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Sugland. Die Londoner Blätter besprechen alle, nicht ohne eine starke Beimischung von Schadenfreude, die Anlage eine« englischen Kriegshafen« an der Nord see. Sie erklären ohne Ausnahme, daß sich diese Maßregel gegen Deutschland richte. Einige stellen mit augenscheinlicher Genugtuung fest, daß die neue Operationsbasis von dem nächsten deutschen KriegS- Hafen WilhelmShafen nur 700 Kilometer entfernt sei. Die Londoner Jingoblätter werden nun aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Feuer eine« Kriege- gegen Deutschland zu spielen beginnen, bi» sie sich daran gründlich die Finger verbrennen werden. Dem deutschen Volke erscheint England jedenfalls mit dem neuen KriegShafen nicht achtunggebietender al« vordem, und die Volksmeinung würde sich auch nicht ändern, wenn England an der Nordsee ein ganze» Schock KriegShäfen anlegen sollte. Der Respekt vor John Bull ist auf den Schlachtfeldern Transvaal» unwiederbringlich begraben worden. Italien. — Papst Leo XIII. empfing den Kardinalstaat«- sekretär Rampolla im Vatikan zu Rom in langer Audienz. Es heißt, daß grundsätzlich nach dieser Besprechung verfügt worden sei, der Bischof Korum von Trier solle seinen Schulerlaß wegen de« Be suche« der dortigen Töchterschule zurückziehen. In welcher Form die Zurücknahme erfolgt, bleibt abzu warten. Man kann wohl annehmen, daß die Reise de« deutschen Kaiser« im Mai nach Rom zum Gegen besuch de» König« Viktor Emanuel auf die Regelung der Schul-Angelegenheit von Einfluß gewesen ist. Wie schon wiederholt, würde der Kaiser ganz selbst- verständlich auch jetzt den Vatikan besuchen, und der hohe Herr selbst am meisten bedauern, wenn diese Absicht durch ernstere kirchenpolitische Zerwürfnisse unaulführbar werden möchte. Bei dem milden Sinn de« Oberhaupte« der katholischen Kirche war auch wohl zu erwarten, daß ein Au«weg gefunden würde. Der Papst ist so weit gekräftigt, daß er in den ersten Lagen dieser Woche Abordnungen aller Rom- Pilger in einer Gesamt-Audienz empfangen kann. Bon Einzel-Empfängen ist mit Rücksicht auf die damit verbundenen Strapazen abgesehen. Spanten. Madrid, 7. März. Gestern abend hat die Gendarmerie in Jerez 27 Feldarbeiter gefesselt ein gebracht, die unter Drohungen von den Grund- befltzern eine Lohnerhöhung verlangt hatten. Als die Gendarmerie herbeigerufen worden war, wurde sie angegriffen und mußte sich zurückziehen; sie konnte erst wiederkommen, nachdem sie verstärkt worden war. Dann verhaftete sie 37 Arbeiter, bei denen anarchistische Flugschriften und Aufrufe ge- funden worden waren. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 9. März. * — Souutag, der 8. März. Daß der Winter nicht so ohne weiteres den Kampf um die Herr schaft aufgeben würde, war ja vorauszusehen. DaS Schneetreiben am Freitag war nicht gerade dazu angetan, „Frühlingsahnen" zu erwecken und die Aussichten auf einen freundlichen Sonntag waren nicht günstig. Wider Erwarten bedachte uns Jupiter mit einem heiteren klaren Himmel. Die Sonne tat ihr möglichstes, mit den Schneeresten aufzuräumen, — „es war ein Sonntag hell und klar", wenn auch die Luft an und für sich noch etwas kühl wehte. So sah man denn zahlreiche Spaziergänger am nachmittag hinanswandern aus der Stadt, um sich einige Stunden in der sonnigen Märzlnft zu ergehen. Der Verkehr war ein recht lebhafter, überall sah man sonntäglich gekleidete Menschen und die Lokale in der näheren Umgebung hatten eine gute Frequenz zu verzeichnen, wie auch am Abend in den Etablissements der inneren Stadt ein reges Leben sich entwickelte. * — Eine schwere Augcnverletzung zog sich vorige Woche ein hier beschäftigter Arbeiter dadurch zu, daß er einem wegen Beamtenbeleidigung arre tierten Freunde auf die Polizeiwache nachfolgen wollte, in der Trunkenheit aber mit dem Kopfe gegen die Kante eines Briefkastens stieß und sich dabei das eine Auge sehr schwer verletzte. Obgleich dasselbe sofort