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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190305089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030508
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030508
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-08
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.05.1903
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— Der Erbprinz von Sachsen-Meiningen hat sich am Montag von den Offizieren de» General kommando« de« 6. Armeekorp« verabschiedet. Er dankte in bewegtm Worten den Herren für die treue Mitarbeit, wünschend, man möge sich kamerad schaftlich und gesellschaftlich Wiedersehen. — Der preußische Handel«minister Möller hat in einer Rede in Magdeburg mit Bezug auf die wirtschaftliche Lage der Hosfi.ung Au«druck gegeben, daß die schlimmsten Jahre hinter un« liegen. Der Jnland«verbrauch in Eisen habe sich in letzter Zeit, nachdem er von 132 Kilogramm auf 70 Kilogramm zurackgegangen, wieder auf 95—96 Kilogramm ge steigert. ,,E« ist nun einmal," schloß der Minister, „Tatsache, daß Kohle und Eisen die Standard-Ge- schäft«zweige für die ganze Industrie sind. Wenn e« diesen gut geht, geht e« auch anderen Industrien nicht schlecht. Die Arbeiter, die da beschäftigt sind, gehören zu den bestgelohnten und sind daher die besten Konsumenten. Wir dürfen daher die Hoff nung haben, daß wir bei angestrengter Arbeit und Aufrechterhaltung de« Markte« im Auslande wieder normalen Zeiten entgegengehen." Die Rede ent hält auch sonst manchen beachten«werten Gedanken. Ängang« kam der Minister auf seine frühere Mahn ung zurück, daß die kaufmännischen Kreise sich leb hafter am politischen Leben beteiligen müßten. Die Hast, mit der man in Deutschland gewisser maßen die wirtschaftlichen Verluste von Jahrhunderten in Jahrzehnten wieder habe einbringen müssen, habe da« bisher verhindert. Aber dar Hervortreten der materiellen Fragen im staatlichen Leben zwinge jetzt auch die Kaufleute zur Beschäftigung mit der Politik. Nachdem der Minister dann vorübergehend erwähnt, daß die Vorfahren seine« Kollegen, de« Krieg«minister«, der Magdeburger Seidenkramerinn- ung angehört hätten, ging er auf die Frage der Erhaltung de« Zwischenhandels näher ein: „Bei mir laufen viele Klagen ein, daß der Zwischen handel vernachlässigt und zurückgedrängt würde und e« wird au«geführt, daß der Staat die Pflicht habe, den Zwischenhandel zu schützen. Da« ist theo- retisch gewiß richtig. Aber es wird sich wohl kaum durchsühren lassen und wir werden damit wohl rechnen müssen, daß durch die moderne volkswirt schaftliche Entwicklung vielleicht der eine oder der andere Zweig de« Zwischenhandels beschränkt oder beseitigt werden wird. Gegen die Bewegung auf Ausschaltung de» Zwischenhandel«, glaube ich, kann man nicht« andere» tun, al« diejenigen Kreise, die dadurch geschädigt werden, sei er in genossenschaft licher, sei e« in anderer Form, zu größerer Kon zentration zu bewegen. Konzentration unter tunlichster Aufrechterhaltung der Individualität der einzelnen Glieder tstda« Ziel, auf da« wir zweifel«ohnelo»steuern müssen. Sie sehenja auch, wieda» System im Laufedes letzten Jahrzehnt« fortgeschritten ist. Wir werden dabei unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten haben, daß die Uebelstände, die damit verbunden sind, vermieden werden. Wir werden das Bewußtsein in diese konzentrierten