuchen. Ich sehe bereits den Schornstein der Grabower Ziegelei." Die Erwähnung des Namens hatte Ediths beweg lichen Gedanken sogleich eine andere Richtung gegeben. „Findest du es nicht merkwürdig, daß Herr Teßmar sich auf solche Dinge verlegt hat? Noch mehr allerdings habe ich mich darüber gewundert, ihn mit euch so eng besreunoet zu finden." „Mit deinem Bruder — willst du sagen." „Nicht auch mit dir? Ich glaubte es, weil er doch wie ein vertrauter Freund des Hauses bei euch verkehrt. Es hat mich in Erstaunen gesetzt, weil Hermann früher gar nicht sehr gut auf ihn zu sprechen war. Ich meine: damals, als er noch mit ihm zusammen bei deinem Papa angestellt war. Und verändert hat sich Herr Teßmar seit dem weder in seinem Aussehen, noch in seinem B«- Pulsnitzer Tageblatt. — Montag, den 14. März 1927., Seite 6. nehmens und nach dem Schicksal von Wilms erkundigen wollte, § sei ihm mitgeteilt worden, aus der ganzen Sache wäre nicht viel i herausgekommen. Man sei mit Kommunisten zusammengestoßon und habe dabei den Wilms aus dem Auge verloren. Er habe durchaus damit gerechnet, daß Wilms zurückkehren werde. Dann kam die Meldung, daß in der Havel eine Leiche gefunden worden sei, die mit schweren Gewichten behangen war, und daß es sich vielleicht um Wilms handeln könne. Da habe er sich dann zu Schulz begeben, um zu hören, ob Wilms vielleicht mit diesem Leichenfund in Verbindung zu bringen sei. Erst später, als die Rede von dem einen oder anderen Fememord war, will v. Poser auf di« Vermutung gekommen sein, daß den Wilms vielleicht ein ähnliches Schicksal ereilt haben könne. Der sodann vernommene Angeklagte Umhofer bestreitet im Gegensatz zu v. Poser, den Wilms zu v. Poser „gebracht" zu haben. Im übrigen sei Wilms ein guter Kollege gewesen. Dann wird Klapproth vernommen, der bereits in Landsberg wegen ein«s Fememordes zu IS Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Etwas burschikos meinte der Angeklagte, er habe ja seine 15 Jahre schon weg und keine Veranlassung, viel zu sagen, äußert sich aber auf Zureden des Vorsitzenden eingehend und betont, daß, wenn es in den Akten heiße, es habe eine Formation „Z. b. V." (Zur be sonderen Verwendung) bestanden, so sei darunter keinesfalls eine Formation mit irgendwelchen geheimen Aufträgen in der Rich- j tung von „umlegen" unbequemer Leute, also Mord oder Tot- z schlag, zu verstehen. Diese Formation, die im wesentlichen übrigens nur aus seiner Person bestanden habe, hatte ganz andere harmlose Aufträge auszuführen. Klapproth erklärt, er sei aber ganz unschuldig an dem Tode des Wilms und wisse darüber gar nichts. Hande!. Berliner Börse vom Sonnabend. Der Wdchenschluß verkehrte in sehr unsicherer Haltung. Zu dne ersten Kursen wurden Entlastungskäuse getätigt, da der be vorstehende Medio noch immer zu Glattstellungen zwingt. Der Geldmarkt beeinflußt di« Börse noch weiter, da man noch nicht klar sieht, ob der Medio gut überwunden wird. Amtliche Devisen-Notieruna. Devisen Reichsmark; 12. März 11. März Geld Brie! Gew Briet M. Ht. M ck-t Rew Bort . . r r 4,21 4,22 4,2125 4,2225 Louden .... 1 20,434 20,48-1 20,441 20,493 Amsterdam 100 SW. 168,47 168,89 168,05 168,97 Kopenhagen . Stockholm . . 100 Kron. 112,19 112,47 112,21 112.49 100 Kron. 112,56 112,84 112,58 112.86 Oslo . . . . . 