Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 15.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190305151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030515
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-15
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 15.05.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
wohl die Kerle es allesamt verdient hätten. In dieser wunderschönen Landschaft, in diesem irdischen Paradies, riecht eS nach Blut, sie verdient mit vollstem Recht den Namen als „Paradies des Teufels", den sie führt. Die Russen, die Aankees, Engländer und Franzosen sind uns im Spiel über. Warum? Erstens sind sie wohlhabender, können mehr anwenden, d. h. diejenigen Kreise, welche überhaupt sich dem Spiel widmen. Zweitens sind sie allesamt weniger häuslich und weniger kinder. lieb. Denn — man mag sagen, was man will, manche Spielratte, die von den Karten nicht los. kommen konnte, die haben schon die braunen Augen seines Jungen oder die blauen seines Mädels be kehrt. Eine Partie 66, Skat, Schafkopf rc. zur Unterhaltung, sie tut keinem weh, es ist damit ge rade wie mit dem Alkohol. So lange man's lassen kann, ist's unbedenklich, was zum Zwang wird, ist gefährlich, selbst das Wassertrinken! *— Die Wolkeuschleier, die die „gestrengen Herren" am Himmelszelt gewoben, beginnen nach und nach zu zerreißen, die Sonne strahlt mit ihrem warmen Lichte wieder freundlich hervor und nach wenigen Tagen des Uebergangs wird von der kur zen Herrschaft der Eisheiligen, die uns mit Nacht frösten glücklicherweise diesmal vollkommen ver schont haben, nichts mehr zu bemerken sein. *— Amtsgerichts-Neubau Wie wir hören, wird noch im Laufe dieses Sommers mit dem Bau des neuen Amtsgerichtsgebäudes in unserer Stadt begonnen werden. * — Nnglücksfall. Am Dienstag nachmittag vergnügten sich Kinder damit, an den an der äu ßeren Dresdner Straße wegen der z. Zt. dort vor genommenen baulichen Erdarbeiten angebrachten Schutzbalken zu turnen und zu schaukeln, als plötz lich ein Balken umschlug und ein darunter sitzender 8jähriger Knabe von demselben so unglücklich ge troffen wurde, daß er bewußtlos in die nahe ge legene elterliche Wohnung getragen werden mußte. Glücklicherweise kam das Kind bald wieder zur Besinnung, gleichwohl wird dasselbe wegen er littener innerer Verletzungen längere Zeit ärztlicher Hilfe bedürfen. * — Die sächfische Regierung wendet der Gefahr, daß die Wurmkrankheit der Bergleute nach Sachsen eingeschleppt werde, ihre Aufmerk samkeit zu. Deshalb hatte sich bereits Medizinal rat Prof. Dr. Karg aus Zwickau zu Studienzwecken nach den westfälischen Seuchengebieten begeben, und jetzt unternehmen gleiche Studienreisen die königlichen Bezirksärzte aus den sächsischen Stein kohlenrevieren. * — Alkoholfrei! Wie wir erfahren, hat die sächsische Staatsbahn-Verwaltung den Bahnhofs wirten aller Stationen, auf denen Speisen und Getränke an die Züge gebracht werden, die Ver pflichtung auferlegt, während der wärmeren Jahres zeit an den ihnen von den Stationsvorständen zu bezeichnenden Zügen neben den sonstigen Erfrisch ungen auch frisches Trinkwasser, ferner Selters- oder anderes Mineralwasser, sowie der Jahreszeit entsprechend frisches Obst in genügender Menge zu angemessenen Preisen seilzuhalten. Der Preis für ein I Glas Trinkwasser soll nicht