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Dien.tag in Konstantinopel trotz de« schlechten Wetter« alle Sehen«würdigkeiten und gaben am Nachmittag bei allen Botschaftern ihre Karten ab. Am Abend fand ein Prunkmahl im Mdizpalast statt. — Der Erlaß de« Erbprinzen von Sachsen. Meiningen über die Verhütung von Soldatenmih- handlungen ist nach Mitteilungen au« Bre«lau offenbar durch den Selbstmord de« Kanonier« Heinrich veranlaßt worden, der sich am 3. Januar diese« Jahre« von einem Eisenbahnzug überfahren ließ, um den fortgesetzten Mißhandlungen eine« Unter offizier« zu entgehen. — Die Zahl der weiblichen Kräfte im preußischen Eisenbahnabfertigung«dienst dürste laut „Post" künf tighin noch eine kleine Vermehrung erfahren, da die Beschäftigung von Damen in diesem Dienstzweig sich durchaus bewährt habe. Bevorzugt bei der Annahme werden, ihre Besähigung vorautgesetzt, die Töchter verstorbener Eisenbahnbeamlen. — Es ist ja nur zu loben, wenn für die Hinterbliebenen gesorgt wird, trotzdem wird nicht jeder die Art des Vorgehen« der Bahnverwaltung billigen. — Die Einweihung der Birmarcksäule in Fried» richrruh wird, wie verlautet, infolge der Abwesen heit des Fürsten Herbert, der sich gegenwärtig mit seiner Familie in Italien aushält, am 21. Juni, dem studentischen Bismarck-Festtag, stattfinden. Bromberg, 8. April. Die „Ostdeutsche Rund schau" meldet: In der Angelegenheit der Brom- bergcr Bauarbeiterautstandes sanden heute Einig ungsverhandlungen vor dem Gewerbegertcht statt; die Arbeitgeber lehnten jede» Zugeständnis ab; die Arbeitnehmer erklärten sich zur Ausnahme der Arbeit unter den früheren Bedingungen bereit. Die Ar beitgeber behielten sich die Entscheidung vor. Frankreich. — Die Pariser Blätter widmen den Kammer verhandlungen über die Dreyfussache selbstverständ- lich die eingehendsten Kommentare, in denen man so ziemlich alle Meinungen vertreten finden kann, die sich über den Hergang überhaupt vorbringen lassen. Die Drcysursache ist nun tot, ganz tot, nachdem der Antrag Jaures gescheitert ist, sagen die einen; die andern dagegen, cs stehe außer Frage, daß Jaures nicht eher ruhen werde, bis er den Stein wieder in« Rollen gebracht habe. Jaure« Erfolg war groß, behaupten die einen, die bilherige feste Regierungsmehrheit hat ihren Todesstoß er halten, die andern, die Regierung werde sich aus nicht« weiter einlassen, nachdem dar Anerbieten Andrä» betreff« Einleitung einer administrativen Untersuchung abgelehnt wurde, heißt e« bei den einen, worauf da» Echo der anderen antwortet, e« sei mit Sicherheit anzunehmen, daß da« Kabinett die erforderlichen Feststellungen nicht unterlassen werde. Der Behauptung, daß Jaure« nichts Neue« zu Tage gefördert habe, wird die Ankündigung von einer demnächstigen und ganz geräuschlosen Frei sprechung der ehemaligen Arlilleriehaupimann« durch den Kassationshof entgegcngestcllt. Tatsache scheint zu sein, daß die französische Negierung sich im Augen blicke selbst noch nicht klar darüber ist, welche Maß nahmen sie ergreifen soll; wahrscheinlich ist, daß die unglückliche Geschichte vorläufig nicht weiter aufge rührt wird. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 9. April. *— Seinen tollsten Launen läßt Mosje April nach wie vor die Zügel schießen, die Menschheit damit schikanierend. Wohl oft schon, wenn Frau Sonne ihre Strahlen sandte, glaubte man, daß nun das böse Spiel vorüber; aber jedeSmal ist die Ent'äuschungeinevollständige. Nach Hellem Sonnen schein leitet eine Verdunkelung des Himmels jedes mal die feuchten Ueberraschungen, bestehend in Regen, Graupelweiter oderSchneeiall, ein, voreilige Spazier gänger zur schleunigsten Heimkehr zwingend. Nach längerer oder kürzerer Dauer dieses Wetters lacht dann wieder die Sonne zu dem Gesang der Vögel, um dann wieder neuem Gewölke Platz zu machen und das Schauspiel von neuem beginnen zu lassen. Hoffentlich tobt sich der April bis zu den kommenden Feiertagen aus und steckt während dieser ein frühlingsmäßiges Gesicht auf. *— Eingesandt. Noch immer hört man in unserm lieben Hohenstein-Ernstthal die Aeußerung: „Wenn man etwa» Besonderer und dabei billig kaufen will, muß man eine Großstadt aussuchen!" Daß diese Bemerkung vollständig hinfällig ist, ist im „Anzeiger" schon oft erwähnt worden. Wohl selten dürste e« eine Stadt in der Größe der unserigen geben, wo in geschäftlicher Beziehung so viel ge boten wird, wie hier. Die meisten hiesigen Ge- schäsle aller Branchen könne» sich sehr wohl an die Seite der Geschäfte größerer Städte stellen und nirgend« dürste dar Publikum wohl vorteilhafter kaufen als bei un« am Orte selbst. Gerade jetzt beim Saisonwechscl und mit Rücksicht auf den Osterbcdarf fei hieraus hingewiesen und der Mahn ruf erneuert: „Kaufe am Orte!" —8. * — Die Soldaten haben jetzt ihren Oster- nrlaub erhalten. Auf den Bahnhöfen sieht man zahlreich die schmucken Vaterlandrverteidiger mit leichtem Bündel und kecken, fröhlichen Gesichtern, auf denen man die Helle Freude lesen kann, daß e« nun aus der engen und strengen Kaserne auf einige Tage wieder heim „zu Muttern" geht. Sie wißen, daß ihnen dort zwar nicht, wie dem heimge kehrten, verlorenen Sohn in der Bibel, ein Kalb geschlachtet wird, daß ihrer aber doch allerhand lang entbehrter Leckerbissen und vor allem ein freu diger Empfang warten. *— Der Beginn des NcichstagSwahlrcchts. In diesen Tagen ist häufig die Frage erörtert worden, ob die am 16. Juni 1877 geborenen Per sonen bei den nächsten Reichstagsivahlen schon wahlberechtigt sind oder nicht. In dieser Beziehung tritt, worauf die „Köln. Ztg." hinweist, nach dein seit den letzten allgemeinen Rcichstagswahlen in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuch eine Aen- derung gegenüber den früheren Wahlen ein. Am 16. Juni 1898 waren die am 16. Juni 1873 geborenen Personen noch nicht wahlberechtigt. Rach oem damals noch geltenden französischen Recht wurde bei der Berechnung des Lebensalters der Tag der Geburt nicht mitgerechnet und da der 8 1 des Reichstagswahlgesetzes jeden Deutschen, der das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat, für wahlbe rechtigt erklärt, so war diese Voraussetzung für die am 16. Juni 1873 Geborenen erst mit dem Ab lauf des 16. Juni 1898 erreicht. Nunmehr kommt aber tz 187 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Be tracht, nach dem, falls der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeit punkt ist, dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet wird. Es wird dann noch ausdrück lich hinzugesügt, daß dies auch bei der Berechnung des Lebensalters