100 Kron. 110,11 110.39 109,41 109,69 Italien .... 100 Lire 18,77 18,81 18,79 8.83 Schweiz . .. 100 Frcs. 80,99 81,16 8!,u:w 81,235 Paris 100 Frcs. 100 Belga 16,475 16,515 16.175 16,515 Brüssel .... 58,54 58,68 58,56 58.70 Prag 100 Kron. 12,466 12,506 12,469 12,509 Wien 100 Schill. 59,26 59,40 59,29 59,43 Spanien . . . 100 Pesel. 72,61 72.79 72.36 72.54 1 franz. Franc 0,16 Rm., 1 belg. Belga 0,58 Rm., 1 ital. Lira 0,19 Rm., 1 poln. Zloty 0,47 Rm. Bankdiskont; Berlin 5 'Lombard 7), Amsterdam 3)4, Brüssel 6, Italien, 7, Kopenhagen 5, London 5, Madrid 5, Oslo 4>L, Paris 5)4, Prag 5)4, Schweiz 3)4, Stockholm 4)4, Wien 6. Ostdevisen: Bukarest 2,55 G 2,57 B, Warschau 46,905 G 47,145 B, Kowno 41,495 G 41,705 B, Kattowitz 46,98 G 47,22 B, Pos«,^46,905 G 47,145 B. — Noten: Große Polen 46,76 G Effektenmarkt. Am heimischen Rentenmarkt notierte die Neubefitz- anleihe 23,25, befestigte sich dann weiter und streifte vorüber gehend den Kurs von 24 Prozent, wobei die Umsätze ziemlich lebhaft waren. Am T r a n s p o r t m a r k t ist der Abschlag von Eisenbahnverkehrswesen bemerkenswert. Am Bank- aktien markt lagen Bank für Brauindustrie um 2 Prozent den ersten Kursen wurden Entlastungskäufe getätigt, da der be- Werten Buderus zu nennen. Kaliwerte rückgängig. Wag. gonaktien ruhig bei leicht gedrückten Kursen. Am Markt der Maschinen- und Metallwerte verzeichneten neben Loewe noch Schubert einen 3proz. Anschlag. Am Papier- und Z e l l st o f f m a r k t sowie bei Spritaktien kam Material heraus. Amtlich festgesetzte Preise an der Produktenbörse zu Berlin. (Getreide und Oelsaaten per 1000 Kilogramm, sonst per 100 Kilogramm, alles in Reichsmark.) Weizen, märkischer 267—270, Marz 284,50, Mai 283,50 u. Geld, Juli 284,50, fester. Roggen, märkischer 245-247, März 254—255, Mai 258—258,50, Juli 249, fest. Gerste, Sommergerste 213—241, feine Sorten über Notiz, Wintergerste 192—205, ruhig. Hafer, märkischer 194 bis 202, feine Qualitäten über Notiz, behauptet. Mais loko Berlin 181—183, ruhig. Weizenmehl per 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack (feinste Marken über Notiz) 34,25 bis 36,75, ruhig. Roggenmehl per 100 Kilogramm inkl. Sack 33,50 bis 35,50, ruhig. Weizenkleie frei Berlin 15,75—16, behauptet. Roggenkleie frei Berlin 15—15,25, behauptet. Viktoria-Erbsen 48—63, feine Sorten über Notiz, kleine Speiseerbsen 32—34, Futterevbsen 22—23, Wicken 22—24, Lupinen, blaue 14—14,50, Lupinen, gelbe 15,60—16,25, Serradella 23,50—25, Rapskuchen 15,70—15,80, Leinkuchen 20,60—20,80, Trockenschnitzel 11,80—12, Sojaschrot 19,50—19,90, Kartoffelflocken 29—29,50. Wild- und Geflügelpreise. Wild und Wildgeflügel per 16 Kilogramm: Rotwild mit Abschußattest 0,80—0,90, Schwarzwild, schwere Keiler 0,50, do. mittel und Bachen 0,65 bis 0,70, do. Frischlinge 0,80—0,85, Kaninchen, wilde, große, Stück 1,80—2,10, — Zahmes Geflügel (geschlachtet): Hühner, hiesige, Suppen-, >6 Kilogramm 1,10—1,15, do. Iw 0,80—0,90, oo. junge, 16 Kilogramm 1,10—1,20, do. Poulets 16 Kilogramm 1,30—1,40, Holländer, fette, 1,15—1,20, Hähne, alte 0,85—0,90, Tauben, jung«, Stuck 0,80—0,90, do. alt«, Stück 0,70—0,75, Tauben, italienische, groß und mittel, Stück 1,20—1,30, Enten, junge, la, 16 Kilogramm 1,80—2.00, do. Ila 1,40—1,60, Enten, Ila 0,90—1,00, Puten, Hähne, 16 Kilogramm 1,15—1,20, do. Hennen 