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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 03.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190305037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030503
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030503
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-03
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 03.05.1903
- Autor
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da lehnte ein totblafser Mensch mit keuchender Brust am Weidenstamm. Nun faßte sie eine un erklärliche Angst. „Gott Jörg, Dir fehlt doch nichts?" Und sie rüttelte ihn am Arm. Gin sonderbarer Blick traf sie. Sie schauerte zusammen. Tat das die Nässe, die auch von seinen Kleidern auSging? .Die wollte lachen über ihren beiderseitigen, komischen Aufzug: aber sie konnte nicht. .„Warum siehst Du mich denn so an?" fragte fie^endlich halb weinerlich, halb trotzig. Seine Lippen bewegten sich; doch kein Laut kam hervor. Da faßte sie wieder die Besorgnis. „Komm doch! Wir müssen in's Haus, die "-Kleider wechseln, sonst wirst Du mir noch krank." Sie zerrte ihn am Arm. „Komm doch!" a^er die Hand erlahmte in der seinen; ihr Blick blieb wie festgebannt in dem seinen haften und plötzlich — sie wußten nicht, wie's kam, lag eins in den Armen des anderen und beider Lippen murmelten, sich zuckend findend: „Ich hatte ja solche Angst um Dich, solche Angst!" Dann aber wollte sich Käthi in Scham los reißen, allein Jörg hielt die zitternde, naße Ge- stakt fest. „Käthi! Käthi Du Nixlein sag's mir doch, daß ich nicht träume, daß Du mich lieb hast und mich haben willst, mich „das alte Greuel!" Da schloß sie ihm schnell den Mund mit einem Kuß. »Ja, ja, ja Du, Du einziges, liebes Greuel! Dich, Dich habe ich lieb." Gerichtssaal. 8 Ungetreuer Beamter. Leipzig, 1. Mai. Vor dem hiesigen Schwurgericht hatte sich heute der 39 Jahre alte Postverwalter Karl Ernst Tröger wegen Verbrechens im Amte und Betrugs zu ver antworten. Tröger, in Schlettau im Erzgebirge geboren, ist verheiratet und Vater von 3 Kindern. Er hat seit 1895, wo er in Kieritzsch auf dem Post amt tätig war, die Postvereinskasse um über 1000 Mark geschädigt, indem er Gelder an sich nahm und die Listen falsch führte, und später, als er das Postamt in Böhlitz-Ehrenberg verwaltete, hat er seinen vielen Gläubigern durch Postanweisungen, welche er eintrug, Zahlungen leisten lassen, ohne das Geld dafür einzuzahlen. Die Postlisten fälschte er diesbezüglich. Die Post hat über 10 000 Mk. Schaden dadurch erlitten. Der Angeklagte hat aus schweifend gelebt und viel Geld für Lotteriespiel ausgegeben. Seine Notlage wurde noch verschlim mert durch die hohen Zinsen, welche er seinen -'Gelddarleihern zahlen mußte. Das Schwurgericht hat Tröger zu einer Gesamtstrafe von 3 Jahren 2 Monaten Zuchthaus und 300 Mark Geldstrafe verurteilt, von denen 5 Monate durch die Unter suchungshaft verbüßt sind; auch wurde auf 5 Jahre Ehrverlust erkannt. 