von dem Samariter-Vereinsmitgliede Herrn Kühnert verbunden wurde, machte sich die Hilfe eines Arztes und die Ueberführung des Ver letzten nach dem Krankenhause notwendig. * — Der Monat März hat freundlicheres Frühliugswetter und, was noch höher zu schätzen, eine weitere Auffrischung im Geschäftsleben gebracht. Natürlich sind die Dinge noch lange nicht wieder so weit gediehen, daß von einem wirklich flotten Betrieb gesprochen werden könnte, aber das mit Macht heranrückende Frühjahr macht doch seinen hoffnungsfreudigen Einfluß geltend. Das hört man selbst aus solchen Städten, wo die Krisis be sonders hart in die Erscheinung getreten war, und selbst die schwer bedrückten großstädtischen Gewerbe treibenden beginnen etwas aufzuatmen. Das Weih nachtsgeschäft stand im allgemeinen unter dem Kennzeichen großer Vorsicht. Diese Vorsicht ist auch heute nicht verschwunden, aber sie verbindet sich doch schon wieder mit einiger Kourage, ohne die nun einmal an Geld-Rollieren nicht zu denken ist. * — Die Nadel weg'. An Stelle der amtlichen Formulare zu Postkarten mit Antwort verwendet das Publikum vielfach zwei einfache Postkarten, die durch einen Faden oder durch Klebepapier mit einander verbunden sind. Hiergegen ist nichts ein zuwenden, auch von der Post nicht, wenn die für die Antwort bestimmte Karte als solche bezeichnet wird. Bedenken erheblicher Art bestehen dagegen, wenn die Karten mit einer Nadel zusammengesteckt sind. Da eine solche Befestiguugsweise geeignet ist, Verletzungen herbeizuführen, dürften die Post anstalten — wie die „Dtsch.Verkehrsztg." zutreffend sagt — nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht haben, derartige Sendungen von der Be förderung auszuschließen. * — Pflanzen-Friihling. Die Kätzchen an Weiden, Erlen, Birken und Haselnuß erfreuen jetzt im sonnigen März unser Auge. In diesen flockigen, quastenartigen, langen Kätzchen, die jetzt ausbrechen und ihren gelben Blütenstaub vom Winde oder von Insekten auf die Stempelblüten tragen lasten, vermuten viele gar nicht die Blüten dieser Pflanzen. Die kleinen, roten Fädchen in der Nähe der sransen- arligen Kätzchen de« Haselnußstrauche« werden von den meisten ganz übersehen und doch ist dort der Keim zur wohlschmeckenden Haselnuß. Besonder« erfreut un« auch al« erster Frühlingeblüher der Seidel bast oder Kellerhal« mit seinen zahlreichen roten Blüten, die stet« den Blättern vorau«eilen. Doch ist diese Frühlingsblume vorsichtig zu behandeln und vor allen Dingen ist sie nicht in den Mund zu nehmen, da da« Seidelbast giftig ist. *— Zu dem Pfandrecht deS Vermieters, worüber eben auch im Reichstage gesprochen wurde, schreibt die „Tägl. Rdsch.": Bekanntlich bestimmt tz 559 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, daß der Ver mieter kein Pfandrecht an denjenigen Sachen des Mieters habe, die der Pfändung durch gesetzliche Vorschriften entzogen sind, also beispielsweise an den notwendigsten Kleidern, Betten und Gerät schaften. Allein juristischer Scharfsinn hatte die wohltätige Wirkung des tz 559 schnell vereitelt: das Reichsgericht erkannte für Recht, daß der Ver mieter das unbeschränkte Pfandrecht an dem Besitz des Mieters durch den Mietsvertrag erlangen könne, sobald in diesem eine entsprechende Klausel ausge nommen würde. Diese Rechtsprechung hat Staats sekretär Nieberding lebhaft beklagt, „weil die sozial politischen Absichten, die den einschlagenden Be stimmungen der Zivilprozeßordnung zugrunde liegen, durch sie sehr erheblich beeinträchtigt werden können", und er teilte mit, daß er alles versuchen werde, eine Beseitigung dieses Richterspruchs herbeizuführen. Wir meinen, daß der soziale Zweck auch dann noch in Frage gestellt ist, wenn Herr Nieberding zurzeit seine Absicht erreichte, denn in Zukunft kann ein anderer Zivilsenat des Reichsgerichts den beanstandeten Rechtsgrundsatz wieder aufstellen. Viel sicherer wird daher das erstrebte Ziel erreicht, wenn man dem 8 559 einen Zusatz