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schlossen werden dürfen, diese Verhältnisse aber bei der Eheschließung der Behörde nicht bekannt waren, also z. B. wenn einer der Gatten schon anderweit verheiratet oder seiner Selbstbesttmmungsfähigkeil beraubt war u. dergl. Der Standpunkl des Staates, in solchen Fällen die Ehe für nichtig zu erklären, ist ohne Zweifel richtig; die Ehe leute haben dabei gar nichts zu tun, sie verhalten sich rein passiv. Eine Ehe wird 2., für nichtig erklärt aus Antrag eines Gatten, wenn derselbe zur Eingehung einer Ehe mit Gewalt gezwungen worden ist oder wenn er sich über die persönlichen (nicht Vermögens !) Verhältnisse des Gatten getäuscht hat oder absichtlich getäuscht worden ist, so zwar, daß er bei Kenntnis der Wahrheit die Ehe nicht geschlossen haben würde. Hier gibt also das Gesetz dem gezwungenen bez. getäuschten Gatten das Recht, die Wiederauflösung der Ehe durch Nichtigkeitserklärung herbeizuführen. Auch diese Bestimmung dürfte berechtigt sein. Wir sagen: Es ist richtig, daß eine Ehe für nichtig erklärt werden kann, welche durch Betrug gegenüber der eheschließenden Obrigkeit oder durch Betrug, Zwang oder Irrtum seitens eines Ehegatten zustande gekommen ist, wenn ohne diesen Betrug, Zwang oder Irrtum die Ehe überhaupt nicht zustande gekommen wäre. (Fortsetzung folgt). Zum Kampfe gegen unsittliche Bilder und Schriften. Manchen Mitteilungen zufolge scheint die Prinzessin Luise von Toskana im Stillen eine Verehrerin Nietzsches, Zolas und anderer „Uebermodernen" gewesen zu sein. Danach hätte sie, wie viele andere, durch die schlechte, das Volksgewissen vergiftende Literatur das „Uebermenschentum" kennen gelernt, das keine Pflichten gelten läßt, sondern nur das Recht, „sich auszuleben" in freier Liebe. Und wenn man dabei auf die vielfach an Höfen und in hohen Adels- familien herrschende Vorliebe für die allermodernsten Er scheinungen in Literatur und Kunst hingewiesen hat, so ist nur das unser Wunsch, dies traurige Vorkommnis möge das Gute im Gefolge haben, daß man sich in leitenden Kreisen endlich darauf besinnt, welche Riesenschuld man dadurch auf sich ladet, wenn man solch Gifl unbeanstandet im Volk kolportieren läßt. Wir stehen auf der lichten Sonnenhöhe der christlich-sittlichen Weltanschauung und wollen nicht, daß diese muffige, stickige, lichtscheue Wollust atmosphäre der naturalistischen Weltanschauung unser Volk vergifte und es in die Sümpfe der wilden Ehe hineinzieht; denn es hängt schließlich alles davon ab, daß das Volk sittlich gesund und stark bleibt, und nicht durch ein wüstes Wollustleben, das alle Schranken durchbricht, entnervt werde. Es ist, als ob gewisse Kreise aus der Geschichte nie mals etwas lernen könnten. Sittenlosigkeit richtet auch das stärkste Volk zu Grunde. Das lehrt die Geschichte. Wollen wir denn den Franzosen alles nachmachen? Da haben sie letzthin ihren Zola mit übertriebenem Pomp begraben, wie sie ihn Jahrzehnte lang als den gefeiertesten Schriftsteller Frankreichs gepriesen hatten. Man mag über Zola als Dichter und Schriftsteller urteilen, wie man will. Das aber ist gewiß: womit er sich seine fast beispiellosen Er folge verschafft hat, ist, was man auf gut deutsch gar nicht so treffend bezeichnen kann, wie mit dem Fremdwort: Pornographie. Dies war ein so hervorstechender Zug an seinen Romanen, daß eigentlich in anständiger Gesellschaft keiner sagen durfte, er habe Zolas „Nana" gelesen. Wer es erfahren will, wie verwirrend und bestrickend schlechte Lektüre auf den Leser wirkt, braucht nur