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Hahciistcin-Eriisttlilllcr Anzeiger Tageblatt für Aohenstein-Grnstthat, Gberlungu>ih, Dersdorf, Kermsdorf, Wernsdorf, Wüstenbraild, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. Weitverbreitetes Insertions-Organ siir amtliche und Privat-Anzeige«. Abonnement Frei ins HauS Bei Abholung monatlich 30. Jahrgang Mittwoch, dm 8. April 1903 Nr. 81 Jnsertionsgebühreu: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Jnsepate für die folgende Nummer bis Vorm. 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalle». Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. 35 Pfg. monatlich 42 Pfg- vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. die einzelne Nummer 5 Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Wir bringen hiermit die Bezahlung des Schulgeldes. Fortbildungsschulgeldes und desjenigen sür fremdsprachlichen Unterricht auf die Monate Januar bis mit Marz laufende« Jahres nochmals in Erinnerung mit dem Bemerken, daß das bezeichnete Schulgeld nun mehr längstens bis zum 18. laufenden Monats an die hiesige Stadtsteuereinnahme — Rathaus, Zimmer Nr. 2 — abzuführen ist. Alle nach Ablauf dieses Termins noch verbleibenden Rückstände werden dem RatSvollzieher zur zwangsweisen Beitreibung überwiesen werden. Hohenstein-Ernstthal, den 6. April 1903. Der Stadtrat. Dl. Polster, Bürgermeister. St. Die Wafferfteuer ans die Monate Januar bis mit März 1003 ist längstens bis zum 20. April 1003 bei Vermeidung der zwangsweisen Beitreibung an unsere Stadtsteuereinnahme — Rat haus, Zimmer Rr. 2 — abzusühreu. Hohenstein-Ernstthal, am 7. April 1903. DerStadtrat. vr. Polster, Bürgermeister. Geißler. Ein Frühling der Monarchen-Reifen. Ist es Zufall oder Absicht, stehen große Dinge bevor oder wird nur geplant, den gegenwärtigen Zustand zu bestätigen ? Jedenfalls ist es von Interesse, festzustellen, daß selten in einem jungen Lenz eine solche Reiselust bei gekrönten Herrschern und anderen Staatsoberhäuptern sich regte. Sie beschränkt sich nicht auf Europa, auch Herr Roose velt, der Präsident der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, hat eine große Menge von Koffern packen lassen und gedenkt sobald nicht wieder heimzukommen. Er hat es ganz offen gesagt, was er will: Stimmung sür eine große Verstärkung der Wehrkraft der Union machen! Herr Roosevelt schaut weit in die Zukunst und meint, wenn er es auch nicht wünscht, daß Tage kommen könnten, welche eine starke Waffcnrüstung für sei» Heimat land rechtfertigen uno nötig machen. In Europa wird den Fürstenreisen nur der Name offizieller Freundschafls und Gegenbesuche gegeben; möglich, daß sie nichts anderes bedeuten. Nicht unmöglich aber anch, daß gewisse Eventualitäten im Schicksal des türkischen Reiches ins Auge gefaßt wurden, welche nun die Besiegelung erfahren sollen. Die europäischen Nationen mögen einem Krach im näheren, fernen oder fernsten Orient mit ziemlicher Gleichgiltigkeit gegenüberstehen, wenn nur eins sich bewährt : die Einigkeit der Regierungen der Groß mächte in kritischer Stunde! Wenn man daran denkt, wie es s. Zt. wegen Kreta und dann in China ging, hat man allen Anlaß, diesem Wunsch die Erfüllung zu gönnen. Ernste Zerwürfnisse waren mitunter nahe genug. Mit Ausnahme des greisen Kaisers Franz Joseph von Oesterreich werden die Monarchen und Staalschess aller wichtigen Staaten j» diese», Frühjahr mit Reisen oder Empfängen zu tun haben. König Eduard von England ist schon unter wegs: er besuchte den König Karl von Portugal, das nach Lvndoner Blättern England angeblich'die Fortdauer seiner Existenz verdanken soll, während eS in Wahrheit von John Bull nur geschröpft ist. König Eduard hat fernerhin Begegnnngcn auch »och mit dem Präsidenten Loubet von Frankreich und wird Neapel und Rom besuchen. Ter Präsi dent der französischen Republik wird