8 Kiel, 1. Mai. Das Marine-Kriegsgericht verurteilte heute den Leutnant Gleiß, weil er für schuldig befunden wurde, den kürzlich an Bord des Schulschiffes „Moltke" ausgebrochenen Brand ver- schuldet zu haben, zu 1 Monat Festungshaft. Be antragt waren 14 Tage Gefängnis. Der Schaden beträgt 38 000 Mark. 8 Ein erster Bürgermeister vor Gericht. Eisenach, 1. Mai. Ein Prozeß, der großes Aufsehen erregt, beschäftigte heute Freitag die erste Strafkammer des Großherzoglichen Landgerichts. Auf der Anklagebank erscheint der erste Bürger meister der Residenzstadt Eisenach, Dr. v. Fewson, des Verbrechens im Amte angeklagt. Der erste Bürgermeister ist gleichzeitig Chef der hiesigen Po lizei. Als solchem sind ihm sämtliche von den ihm unterstellten Polizeibeamten an die Staatsanwalt schaft zu erstattenden Strafanzeigen zur Unterschrift vorzulegen. Der erste Bürgermeister soll nun drei Strafanzeigen gegen Frauenspersonen, die sich der Uebertretung der sittenpolizeilichen Vorschriften schuldig gemacht hatten, nicht weitergegeben, son dern die betreffenden Frauenspersonen nur ver warnt haben. Er soll zu den betreffenden Beamten nur gesagt haben, „sie mögen gegen die Prostitu ierten nicht so scharf vorgehen, diese seien auch Menschen." Das milde Vorgehen des ersten Bürger meisters gegen die Dirnen soll dazu beigetragen haben, daß die unteren Polizeiorgane gegen die Prostituierten die größte Nachsicht übten. Diese Praxis soll in weiter Umgegend bekannt geworden sein und zur Folge gehabt haben, daß die Prosti tution durch Zuströmen von auswärtigen lieder lichen Dirnen überhand nahm und das Zuhälter- tum sich in geradezu bedrohlicher Weise vermehrte. Die Sittenlosigkeit und Unsicherheit in hiesiger Stadt soll einen so bedenklichen Charakter ange nommen haben, daß ein öffentliches Aergernis ent stand, welches zu zahlreichen Beschwerden der hie sigen Bürgerschaft an die zuständigen Behörden und in der Presse Veranlassung gab. Dieser Miß stand führte schließlich dazu, daß die Großherzog liche Bezirksdirektion die Sache näher untersuchte. -- Dabei ergab sich, daß der erste Bürgermeister auch verhindert hatte, einen jungen Kaufmann zur An zeige zu bringen, der sich vielfach mittels einer gefälschten Legitimation anständigen jungen Mäd chen gegenüber als Kriminalbeamter ausgegeben und ihnen mit Verhaftung gedroht hatte, wenn sie ihm nicht zu Willen seren. Der erste Bürger meister soll die Akten gegen den jungen Mann kassiert haben, angeblich weil er mit der Familie desselben befreundet war. Dr. v. Fewson ist am 26. Dezember 1863 zu Petersburg geboren. Er ist der Sohn eines russischen Staatsrates. Seine Mutter ist eine geborene Fürstin v. Troubetzkoy. Er ist seit 1892 verheiratet. — Nach einem uns aus Eisenach zugegangenen Telegramm wurde Ober bürgermeister Dr. Fewson wegen Amtsvergehen gegen ß 346 des St.-G.-B. in zwei Fällen unter Annahme mildernder Umstände zu 2 Monaten Ge fängnis verurteilt. Der Angeklagte hat sofort gegen das Urteil Berufung eingelegt. 8 Köln, 1. Mai. In der heutigen Sitzung des Solinger Schöffengerichts wurde, wie die „Köln. Volksztg." aus Solingen meldet, der als Zeuge geladene amerikanische Konsul Langer wegen Un gebühr vor Gericht zu einer Geldstrafe von 80 Mark verurteilt. Später wurde er wegen wieder holter Ungebühr zu einer sofort zu vollstreckenden Haftstrafe von drei Tagen verurteilt. Langer pro testierte dagegen und behauptete, er könne als Amerikaner wegen einer Uebertretung von einen, deutschen Gericht nicht bestraft werden. Als er abgeführt werden sollte, ergriff er die Flucht. HandelS-Nachrichten. ««rlw, 1. Mai. (Wechsel-«, »soll- VIssoot Amsterdam „ ST per 100 st. d. " 2M Brüssel und Antwerpen » 8 T pr. 100 Francs. 