1,30—1,35, do. paarweise 1,25. Die Preise sind die amt lichen Berliner Markthallenpreise einschließlich Fracht, Spesen und Provision. Amtlicher Berliner Schlachtviehmarkt. Auftrieb 2068 Rinder, darunter 592 Ochsen, 395 Bullen, 1081 Kühe und Färsen, 1847 Kälber, 4558 Schafe, 9701 Schweine (zum Schlachthof direkt seit letztem Viehmarkt 1697), 104 Auslandsschweine. Verlauf: Bei Rindern ziemlich glatt, ausgesuchte Kälber über Notiz; bei Schweinen langsam. Preise: Ochsen: a) 58—61, b) 54—56, c) 48 bis 50, d) 35—45; Bullen: a) 55—56, b) 53—54, c) 50—52, d) 45 bis 48; Kühe: a) 46—48, b) 38—414, c) 28—35, d) 22—25; Färsen: a) 58—60, b) 52—56, c) 46—48; Fresser: 40—47; Kälber: a) —, b) 75—85, c) 55—70, d) 40—52; Schafe: a) 58—63, b) 52 bis 56, c) 42—50, d) 30—40; Schweine: a) —, b) 62—63, c) 61 bis 62, d) 58—60, e) 55—57; Sauen: 56—58. Berliner Butterpreise. Amtliche Notierung im Verkehr zwischen Erzeuger und Großhandel, Fracht und Gebinde gehen zu Käufers Lasten: 1. Qualität 170, 2. Qualität 159, abfallende Sorten 145 M. Tendenz: Ruhig. S>vort. Internationales Eishockey-Turnier in Berlin. Im Berliner Sportpalast nahm am Freitagabend das auf drei Tage berechnete internationale Eishockey-Turnier mit der Begegnung Belgien—S.L. Riessersee (komb.) seinen Anfang, die die Belgisr mit 4 : 2 (2 :1, 2 :0, 0 : 1) gewinnen konnten. Im zweiten Spiele mußte die englische Mannschaft London Lions eine Niederlage durch den Berliner Schlittschuhklub hinnehmen, der mit 7:3 (2:1, 5:0, 0:2) erfolgreich war. Cilly Außem-Köln, die bekannte deutsche Tennis spielerin, weilt gegenwärtig an der Riviera und nimmt an dem am Sonntag beginnenden Tennisturnier in Cannes icil. Im gemischten Doppelspiel wird sie mit dem ausgezeichneten Fran zosen Lochet eine schwer zu schlagende Kombination bilden. Die A. D. A. C.iFünsländer-Tourenfahrt 1927, die erste diesjährige Auslanüstourensahrt des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs findet vom 22. April bis 3. Mai (durch die Länder Deutschland, Oesterreich, Italien, Jugoslawien, Tschecho- slowakei) statt, und zwar in den Etappen München—Bozen (252 Kilometer)—Venedig (277 Kilometer)—Triest (218 Kilometer)— Abazzia (65 Kilometer)—Adelsberg—Laibach (115 Kilometers- Graz (200 Kilometer)—Wien 200 Kilometer). Der Hochschul-Schwimmwettkampf Breslau—Brünn in Brünn endete mit dem überlegenen Siege der Breslauer Hoch schulmannschaft, die sämtliche Linzeiwettbewerbe und Staffeln ge wann und nur im Wasserballspiel gegen die Brünner Hochschul- mannickaft mit 3 : 4 unterlag. Sonne und Mond. 15. 3. Sonne: A. 6,18 v., U. 6,02 n. Mond: A. 2,40 n., U. 5,44 v. 16. 3. Sonn«: A. 6,16 v., U. 6,03 n. Mond: A. 3,49 n„ U. 6,07 v. "stehmen. Wenn er etwas weniger dreist wäre, würde ich Ihn mit seiner scharfen Zunge recht amüsant finden. Er hat zuweilen sehr witzige Einfälle." „Ja. Aber ick habe niemals viel Sympathien gehabt für Leute, die nur auf Kosten anderer witzig sein können. Außerdem steht er hier nicht eben iin besten Ruse." „Was er selber offenbar sehr gut weiß. Womit aber hat er sich denn eigentlick diesen schlechten Ruf verdient?" „Mit Dingen, liebste Edith, über die man zu einem jungen Mädchen nicht gut sprechen kann." „Nun, ich bin nicht neugierig. Im Grunde interessiert mich Herr Teßmar ja nur sehr mäßig. Aber