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Frieden« bewährt hat, der keinerlei Angriffsziele verfolgt, aber e« jedem der drei Reiche ermöglicht, in seinem fegenspendenden Schatten alle wirtschaft lichen und geistigen Kräfte zu schönster Blüte zu entwickeln. Vor kurzem ist dieser Dreibund wiederum unverändert erneuert worden. Aber weit über diese« politische Ziel htnau«,hat sich die warme Begeisterung für Italien zu einem beneidenswerten Besitz und Vorzug aller Gebildeten entwickelt. Mit gleichem Feuer strebt die Jugend und da» Alter, der Ge lehrte und der Late, der Naturfreund und der Ge schichtsforscher, der Künstler und der Dichter in da« Land, au« dem deutsche« Leben und deutsche« Wesen so unendlich viel Befruchtung und Anregung ge wonnen haben. Kein größere« Glück kann dem Deutschen aus Reisen geboten werden, al« der Ge nuß der klassischen Schönheiten der meerumgürteten Halbinsel unter dem sonnigsten Himmel. Wem jemal« in frischer Rüstigkeit oder im müden Alter ein solcher idealer Genuß zuteil geworden ist, der wird ihn nie vergessen und wird ihm sein Leben lang auf» neue nachstreben. Deshalb verstehen ge- rade wir e« mit freudigem Stolze, daß auch unserem Kaiser, dem stet» für alle» Schöne und Edle Em pfänglichen, eine Romfahrt, eine Reise nach Italien, - - »ld flyweuen layt. — Dem Retch«tage sind in der zu Ende gehen den Legi«laturperiode rund 120 000 Petitionen zu gegangen, von denen rund 112 000 sich mit dem Zolltarife befaßten. — Ueber die Wirkungen der jüngsten Wetter katastrophen läßt, wie e» heißt, dies preußische Re- gierung Ermittelungen anstellen. Sie sollen sich besonder» auf Wald-, Feld- und Gartenfchäden er strecken. — Finanzminister von Rheinbaben tritt am Dien»tag eine Studienreise nach Nordamerika an. E» wird betont, daß hierbei politische Gründe nicht mttsprechen, scndern daß e« einem selbstgefaßten Entschluß de» Minister» entspricht, die Wirtschaft- lichen Verhältnisse jenseits de« großen Wasser« sich anzusehen. Frankreich. — König Eduards von England schöne Pariser Lage sind vorüber, er wird sich, Alle« in Allem, nicht beklagen können, daß die Pariser ihn zu wenig gefeiert. Gala-Theater, Bankett, große Parade, Wettrennen, Empfang im Pariser Rathaus, wobei die Friedens-Palme mächtig raufchte, und der König versicherte, was ihm wohl zu glauben ist, er werde die Pariser Tage nie vergessen, Alles ist ihm darge- bracht. Er kann also feine Reise in dem frohen Gefühl fortsetzen, wenigsten» für feine Person Aller getan zu haben, um den zeitweise recht heftigen französischen Groll gegen England abzuschwächen. — Auf dem Gala-Bankett, welches Präsident Loubet dem Könige gab, hieß er seinen Gast herzlich will- kommen und trank auf Frieden und Freundschaft zwischen den beiden Völkern. Der König erwiderte im gleichen Sinne und trank aus die Wohlfahrt Frankreichs. England. — Nach dem „Manchester-Despatch" wären mehrere Mitglieder de« Kabinett« ungehalten, daß der König die Reise nach dem Kontingent ohne einen konstitutionellen Berater unternommen habe. E« wird darauf hingewiesen, daß die kürzlich unter nommenen auswärtigen Schritte England«, die sich al« unpopulär erwiesen hätten, nicht vom Au«- «ärtigen Amte, sondern vom König selbst au«ge- gangen seien. Spanien. — Au« Spanien kommen Meldungen über Ausschreitungen Streikender. Auf die Gendarmerie in Jumilla wurde geschossen. Diese erwiderte da« Feuer und e« gab zwei Tote, sowie zwei Verletzte. König Georg hat am Sonnabend abend 7 Uhr »on Stuttgart aus nach herzlicher Verabschiedung vom württem- bergischen Königspaar die Rückreife nach Dresden angetreten. In Plauen traf Se. Majestät gestern früh 6,13 Uhr ein. Zur Begrüßung waren am oberen Bahnhof die zum großen Empfang gehörigen