Geschäft«formen hineinzulegen haben, daß Gewaltmaßregeln Reaktionen Hervorrufen werden, daß daher vor Gewaltmaßregeln möglichst gewarnt werden muß. Ein Teilhaber de« bekannten Herrn Morgan hat mir vor einiger Zeit persönlich au«- einandergesetzt, daß da« Mißtrauen, da« der Jron and Steel Corporation entgegengebracht werde, un begründet sei. E« fiele ihnen nicht ein, so einfältig zu sein, für eine kurze Zeit, obwohl sie dazu im stände wären, die Konsumenten au«zubeuten. Ihr Ziel ginge darauf, die Arbeit zu teilen und da zu produzieren, wo e« rationell sei, und den Zwischen handel au«zuschalten, wo er nicht nötig sei. Wie in den Vereinigten Staaten, so wird auch bei un« der Kampf gegen den Zwischenhandel seinen Fort gang nehmen. Dagegen wird nicht« zu machen sein." — Unser erste« heimische» Geschwader unter dem Befehl de« Prinz-Admirals Heinrich von Preußen bat heute von Kiel au« seine große Frühjahrs. Uebung«fahrt angetreten. E« ist da« erstemal, daß unsere neuesten Linienschiffe den Kaiser Wilhelm- Kanal befahren. Aber in anderer Beziehung ist die Reise noch bemerkenswerter. Niemal« zuvor hat dar Reich ein au« vierzehn modernsten und leistungs fähigsten Schiffen bestehende« Geschwader mit 7000 Mann Besatzung zu einer vierwöchigen Uebung in den Atlantischen Ozean schicken können. Die Fahrt geht bi« nach Lissabon; die kleinen Kreuzer dürften den Tajo Hinaufdampfen und die Hauptstadt Por tugal« selbst besuchen. Auf der Rückreise läuft der Kreuzer „Blitz" den Hafen von Brest an und zeigt nach langer Zeit die Reichrkriegrflagge in einem französischen Hafen, um die au« der Heimat einge troffene Post an Bord zu nehmen. Da« Anlaufen niederländischer Häfen ist aufgegeben worden. — Der Krieg«minister, General der Infanterie Heinrich v. Goßler, dessen Rücktritt unmittelbar be vorsteht, ist der vierte in der Reihe der von dem jetzt regierenden Kaiser ernannten Kriegsminister. Keiner seiner Vorgänger war, wie die „Voss. Ztg." hervorhebt, so lange auf dem Posten, wie er. Al« Kaiser Wilhelm II. die Regierung antrat, stand der noch von seinem Großvater ernannte General Paul Bronsart v. Schellendorff an der Spitze de« Krieg«- ministerium», der im April 1889 da« Kommando de« I. Armeekorp« übernahm und 1891 gestorben ist. Vom 8. April 1889 bi« 4. Oktober 1890 war General Verdy du Vernoi« Krieg-minister, der nach anderthalbjähriger Amtsführung zur Verfügung ge stellt wurde. Sein Nachfolger wurde der General v. Kaltenborn-Stachau, der drei Jahre aus seinem Posten blieb und am 17. Oktober 1893 in den Ruhestand trat. Es folgte al« General Walter Bronsart v. Schellendorff, ein Bruder des vorge nannten, der nicht ganz drei Jahre Krieg-Minister blieb, und am 14. August 1896 unter Ernennung zum Generaladjutanten zur Verfügung gestellt wurde. Seitdem, also seit fast 7 Jahren, steht General v. Goßler an der Spitze de« Krieg«ministeriums, dem er vorher schon lange Jahre angehört hatte. Er ist am 29. September 1849 geboren und steht zur Zeit also im 62. Lebeu«jahre. — Der Staat«sekretär des Reichsmarineamts v. Tirpitz wird Mitte nächster Woche, nach der Rückkehr vom Urlaub, seine alljährliche Besichttgung«- reise antrete«. Sie führt ihn diesmal nach Danzig, Kuxhaven und Helgoland. — Prinz Arenderg. E« wurde berichtet, daß Prinz Prosper Arenberg, der wegen Ermordung eine« Eingeborenen in Deutsch-Südwestafrika zum Tode verurteilt und dann zu 15 Jahren