gibt, wie ihn für ähnliche Zwangslagen das neue Handelsgesetz buch bereits erhalten hat und der einfach lautet: „Vereinbarungen, welche dieser Vorsicht zuwider laufen, sind nichtig." * Falken. Auch in diesem Jahre ist in unserem Ort die Bautätigkeit wieder eine rege zu nennen; es ist dies mit Freuden zu begrüßen, da es hier sehr an Wohnungen fehlt. * Niederlungwitz, 7. März. Ein bedauer licher Unglücksfall ereignete sich gestern hier, indem der Hausbesitzer E. durch Fehltritt in die Scheune herabstürzte und erhebliche Verletzungen davon trug, sodaß sich seine Ueberführung mittels Kranken transportwagens in das Glauchauer Krankenhaus nötig machte. * St. Egidien, 7. März. Vergangene Nacht 2 Uhr brannte hier die dem Gutsbesitzer Gränitz gehörige Scheune mit vielen Heu- und Getreide vorräten vollständig nieder. Nur der Windstille ist es zu verdanken, daß nicht das ganze Gehöfte ein Raub der Flammen wurde. Es wird Brand stiftung vermutet. * Dresden, 8. März. Kronprinz Friedrich August von Sachsen hat aus naheliegenden Gründen die Oberhofmeisterin der früheren Kronprinzessin, sowie den Hofmarschall von Tümpling entlassen. Die Erziehung der kronprinzlichen Kinder über nimmt die Oberhofmeisterin der Königin-Witwe Karola, Frau v. Pflugk. Sobald es die Gesund heit des Prinzen Friedrich Christian, der sich von seiner schweren Erkrankung am Typhus nur lang sam erholt, gestattet, wird der Kronprinz mit seinen 5 Kindern zum Sommeraufenthalt nach der Villa Wachwitz bei Dresden übersiedeln. König Georg beabsichtigt demnächst dem Kaiser Franz Jose einen Besuch abzustatten. Der Empfang des König! in Wien soll besonders herzlich und glänzend ge staltet werden, um darzutun, daß die trüben Vor gänge keine Schatten auf die innigen Beziehungen der Heiden Fürstenhäuser geworfen haben. — Die Königin-Witwe hat dem Dresdener Miliiärverein königlich sächsischer Husaren zum bleibenden An denken an den König Albert einen silbernen Pokal mit Widmung übersandt, da dieser Verein der einzige ist, dessen Stammregimenter als bleibende Chefs den König Albert und die Königin Karola haben. * Dresden, 8. März. Die Genesung des am Typhus erkrankt gewesenen Prinzen Friedrich Christian ist soweit vorgeschritten, daß er sich kräftig genug fühlte, mehrere Stunden des Tages außer Bett zuzubringen. Der seit einigen Wochen aus dem Taschenbergpalais verschwundene Diener soll, wie verlautet, in München erschossen aufge sunden worden sein. * Dresden, 9. März. Das Leiden des Königs besteht in einer beginnenden Erweiterung der Herz gefäße. Die Abreise nach dem Süden soll bereits in dieser Woche oder am Anfang der nächsten er folgen. * Dresden, 7. März. Dar „Dresdner Journ." meldet: In der Morgenausgabe der „Köln. Volks- Zeitung" vom 2. März findet sich ein Artikel über die Festung Königstein, in, dem ausgesprochen wird, daß die Festung aushöre, ein militärischer Platz zu sein. Da» Kriegsministerium erklärt hierzu, daß ein Ausgeben der Festung Königstein al» militärische Platz nicmal» in Frage gekommen ist und daß sik hiernach die bisher geltenden Bestimmungen übe den Eintritt in die Festung nicht ändern werden. * Dresden, 7, März. Der Evangelische Bund hielt in geschloffenem Kreise seine stark besuchte Generalversammlung. Die Neuwahl^de« Vorstande« gestaltete sich zu einer lebhaften Kundgebung für seine Vorsitzenden Pfarrer Segnitz und Pfarrer Lanckmeister, sowie seine Beisitzer. Ihre einstimmige Wiederwahl wurde mit demonstrativem Beifall be grüßt. Nachdem der Verein»vorsitzende, veranlaßt durch verschiedene von der Erregung weiter Volk«- kreise zeugende Zuschriften, die Stellung de» Bunde« zu den betrübenden Hosereigniffen der letzten Zei in die Sätze zusammengesaßt: Wir bedauern tie I da« durch die frühere Frau Kronprinzessin gegebene Aergerni«, erbitten aber zur Beruhigung der tief- erregten Volk«seele möglichst offene Darstellung der zumal den Buben Giron betreffenden Vorgeschichte — und, nachdem er auch für