mehr als 5 Pfb-, beim Mitverkauf des Glases 15 Pfg., der für eine kleine Flasche Mineralwasser nicht mehr als 20 Pfg. betragen. * — Deutschland ist das Laud der Post karten. Nach einer Zusammenstellung des Inter nationalen Büreaus in Bern für 1901 wurden im deutschen Reiche 1013'/, Millionen Postkarten ver schickt, bedeutend mehr, als in einem der anderen Länder. Die Zahl der Briefe betrug 1'/, Milli- arden, in Nordamerika dagegen 3*/, und in Groß britannien 2Milliarden. Sonst erreicht der Brief verkehr nirgends eine Milliarde. * — Wie vorsichtig mit Celluloidwaren um gegangen werden muß, beweist wieder folgender Vorfall. Das Dienstmädchen eines Gastwirtes in Meißen war am Abend mit einem offenen Lichte nach ihrer Kammer gegangen, hatte sich aber nicht gleich zu Bette begeben, sondern sich erst an einen in der Kammer stehenden kleinen Tisch gesetzt, um zu lesen. Hierbei war sie müde geworden und ihr Kopf auf den Tisch herabgesunken. Der im Haar befindliche, aus Celluloid gefertigte Kamm war dabei dem Lichte zu nahe gekommen und sofort in Brand geraten. Ehe das Mädchen erwachte und das Feuer auf dem Kopfe ersticken konnte, war schon der größte Theil des Kopfhaares und auch die Kopf- und Stirnhaut erheblich verbrannt. Beim Ausdrücken der Flamme zog sich das Mädchen auch noch Brandwunden an beiden Händen zu. Die Verunglückte mußte ins Krankenhaus gebracht werden. * — Gegen die Wafferverschwendnng wendet sich in der Zeitung „Gesundheitsingenieur" eine Notiz. Bekanntlich lassen viele Leute aus Nach lässigkeit oder aber auch mit Absicht, um stets „frischeS" Wasser zu haben, den LeitungShahn etwa- tropfen, statt ihn fest abzudrehen. Eine wie sträfliche Verschwendung das ist, wird dadurch klar, daß bei einem Tropfenfall von 50 in der Minute im Jahre etwa 5000 Liter Wasser nutzlos fortlaufen; bei 240 Tropfen in der Minute sogar 131 Kubikmeter im Jahre. Willman dak in der Leitung abgestandene Wasser ablaufen lassen, so genügt eS für die höchst- gelegenen Wohnungen, einen Augenblick den Hahn aufzudrehen. Da» ablaufende Wasser braucht aber nicht abzulaufen, sondern kann aufgefangen und zum Waschen, Wischen oder Scheuern verwendet werden. * Dresden, 13. Mai. Auf die beabsichtigte Aussperrung der Dresdner Bauarbeiter hin, die — wie wir bereits gestern mitteilten — mit dem heutigen Tage beginnen sollte, haben heute früh 6 Uhr sämtliche organisierte Maurer, Zimmerer und Bauhandarbeiter im städtischen Ausstellungs grundstück von selbst die Arbeit niedergelegt. Dieser Streik ist wohlberechnet inszeniert, denn man hatte seitens der Arbeiterschaft jedenfalls den Plan, die Eröffnung der deutschen Städteausstellung zu dem festgesetzten Zeitpunkte unmöglich zu machen. Da jedoch die Bauten in der Hauptsache fertiggestellt sind, hat der Streik auf die Eröffnung und Fertig- tellung der Ausstellung keinerlei Einfluß. Es -andelt sich nur noch in der Hauptsache um Maler und Erdarbeiten, an denen jedoch ohne Unter brechung weitergearbeitet wird. * Leipzig, 13. Mai. Aus Anlaß der Kaiser parade wird Sonnabend, den 5. September, abends eine Festtafel abgehalten, an welcher u. a. Kaiser Wilhelm teilnimmt. Dieses Paradediner findet, wie verlautet, im Leipziger Palmengarten statt. * Leipzig, 13. Mai. Zum Leipziger Bier boykott ist zu melden, daß die Zahl der Saal inhaber, die ihre größeren