Gefängnis begnadigt worden war, nunmehr vollständig be gnadigt und au« dem Gefängni« entlasten worden sei. Demgegenüber wird aus Hannover mitgeteilt, „daß der Verwaltung des hiesigen Gerichtsgefäng- niste«, in welchem der Prinz seine Strafe verbüßt, von einer Begnadigung derselben nicht« bekannt ist und daß der Prinz sich nach wie vor im hiesigen Gefängni« befindet." Bestimmter dementiert die „Nordd. Allg. Ztg." da« Gerücht. Sie schreibt: „Wir find zu der Erklärung ermächtigt, daß die Meldung unrichtig ist. Zu den umlaufenden Ge rüchten hat möglicherweise der Umstand Anlaß ge geben, daß den zuständigen Militärgerichten ein An trag wegen Wiederaufnahme de« Verfahren« vor- liegt." — Unter der zweijährigen Dienstzeit sind, wie sich au« den Berichten der Militärgefängnisse ergibt, die Bestrafungen im Heere um über ein Drittel zurückgegangen. Die meisten Vergehen der Mann schaften kamen früher im dritten Dienstjahre vor. — Da« Ermittelungsverfahren gegen den Fähnrich Hüstener ist laut Meldung au« Kiel abgeschlossen worden. H. hatte am Mittwoch die erste Unter redung mit seinem Verteidiger. Er soll durchaus nicht niedergeschlagen sein. — Au« Konitz: Oberstaat«anwalt Peterson au« Marienwerder traf hier ein und besichtigte in Be gleitung de« ersten Staat«anwalt« Schweiger die Stelle auf dem Grundstück der städtischen Volk«. schule, wo kürzlich Teile der Leiche Winter« aufgc- funden wurden. Ermittelt scheint bi«her nichts weiter zu sein. Oesterreich-Ungarn. — Unter den ungarischen Bewohnern ganz Kroatiens herrscht nach Berichten Budapester Blätter infolge der letzten ungarnfeindlichen Vorfälle unbe- schreibliche Aufregung. Unaufhörlich verübe die aufgehetzte kroatische Bevölkerung Gewalttaten. In Glogovnica wurde der Stuhlrichter von der Menge gefangen genommen, in einen Schweinestall gesteckt und unter Todesdrohungen gezwungen, abzudanken und gegen Ungarn Stellung zu nehmen. In Bugojcevo wurde ein Grundbesitzer gefesselt und entkleidet, sein Schloß verwüstet, worauf er mit der kroatischen Fahne in da« nächste Dorf gehen mußte. In Bojakovac wurde der Bürgermeister gefesselt, die Pußta de» Kanonikus angezündet. Letzterer ist seitdem verschwunden. Kroatische Frauen sühren Hunde an der Leine, die am Halse rot-weiß-grüne Bändchen tragen. Die Ungarn in Agram erwarten Angriffe auf Eigentum und Leben ; sie wagen nacht« nicht zu schlafen. Da« Militär, größtenteils Kroaten, geht sehr nachsichtig vor. Die Lage ist äußerst kritisch, wer kann, flüchtet. Zur Reichstagswahl. Meerane, 6. Mai. Der Kandidat der ver einigten Ordnungsparteien im 17. Reichstagswahl kreis, Herr Geheimer Regierungsrat Dr. Rumpelt aus Dresden, wird sich nächsten Freitag abend in einer Versammlung des „Städtischen Verein" im Schützenhause hier vorstellen und sein Programm entwickeln. Thurm, 6. Mai. Im Gasthose zum Meister hause hier fand heute eine Obmänner-Versammlung des patriotischen Vereins „Mülsengrund" statt, welcher auch mehrere Herren aus dem oberen Teile des 17. Wahlkreises beiwohnten. Hierbei handelte es sich um die bevorstehende Reichstagswahl, wozu die Ordnungsparteien des 17. Wahlkreises als Kandidaten Herrn Geheimen Regierungsrat Dr. Rumpelt in Dresden, den ehemaligen Ämts- hauptmann in Glauchau, aufgestellt haben. Reichenbach, 6. Mai. Graf Hoensbroech, der schon 16 Tage Abend für Abend als Kandidat der Ordnungsparteien im 22. sächsischen Reichstags