3M Italienische Plätze - 10 r vr. 100 Lire 2M Schwei). Pl 100 Frc. 4 10 T London 8 T pr. 1 Lstrl. 4 3M Madrid und Barcelona - 14 T pr. 100 Pesetas 2M Paris „ 8 T pr 100 Franc 3M Petersburg .> 8 T pr. 100 Rubel -3M Warschau 100 Rubel 5'/, 8 T Wien o., 8 T per 100 Kr. ö W. ^'3M Reichsbank 3'/,°/». Lomb.-- Aarävdur», 1. Mai. Kornzucker cxcl. 88'/„ N -- dement 0,00—0,00. Nachprodmte excl. 75'/» Rendemcnt 0,00—0,00. Stimmung: Ruhig. Krystallzucker 1 30,07'/,, Vrodrasstnadr 129.82'/,. Sem. Raffinade mit Fab 29.82'/,. Gem. MeliS 29,32. Rohzucker 1. Product Trans, f. a B. Hamburg per April 16,70 Gd., 16,85 Br., per Mai 16,75 Gd.. 16,85 Br.. per Aug. 17,15 Gd., 17,25 Br., per Ort - Dezbr. 1820 Gd., 18,25 Br., 17,21 bez., per Jan.-Mi.; 18,50 Gd., 18,55 Br. Stimmung: Stetig. V iwbarr, I. Mai. Weizen ruhig, Holfic irischer und Mecklenburger 160, Hard Winter 131. Rcgg n still, 4'druss 104, Holsteinischer und Mecklenburger 142. Ma fest, 117—118, runder 92'/,. Hafer stetig, Ge.stc fest. Wetter: Schön. Vrvmsn^ 1. Mai. (Baumwolle). Tendenz: Stetig. Upl. middl. loco 52'/, Pfg. Liverpool. 1. Mai. (Baumwolle.) Muthmablichrr Umsatz: 8000 B. Stimmung: Stetig. Import: 7000 Ballen. Preise 1—3 Punkte höher. — Umsatz: 8v00 Ballen, d. - von für Speculation und Export 1030 Ballen Ameri kaner ruhig, 6 Punkte höher, Ostindische unverändert. Lieferungen: ruhig. April 5,33, April-Mai 5,33, Juni- Juli 5,31—5,32, August-September 5,32, Oltober-Nov. 4,57 4,58. Zahlungseinstellungen. Börner L Schurk, Oberlangenau-Brand. Gebrüder Kra. ße, Obeclangcnau-Brand. Mar Marr, Krc.cld. Gustav Pflicht, Halle a. S. Christof Philipp Laub" an», Hof i. B. M. G. H. Arnim, Reichenbach. Marl 2l4,00 215,99 85,40 84,95 ». 4'/,°/°. Vermischtes. -p Erfurt, 30. April. Justizrat Chop, welcher in der hiesigen Strafkammer am Dienstag eine.', jugendlichen Angeklagten aus Geschwenda bei Arn stadt verteidigte, verlas, um einen als Zeugen fun gierenden 12 jährigen Jungen in das richtige Licht zu stellen, zu allgemeiner Heiterkeit einen von diesem Jungen geschriebenen Liebesbrief folgenden Wortlautes: „Liebe Marie! Nimm mirs nicht übel, daß ich heute nicht kommen kann, ich bin verreist. Morgen Abend aber komme ich bestimmt. Er gebenst Dein Gustav H." -s Das Ende einer Geizigen. Anfang April starb in Wittenberg die Gemüsehändlerin Müller die „Grüne Müllern" genannt, deren Mann sich vor einigen Jahren aufhängte, nachdem er ihr ge gen einen Tagelohn von 10 Pfg. bis dahin in ihrem Geschäfte behilflich gewesen mar und die Frau seine Bitte, den Lohn auf 15 Pfg. zu erhöhen, nicht er- erfüllt hatte. Frau Müller lebte nur allein für sich, hockte Tag für Tag bei jedem Wetter mit ih ein Grünkram auf dem Markte, gab sich für ganz arm aus und lebte meist dürftig von Kaffee und Kom mißbroi, bis sie schließlich aufs äußerste entkräftet zu Hause bleiben mußte und nach kurzem Kranken lager starb. Nun stellte es sich heraus, daß die „arme" Frau 33 000 Mark hinterlassen hat, die sie auf eine Reihe von Sparkassenbüchern mit er dichteten Namen eingezahlt hat. Sie hat über das Geld testamentarisch unter Umgehung ihrer nächsten Verwandten zu gunsten von vier fremden Menschen oder entfernten Verwandten verfügl. Die lachenden Erben haben mit ihren Familien das für sie so erfreuliche Ereignis durch ein gemeinschaftliches Esten gefeiert. Da die Verstorbene wegen ihrer angeb lich großen Armut keine Steuern gezahlt Hal, so hat die Steuerbehörde jetzt auf einen entsprechenden Teil der Erbschaft zur Deckung der Erbschaftssteuer, der hinterzogenen Einkommensteuer und der Steuer strafe Beschlag gelegt. 