von dem Tage der Geburt gilt. Danach ist es nicht zweifelhaft, daß die am 16. Juni 1878 geborenen Personen bei den bevor stehenden Wahlen wahlberechtigt sind und in die Wählerlisten ausgenommen werden müssen. * — Dementi. Die „Dresdn. Nachr." schrei ben mit Bezug auf die Mitteilung, daß Se. Maj. König Georg vor seiner Abreise nach Gardone dem Papste eine namhafte Summe zu dessen freier Ver fügung habe überreichen lassen, die Nachricht be ruhe aus absoluter Eifindung. * - Wichtig für Militärpflichtige. Der Reichskanzler hat, wie wir in der „Staatsb.-Ztg." lesen, bestimmt, daß Militärpflichtige, die sich in ihrer Heimat zur Aufnahme in die Stammrolle angemeldet haben, zu den vorgesehenen weiteren Meldungen dann verpflichtet sind, wenn sie sich im Frühjahr nach anderen Bundesstaaten begeben und dort in eine Beschäftigung treten, die bis in die Herbstmonate zu dauern pflegt. * — Eichene Treppen. Die Frage, welche Art von Treppen am widerstandsfähigsten gegen Feuer sind, hat man in Karlsruhe durch einen Versuch beantwortet. Das Schlußergebnis lautete: Steintreppen sind im Brandfalle durchaus wertlos, während sich eichene Treppen halten und, da sie keine Wärmeleiter, lange zu begehen sind. * — Kartoffelkcime. Die Zeit des Keimens der alten Kartoffeln tritt jetzt im April wieder ein und mit ihr sei erneut auf die Gefahren der Vergiftung, die durch Unvorsichtigkeit bei der Zubereitung der gekeimten Kartoffeln Hervorgernfen werden kann, hingewiesen. Kartoffelkeime enthalten das soge nannte Rachtschattengift und aus diesem Grunde ist besonders darauf zu achten, daß Personen, welche mit dem Abkeimen der Kartoffeln beschäftigt werden, an den Händen keine Verwundung haben, wodurch sehr leicht eine Blutvergiftung hervorgerufen werden kann. * — Ter nordamcrikantsche Kasfccring ist znsammengebrochen. Wie aus New-Park gemeldet wird, ist Kaffee an der dortigen Kaffeebörse unter 40 Pfg. das Pfund verkauft worden, der niedrigste Preis in der Geschichte dieses Marktes. Es be deutet dies das Ende des vor zwei Jahren mit Unterstützung des Petroleumkönigs Rockefeller ge gründeten Kasfeerings. Die Auflösung des Rings bringt erheblichen Verlust, der allein für die letzten Tage auf 20 Mill. M. geschätzt wird. Aus dem Hamburger Kaffeemarkl haben diese Ereignisse nach der „B. M." ebenfalls ein Sinken der Preise zur Folge gehabt; die Preise haben auch an diesem Platze einen Tiefpunkt erreicht, wie er bisher noch nicht dagewesen ist. Für das laufende Jahr wird eine verhältnismäßig große Kaffee-Ernte erwartet und infolgedessen ein weiteres Anschwellen der Läger. * Oberlungwitz, 8. April. Ein Vergiftung«, verfuch wurde am vorigen Freilag gegen einen in der hiesigen Lackfabrik in Stellung befindlichen Kaufmann unternommen. Al« derselbe de» von ihm im Kontor selbst gekochten Tee einnehmen wollte, fiel ihm die gelbe Färbung auf, weshalb er da« Trinken desselben unterließ und nach der Ursache forschte, wobei e» sich Herausstellle, daß der Tee mit chromsaurem Kali vermischt worden war und daß die Täterschaft sich aus einen mit dort beschäftigten 17jährigen Kausmannrlehrling lenkte, der da« ihm Beigemessene nicht in Abrede stellen konnte, nur will er den Angestellte» nicht habe» vergiften, sondern ihm einen Schabernack wegen schlechter Behandlung