wahlkreise spricht, hat sich nun gestern abend auch hier einer von ca. 1400 Personen (zu drei Viertel den Ordnungsparteien angehörig) besuchten Wähler Versammlung vorgestellt. Die Versammlung ver lief äußerst befriedigend. Graf Hoensbroech schilderte zunächst seine eigenen Verhältnisse und entwickelte dann sein Programm. Seine Ausführungen weckten vielfach begeisterten Beifall, natürlich aber auch den Widerspruch der Sozialdemokratie, die für eine ihr gewährte Gegenrede einen Herrn Pokorny- Zwickau vorschickte. Die Versammlung verlies ohne Störung. Prinzessin Luise von Toskana. Aus Lindau wird weiter gemeldet: „Prinzessin Luise hat noch mährend der letzten Tage in Ge sellschaft ihrer Mutter, der Großherzogin Alice von Toskana, im Parke der „Villa Toskana" Spazier gänge unternommen. Das Befinden der Prin zessin ist ein relativ gutes. Die Ruhe und Abge schlossenheit von der Welt, welche die Ex-Krön- prinzessin hier fand, scheint einen wohltuenden Einfluß auf ihr Gemüt geübt zu haben. Prin zessin Luise hörte täglich in der Hauskapelle eine von einem Jesuitenpater zelebrierte Messe. Das Schloß ist streng abgeschlossen. Die Vermutungen einiger Blätter, Prinzessin Luise werde sich nach ih'er Niederkunft wieder mit Giron vereinigen, werden hier als durchaus unbegründet bezeichnet. Seitdem Girons letzte Briefe vollständig unbeant- nn rtet gelassen wurden, hat er keinen Annäherungs versuch mehr gemacht. Das Kind der Prinzessin nnrd einige Zeit (man spricht von ca. 6 Wochen), je nach seiner Konstitution und dem Befinden der Prinzessin, hier bleiben und dann unverweilt nach Dresden gebracht werden. (In diesem Punkte be steht ein Widerspruch mit der bereits mitgeteilten Salzburger Meldung, derzufolge man am toska nischen Hofe mit der Möglichkeit rechnen soll, daß das Kind der Prinzessin belassen werde.) Ein zwischen dem König von Sachsen und der Prin zessin geschlossenes Privat - Uebereinkommen hat diese Frage vollkommen geregelt. Hier wird auf das bestimmteste versichert, König Georg von Sachsen habe anläßlich seines jüngsten Aufenthaltes in Wien mit dem österreichischen Monarchen über die end- giltige Regelung der Angelegenheit eingehende Be sprechungen gepflogen, die dadurch erleichtert wur den, daß die Niederkunft der Prinzessin Luise innerhalb jenes Zeitraumes erfolgte, der für die Legitimierung des Kindes in dem zwischen dem sächsischen Hofe und der Prinzessin getroffenen Uebereinkommen festgesetzt wurde. Ueber die Zu kunft der Prinzessin bestehen derzeit noch keinerlei bestimmte Absichten seitens der Höfe vonDresden, Wien und Salzburg. Die herrschende Version geht jedoch dahin, daß die Prinzessin nach ihrer Nieder kunft für einige Zeit wieder in eine Heilanstalt zur Rekonvaleszenz oder in ein geistliches Institut, wobei nicht an ein Kloster gedacht ist, begeben wird, um später dauernden Aufenthalt auf einem toskanischen Schlosse (es verlautet noch immer Schlackenwerth bei Karlsbad) zu nehmen. Hier soll dann seinerzeit ein Wiedersehen der Prinzessin mit ihren Kindern ermöglicht werden. Ein Aufent halt der Prinzessin in Sachsen ist und bleibt im beiderseitigen Einverständnisse für immer ausge schloffen." — Dieser Nachricht gegenüber erfährt die „N. Fr. Pr." von wohlinformierter Seite, daß auch ein dauernder Aufenthalt der ehemaligen Prinzessin in Oesterreich für immer ausgeschlossen ist. Auf die Fürbitte ihrer Eltern bestand, wie