und kleineren Säle in Leipzig und Umgebung zu sozialdemokratischen Versammmlungen zur Verfügung gestellt haben, nach der Umfrage des sozialdemokratischen Komi tees sich auf 76, die der Saalinhaber, die ihre Säle verweigern, auf 30 beziffert. * Leipzig, 13. Mai. Das Frauenstudium an unserer Universität macht unaufhaltsam Fortschritte. In diesem Semester haben wiederum 21 Damen um die Erlaubnis gebeten, verschiedenen Vorlesungen beiwohnen zu dürfen, und diese Erlaubnis ist ihnen auch erteilt worden. Insbesondere wenden sich die Damen der Medizin zu, deren Studium sie sich mit Eifer hingeben, um später die Heilkunde aus zuüben. Aber auch in anderen Fakultäten haben die Hörerinnen Vorlesungen belegt. * Zwickau, 14. Mai. Der Verein Zwickauer Rosenfreunde veranstaltet Ende Juni zur Feier seines 20jährigen Bestehens eine große Rosenaus stellung mit Saalfest. * Zwickau. Die Leiter unseres Stadttheaters, die Herren Otto und Grelle, sind mit dem finan ziellen Erfolge, den ihre Tätigkeit in der zu Ende gegangenen ersten Spielzeit gehabt, nicht zufrieden. Sie klagen über ein erhebliches Defizit und suchen den städtischen Zuschuß, den ihr Vorgänger bezogen habe, auf den sie aber bei der Uebernahme der Direktion freiwillig verzichtet hatten, wieder zu erlangen. * Werdau. Am 17. Juni beginnt vor der 2. Strafkammer des Kgl. Landgerichts Zwickau der Prozeß gegen die früheren Direktoren der Spinn maschinenfabrik I. H. Popp hier, Max Teichmann und Hennig, sowie den früheren ersten Aussichtsrat Rechtsanwalt vr. Vierling wegen verschiedener an geblicher Vergehen gegen das Handelsgesetzbuch und die Konkursordnung. Henning und Teichmann haben seit ihrer Freilassung aus der Untersuchungs haft Werdau nicht wieder als Aufenthaltsort ge wählt, dagegen hat Rechtsanwalt vr. Vierling seine Praxis wieder ausgenommen. Die Verhandlungen dürften etwa drei Wochen währen. * Rochsburg, 13. Mai. In großer Lebens gefahr schwebten heute zwei hiesige junge Damen, Töchter eines Fabrikanten. Diese vergnügten sich oberhalb des hiesigen Muldenwehres mit Kahn fahren. Infolge der jetzigen etwas starken Strömung wurde der Kahn nebst Insassen über das Wehr getrieben und kenterte. Während die eine der Damen sich selbst ans Ufer rettete, konnte die andere jedoch nur in bewußtlosem Zustande aus dem Wasser ge rettet werden. Die sofort angestellten Wieder belebungsversuche waren glücklicherweise von Erfolg. * Annaberg, 13. Mai. Jedenfalls aus Furcht vor Strafe wegen Schuleschwänzens hat sich seit zirka acht Tagen der 12-jährige Schulknabe Albert Lötsch aus dem Elternhause entfernt. Er soll sich in der Umgegend herumtreiben. — In Ehren friedersdorf sand man heute vormittag im Chaussee graben einen etwa 50jährigen Handwerksburschen bewußtlos auf, der bald nach seiner Einlieferung in das Hospital verstarb. Jegliche Ausweispapiere fehlten ihm. — Ein etwa zwanzigjähriger Fabrik arbeiter aus Annaberg hat sich in Königswalde vermutlich wegen Arbeitslosigkeit erhängt. * Plauen i V., 13. Mai. Den Verlust sauer verdienter Ersparnisse in Höhe von 130 Mk. hat eine im Hause Gerberstraße 1 wohnhafte Wäscherin zu beklagen. Die Frau hat zur Aufbewahrung des Geldes eine Matratze benutzt. Als sie diese zu einer Reparatur aus dem Hause gegeben, hatte sie vergessen, das Geld vorher herauszunehmen. Zwar ist dasselbe, wie