seinerseits ebenfalls eine Begrüßung mit dem Könige Viktor Emanuel von Italien haben, der überhaupt am meisten in Anspruch genommen ist. Er hat noch den deutschen Kaiser und den russischen Zaren zu ! empfangen, nnd der Bürgermeister von Rom wird Zeiner gerade nicht sehr mit Mammon gesegneten Stadtverwaltung seufzend milde Wohltäter wünschen, um über all die Unkosten für diese Fürsten-Empfänge, ffortzukommcn. ! Wie man sieht, steht im Mittelpunkt aller dies jährigen Frühlingsreisen der Staatsoberhäupter gewissermaßen der junge König von Italic n. Er hat einen Teil dieser Besuche als Pflichtbesuche zu erwarten, immerhin bleibt die gesamte Sachlage stoch eine auffällige. Italien hat den Dreibund erneuert, steht sich mit den, Zaren gut, in Peters burg machte der König bekanntlich seine erste aus ländische Visite, mit Frankreich nicht schlecht, nun kommt noch der englische König, man muß wirk lich sagen, daß der Staat der apenninischen Halb insel faktisch ein Allerweltsfreund ist. Welche praktischen Folgen das haben mag bei der bekann ten Konflikts-Verschärfung auf der Balkanhalbinsel, bleibt abzuwarten. Deutschland speziell hat ja auch kein überwältigendes Interesse daran: der italienische Munster des Auswärtigen scheint indessen wirklich mit großem Geschick operiert und mehrere Eisen im Feuer zu haben. Das war seine Pflicht seinem Vaterlande gegenüber; dient er damit zugleich dem Frieden, gebührt ihm um so mehr Anerkennung. Für die liebe Eitelkeit des Italieners wird diese Tatsache der allgemeinen Umwerbung seines Staates jedenfalls etwas sehr Bestechendes haben. Solche Fürstenbesuche sind ja nun für den Gang der Politik nicht unbedingt ausschlaggebend, sie sind oft sogar nur Zufallsreisen mit höfischem Hinter grund. Aber in Zeitverhültnissen, wie den gegen wärtigen, fällt es doch auf, wenn gerade ein Monarch, dem allgemeine Verehrung und Wertschätzung ent gegengebracht wird, durch die Gewalt der Umstände genötigt wird, den ziemlich einmütigen Begegnungen kern zu bleiben. Das trifft auf den Kaiser von Oesterreich zu, sür den es noch immer nicht mög lich geworden ist, den jungen König von Italien zu begrüßen. Die Rücksichtnahme aus den Papst in Rom steht hindernd dazwischen. Ganz gewiß ist für jetzt der Gang der Dreibund-Politik festge legt, ob aber für später alles weiter so glatt von statten gehen wird, das möchte doch abznwarten sein. Der Eisenbahnerftreik in Holland. Es ist gerade ein Vierteljahr darüber vergangen, als in den Niederlanden das Schreckgespenst eines Eijenbahnerstrcits zum ersten Male sein Haupt erhob. Damals gelang es den vereinigten Be mühungen all>r Interessenten, de» Ausstand gleich in seinen ersten Anfängen zu dämpfen und nieder zudrücken. Die Behörden haben die Zwischenzeit nach Möglichkeit benutzt, um gegen die Eventualität eines zweiten Streiks der Eisenbahner möglichst gesichert zu sein. Es wurde nicht nur der Kammer unverzüglich ein Gesetzentwurf unterbreitet, der Ausstände im öffentlichen Verkehrswesen unter die schwersten Strafen stellt, sondern es wurden anch die Mannschaften des Jngenieurkorps mit dem äußeren Eiscnbahnbelrieb, 'so gut und schnell es ging, vertraut gemacht. Gleichwohl trifft die in der Nacht zum vergangenen Montag erfolgte Proklamierung des Generalstreiks aller Eisenbahner das niederländische Königreich als einen ungemein schweren Schlag. Es hat den Anschein, als seien alle Vortehrungsmaßnahmen ein Schlag ins Wasser gewesen. Tatsächlich steht nämlich der gesamte Eisenbahnverkehr Hollands seit der Ankündigung des Ausstandes still. Die militärischen Hilfskräfte sind augenscheinlich in ganz ungenügender Stärke vorhanden, von der Befähigung der 'einzelnen gar- nicht zu reden. Was daraus werden soll, wenn der Verkehr in ganz Holland längere Zeit hindurch lahm liegen sollte, läßt sich noch garnicht absehen. Feststeht