seinerzeit gemeldet, die Absicht, ihr einen Besitz des Kaisers oder des Großherzogs von Toskana als Wohnort zuzuweisen, doch ist man davon ab gekommen. Prinzessin Luise von Toskana, die sich vor ihrer Entbindung den ganzen Nachmittag über in großer Aufregung befand, wurde von ihrer Mutter, der Großherzogin, gepflegt." Lindau, 6. Mai. Bei der Geburt ihrer Enkelin war die Großherzogin von Toskana, wie man in Hofkreisen erzählt, tief ergriffen. Sie brach wieder holt in Tränen aus und hat nachher in der Haus kapelle lange gebetet. Entgegen den Behauptungen einiger Wiener Blätter, daß das Kind der Mutter weggenommen und alsbald nach Dresden gebracht werde, gibt man sich in Salzburger Hofkreisen der bestimmten Hoffnung hin, daß die neugeborene Prinzessin noch einige Wochen bei der Mutter be lassen wird, wobei man besonders auf den Ein fluß des Kronprinzen von Sachsen rechnet. Der „Allgäuer Ztg." wird gemeldet: „Die königliche Familie zu Dresden wurde von der Geburt der Prinzessin durch den Minister des königlichen Hauses verständigt. Der Kronprinz soll beim Empfang der Nachricht in lautes Schluchzen ausgebrochen sein." Lindau, 6. Mai. Unter den vielen einge gangenen Telegrammen erregte der Glückwunsch des Kronprinzen von Sachsen wohl die meiste Freude ; das hiesige Telegraphenamt hatte Diens tag seit langen Jahren den schwersten Tag. Der „Chemn. Allgem. Ztg." wird aus Lindau unterm 6. Mai berichtet: Die Prinzessin Luise hat die gestrige Nacht relativ gut verbracht. Das Be finden des neugeborenen Kindes, dessen Konstitution etwas schwächlich ist, gab gestern zu Besorgnissen Anlaß, da die Nahrungsaufnahme wenig befriedigend war. Die Prinzessin wird ihr Töchterchen durch eine Amme stillen lassen. Es wird erzählt, daß die Prinzessin zu ihrer Mutter, die sie damit tröstete, daß nun die schwerste Stunde vorbei wäre, gesagt habe: „O nein, sie kommt erst dann, wenn ich mich von meinem Kinde trennen muß." Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 7. Mai. * — Die Erwärmung der Personenwagen im Bereiche der sächsischen Staatseisenbahnen wird mit dem 15. Mai d. I«. eingestellt; vom gleichen Tage ab werden auch die Winterfußdecken aus den Personenwagen der sächsischen Staatseisenbahnen entfernt werden. * — Die Hundesperre ist wegen eine« in Mosel wegen Tollwut getöteten Hundes u. a. auch für die Orte St. Egidien, Lobsdorf und Niederlung- witz bi« zum 7. Juli d. I. angeordnet worden. Ausflügler, welche gern ihre Hunde mitnehmen, wollen die« nicht unberücksichtigt lassen. — i Eine öffentliche Volksversammlung tagte am gestrigen Abend im Gasthause zur Zeche. Diese hatte einen so starten Besuch zu verzeichnen, daß nicht rechtzeitig Erschienene keinen Platz mehr finden konnten. Es dürsten gegen 600 Personen anwesend gewesen sein. Nach erfolgter Bureauwahl erhielt Herr Pastor a. D. Göhre das Wort zu seinem Referat über die bevorstehenden Reichstagswahlen. Bevor er auf dasselbe näher einging, machte er den Wählern die Mitteilung, daß der Kandidat der Arbeiterpartei für den hiesigen Kreis, Herr I. Auer, durch schwere Krankheit verhindert sei, zu ihnen, den Wählern, selbst zu sprechen, deshalb mache sich eine intensive Wahlagitation unter den Wahlberechtigten selbst notwendig. Zu seinem Vortrag nunmehr übergebend, gab der Referent die Wahlparolen bekannt, die die Sozialdemokratie für die kommenden Wahlen und speziell für die sächsischen