sich herausgestellt hat, von einem Mädchen in der Gerbereistraße gefunden, dem Mädchen aber durch einen unbekannten Bur schen wieder abgenommen worden. * Schwarzenberg, 12. Mai. Tödlich verun glückt ist gestern früh in der Fischerschen Holz schleiferei der 44 Jahre alte Fabrikarbeiter Arnold aus Bernsgrün. Derselbe scheint infolge Schläfrig keit oder überkommenen Unwohlseins beim Auf legen von Pappen in den Trocken-Zylinder mit den Händen und dann mit dem Gesichte hineingezogen worden zu sein, wobei er so schwere Verletzungen durch Verbrennen der Hände und des Gesichts, sowie einen Bruch des Unterkiefers erlitt, daß sein Tod vermutlich sofort eintrat. Der Verunglückte war verheiratet und Vater von 4 Kindern. * Klingenthal, 12. Mai. Ein vor kurzem in Warschau gestorbener reicher Jnstrumentenfabrikant, der im Jahre 1812 hier geborene Friedrich Wil helm Glier, Hal der Klingenthaler Kirche ein Legat von 2000 Rubel ausgesetzt. Der Betrag ist gestern an die Kirchenkassenverwaltung hierselbst ausgezahlt worden. * Oschatz, 13. Mai. Auf einem zur benach barten Bornitzer Flur gehörigen Feldgrnndstück be findet sich folgender „kernige" Anschlag: „Gemäß der gesetzlichen Bestimmungen ist jedes Betreten meines Kümmelackers verboten. Jedes zweibeinige Rindvieh, das ich dabei be treffe, wird die ihm nach seinem geistigen Zu stand nötigen Prügel von mir erhalten. F. E. Patzschke." Na! Wenn das nicht zieht .... * Wermsdorf, 12. Mai. Am gestrigen Sonn tag erfolgte zum zweiten Male die Verpachtung der etwa 883 sächsische Acker großen Wermsdorfer Flurjagd. Man schlug sie mit Stimmenmehrheit Herrn Schnürich aus Leipzig für 80 Pfg. pro Acker zu, obwohl König Georg dasselbe Gebot hatte abgeben lassen. * Königstein, l2. Mai. Gestern vormittag erschoß sich aus der Festung ein Soldat der 8. Kompagnie. Der Schuß war nach der Herz, gegend gerichtet und hatte den sofortigen Tod zur Folge. Der Grund, weshalb der Mann Selbst mord verübte, ist zur Zeit noch nicht bekannt ge worden. * Ostritz. Die Näherin Marie Krause von hier, gegen welche kürzlich ein räuberischer Ueber- fall verübt worden sein sollte, hat Ostritz verlassen, ohne daß man bisher ermitteln konnte, wohin sie sich begeben hat. Bei ihrer Abreise hat sie an ihre Wirtsleute einen Brief gerichtet, worin sie „unter Tränen" Abschied nimmt. In dem Schreiben hält sie den Raubanfall noch aufrecht und beklagt sich bitter über das Unrecht, was ihr geschehe. Gerichtssaal. 8 Eine Diebesbande, die planmäßig zu Werke ging, halte sich am Dienstag vor der dritten Straskammer de« Kgl. Landgericht« zu Zwickau zu verantworten. E« erschienen vorgesührt: 1) der am 28. Oktober 1875 geb., wegen Betrug«, Sachbe schädigung, Widerstand» und Körperverletzung vor bestrafte Handarbeiter O. B. Schwab in Crimmit schau, 2) der am 10. April 1869 geb., wegen Hau«frieden»bruch«, Beleidigung, Körperverletzung und Diebstahl« vorbestrafte Handarbeiter R. R. Funk in Meerane, 3) der am 1. März 1873 geb., wegen Betteln» und schweren Diebstahl« vorbe strafte Handarbeiter W. Chr. F. Bergmann in Meerane, 4) der am 2. November 1867 geb., wegen Betteln« und Beleidigung vorbestrafte Hand arbeiter C H. Chr. Bergmann in Meerane und 5) der auf freiem Fuße befindliche, am 14. März 1876 geborene, wegen schweren Diebstahl« und Be trug» sowie wegen Betteln» vorbestrafte Handar