solange ich nicht weiß, was man ihm eigentlich zum Borwurf macht, bringe ich's auch nicht fertig, unfreundlich gegen ihn zu fein. Wer weiß, ob nicht vieles von dem, was man ihm nachsagt, nur Klatsch und Verleumdung ist. In einer kleinen Stadt braucht jemand doch bloß etwas anders zu sein, als die große Herde, um gleich für ein räudiges Schaf zu gelten." „Ich bewundere deine Weltkenntnis", sagte Frau Marianne mit einem kleinen Lächeln. „Aber da haben wir ja unser geliebtes Frankenwalde!" Der Zug hielt vor dem Stationsgebäude, und der Diener Franz eilte herzu, um die Wagentür zu öffnen und den Damen beim Aussteigen behilflich zu sein. „Legen Sie die kleinen Pakete in den Wagen," wies die junge Frau den Diener freundlich an, „und fahren Sie nach Hause! Meine Schwägerin und ich wollen den kurzen Weg lieber zu Fuß machen." „Zu Besehl, gnädige Frau! Aber wenn gnädige Frau mir die Bemerkung gestatten: ich glaube, Herr Ramboldt wartet aus die Damen, um mit Ihnen ins Theater zu fahren." „So melden Sie meinem Manne, daß ich mich dazu heute nicht mehr frisch genug fühle! Aber wenn du Lust haben solltest, liebe Edith ?" „Nein, ich bin froh, wenn ich davon loskomme. Die Künstler und Künstlerinnen des Frankenwalder Stadt theaters spielen eine gar zu klägliche Komödie." Der Diener zog sich zurück. Als die beiden Damen aus dem Lahnhofsgebäude traten, stieg er eben zu dem ! Kutscher auf den Bock und lüftete, gegen Frau Marianne gewendet, noch einmal unterwürfig feinen Hut. „Ich weiß nicht, wie es zugeht," sagte Edith, „aber das Gesicht eures Dieners hat für mich etwas geradezu Unheimliches. Es erinnert mich immer an die Papp masken, die wir uns als Kinder um Fastnacht herum kauften. Und ich bin stets in Versuchung, ihm zuz»- rufen: Um des Himmels willen, Mann, sehen Sie doch endlich einmal aus wie ein lebendiger Mensck l" „Das ist mir noch gar nicht ausgefallen. Und ich habe jedenfalls bis letzt keine Veranlassung gehabt, mich über Franz zu beklagen. Du weißt vielleicht nickt, daß er schon in memes Vaters Diensten gestanden hat?" „Nein. Ich sah ihn jetzt zum erstenmal. Im Anfang eurer Ehe habt ihr ihn doch auch nicht gehabt." „Er mußte natürlich entlassen werden, als mein Vater starb. Aber wir durften ihm damals das allerbest« Zeugnis ausstellen. Er war engagiert worden, als Papa nach der Herstellung von seinem ersten Schlaganfall nicht mehr ohne fremde Hilfe gehen konnte, und er hat sich stets bis zur Aufopferung dienstwillig gezeigt. Papa schenkte ihm unbegrenztes Vertrauen und ließ sich während jeiner letzten Krankheit viel lieber von ihm als von der Pflegerin bedienen. Als er vor einigen Monaten an mich schrieb, mit der Bitte, ihn wieder in Dienst zu nehmen, habe ich selbst deinen Bruder veranlaßt, seinen Wunsch zu erfüllen. Für die geringe Ausdrucksfähigkeit seines Gesichts, kann inan doch am Ende den armen Menschen nicht verantwortlich machen." „Entschuldige — es war ja auch eigentlich nur ein Scherz! Aber sind wir denn hier aus dem richUgen Wege? Wir wollen doch nicht in die Fabrik?" Frau Marianne wurde rot. „Ack, das ist alte Gewohnheit. Natürlich hätten wir in die Lindenallee einbiegen müssen. Aber ich ziehe immer den Meg über das Fabrikgrundstück vor, weU ich dann an unserm alten Wohnhause oorüberkomme." (Fortsetzung folgt.)