1- Schwindel. In einer Reihe größerer Ta geszeitungen erschien ein Inserat folgenden Inhalts: „Nebenverdienst" für jedermann p. Stunde 1,80 Mk. durch leichte Schreibarbeit zu Hause. Muster und Prospekt gegen 80 Pfg. in Briefmarken. Brief unter V. LI. 68 postlagernd Siegburg (Rhein!)." Ein Münchner Privatier, welcher, „der Wissenschaft halber", die 80 Pfg. an die angegebene Adresse sandte, erhielt nun folgende Zusendung. In einem Briefkuvert befand sich ein kleines Quantum pulve risierter Goldbronze, die einen beiläufigen Wert von vielleicht drei Pfennig repräsentiert. Der Sendung lag, wie die „Augsb. Abendztg." mitteilt, eine ge druckte „Anleitung" bei, in welcher dem Empfänger der gute Rat erteilt wurde, den beiliegenden prä parierten Goldstaub mit Spiritus, heißem Wasser und flüssigem Leim zu verdünnen, sich Visiten- und Gratulationskarlen zu kaufen und diese hübsch fein mit der Bronze zu beschreiben. Wer dieses mache, könne leicht für eine solche Karte 10 Pfg. lösen, wobei es ihm übrigens noch freistehe, je nach Be lieben, höhere Preise anzusetzen. Schriftvorlagen und Federn könne man in jeder Schreibwarenhandlung beziehen. * Pari». Große« Glück hatte dieser Tage »ine hier ansässige Engländerin. Sie ließ in einer Droschke eine Kassette stehen, in der sich nach ihrer Angabe Schmucksachen im Werte von 1 Mill. Fr. und ein Scheck über 30 000 Fr. befanden. Sie erhielt alle» unversehrt zurück und überreichte dem Kutscher für seine Ehrlichkeit ganze 100 Fr. Da« nennt man „filzig." Briefträgers Hannchen. Bon Georg Paulsen. 40. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). Und kamen gar die einstigen Kollegen mit solchen Worten, dann war gar nimmer mit ihm fertig zu werden. „Schämt'S Euch," hieß eS dann, „o, wa« sind da« heut für Leut'! Wenn da mal die Ex. zellenz wieder kommen möcht, waS würde die wohl sagen?" Und wenn er so im „Hirschen" einmal einen Frühschoppen trank und sah die Briefträger von Hau« zu Hau« wandern, dann mußt' er sich zur Wand mit dem Gesicht drehen, sonst hält' er'S kaum aushalten können. Und dabei schnupfte er noch ganz beängstigend, und von dem Inhalt der geliebten, altväterischen Schnupftabakdose aus Buchen holz fiel daS meiste zu Boden. „Lebrecht, sitz doch still, freu' Dich Deiner sorgenlosen Tage. Kannst doch auch mal auSruhen!" So sagten die Bekannten, die eS gewiß gut mit ihm meinten. „Seid'S doch ruhig, versteht da» nicht," war aber die herbe Antwort darauf. „Klopft Eure Stiefel und hobelt Ture Bretter. Wißt viel, wie 'nem alten Postveteranen zu Mute ist." Im Stillen gingen die Gedanken de» Alten nur nach zwei Richtungen hin, sonst war ihm alles mehr oder weniger gleichgiltig geworden. Die Haupt sache, daS eigentliche Salz zur LebenSnahrung, fehlte eben. Daß er an sein Hannchen dachte, daS war selbstverständlich. Aber die lernte etwa-, wie die Herren Professoren schrieben, war munter