nur soviel, daß eine derartige Katastrophe ihre Wirkungen nicht aus Holland beschränken, sondern auch alle diejenigen Länder ernstlich be treffen würde, die mit den Niederlanden in Handels- Verbindungen rc. stehen. Aus den über das folgenschwere Ereignis ein- getroffenen Haager Depeschen geben wir das folgende wieder: Der Streik der Eisenbahner wurde in der Nacht zum Montag proklamiert. Der Präsident der Schutzkomitees der Ausständischen gab bekannt, daß sich der Ausstand zunächst gegen die der Kammer vorliegenden Antistreikgesetze richte, deren Annahme gesichert sei. Als zweiter Grund für den Ausbruch des Streiks sei das Verlangen des Eisenbahn personals nach Gehaltserhöhung anzusehen. Es war die höchste Zeit, dieses Verlangen jetzt zur Geltung zu bringen und nicht auf einen späteren Zeilpunkt zu verschieben, zu dem es die Gesetze den Eisenbahnern unmöglich machen würde, eine Verbesserung ihrer Lage herbeizuführen. Infolge dieser Erklärung wurde bereits in, Laufe des gestrigen Vormittags der Ausstand auf die Angestellten der übrigen Betriebe ausgedehnt. Gestern mittag fand eine Versammlung der Streiken den statt, in der die weiteren Schritte vereinbart wurden. Das Personal der Schiffahrtsgesellschaften in London und Hull hat gleichfalls die Arbeit nieder gelegt und sich mit den holländischen Ausständischen solidarisch erklärt. Alle Eisenbahnstrecken nnd Bahnhöfe sind militärisch bewacht, desgleichen die Uferstraßen, an denen Handelsschiffe anlegen. Trotzdem ist es nicht möglich, den Verkehr auch nur im beschränktesten Maße aufrecht zu erhalten. Trotz aller An strengungen konnte von den Amsterdamer Bahn höfen am ersten Streiktage nur ein einziger Eisen bahnzug unter militärischer Bedeckung abgelassen werden. Der Zug wurde von Eisenbahntruppen geführt und bedient. Das erste blutige Renkontre des Ausstands be- tras einen Unschuldigen. Es wurde ein Arbeiter, der nicht mußte, daß der Ausstand erklärt sei, am Montag morgen von einem Soldaten durch einen Revolverschuß verwundet. Der ahnungslose Ar beiter war auf den Aufruf des Postens nicht stehen geblieben. In einer Besprechnng des holländischen Eisen bahnerstreiks sagt die „Post" u. a.: Die Eisen bahnangestellten haben zu dem ernsten Mittel ge griffen, uni zu verhindern, daß die Gesetzentwürfe znr Bekämpfung ihrer Ausstandsgelüste, die der Kammer z Z. vorliegen, angenommen werden. Die Regierung hat jedoch, durch die jüngsten Er fahrungen gewitzigt, sofort ihre Maßnahmen ge troffen, um wenigstens ihren nationalen Verpflicht ungen dem Auslande gegenüber nachzukommen. Ob es auch gelingt, den innern Verkehr mittelst der Hilfe der Eisenbahntruppen aufrecht zu er halten, muß abgewartet werden. Jedenfalls wird diese neueste Herausforderung des Staates und der Gesellschaft durch die sozialistischen Eisenbahn angestellten, die auch sofort wieder andere Ar beiterverbände, die unter ihrem Einfluß stehen, zur Niederlegung der Arbeit zu bestimmen suchen, dahin führen, daß endlich auch in den Nieder landen festgestellt wird, wer Herr im Hause sei, ob der Staat oder die Sozialisten. lieber die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Verkehrs während des Ausstandes wird aus Amsterdam berichtet, daß die Eisenbahnangestellten über ausreichendes Personal verfügen, um den Personenverkehr im beschränkten Maße ausrecht zu erhalten. Die Züge nach Belgien und Deutsch land gehen mit etwas Verspätung ab. Die ¬ ses „etwas" ist jedoch in, vorliegenden Falle als ein sehr dehnbarer Begriff aufzufassen. Der Postverkehr mit den, Auslande soll durch Züge, die von Soldaten begleitet werden, aufrecht er halten werden. Auch Automobile sind in großer Anzahl in den postalischen Dienst eingestellt worden. Der Bewachungsdienst des Eisenbahnkörpers ist ein vorzüglicher. Alle Knotenpunkte und Brücken I befinden sich unter starker militärischer