Herren sowie Vertreter aller Städte des Vogt landes erschienen. Die Militärvereine bildeten auf den Bahnsteigen Spalier Während der Anwesen heit Sr. Majestät auf Plauener Flur wurde mit allen Glocken der Stadt geläutet. Reichenbach, 3. Mai. Während der Durch fahrt des Kgl. Sonderzuges durch den hiesigen oberen Bahnhof, dessen Beamte auf dein Bahnsteig Aufstellung nahmen, war daselbst ein zahlreiches Publikum zu einer Ovation für König Georg ver einigt. Leipzig, 3. Mai. Heute früh 8'/„ Uhr traf Se. Maj. König Georg auf dem Bayerischen Bahn hofe ein. Zur Begrüßung hatten sich die König lichen städtischen Behörden eingefunden. Bei dem Erscheinen des Königs und der Abfahrt des Wagens nach der Stadt brach die vor dem Bay rischen Bahnhof dicht gedrängt stehende Volksmenge in begeisterte Hochrufe aus, für welche Se. Maj. nach allen Seiten freundlich grüßend dankte. Vom Bahnhofe begab sich der König in direkter Fahrt nach der katholischen Pfarrkirche am Westplatz. Von der Geistlichkeit ehrfurchtsvoll begrüßt, schritt er hinein in das Gotteshaus, das von Andächtigen dicht gefüllt war. Superior Pfarrer Schmittmann zelebrierte ein feierliches Hochamt, dem der König bis zum Ende beiwohnte. Nach der Messe fuhr der König bei dem kommandierenden General Exzellenz von Treitschke vor. Nach einem hier eingenommenen Frühstück begab sich Se. Majestät in Begleitung des Herrn Kreishauptmanns, des kommandierenden Generals von Treitschke und der übrigen Herren seines Gefolges nach dem Dresdner Bahnhof, um die Weiterfahrt nach Dresden mittels Gonderzuges anzutreten. Dresden, 3. Mai. Nach sechswöchigem Aufent halt im Süden, wo er nach schwerer Erkrankung Genesung gefunden hat, kehrte heute mittag König Georg in seine Residenz zurück. Dem festlichen Einzug des greisen Monarchen war die volle Gunst deS Wetters beschieden, und die Hoffnungen, daß die dem König in Wien, München und Stuttgart dargebrachten Huldigungen in Dresden übertroffen werden würden, fanden Erfüllung. Aus froh be werten Herzen jubelten viele Tausende dem in seine Heimat einziehenden Herrscher zu. Die umfaffendenVorbereitungen fürdenEmpfang des Königs boten im vorhinein eine Gewähr für den vollen Erfolg der Einzugsfeierlichkeit. Das Arrangement und die gesamte Organisation wiesen auch nicht einen einzigen Mangel auf; allenthalben waren die 200 Vereine mit etwa 10000 Mitgliedern und 7000 Schulkinder zur Spalierbildung und auf dem Altmarkte vor dem Königspavillon in kürzester Zeit postiert worden. Die festlich geschmückten Straßen, durch die Se. Majestät seinen Einzug hielt, entsprachen voll der Bedeutung des Tages. ReicheStoffdekorationen,sowieSchilder und Wappen, Draperien in den Landesfarben, Schmuck grüner Tannengewinde und tausende von Fahnen und, Flaggen gaben der via triumpkali« einen festlichen Charakter. Die Ankunft Sr. Majestät,, - ^aüptbahnhofe um 12 Uhr mittags. Dort wurde er von den Herren Oberbürgermeister Beutler und verschiedenen anderen Herren der Stadtverwaltung und des Festausschusses will kommen geheißen. Unter dem beständigen Hurrah- rufen der Menge und dem Erklingen patriotischer Weisen von den am Bahnhof aufgestellten Militär kapellen bestieg Se. Majestät den vierspännigen offenen Wagen. In langsamer Fahrt passierte der König die Prager- und See-Straße, um sodann vor dem Altmarkte den Wagen zu verlassen und sich nach einem dort errichteten Fest-Pavillon zu begeben. Auf eine Ansprache des Oberbürgermeisters Beutler richtete der König folgende Dankesworte an die festlich gestimmte Menge: „Ich bin tief gerührt und erfreut ü^er den schönen und herzlichen Empfang, den mir meine liebe Vaterstadt hat zukommen lassen. Ich möchte jedem einzeln danken, dies ist mir aber nicht mög lich. Ich werde