Kreise herausgegeben habe. Als erste bezeichnet er: Verhinderung neuer Handelsverträge, die auf Grund des angenommenen Zolltarifs ab geschlossen werden müßten; hierbei erwähnte er, daß selbst der Reichskanzler ein solches wünsche, was Redner an der Hand zahlreicher Belege zu beweisen suchte. Die 2. Losung sei: Abrechnung mit der Reaktion in Sachsen. Kampf für Er haltung des allgemeinen gleichen und geheimen Wahlrechts, das nach seinem Dafürhalten auf dem Spiele stehe, heiße die 3. Parole und als letzte nannte Göhre den Kampf gegen den Militarismus in seiner jetzigen Form. Hierzu legte er die Stellungnahme seiner Partei dar, indem er das Militärprogramm derselben entwickelte. Unter Be folgung dieser Parolen sei die Wiederwahl des seitherigen Abgeordneten möglich. In der darauf folgenden Diskussion sprachen ein Herr Seifert und eine Frau Schubert im Sinne des Referenten, der dann noch ein Schlußwort an die Anwesenden richtete, um nochmals auf Auers Krankheit zurück zukommen. Mit der an die Versammlung gerichteten Aufforderung, die besten Wünsche für baldige Ge nesung des Kandidaten in ein Hoch auf denselben auSklingen zu kaffen, welcher freudig entsprochen wurde, endete um 11 Uhr die Versammlung. * — Die bekannte Rheinische Fahnenfabrik Wil helm Hammann, Düsseldorf, versendet an Interessenten ihren neu hergestellten, reich illustrierten Haupt katalog. In demselben finden sich Fahnen aller Art, al« Hau«- und Veretn«fahnen, Schärpen, Ab zeichen in Metall und Emaille, Diplome, Wappen, die verschiedensten Dekoration«gegenstände, al« Papier-Guirlanden und Rosetten rc., speziell auch Theater-Dekorationen in reicher Auswahl vor. Der Katalog ist sehr übersichtlich zusammengestellt und wird Vereinen, Privaten und Restaurateuren zur Deckung ihre« Bedarf» sehr willkommen sein. Der selbe wird gratis und franko auf Anfrage übersandt. * GerSdorf, 7. Mai. Dem Gutsbesitzer Moritz Kretzschmar hier verendete gestern ein wertvolles Pferd an der sogenannten Bornaischen Krankheit. * Langenberg, 7. Mai. Gestern mittag gegen 12 Uhr entstand in der zur „Erbfchänke" gehörigen Scheune Feuer, wodurch nicht nur diese, sondern auch daS Wohnhaus eingeäschert wurde. Glücklicher weise konnte daS Mobiliar zum größten Teil gerettet werden, während drei Schweine mit ver brannten. Da der Besitzer Herr Emil Türschmann nicht versichert hat, erwächst demselben ein bedeutender Schaden. Wie verlautet, soll daS Feuer durch mit Streichhölzchen spielende Kinder verursacht worden sein. * Lichtenstein, 6. Mai. Schwer verunglückt ist heute vormittag in der Max EndeSfelderschen Maschinenfabrik hierselbst der Lehrling Lau aus Callnberg dadurch, daß ihm beim Abhauen eine» Stücke- Eisen dasselbe mit solcher Wucht inS Auge sprang, daß letztere- sofort auSlief. Der Verletzte würbe sofort dem Arzte zugeführt. * Dresden, 6. Mai. Im großen Sitzungssaale der Königlichen Generaldirektion der StaatSeisen- bahnen hatte sich heute vormittag 10'/, Uhr der der Generaldirektion beigeordnete Eisenbahnrat zur 47. Sitzung eingesunken. Nachdem der Vorsitzende, Herr Generaldirektor von Kirchbach, die zum ersten- male erschienenen Mitglieder, sowie den Herrn Finanzminister Dr. Rüger und die mit ihm erschienenen Herren Geheimen Rat Dr. Ritterstädt, AbleilungS- direktor im Finanzministerium und Geheimen Finanz rat von Seydewitz begrüßt hatte, ergriff zunächst Herr Finanzminister Dr. Rüger daS Wort