spielen wollen. * Dresden, 8. April, dieneren Dispositionen zufolge werden der König von Sachsen und die Prinzessin Mathilde schon in 14 Tagen Gardone verlassen und über Verona. Venedig und Triest nach Wien zum Besuche des Kaisers Franz Joses sich begeben. Zugleich beabsichtigt der König, der Grundsteinlegung des neuen Markusturmes in Venedig beizuwohnen. * Dresden. I» Seidnitz bettelte am Montag nachmittag ein Handwerksbnrsche unter anderem auch bei der Klempnersehesran Lina Kaiinka und erhielt ein Geldgeschenk. Nach einiger Zeit ward die Fran zu ihren: größten Schrecken gewahr, daß sie sich vergriffen und den: Fremden statt einer Kupfermünze ein Goldstück gegeben Halle. Nach etwa 3 Stunden später klingelte es abermals und der Unbekannte stand, das Goldstück in der Hand, vor der Tür. Der ehrliche Handwerksbursche, ein Thüringer Schuhmacher, war auf seiner Tour bis nach Großzschachwitz gekommen, wo er erst seinen Reichtum entdeckte und nun schleunigst wieder Kehrt machte. Man kann sich die lebhafte Freude der Frau vorstellen, die nun den braven Menschen mit Speise und Trank bewirtete und ihm obendrein ein namhaftes Geldgeschenk einhändigte. * Leipzig, 8. April. Der vom Schwurgericht hier jüngst zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis verurteilte frühere Bankdirektor Exner hatte an der zuständigen Stelle das Gesuch eingereicht, seine Strase im Leipziger Gefängnis verbüßen zu können. Dieses Gesuch ist abgelehnt worden. - Aus seiner Wohnung in der Bayrischenstraße ist der Handels mann Mummert mit der Frau uud seinen beiden Töchterchen Elisabeth und Laura spurlos verschwun den. Es kann mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß die ganze Familie sich ein Leid ange tan hat. * Leipzig. Als eine dreiste Diebin entlarvt wurde eine aus L.-Volkmarsdors gebürtige 22 Jahre alte Verkäuferin. Der unehrlichen Person, die sich polizeilich verantwort,» mußte, tonnte nachgewiesen werden, daß sie in drei Geschäften, in denen sie seit 1899 in Stellung gewesen ist, Waren im Werte von etwa 1000 Mark gestohlen hat. Die gestohlenen Sachen fand man in der Wohnung der Diebin vor. * Meerane, 8. April. Gestern abend ist auf Antrag der Anwaltskammer zu Zwickau der hiesige Rechtsanwalt Leonhardt verhaftet und heute dem Kgl. Amtsgericht zugeführt worden. Gerüchten zu folge soll, wie die „Meer. Ztg." schreibt, die Aus sehen erregende behördliche Maßnahme mit un lauterem Geschäftsgebahren zusammenhängen. Ver schiedene Umstände hatten den Verdacht rege werden lassen, daß sich Leonhardt durch die Flucht nach Holland — die Möbel seiner Frau, die eine Hol länderin ist, waren schon gepackt — der Strafver- folgung entziehen wollte. * Meerane, 8. April. Den Bemühungen der hiesigen Polizei ist es gelungen, den ruchlosen Brand stifter, der die letzten Brände in unserer Stadl ver ursacht hat, zu ermitteln und festzunehmen. Es ist der am 27. Mürz 1885 geborene, neben dem Vogelschen Besitztum in der Zwickauer Straße (wo er Scheune und Stallgebäude einäscherte) wohnende Wirtschaftsgehülfe Paul Albert Rudolph. Seinen 18 Geburtstag am 27. März hat der rück sichtslose Mensch damit gefeiert, daß er seinem Nachbar Vogel das Slallgebäude niederbrannte. Warum er dies getan, kann er nicht angeben. * Lunzenau, 7. April. Mit dem Ban der