aber den Herrn Oberbürgermeister bitten, meinen Dank noch einmal der Gesamtheit auszusprechen. Ich bin wirklich außerordentlich er freut und der Himmel hat unsere Feier begünstigt und unser Fest schön gestaltet. Mit großer Rüh rung danke ich nochmals und werde noch lange daran denken." Se. Majestät sprach diesen Dank mit hörbarer innerer Erregung. Sein sonst frisch erscheinendes Gesicht umspielte ein wehmütiger Zug. Unter er neutem Jubel begab sich sodann der Fürst durch die Schloßstraße und das Georgentor nach dem königl. Residenzschlosse. Von dem Balkon des Schlosses aus grüßten die beiden Prinzen Friedrich Christian und Georg ihren heimkehrenden Groß vater. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 4. Mai. * — Maienwunder und -Wonne beherrschen die Welt. Hellauf jubeln die Herzen der Men schen, ein jedes badet sich in dem Glanz und Licht, in dem jungen Grün, in dem Blumenduft, die der Wonnemonat Mai über die Erde ausbreitet. Ja, er kann Wunder tun, wenn er nur will! Und bis jetzt scheint es ja, als wenn er den guten Willen habe. Es ist ein Wachsen und Blühen, ein Knospen und Sprießen in Feld und Wald, in Garten und Park, daß sich Schöneres und Herrlicheres gar nicht denken läßt. Und wie sie nun draußen schaffen, die fleißigen Hände der Men schen! Vor 14 Tagen noch lag das Erdreich unter der weißen Decke, die die Schneestürme hinter lassen hatten! Es war keine Möglichkeit, zeitgemäß mit den Pflanzungen zu beginnen. Nun drängt alles, um nur die Aussaat so schnell als möglich in die Erde zu bringen und der keimenden Frucht den Segen des Maienwunders zu verschaffen. Wenn das Wetter so bleibt, wie wir es vom dies jährigen Mai nach seiner abgegebenen Visitenkarte erwarten dürfen, dann ist um die Ernte keine Sorge. * — Die Baumblut hat, namentlich was Kirschen und Birnen anbelangt, ihren Höhepunkt erreicht. Nach den stürmischen und kalten April tagen mit Schneegestöber haben sich die Blüten unter Einwirkung der warmen Temperatur in den letzten Tagen voll entfaltet und entzücken nun durch ihre Blütenpracht und den lieblichen Geruch, der den unzähligen Blüten entströmt. Der herr liche Schmuck der Bäume ist leider nur von kurzer Dauer, darum empfehlen wir allen eine Wanderung hinaus in die Baumblüte. * — Der Höhe des Jahres bringt uns der Monat Mai nahe. Das Hellwerden des östlichen Himmels oder die astronomische Dämmerung be ginnt schon kurz nach 2 Uhr morgens und endigt mit Beginn der vollkommenen Dunkelheit des Westhimmels abends nach 9 Uhr. In der zweiten Hälfte des Monats beginnt die schöne Zeit der immerwährenden Dämmerung. * — Die ehemaligen Webschülcr machen wir nochmals auf die morgen Dienstag abend 9 Uhr im „Deutschen Hause" stattfindende Besprechung zwecks Gründung eines Vereins aufmerksam. * — Eine Reihe von Aendcrungen der deutschen Reichspostordnung hat nach der „Voss. Ztg." soeben der Staatssekretär des Reichspost amtes in Vertretung des Reichskanzlers erlassen. Bei Postaufträgen zur Einziehung von Geldbe trägen und Einholung von Wechsel-Akzepten kann jetzt der Auftraggeber verlangen, daß der Postauf trag an ihn zurückgesandt wird oder an eine an dere innerhalb des deutschen Reiches wohnende Person weitergesandt werde, wenn der Postauftrag auch nur einmal vorgezeigt ist. Die Bestellgebühr für Postanweisungen wird jetzt auch dann erhoben, wenn die Geldbeträge auf ein Girokonto der Reichs bank überwiesen werden. Bezüglich der Bestellung im allgemeinen sagt eine neue Bestimmung, daß, wenn ein Gasthof als Wohnung des Empfängers angegeben ist, der Gastwirt auch dann zur Em pfangnahme gewöhnlicher Briefsendungen und ge wöhnlicher Pakete als bevollmächtigt gilt, wenn der Empfänger noch nicht eingetroffen ist. Diese Aenderungen treten