und ge sund, wenn auch nimmer so fidel wie früher, als die Christel-Base zu wisfen tat, darum brauchten also keine langen Gedanken gemacht zu werden. Und so war e» Hannchen diesmal nicht, worüber er am allermeisten nachsann. DaS betraf jemand anders, und ganz heimlich bloß, daß eS geschah. Sonst hätten sich die Sonnen- selber noch gar über den armen, eingebildeten Narren von „Humpelhölder" lustig gemacht. Seine Exzellenz der Herr Generalpostmeister von Stephan in Berlin war eS, an den Lebrecht dachte. Warum eigentlich? Ja, so ganz genau wußt er daS wirklich selbst nicht. Einmal, so ganz ein einz'geS Mal war ihm ein Wörtle seiner Frau gegenüber entschlüpft; nun, wo er gar nichts mehr zu tun hätte, könnte er mit Hannchen doch mal nach Berlin fahren. Hannchen könnte da die große Musik im Opernhaus hören und er, Lebrecht, könnt am Ende nochmal die Ex zellenz sehen, die vor Jahren so freundlich mit ihm gesprochen. Vielleicht dachte der hohe Herr noch an Sonnenseld, erkannte den einstigen Briefträger wieder. Aber weiter kam er in seinem kühnen Gedanken gange nicht, denn Frau Elise Hölder, Vie so gar kein Verständnis für postalische und Beamten-Poesie hatte, machte eine unzweideutige Zeigefingerbewegung nach der Stirn, indem sie in recht scharfem Tone fugte: „Und dann lad't Dich der hohe Herr gar zum Mittagbrot ein und sagt beim Weggehen : bitte, besuchen 'S mich bald wieder, Herr Hölder! Na, so a Mann, über ein Sechzig un solch' Einfäll', wie a junger Krauskopf!" Seitdem schwieg Hölder. Er mußte sich ja selbst sagen, seine Frau hatte mit ihrem Spott eigentlich Recht gehabt, aber er könnt doch nun einmal nicht gegen seine Natur. Die Exzellenz hatte so huld voll und herablassend mit ihm eine ganze Weile ge- sprochen, war so vergnügt gewesen, hatte auch an Hannchen noch in Berlin gedacht, daß er wohl auch jetzt noch dem alten Humpel-Hölder ein paar Worte gegönnt hätte. Und wenn man so lange im Dienst gewesen war . . . Lebrecht HölderS lederfarbene Wangen wurden von der inneren Aufregung deS Mannet ordentlich noch rot, und auS seinen kleinen Augen flog ein sehnsüchtiger Blick nach der linken Rockseite. Mit einem Mal fuhr er ordentlich zusammen. ES hat doch keiner gemerkt? Nein! ES sollt's auch kein Mensch merken, aber 'S denken und wünschen könnt' doch nicht verboten werden. Und wenn der hohe Chef einmal zu erfahren kriegen tät, daß Leb recht Hölder zum Civil übergegangen wär, dann — mit dem Gedanken also stand er morgen« aus und drauf kam er abend« wieder zurück. Von Hannchen traf jeden Montag vormittag ein Brief ein, der in heiterem Tone dem Vater alle- mitteilte, waS ihr daS Leben gebracht. Und jede Lobeserhebung ihrer Lehrer machte den wackeren Alten stolzer, wie da- eigene Kind. Schüttelte Frau Elise zum Uebermaß seiner Worte den Kopf, dann begann die altbekannte Streiterei über Hann- chenS Zukunft von neuem. „Un dann lebt'S Mädele in SauS und Braus, bis 'S a Mal alt un 'S Geld all' iS. Die Komödianten- geschicht kenn i." DaS war der Refrain von Frau HölderS Reden. Und ihr stille« Gedanken-Resumee ging dahin: „Wann'S Hannchen wieder zu HauS i», dann macht'« a gute Partie; daS will i un dafür sorg' i!" „Verstehst davon nix," schnaubte der Gatte sie dann an, nahm die Mütze vom Nagel, rannte in den Hirschen und erzählte als