steinernen Wölbbrücke über die Mulde zwischen Göhren und Cossen wird jetzt begonnen. Der Bau wird interessant werden, denn die Mulde wird in nur einem Bogen von 60 m lichter Weite überbrückt. Jetzt werden gegen 150 starke Pfähle in den Muldengrund gerammt, worauf das Bogen gerüst zu stehen kommt. * Plauen i B, 8. April. Der Stadtgemeinde rat Hal gestern die Einverleibung der „Vereinsge meinde" Reicha, (Reicha, Kleinsriesen, Sorga, Tauschwitz) einstimmig beschlossen. Die Einbezirkung erfolgt am 1. Juli d. I. * Reichenbach, 8. April. In eine Lohnbe wegung eingetreten sind die hiesigen organisierten Zimmerer. Sie verlangen 38 Pf. Slundenlohn, tOstündige Arbeitszeit, an Ueberstimdenvergütung pro Stunde 5 Pfg. mehr und in der Zejl von 9 Uhr abends bis 5 Uhr früh als Nachtarbeit 10 Pf. mehr. Bei Arbeit 5 Kilometer von der Stadt entfernt wird ei» Lohnaufschlag von 10 Pfg. und eventuell Nachtquartier verlangt. Schöneck, 8. April. Der in dem Sägewerke zu Unterwürschnitz beschäftigte Hermann Tümmler, verheiratet und Familienvater, geriet am Dienstag mit dem rechten Arme in die Transmission. Ehe die Maschine zum Stillstand gebracht war, hatte das Schwungrad den Arm Tümmlers völlig aus dem Gelenk gerissen und ihn mehrmals gebrochen, sodaß sich die Uebcrführung des Schwerverletzten in das Zwickauer Kreiskrankenstift nötig machte. * Freiberg. Beim Abbruche der Häuser Nr. 36 und 38 aus der Pelersstraße stieße» Maurer auf einen großen irdenen Topf und unmittelbar darnach auf einen leinenen Sack, welche eine Menge silberne Münzen bargen. Die wertvollen und vorzüglich erhaltenen Fundstücke stammen aus dem 17. Jahr hundert. * Döbeln, 8. April. Verhaftet wurde hier ein 31 Jahre alter Provision-reisender au« Neusiädlel in Schlesien, der sich einer Abteilung exerzierender Soldaten gegenüber mißliebiger Aenßerungen in Bezug aus da« Verhalten der Vorgesetzten zu schulden kommen ließ. Nach der Verhaftung wurde sestge- slcllt, daß der Mann auch im Gendarmerieblatt steckbrieflich gesucht wird. * Oschatz, 8. April. In der vorletzten Nacht brannte im nahen Kölitz die zum dortigen Ritter- gute gehörige, unmittelbar an der Leipzig Oschatzer Landstraße gelegene Brauerei total nieder. Da» Feuer war auf bisher unaufgeklärte Weise im Brauereigebäude selbst aulgebrochcn und verbreitete sich, vom heftigen Sturme angefacht, mit solcher Schnelligkeit über die ganze Anlage, daß man diese trotz aller Anstrengungen nicht zu retten vermochte. Der Schaden soll sehr beträchtlich sein. * Meißen, 8. April. Mit 1600 Mark flüchtig geworden ist am 6. d. M. der hier wohnhafte 19 Jahre alte Kontorist Pietzsch au« Drerden. Da« Geld gehörte seinem Arbeitgeber, einem Ziegeleibe sitzer in Zaschendorf, und war ihm zur Einzahlung bei Nr Post übelgeben worden. P. hat zu seiner Flucht ein Fahrrad benutzt und soll nach Leipzig zu gefahren sein. * Sebnitz. Vom hiesigen Schöffengericht wurde die Ehefrau eines an der Grenze wohnhaften Blumensabrikanten wegen Paschens von Fleisch und Wein aus Böhmen zu 10 Wochen Gefängnis und >50 Mk. Geldstrafe oder weiteren 30 Tagen Gefängnis und ihre beiden, seit 5 Wochen in Untersuchungshaft befindlichen Arbeiterinnen, welche mit geholfen haben, zu je 5 Wochen Gefängnis verurteilt. * Zittau, 7. April. Als im benachbarten Hainewalde am Palmsonntag die Konfirmanden in die Kirche einzogen, löste sich beim Läuten der beinahe einen Zentner schwere Glocken-Klöppel los und stürzte dicht neben dem Glöckner zu Boden. Der Glöckner erlitt eine leichte Verletzung an der Hand. Als ein großes Glück ist es zu bezeichnen, daß der Klöppel nicht durch das Schallloch hinaus- flog, denn sonst wäre er unter die einziehenden Konfirmanden gefallen und es wäre ohne Zweifel ein größeres Unglück geschehen. Gerichtssaal. 