und legte die Gründe dar, die die StaatSregierung zur Einbringung der gegenwärtigen, den einzigen Gegen stand der Tagesordnung bildenden Vorlage, die ö'/Mozentige Erhöhung der Rückfahrkartenpreise betreffend, genötigt habe. Nach Schluß der Debatte erklärte sich der Eisenbahnrat mit 14 gegen 7 Stimmen damit einverstanden, daß von Wciterver- folgung der am 4. und 5. Februar beratenen Reformvorlage abgesehen wird. Ferner billigte der Eisenbahnrat mit 15 gegen 6 Stimmen, daß die Preise der Rückfahrkarten um 6'/. Prozent erhöht werden. Weiter erklärte der Eisenbahnrat sein Einverständnis dazu, daß die für Personenzüge giltigen festen Rundreisekarten, sowie die SonntagS- fahrkarten nach Bad Elfter, in welchen halbe Rück fahrkartenpreise eingerechnet sind, den Preisen der letzteren angepaßt und demgemäß ebenfalls um 6'/« Prozent gesteigert werden. Endlich entschied sich der Eisenbahnrat gegen 5 Stimmen für Beibehaltung der jetzigen Sätze der Monats- und Nebenkarten. * Dresden, 6. Mai. Gestern abend verschied hierselbst der frühere Vorstand der Kgl. Amt«- hauptmannschast Dre«den-Allstadt, Herr Geh. Re gierungsrat Dr. jur. Schmidt. * Dresden. Der frühere Gemeindevorstand von Löbtau, Landtagsabgeordneter O. Weigert, ist am Montag zum Gemeindevorsteher in Tegel bet Berlin gewählt worden. E« hatten sich 168 Herren um diese Stelle beworben. Wie erinnerlich, hatte Herr Weigert die aus ihn gefallene Wahl al» Bürgermeister von Elsterberg abgelehnt. Tegel hat 7000 Einwohner und zahlt seinem Gemeindevor steher ein Gehalt von 6600 Mk. Herr Weigert erhält außerdem von der Stadt Dresden eine bei den Einverleibungtverhandlungen mit Löbtau fest gesetzte Pension in Höhe von 4000 Mark. — Der Regimentttag der 107er, der ursprünglich am 6. Juni stattfinden sollte, ist aus die Zett vom 13. bi« 15. Juni verlegt worden. Man hat diesen Termin deshalb gewählt, weil das Regiment zu dieser Zeit zu Uebungtzwecken in Dresden sich aufhält und den Teilnehmern am Regiment-tag dadurch Gelegenheit gegeben ist, mit den aktiven Mannschaften Fühlung zu nehmen. * Leipzig, 6. Mai. Die Unsitte, leicht brenn bare Stoffe in lodernde« Feuer nachzugießen, hat hier an einem Tage zwei Opfer gefordert. Der zehnjährige Sohn de« Handarbeiter« Winkler goß au« einer Kanne Petroleum auf da« Feuer; von der zurückschlagenden Flamme wurden die Kleider eine« zweijährigen Knaben erfaßt, und dieser erlitt so schwere Brandwunden, daß er verstarb. Die Frau eine» Mechaniker« goß Spiritu« nach und erlitt schreckliche Brandwunden, welche ihr Wieder- auskommen zweifelhaft erscheinen lassen * Chemnitz. Die wegen der Maifeier ausge sperrten hiesigen Steinmetzen haben in einer nm Montag abgehaltenen starkbesuchten Versammlung im Saale der „Plauenfchen Bierhalle" beschlossen, das Gewerbegericht als Einigungsamt anzurufen. Die Steinmetzen hatten nämlich am 25. April be schlossen, den 1. Mai durch Arbeitsruhe zu begehen. Davon wurden die Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt. Diese gaben darauf durch Aushang bekannt, daß Maidemonstranten auf ein Jahr von der Arbeit ausgesperrt würden. Trotz dieser Drohung blieben alle Steinmetzen am 1. Mai der Arbeit fern. Am 2. Mai durften die Teilnehmer der Mai feier ihre Plätze nicht wieder einnehmen. * Burgstädt, 6. Mai. Heute mittag kurz nach 1 Uhr brannte die dem Burgstädter Reit-Verein
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