dies Buch zu lesen. Wie haben nun aber anch unsere deutschen Zeitungen gelegentlich des Ablebens Zolas nicht bloß seine schrift stellerische Bedeutung, sondern auch sein eheliches und außer eheliches Leben behandelt und gefeiert, daß man sich des schämen mußte! Da mag man, wie man sagt, vom rein aesthetischen Standpunkt aus Zolas Werke noch so sehr in ihren großartigen Vorzügen „als eine Hochschule für Geschmack und Kunst" feiern — für einen guten Deutschen ist es unmöglich, so rein verstandesmäßig Form und In halt eines Schriftwerks zu scheiden; und das ist gewiß, daß Zola durch seine leichtfertige Behandlung des Ehe bruchs und der Dirnenwelt auf unser deutsches Volk, zu mal auf die oberen Stände geradezu verwüstend eingewirkt hat. Die Ehe aber ist die Grundlage aller menschlichen Ver hältnisse, die Quelle eines gesunden und starken Volkslebens. Die Maitressenwirtschaft ist Frankreichs unglück, sie soll nicht auch Deutschlands Unglück werden. Wir wollen die deutsche christliche Ehe als ein Heiligtum und als die Burg der Freiheit und Ehre für unsere Frauen, als die Pflanzstätte der sittlichen Erziehung guterSitte und edlerBildungsürunserVolkerhalten. Sekte und Sekten? Sekten hat es zu jeder Zeit in der christlichen Kirche gegeben; sie hielten sich und halten sich heute noch für den Sauerteig im Reiche Gottes, für die, bei denen allein der rechte Weg zum Himmel zu finden ist, für den Hecht im Karpfenteich, und für die gleichsam vom Herrn selbst be rufenen und allein berechtigten Seelenfänger fürs Himmel reich. Doch wer sind zumeist ihre Gründer? Leute, die sich frömmer, bester und mehr dünkten als Andere, die in ihrer Selbstgerechtigkeit und ihrem geistlichen Hochmut sich allein für auserwählte Rüstzeugs des Herrn halten und bestimmt glauben, dereinst im Himmel einen für sie besonders reser vierten und erhöhten Ehrenplatz zu erlangen, von dem sie aus die Anderen tief unter ihnen stehenden Gläubigen mit Verachtung Herunterschauen und mit dem Pharisäer sprechen können: „Herr, ich danke dir, daß ich nicht bin wie andere Leute." Doch Hochmut kommt auch hier gar oft vor dem Fall, auch von ihnen gilt des Apostel Petrus Wort: „Gott widerstehet den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade" und er fügt noch die besondere Warnung und Ermahnung hinzu: „So demütiget euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, daß er euch erhöhe zu seiner Zeit." (1. Petr. 5, 6). Von den Sektierern redet schon der weise König Salomo, wenn er spricht: „Wer sich absondert, der suchet, was ihn gelüstet und setzet sich wider Alles, was gut ist." Und der Herr sagt in der Bergpredigt (Matth. 7, kö) doch selbst warnend vor solchen Leuten: „Sehet euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen." Und wenn er weiter sagt: Sie werden sagen: Herr, haben wir nicht in deinem Namen große Taten getan?" so bezeichnet er damit den Hochmut nur als die Frucht der Sektierer. Wer aber einmal sich von ihnen hat fangen lasten, den lasten sie auch nicht wieder los, und die alte Erfahrung bestätigt sich jedes Jahr von Neuem, daß Rückkehr zur Landeskirche am seltensten von den im Lande die Gemüter verwirrenden und Herz und Geist der zur Landeskirche gehö rigen Glieder verstörenden Sekten her stattfindet. (Forts, folgt). * Ich bitte die freundlichen Lehrer nm Entschuldigung, daß ich nicht früher die in der Februar Nummer versprochenen Artikel über die einzelnen Letten habe solgcn lassen. Ein lieber Freund wollte diese Artikel schreiben, hatte jedoch nicht früher Zeit. (Der Herausgeber.)