8 Chemnitz, 7. April. Der am 8. Februar 1867 in Clilmnitschau geborene, wegen Diebstahls wiederholt vorbestrafte Ziegeleiarbeiter Friedrich Reinhard Gräfe auS Hohenstein-Ernstthal war an- geklagt, bei seinem Austritte auS der Arbeit am 23. Juni 1902 gegen abend aus dem Schlafsaale der L.schen Ziegelei in Neukirchen 2 Schlafdecken im Werte von ca. 3 Mk. gestohlen zu haben. Nach den Ergebnisse» der heutigen Beweisaufnahme wurde der seine Schuld leugnende Angeklagte freigesprochen.— Der am 3. Februar 1884 geborene, noch nicht vor bestrafte Bergarbeiter Johann Hoffmann in OelSnitz bot in der Nacht zum 22. Februar 1903 dem wegen ungebührlichen Schreien« aus der Straße zu OelSnitz gegen ihn einschreitenden Schutzmann P. ein Fünszigpfennigstück mit den Worten an, „er solle keine Sache machen und sich ein paar GlaS Bier kaufen". Er tat dies, um den Beamten zur Unterlassung einer Anzeige wegen der Ruhestörung zu bestimmen, machte sich also der Bestechung schuldig. Er wurde dieserhalb zu 10 Mk. Geldstrafe event. 3 Tagen Gefängnis verurteilt. CH. Tgbl. tz Dresden, 8. April. Militärgericht. Wege« Fahnenflucht hat sich vor dem Kriegsgericht der 32. Division der 1881 hier geborene, noch un bestrafte Leutnant Johannes Hermann Otto München, berg vom 178 Jnsanterie-Regiment in Kamenz zu verantworten. Der Angeklagte, dem als Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Baum zur Seite steht, ist am 15. März 1901 als Fahnenjunker in da» Heer eingctreten "nd am 28. November v. I. Offizier geworden. Am 1. Februar erhielt M. Urlaub nach Dresden bis einschließlich 3. Februar. Er hatte den Urlaub genommen, um sein Abschiedsgesuch cinzureichen, da es ihm seine pekuniären Verhält- nisse nicht gestatteten, noch länger dem OsfizierSstande anzugehören. Der Angeklagte hatte innerhalb zweier Jahre etwa 6000 Mk. Schulden gemacht und auch Wechsel und Akzepte in Zahlung gegeben. Am 1. Februar waren nun 2 Wechsel in Höhe von 300 und 100 Mk. fällig, im Besitze von Mitteln war er aber nicht. In Gemeinschaft mit einer Kellnerin fuhr M. nach Dresden und logierte sich hier in einem Hotel ein. Am Abend des 3. Februar reichte er mittels Eilbriefes sein Abschiedsgesuch ein, zu gleich das Ersuchen stellend, ihm bis zum Eintreffen der Bewilligung fernes Abschiedes Nachurlaub zu gewähren. Ohne aber Antwort abzuwarten, fuhr er dann mit der Geliebten gleich nach Ausgabe des Eilbriefes nach Pacis, um dort angeblich Stellung bei einem Rechtsanwalt zu suchen. Dies scheint aber keinen Erfolg gehabt zu haben, denn schon nach kurzer Zeit reiste M. nach Amiens. Hier waren aber seine Mittel dann völlig erschöpft. Auf die Mitteilung seines Vaters, daß man ihn als fahnenflüchtig suche, und nach Zusendung eines Telegramm? uud des nötigen Reisegeldes kehrte der Flüchtige am 1. März nach Dresden zurück