am 15. Mai in Kraft. * — DaS ReichSpoftamt will laut „Postztg." die Assistenten und Postverwalter nach einer 35- jährigen vorwurfsfreien Postdienstzeit zu Sekretären ernennen. Den Militäramvärtern sollen hierauf vier Jahre ihrer Militärdienstzeit angerechnet werden. * — Für Jäger. Schlechte Aussichten sind für die diesjährige Hasenjagd vorhanden. Durch die kürzlichen Schneestürme sollen viele Tiere umge kommen sein. * Ger-dorf. Die hiesigen Wählerlisten zu der am 16. Juni stattfindenden Reichstagswahl liegen 8 Tage lang in der Zeit yom 8. bis 16. Mai während der Expeditionszeit vorm. 8—12 Uhr und nachm. 2—6 Uhr zu Jedermanns Einsicht aus und zwar für den ersten Bezirk, umfassend die Brand- Cat. Nr. 1—92, im Gasthaus Teutonia, für zweiten Be^k, M^flend die Brand-Cat.-Nr. 93 bis 160, im Rathaus, Zimmer Nr. 3 und für den dritten Bezirk, umfassend die Brand-Cat.-Nr. 161—233, im Gasthof zum blauen Stern. * Röblitz, 2. Mai. Bei dem gestern nachmittag hier aufgetretenen Gewitter schlug der Blitz in die Niederstube de« Wilhelm Müllerschen Hause«, fuhr am eisernen Träger entlang durch die Hausflur in« Freie, überall Spuren seiner Gewalt hinterlassend. Der Bewohnerin jener Stube, einer Witwe, welche am Spulrade mit Garntreiben beschäftigt war, wurde da« Garn versengt, ohne ihr selbst Schaden zuzu- fügen. — Auf dem Windisch'schen Neubau hier stürzte gestern ein Maurer vom Gerüst und erlitt schwere Verletzungen, u. a. einen Beinbruch. * Kirchberg, 2. Mai. Bei dem am gestrigen Tage hier aufgetroffenen sehr heftigen Gewitter schlug der Blitz mehrere Male ein, ohne jedoch zu zünden. Im benachbarten Leuter«bach schlug er in da« Demmlersche Gut und richtete daselbst viel Schaden an. * Mülsen St. NiclaS, 2. Mai. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich gestern im nahen Heinrichs- ort. Der hier wohnhafte Schieferdeckermeister Hertel, welcher dort Arbeiten auszuführen hatte, fuhr am frühen morgen ein mit 2 Pferden beladenes Fuder Schiefer dorthin. Eben als Hertel im Begriff war, die Schiefer abzuladen, scheuten die Pferde und rasten von HeinrichSort nach Marienau zu, einen steilen Abhang herunter. Hertel kam hierbei zu Falle und unter den Wagen zu liegen, wobei ihm dec noch über die Hälfte beladene Wagen mehrere Male über den Körper ging. Erst später hat man die Pferde zum Stehen gebracht. Hertel hat daS linke Bein gebrochen und am rechten Bein, welche« arg zerfleischt war, mußten mehrere Teile abgetrennt werden. An seinem Auskommen wird gezweifelt. * Zwickau, 2. März. Eine hochherzige Stiftung hat Herr Stadtrat Grimm anläßlich seine« 25jährigen Jubiläum» al« Inhaber der Firma Grimm und Röhling gemacht, indem er der Pensionskasse der Beamten und Arbeiter 15 000 Mk. überwie« und weitere 4500 Mk. an Arbeiter sür treue, langjährige Dienste teil« in Gestalt von Spareinlagen, teils in barem Geld zur Verteilung brachte. * Dresden. Rechtsanwalt Dr. Bernhardt hier, der am 20. April von der 2. Strafkammer des hiesigen Königlichen Landgerichts wegen Betrugs zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, ist am Freitag gegen Hinterlegung von 15 000 Mark Kaution aus der Hast entlasse» worden. * Dresden, 2. Mai. In der letzten Zeit sind in der Johann- und Oppellvorstadt, sowie in der Antonstadt zahlreiche Brände in Kellern, Kammern usw. vorgekommen. Der Bewohner dieser Stadt teile hatte sich darüber eine große Unruhe bemäch tigt. Dank der umfassenden Erörterungen der Kriminalpolizei ist es gelungen, die Brandstifter zu ermitteln. Es sind mehrere noch nicht 12jährige Schüler hiesiger Bezirksschulen. Die Bürschchen haben 19 Fälle zugestanden. Die weiteren Er örterungen sind im Gange. Die Jungen haben zum Teil längere Zeit die Schule geschwänzt und sind von Hause fort geblieben. Sie haben im Freie» oder in Kellern und Schuppen genächtigt und bei dieser Gelegenheit noch anderen Unfug verübt. Einige der Üebeltäter hatten sich nachts im 2. Stockwerke eines Hauses der Bautznerstraße aufgehalten, hier Treppen und Flure verunreinigt, die Frühstücksbeutel gestohlen usw. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß auch in den anderen Fällen Genossen dieser Burschen in Frage kommen. * Meißen. Im breiten Turme des Domes in Meißen, dessen Umbau in Angriff genommen worden ist, hat man im Mauerwerk Glockenmetall gefunden, das von den am 27. April 1547 ge schmolzenen Glocken herrührt. Die Sage berichtet darüber: Damals sang die Priesterschaft des Gottes hauses ein Tedeum aus Freude über den Sieg Kaiser Karls V. in der Schlacht bei Mühlberg am 24. April, wo der sächsische Kurfürst gefangen ge- nomme» worden war. Während jenes Tedeums zog ein schweres Gewitter über die Stadt und der Btitz schlug nicht nur in den Turm der Stadtkirche, sondern auch in den des Domes. Hier zündete er und die Türme brannten ab, wobei die Glocken zer schmolzen sind. * Cossebaude. In der Nacht zum Freitag ist in der Nähe des Händlerschen Grundstücks in der Thalstraße eine Gärtnersehefrau ans Rennersdorf, welche Grünwaren nach Dresden zu schaffen beab sichtigte, von einem Unbekannten überfallen und vergewaltigt worden. Ihr Ehemann, der einige hundert Schritte hinter ihr herkam, sand seine Frau bewußtlos auf der Straße liegen. * Leipzig, 3. Mai Der Leipziger Bierkrieg dauert an, ja man kann sagen, daß er durch die Maifeier noch weiter verschärft worden ist. In den Abendversammlungen, die am Freitag aus Anlaß der Maifeier abgehalten wurden, achteten die Genossen streng darauf, daß nur ringfreies Bier zum Verschant kam. Daher wurde vielfach Bayrisch Bier, Weißbier, Gose, Selterswasser u. dergl. getrunken. Im Albertgarten zu L.-Anger- Crottendorf glaubten die Teilnehmer Beweise da für zu haben, daß der Wirt boykottiertes Bier mit einschmuggele, es fanden daher erst lange Ver handlungen mit dem Wirte statt, die zur Folge hatten, daß die Feier gegen Mitternacht plötzlich abgebrochen wurde und die Versammelten den Saal verließen. * Dahle«. Ein Naturmensch L l» Gustav Raget bereist die hiesige Gegend. Er nennt sich Natur- Prediger Kurzrock. Bekleidet war er nur mit einem dünnen kurzen Kittel, etwa in der Gestalt eine« kurzen Frauenhemde« mit weitem Ausschnitt. DaS langgewachsene Haar war durch ein Band zurückge- hallen. Er trug einen Rucksack auf dem Rücken und eine Umhängetasche an der Seite, aus welcher er seinen gedruckten Lebenslauf und Postkarten mit seinem Bildnisse verkaufte und verteilte. In seiner Lebensbeschreibung erzählter, daß er am 13. Dezember 1881 im Kreise Rotenburg a. d. Fulda geboren sei und dem Kaufmannsberufe angehört habe. Die Beschäftigung am Pulte in schlechter Komptoirlust habe seine ohnehin schwache Lunge derart angegriffen, döß Lk den Entschluß gefaßt habe, „den erlernten Beruf, da» gesellschaftliche Leben und allen anderen Tand" abzulegen. Die „Rückkehr zur Natur" sei von derart wohltätigem Einfluß aus sein Befinden gewesen, daß er e» sich zur Lebensaufgabe gemacht habe, seine Mitmenschen zur naturgemäßen Lebens weise zu bekehren. * Döbeln, 2. Mai. In plötzliche Trauer ist gestern die Familie des Fabrikbesitzers Jhs. Groß fuß hier versetzt worden. Als die Familie sich eben vom Mittagsessen erhoben hatte, wurde der 29jährige, bis dahin gesunde rmd blühende Sohn Johannes, der mit im Geschäft tätig war, von einem Herzschlag getroffen und verstarb in den Armen des Vaters. — In den heutigen Morgen stunden wurde in Ebersbach das aus vier Ge bäuden bestehende Ottosche Gut eingeäschert. * Plauen i. V, 2. Mai. Die hiesigen