Besatzung. Die Streikenden haben sich bisher ruhig verhalten, so daß die bewaffnete Macht noch nirgends einzu schreiten brauchte. Amsterdam und Rotterdam sind vollständig mit Truppen umgeben, die bei dem ersten Zeichen des Aufruhrs requiriert wer den können. Während der Dauer des Ausstandes wird wahrscheinlich über die beiden Städte der Belagerungszustand verhängt werden. In Amsterdam wird im Anschluß an den Streik der Transport- auch ein socher der Ge meindearbeiter befürchtet. Einige Blätter heben hervor, daß die holländischen Truppen zum großen Teil mit den Streikenden sympalhisieren, daß sich die Regier ung daher auf die Truppen nicht verlassen könne und aus diesem Grunde auf der sofortigen Er ledigung des Antistreikgesetzes bestanden habe, das besser nach erzielter Verständigung zwischen den Transportgesellschaften und ihren Ängestelllen eingebracht worden wäre. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. Berlin, 6. April. Im Gefolge de« Kaiser« bei seinem Besuche in Rom wird sich auch Graf Waldersee befinden. — Die Heilung de« Armbruche« der Kaiserin macht weiter gute Fortschritte. Die hohe Fcau bewegt sich seit mehreren Tagen, den Arm im festen Verband tragend, in ihren Zimmern. — Dem „L. A." wird au« Kopenhagen gemeldet: Bei dem gestrigen Diner wurden zwischen den beiden Monarchen kurze Trinksprüche gewechselt. Kaiser Wilhelm dankte herzlich sür den angenehmen Aufent halt und äußerte, er habe sich so wohl befunden, daß er, wenn möglich, diesen Sommer Kopenhagen wieder besuchen werde. Beim Kaffee war der Kaiser sehr ausgeräumt, wiederholte, daß der Kopenhagener Be such ihm unvergeßlich bleiben werde, äußerte seine Anerkennung über den Takt, den die Bevölkerung gezeigt habe und sprach Uber Kopenhagen und seine Institutionen sehr begeistert. — Gegen die leider immer noch vorkommenden Soldatenmißhandlungen wendet sich, wie wir schon gestern unter Depeschen milteilten, der kommandierende General de« 6. (schlesischen) Armeekorp« Erbprinz Bernhard von Meiningen, bekanntlich ein Schwager dc« Kaiser«, in einem Erlaß, der besagt: E« sei den Leuten öfter klar zu machen, daß ihnen durch Zufügung von Mißhandlungen eine ehrenrührige Handlung widerfährt, daß sie an ihrer persönlichen Ehre geschädigt werden und daß e« weder dem Willen de« Kaiser« und ihrer übrigen Vorgesetzten noch dem berechtigten Ehrgesühl de« Soldaten ent- spricht, wenn die Leute sich solche Behandlung still- schweigend gesallen laßen. Werde aber eine ge schehene Mißhandlung nicht angezeigt, so sei et kaum möglich, daß die Vorgesetzten zum Schutz der Leute die nötigen Schritte tun und den, der Miß handlungen verübt, zur Verantwortung ziehen können. Die Leute ermutigten durch ihr Schweigen geradezu die ihnen zugesügte Behandlung und mit der Zeit werde diese dann leicht zur Gewohnheit. Von jeder Beschwerde eine« Manne« über eine erlittene Miß handlung müsse sofort dem Generalkommando Mel dung erstattet werden, damit diese« gcetgnetensall« die Versetzung de« Beschwerdeführer« in einen anderen Truppenteil verfügen könne. — Dieser Erlaß ist allgemeiner Anerkennung gewiß. An den Leuten selbst ist et nun, nach ihm zu handeln, damit sein Zweck nicht verfehlt werde. Und wa« für da« schlesische, da« gilt auch sür die anderen Armeekorp«, deren Führer sicherlich ebenso denken wie Erbprinz Bernhard. — Für unsere Marine sind in diesem Jahre zum ersten Male in Bayern Rekruten autgehoben worden, und zwar 200 bi« 300 Mann. Zu be merken ist dabei, daß zuerst der Bedarf an Rekruten sür die Landarmee gedeckt werden muß und daß die Marinerekrulen au« den überzähligen Dienst, tauglichen entnommen werden. Bi«her deckten Preußen und die Seeuserstaaten allein den Bedarf an Marinerekrulen und au« den btnnenländischen Staaten wurden nur Freiwillige eingestellt. Bei dem stetigen Anwachsen der Marine ist der Bedarf