und stellte sich freiwillig dem Kriegsgericht. Aus Vor» halt des Verhandlungsführers, daß er doch noch nicht seine gesetzliche Dienstpflicht erfüllt habe, um darauf rechnen zu können, daß ihm ohne weiteres sein Abschiedsgesuch genehmigt werden würde, meint der Angeklagte, er habe geglaubt, weil ec freiwillig eingetrelen sei, könne er auch jede» Tag seinen Abschied nehmen. Die Antwort des Regiments kommandeurs habe er deshalb nicht abgewartet, weil er wegen der fälligen Wechsel Furcht vor Bestrafung gehabt habe. Anfänglich hat er auch uach Amerika gewollt, da er zum Weiterdienen keine Lust mehr halte. Zu der Zeugin GalleS hat er schon früher geäußert, es gefalle ihm in Kamenz nicht mehr und er werde ins Ausland gehen. Nach kurzer Beweis aufnahme erkennt das Gericht wegen Fahnenflucht auf 3 Monate Gefängnis und Dienstentlassung; durch die erlittene Untersuchungshaft gelten 2 Wochen der erkannten Strafe für verbüßt. 8 Berlin, 8. April. Der Wuchcrerprozeß Pariser wurde heute zu Ende geführt. DaS Gericht verurteilte den Angeklagten Pariser wegen gewerbs- und gewohnheitsmäßigen Wuchers zu zwei Jahren Gefängnis, 10000 Mark Geldstrafe «nd fünf Jahren Ehrverlust. Der Angeklagte wurde sofort in Haft genommen. 8 Magdeburg, 8. April. Vom Kriegsgericht wurde der im Jahre 1883 fahnenflüchtig gewordene, jetzige Schmiedcmeister Ludewig zu 1 Jahr Gefängnis verurteil!. Ludewig hat 17 Jahre unter seinem Namen gearbeitet, ehe er entdeckt wurde. Kleine Chronik. * Berlin. Ein frecher Diebstahl am Hellen Tage. Am Molkenmarkt 1, direkt im Zentrum der Stadt, wo vormals das königliche Polizeipräsidium seinen Sitz hatte, hatte die Gesellschaft „Berliner AusstellungSgallerien" drei Schaukästen, welche fest an der Wand angebracht waren, ausgehängt. Die Kästen repräsentierten einen Wert von über 1000 Mk. Diese Schaukästen wurden vorgestern in den Vormittagsstunden von Dieben von der Mauer durch Stemmeisen freigemacht und mittelst eines Wagens entfernt. Ein so unerhört frecher Diebstahl ist in Berlin wohl lange nicht vorge- kommcn. * Berga a. E. Am Dienstag morgen verun glückte durch Explosion von Dynamit der am Willisch'schen Durchbruch deS Rüßdorfer Berges be schäftigte Maurerpolier Prüfer auS Neugernsdorf. Der bedauernswerte Mann, welcher verheiratet und Vater von vier Kindern ist, wurde am ganzen Körper arg zugerichtet, er verlor beide Hände und beide Augen. Das Dynamit war zur Erwärmung in der Kantine in die Nähe des Ofens gebracht worden und explodierte plötzlich. * Halle, 8. April. Oberhalb des Trolhaer Wehres stürzten sich vorgestern abend ei» junger Man» und ein Mädchen, anscheinend ein Liebes paar, in die Saale. Die Leichen wurden bisher nicht gefunden. Neber die Identität der Selbst mörder ist man noch in Ungewißheit. - Auf der Magdeburger Straße oberhalb Diemitz verprügelten angetrunkene Stellungspflichtige den Bahnwärter, nahmen ihm die Notflagge ab und brachten damit den gerade einführenden Güterzug zum Stehen. Die Burschen wurden nach kurzer Jagd festge nommen, in den Zug gesteckt und zur Station Halle mitgenommen, wo sie der Polizei übergeben wurden. Das Vergnügen dürfte sehr teuer werden. * Eisleben, 8. April. Au« dem gestern nach mittag nach Sangerhausen abgegangenen Personcn- zug stürzte während der Fahrt ein unbekannter