Stucka teure sind auch in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie fordern Lohnerhöhung und Verringerung der Arbeitzeit. — Die Tischlermeister haben sich außer stände erklärt, die Forderungen der Gehilfen ganz zu erfüllen. Die Zahl der Tischlergesellen, die ge kündigt haben und in den Aurstand treten wollen, beträgt 220. * Markneukirchen i. V., 1. Mai. Große Walpurgisfeuer wurden gestern abend hier ange zündet. Die Feuer nahmen einen derartigen Um fang an, daß man einen großen Brand vermutete und der Türmer Feuersignale ertönen ließ. * Klingenthal, 1. Mai. In den hiesigen Waldungen sind Füchse nicht selten. In einer der letzten Nächte wurden in einem Stalle 10 Hühner und ein Hahn getötet, ohne daß es gelang, den Fuchs zu fangen. Innerhalb von 9 Jahren hat ein hier wohnhafter Jäger etwa 50 Füchse getötet. * Klingenthal, 2. Mai. Im benachbarten Grenzorte Schwaderbach ist am Donnerstag gegen abend beim Abbrennen von WalpurgiSfeuern daS ^^jährige Töchterchen deS Stickereifaktors Wohlrab verbrannt. Die Flammen deS FeuerS hatten die Kleider deS Kindes erfaßt und daS letztere so schwer verletzt, daß eS noch am Abend unter fürchterlichen Schmerzen starb. * Ehrenfriedersdorf. Durch Herabfallen eine« vierschneidigen Wiegemesser«, dessen Befestigung ver sagte, verletzte sich am Mittwoch ein hiesiger Fleischer geselle derartig, daß er sich eine starke, sieben Zenti meter breite, bis auf den Röhrenknochen gehende Mu«kelfleischwunde de« rechten Unterarme» zuzog. * Ostritz. Ein schreckliches Abenteuer hat die hier an der Bahnhofstraße im Hause des Tischler meisters Ebermann wohnende Näherin Frl. Marie Krause in der Nacht zum Freitag durchlebt. Ein unbekannter Mensch, der eine Maske vor dem Ge sicht trug, ist nachts gegen ein Uhr durch das Fenster in die im Erdgeschoß gelegene Schlafstube des etwa 22 Jahre alten Mädchens eingedrungen und hat die in ihrem Bette Schlafende überfallen. Als Fr». Krause aus dem Schlafe erwachte, bedrohte sie der Räuber mit einem Messer; falls sie Lärm mache, wollte er sie niederstechen. Willenlos ließ sich nun das junge Mädchen von dem Verbrecher knebeln. Derselbe sesselte ihr die Hände und preßte ihr einen Knebel in den Mund. In diesem Zu stande wurde Frl. Krause am Freitag früh von ihrem Hauswirt ohnmächtig am Boden liegend aufgefunden. Die weitere Untersuchung ergab, daß der Einbrecher 220 Mk. bares Geld geraubt hat. Frl. Krause ist nicht unvermögend; sie halte die Absicht, in diesen Tagen 4000 Mark Sparkassen gelder flüssig zu machen, die ihr Bräutigam, ein Sohn des Gemeindevorstandes Elias Kretschmer in Rusdorf, für Bauzwecke benötigte. Es ist wahrscheinlich, daß der Verbrecher von dieser Ab sicht Kenntnis erlangt und vermutet hat, daß die Abhebung der Summe bereits erfolgt sei, was jedoch nicht der Fall war. Gerichtssaal. 8 Amputation ohne Einwilligung deS Kranken. Dresden, 2. Mai. Ein Herr Friedrich Georg von Scheibner prozessierte gegen die Stadt gemeinde Dresden und forderte wegen angeblich ohne seine Einwilligung im Stadtkrankenhause erfolgter Amputation seine- linken Unterschenkels 1. eine ein malige Entschädigung von 25 000 Mark oder aus Lebenszeit eine jährliche Rente von 1200 Mark, sowie 2. ein Schmerzensgeld von 200 Mark und eine Verstümmelungsentschädigung von 5000 Mark. Da« Landgericht Dresden hat die Stadlgemeinde ver urteilt, dem Kläger 700 Mark mit Zinsen zu zahlen. Dieses Urteil ist jetzt rechtskräftig geworden, da keine der Parteien dagegen Berufung eingelegt hat. 8 Wegen MogelnS beim Würfelspiel wurde in Berlin ein Handlungsgehilfe zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Da» Gericht wählte diese harte Strafe, weil der Angeklagte schon wiederholt wegen dieses Betrugs vorbestraft ist.