beiter Fr. Cl. Schnabel in Crimmitschau. In Frage kamen diejenigen Einbrüche, die mit großer Frechheit und Verwegenheit von Schwab, Friedrich und Christoph Bergmann in der Nacht zum 28. Februar 1902 bei dem Stellmachermeister Tauber in Heiersdorf bei Crimmitschau, in der Nacht zum 16. März desselben Jahre» bei dem Gemeindevor steher und Gastwirt Bromme in Schönheide-Heiers dorf, in der Nacht zum 7. September derselben Jahre» bei dem Materialwarenhändler Keller in Dennheritz, von Schwab, Christoph Bergmann und Funk in der Nacht zum 4. März desselben Jahre« bei dem Schuhmachermeister Pohle in Ponitz, in der Nacht zum 8. Dezember 1901 bei dem Gut«, besitzer Pfeifer in Oberschindmaa», in der Nacht zum 14. Januar 1902 bei der Gasthoftbesitzerin verw. Träger in Schönberg bei Meerane, in der Nacht zum 1. derselben Monat« bei dem Guttbe- sttzer Friedrich in Langenreinsdorf, von Funk, Christoph und Friedrich Bergmann in der Nacht zum 30. März derselben Jahre« bei dem Fleischer meister Lindner in Remse, in der Stacht zum 4. November derselben Jahre» bei der Gutsbesitzerin verw. Höffelbarth und Guttbesitzer Ulbricht in Köthel im Altenburgschen, von Schwab und Christoph Bergmann in der Nacht zum 31. August desselben Jahres bei dem Gemeindevorstand in Leitelshain, in der Nacht zum 27. Juli desselben Jahre» bei der Schankwirtin verw. Bräutigam in Crimmitschau, in der Nacht zum 30. Januar desselben Jahre« bei der Materialwarenhändlerin verw. Riebold in Rudettwalde, in der Nacht zum 2. März detselben Jahre« bei der Materialwurenhändlerin Müller in Mosel, von Funk und Christoph Bergmann in der Nacht zum 12. Juli 1902 bei dem Gastwirt Kert scher, von Schwab und Schnabel am 4. Dezember 1902 abend« bei dem Delikatessenhändler Näser in Crimmitschau, von Schwab am 22. Oktober 1902 bei dem Zimmermann und Musiker Keil in Heuken- walde im Altenburgschen und von Funke in der Zeit vom 17. bi« 23. Mat 1902 bet dem Ziegelei- besitzer Mertel in Crimmitschau »»«geführt worden sind. Wa« die Diebstahlsobjekte anbelangt, so handelte e« sich um große Posten Cigarren, Fletsch- und Wurstwaren, Kleidungtstücke, Gänse, Enten, Rebhühner und dergleichen mehr von sehr bedeuten dem Werte. Die Bande war mit allem möglichen DteberhandwerkSzeug ausgerüstet und suchten Beute zu erlangen, wo e« ihr nur möglich war, wobei sie ein Raffinement an den Tag legten, da« seines gleichen sucht. Da« Urteil lautete wider Schwab auf 6 Jahre Zuchthau«, 4 Wochen Haft, wider Funk auf 4 Jahre Zuchthau«, wider Friedrich Berg mann auf 3 Jahre Zuchthau«, wider Christoph Bergmann auf 8 Jahre Zuchthau« und wider Schnabel auf 4 Wochen Haft, der bürgerlichen Ehrenrechte gingen die zu Zuchthau« Verurteilten auf die Dauer von je 8 Jahren verlustig. Schwab erhielt 3 Monate und die Haftstrafe, sowie Funk und die beiden Bergmann je 4 Monate Unter- suchungshast angerechnet. § Ein Brandstifter. Vom Schwurgericht Plauen wurde am Dienstag der Schneidermeister Roßnagel auS Raps wegen vorsätzlicher Brand stiftung zu 4'/., Jahren Zuchthaus und mehrjährigem Ehrverlust verurteilt. Roßnagel hatte am 19. Januar d. I. daS Sticker Thoßsche Wohnhaus in Pausa, in dem er wohnte, in Brand gesteckt, um sich durch die Versicherung Vorteile zu verschaffen. DaS HauS brannte bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die Mieter, sowie die