neustes, daß sogar der Herr Hoftheater-Jntendant seinem Mädele zu ihrer schönen Stimme gratuliert hatte. Ein paar Male hatte die BaS geschrieben. Und als die über die eindrückliche Rücksprache mit Hannchen wegen deS Hermann Grau berichtet und auch ge meint hatte, eine gute Versorgung im heiligen Ehe stand sei daS allerbeste für'S Mädele, worauf Frau Hölder triumphierend rief: „Da hast's, Du aller Peter!" da war Lebrecht zwar stillschweigend hinaus- gegangen, um die Sach' sich reiflich zu überlegen, aber dann hatte er der BaS kurz und kräftig ge- schrieben: „Liebe va«! 'S Hannchen iS a qescheidt'S Mädele un Du bist halt die gut, brav' Ehriftel. So dank ich für Deine Liebe zu ihr. Aber S Hannchen soll gehen, wie 'S will un purzelt'» a Weng mal auf de Nasen, wird'» schon wieder auf« stehen. Grüß Sott, Ba»! Lebrecht Hölder." Und Tag'- drauf war dann der große Augen blick gekommen, der Hölder wenigsten» in einem Punkt seiner Frau gegenüber Recqt gab. Zum Postamt war er zitiert, und da hatte ihm der Herr Postmeister gesagt, e» sei ihm in Anerkennung seiner langen und getreuen Dienste da»< Ehrenzeichen ver liehen. Und dann hatten sie alle gratuliert. Und jeden, der gerade keinen Dienst hatte, hatte Hölder mit in den Hirschen genommen, und da war'» hoch hergtgangen. Und al» Frau Elise, unruhig über daS Fernbleiben ihre« Gatten, sich auf die Suche machte, hörte sie au» dem offenen Fenster seine Stimme, welche anhub: „Wir sitzen so fröhlich bei sammen und haben einander so lieb!" ES klang, na ja, eS klang so, daß die wackere Hausfrau die Hände überm Kopfe zusammenschlug und auSrief: „Verrückt ist er geworden, verrückt!" Hereinstürzte sie und kam gerad zurecht, um den überglücklichen Lebrecht zwischen ein paar Schluck Bier stammeln zu hören: „'S Singen will heut' nich mehr so, aber zu seiner Zeit . . .! Leut, Leut, glaubt's, der Hölder Lebrecht könnt was! Da sperrt all' Welt Na»' und Mund auf. Ja, da lacht die Bagag'! Bon wem soll denn 'S Hannchen ihre schöne Stimm' haben? He? Da gibt» nix zum Lachen. Wenn ich net g'wesen wär, 'S Mädele hält' nimmer singen könnt, denn mein' Elise i» a braves Weib, aber zum Singen paßt die, wie unser dick' Hirschwirtin zum Seiltanzen!" (Fortsetzung folgt.) Kirchen-Nachrichten. St. Triuttatis-Hkarochie. Am Sonntag Jubilate, den 3. Mai, vorm. 9 Uhr Predigt gottesdienst über Joh. 21, 18—23, Herr Hilssg. Seidel. Abends halb 8 Uhr Jungfrauenverein im Gemeinde haus. Abends halb 8 Uhr JüngltngSveret« im Gemeindehaus. Wochenamt: Herr Hilssg. Seidel. Barochie St. tzhristopyori. Am Sonntage Jubilate vormittag 9 Uhr Hauptgottes- dienst, Predigt über Joh. 21, l8—23. Herr ?. Albrecht. Nnchm. halb 2 Uhr Aindergottesdienst. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst im Bctsaale der Hiittcngrundschule. Ev.-luth. Jungsraucnvcrcin: Abends '/»8 Uhr im Bercius- lokal Hauptversammlung. Ev.-luth. Jünglingsvcrcin: Abends 8 Uhr im Vcrcmslvflü Hauptversammlung. Evang. Arbeiterverein: Montag abends 8 Uhr Versamm lung. (Pcenert). Ao« Averkungwitz Jnbilale, 3. Mai 1903, vorm. 9 Uhr Predigtgotte« dienst. Hcrr U. Zeißig. Nachm. 