Besitzer, die nicht versichert hatten, verloren ihre gesamte Habe! 8 Eine exemplarische Strafe erhielt der wegen Betrugs bereits vorbestrafte, am 10. Oktober 1880 in Neuensalz i. V. geborene Stallschweizer Franz Oswald Zierold. Er vermietete sich am 27. März 1903 bei einem Stellenvermittler in Reichenbrand als Stallschweizer nach Grüningen in Thüringen. Die 5 Mar? Reisegeld, die ihm der Stellenvermittler gab, verjubelte Z-, der die ange- nommene Stellung nicht antrat. Er wurde vom Landgericht Chemnitz zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. 8 Verurteilung eines Berliner Rechtsan walts. Die Strafkammer in Dortmund verurteilte gestern den Rechtsanwalt Clemens Wulff auS Berlin wegen Beleidigung deS Assistenten Schröder, welcher die Gespräche, die Rechtsanwalt Wulff mit seinem Bruder, dem Bankier Wulff, im Gefängnis hatte, überwachte, zu 600 M. Geldstrafe. Der Staats anwalt beantragte wegen Bestechung 3 Monate Gefängnis. 8 Wege« Soldatenmißhandluugen ist von rem Oberkriegsgericht in Straßburg ein Unteroffizier Kisch vom 15. Pionier-Bataillon zu 1'/, Jabren Gefängnis und zur Degradation verurteilt worden. Der „Franks. Ztg." wird über die Gerichttverhand- ung berichtet: Er ohrfeigte sämtliche Rekruten täg- ich, stieß sie in den Rücken, sowie mit der Hand inS Gesicht, bearbeitete sie mit der Klopfpeitsche, jagte sie bei Tag und Nacht unter fünf Betten hin und her, ost 50 bi- 100 mal abends. Beim Turnen stopste er Soldaten Lohe in den Mund und ließ sie wie Hunde da» Sprungseil mit dem Mund von der Erde aufheben. Die Rekruten mußten sich gegenseitig mit einer Schrubberbürste und Sand den Oberkörper abreiben, bi» er wund wurde. Die Rekruten mußten sich gegenseitig verklopfen. Er ließ sie fast täglich mit präsentiertem Gewehr in der Kniebeuge sitzen. Einzelne Rekruten mußten 50 mal Schemel strecken. Um die übrigen Rekruten gegen einen Kameraden Kähne aufzubringen, hieß er diesen sich auf den Tisch setzen, pflanzte ihm die Mütze auf den Kopf und eine Pfeife in den Mund. Unterdesfen mußten die übrigen Rekruten dessen Sachen putzen. DaS Ende dieser Episode bestand darin, daß Kähne vom Tisch heruntergestoßen wurde. AIS Motiv für seine Quälereien gab der Unter offizier an, er sei al« Rekrut ebenso behandelt worden Als seine Quälereien angezeigt waren, suchte der Unteroffizier die mißhandelten Rekruten zu falschen Aussagen zu verleiten. Dem einen Rekruten drohte er, er werde keine frohe Stunde mehr in der Kaserne haben, wenn er die Wahrheit sage. 8 I« großen Mainzer Weiuverfälschun-S- Prozeß gegen Dr. Schlamp auS Nierstein waren die Zeugenaussagen in der Hauptsache für den An- geklagten günstig, desgleichen die Gutachten der Sachverständigen. Der Angeklagte räumte ein, Zusätze verwendet zu haben, jedoch nicht um den Wein zu vermehren, sondern um den erforderlichen Klärungsprozeß zu erzielen. Die Verwendung von Tresterwein sei allgemein üblich und man dulde sie sozusagen. DaS Gericht erkannte Dr. Schlamp der Weinfälschung für schuldig und verurteilte ihn zu 1500 Mark Geldstrafe oder 300 Tagen Gefängni». 8 Ein Musterkloster. Verhandlungen gegen fünf Nonnen und eine Angestellte deS Bon Pasteur von Annonay (Frankreich) förderten womöglich noch entsetzlichere Tatsachen zu Tage, als die gegen die gleiche Kongregation vor einigen Wochen in Nancy stattgehabten. Die in diesem Musterkloster unter gebrachten Waisen wurden nach zahlreichen Zeugen berichten in unmenschlicher Weise mißhandelt und der Nahrung beraubt, während ihnen ungeheuerliche Arbeitsleistungen zugemutet wurden. Schläge mit Schlüsseln, Hämmern usw. gehörten fast zu den all täglichen Erscheinungen. Von besonderen Martern sind zu erwähnen: Langes Eintauchen der Köpfe in Schmutzwasser, Zusammenzerren deS HaareS mit Bindfäden, Zerren am Haare die Treppen hinunter, inS Gesicht speien u. a. m. Mehrere Mädchen sind infolge dieser Behandlung zu Krüppeln geworden. Die Entlastungszeugen mußten wegen ihrer hand greiflichen Lügen von dem Vorsitzenden mehrfach streng zur Ordnung gerufen werden, so ein Fleischer, der rühmend bemerkte, die Nonnen hätten für 4000 Franc» Fleisch jährlich bei ihm entnommen und somit den Kindern eine gute Kost verabreicht. „4000 Francs?" rief der Vorsitzende auS, „daS macht 11 Francs pro Tag. Für 250 Personen ist das etwas mehr als mager!" In seiner Zusammen fassung der Zeugenaussagen verurteilte Präsident Nadaud in scharfen Worten daS unmenschliche Vor gehen der Nonnen, für daS keine Entschuldigung geltend gemacht werden könne. Ebenso energisch verlangte der Staatsanwalt Gailhard eine unerbittliche Bestrafung der Nonnen, die sich mit der lügnerischen Mission brüsten, armen verlassenen Waisen Obdach und Schutz zu gewähren. Die Urteilfällung wurde vertagt. Kleine Chronik. * Berlin, 13. Mai. Die Kriminalpolizei glaubt bereit« eine Spur der Diebe gefunden zu haben, die den Uhrendiebstahl in der Friedrichstraße be- gai gen haben. E« handelt sich wahrscheinlich um eine Bande, der eine ganze Reihe von Einbrüchen der letzten Zett zur Last zu legen ist. * Berlin hat den größten Straßenbahnverkehr von allen europäischen Städten. Er umfaßt im Jahr rund 350 Millionen Straßenbahnfahrgäste, 170 Millionen Stadtbahn- und OmmibuS-, sowie 30 Millionen Hoch- und Untergrundbahn-Passagiere. Nur die Sicherheit im Straßenbahnverkehr läßt immer noch zu wünschen übrig. * Bromberg, 13. Mai. Die Unteroffiziere Tietze und Dahlke von der dritten Kompagnie de» 34. Füstlier-RegimentS in Bromberg, welche seit einigen Wochen verschwunden waren, sind nunmehr als Leichen auS der Brahe gezogen worden. Bei beiden Personen liegt, wie allgemein angenommen wird, Selbstmord vor; verletztes Ehrgefühl soll sie dazu getrieben haben. An einem Tage im April waren sie von ihrem Vorgesetzten vor der Front der Kompagnie „gerüffelt" worden und zwar in etwas ehrverletzender Weise. DaS sollen sich nun die beiden Leute so zu Herzen genommen haben, daß sie den Entschluß faßten, gemeinsam auS dem Leben zu scheiden. Am abend desselben TageS verließen sie zusammen die Kaserne und sind nicht mehr dahin zurückgekehrt. Anfänglich glaubte man, sie wären über die Grenze nach Rußland desertiert. Tietze und Dahlke sind nach der „Danz. Zig." Söhne gut situierter Eltern. * Buuzla«. Um die Depotgebühren zu er- sparen, kam eine vermögende Dame von hier auf folgenden genialen Einfall: Als sie jüngst eine längere Reise unternehmen und ihr Heim allein lassen mußte, packte sie ihre überflüssigen Kassen scheine hübsch sorgfältig in einen Brief, den sie deklarierte und mu>Angabe der Absenderin an eine fingierte Adresse in Berlin sandte. Die sonst so
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)