5 Uhr Miffionsstundc. Herr ?. Werner. Wochenamt: Hcrr k. Werner. Mo« Oersdorf. Am Sonntag Jubilate, den 3. Mai, sriih 9 Uhr Gottes dienst. Herr Hilssg. Ranfl. Nachmittags '/,2 Uhr Katechismus-Unterredung mit den Jiinglingen. Abends halb 8 Uhr Jungfrauenverein. Montag, den 4. Mai, abends 8 Uhr Arauenverein im Gasthof zum grünen Tal. Wegen der Neuwahl der Vorsteherin, Kassiererin und Pslcgcrinnen wird um recht zahl reiches Erscheinen gebeten. Dienstag, den 5. Mai, abends 8 Uhr Vibelstnnde. Die Woche sür Taufen und Traunngen hat Herr Hilssg. Ranft, für Hauskommunionen und Begräbnisse Herr Pastor Böttger. Mo« Arf-rung. «Sonntag Jubilate, am 3. Mai, flüh 8 Uhr Predigt gottcsdienst. Nachm. 2 Uhr Predigtgottesdienft in der Schule zu Seisersdors mit daran sich anschliehender Feier des heiligen -Abcndmahies. Nächsten Sonntag nachm. '/,2 Uhr KtndergotteSdienft. In den nächsten Wochen wird wie alljährlich eine Haus- lolleltc zum Besten des Gustav-Advls Vereins und der äuß. Mission cingesammclt werden, und werden die lieben Gc- mcindcglicdcr herzlich gebeten zn diesem Licbeewcrkc reichlich bcistcucc» zu wollen, eingedenk des Losungswortes des Gustav- Adols-Vercins: „Lasset uns Gutes tun an Jedermann, aller meist aber an des Glaubens Genossen." Mo« Laugeuch«rsdorf mit Jalken. Monat April 1904 Gela list: Helene Gertrud, T. d. Strumpsw. Theodor Wildenhain in L. Bruno Richard, S. d. Strumpsw. Linus Brauer in F. Friedrich, S. d. Strpsw. Robert Buschmann in L. Frieda Elsa, T. d. Strumpsw. Gustav Hartig in F. Richard Oswald, S. d. Zimmermanns Herm. Mitscherling in Gersdorf. Friedrich August, S. d. Fabrikarb. Hermann Parthum in L. — Hierüber 1 nnehcl. S. in L. Getraut: Karl Hoppe, Färber in Nicderwinkcl nnd Magdalene Lindner in L. Ernst Möbus, Strumpswirker und Frieda Weiße in L. Arthur Büchner, Metallarbeiter in Rüßdorf und Anna Pohlers in F. Beerdigt: Hermann Küchler, GuiSaurzüglcr in L, 57 I. 9 M. 28 Tg. Lina Ida Hempel, T. d. Fanny Maric Rau geb. Hcmpcl in F., 13 I. 5 M. 20 Tg. Ernst Kurt Landgras, S. d. Lina Landgraf in L.. 4 M. 7 Ta. Ernst Friß, S. d. Strpsw. Emil Rich. Müller in F-, 3 M. 24 Tg. Dom. Jubilate, den 3. Mai 1903, vorm. 9 Uhr Predigt- gottcsdienst. Nachm. halb 2 Uhr Katechismus-Unterredung mit der konfirmierten Jugend. Ao« Aernsdorf. Sonntag Jubilate, den 3. Mai, vorm. 9 Uhr Haupt- gollesdicnst mit Predigt über Joh. 2>, 18 23. Nachm. 2 Uhr Kindergottesdienst. Ao« Wüstenbrand. Sonntag Jubilate — 3. Mai 1903 — vormittag 9 Uhr Prcdigtgottcsdienst. Borm. I l Uhr Kindergottesdienst. Gesundheitspflege. Der Zweck der Somatose ist oft verkannt worden. Dieselbe soll nicht die übliche Nahrung er- setzen, sondern soll lediglich al« Beikost verwandt werden, um den Gehalt an eiweißhaltigen Stoffen zu erhöhen. Die Somatose soll auf diese Weise ein Krästiguvgrmittel sein, umfomehr, al« sie auf natür liche Weise da« Nahrung«bedtirfni« zu steigern ver mag. Da sie frei von Geruch und Geschmack ist und dem Magen in einer leicht verdaulichen Form angeboten wird, wird sie von allen Personen vor züglich vertragen und kann Kranken im Reconvaleicenz- stadium al« ein vorzügliche« Kräftigung«mittel empfohlen werden. Die Somatose findet mit Recht I bei allen schwächlichen, in der Ernährung zurückge- I bltebencn Personen eine würdige Anerkennung. Berantworlltcher Redakteur: Emil Horn. — Druck und »erlag: Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal, Bahnstraße s.
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