die Zukunst die Lo- ung de« Bunde« mit den Worten „Ehrlich könig«- reu', aber „antiultramontan allewege" bezeichnet, wurde au« der Mitte der Versammlung folgender Antrag gestellt und einstimmig angenommen: „Die Generalversammlung wolle den Vorstand beauftragen, in der ihm geeignet erscheinenden Form, fall« nicht rüher die ,»gesicherte amtliche Aufklärung über »en Ehescheidungsprozeß der kronprinzlichen Paare« erfolgt ist, eine Eingabe an die Stündeversammlung zu richten, worin diese gebeten wird, die Staat«- regterung um jene amtliche Aufklärung zu ersuchen.' * Leipzig, 7. März. Gestern abend kur, nach 11 Uhr hörte ein Herr, der in L.-Schleuhtg wohnt und sich auf dem Nachhauseweg befand, Hilferufe von der Richtung de« Germaniabade» her. In ter Nähe der Badeanstalt kam ihm ein junger Mann vollständig durchnäßt entgegen und teilte ihm mit, daß seine Geliebte soeben in da« Wasser ge- prungen und ertrunken sei. Seine Versuche, sie m retten, seien erfolglos gewesen. Die Ertrunkene ist die unverheiratete Saburalsky au« Belger«hain. Der Leichnam ist noch nicht gefunden. E« scheint Selbstmord vorzuliegen. Zwickau. In dem EensationSprozesse Zwieger erkannten die Geschworenen noch achttägiger Ver handlung gestern abend gegen Zwieger auf schuldig de» Betrugs und gegen Clou« auf schuldig der Beihilfe dazu. Zwieger wurde zu einem Jahr, Claus zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. * Glauchau, 7. März. Aufsehen erregte am Freitag nachmittag in der Oberstadt eine Frauens person, welche einer während des Jahrmarktes hier weilenden Musikkapelle nachlief und beim musizieren tanzte und herumhüpfte. Da man es anscheinend mit einer nicht zurechnungsfähigen Person zu tun halte, wurde dieselbe vorläufig in polizeiliches Gewahrsam genommen. Wie die Er örterungen ergeben haben, ist die Kranke aus Pölbitz bei Zwickau gebürtig und am Freitag mit tag ihren Angehörigen entlaufen, von welchen sie heute hier abgeholt wurde. * Crimmitschau, 6. März. In einem Keller raum des „Cafö Germania" am Markt schoß sich am heutigen vormittag der daselbst seit etwa 2 Monaten beschäftigte 18'/,jährige Konditor Carlowitz ans Lauter drei Kugeln durch den Kopf; er ist seinen Verletzungen bald erlegen. * Plauen, 7. März. Noch immer vermißt wird der seit dem 23. September 1897 von hier verschollene Oskar Zenker. Der damals 23 Jahre alte, sehr sparsame und ordentliche junge Mann hatte seinen Landsturmschein und etwa 40 Mark Geld mitgenommen. Mehrere hundert Mark er spartes Geld hat er noch aus der Sparkasse. In der langen Zeit von 5'/, Jahren haben die um ihn besorgten Angehörigen nicht ein einziges Lebens zeichen von ihm erhallen. * NuerSwalde, 8. März. Am Sonnabend abend in der 10. Stunde brannte das den» Guts besitzer und Viehhändler Rich. Franke hier gehörige Wohn- und Stallgebäude bis aus die Umfassungs mauern »»jeder. Das Mobiliar konnte gerettet werden. * Flöha, 7. März. Die Freiwillige Feuer wehr Flöha mit Gückelsberg beschloß, ihrem ver storbene»» Brandmeister August Muster zur Ehre eine „August Muster-Sliftung" zu gründen. Aus derselben sollen unverschuldet in Not geratene oder im Dienste verunglückte aktive Mitglieder der Wehr unterstützt werden. Eine Summe von 100 M., welche der Korporation durch die Hinterlassenen laut eines Wunsches des Verstorbenen überreicht wurde, bildet den Grundstock. * Raschau, 7. März. Ein grauenerregender Fall ereignete sich gestern mittag im benachbarten Mittweida-Markersbach bei der Beerdigung des ehemaligen Gemeindedieners Held. Bei dem Trans port der Leiche glitten die Träger aus und der Sarg stürzte herab, wobei der Deckel abfiel, und die Leiche vor den Augen der Leidtragenden nnd zu deren größtem Entsetzen einige Meter dahin- rollle. Die Leiche wurde darauf in die Leichenhalle getragen und von neuen» eingesargt. Erst dann tonnte die Beerdigung ohne weiteren Zwischenfall vor sich gehen. * Klingenthal, 7. März. Ein weit klaffender Erdriß hat sich am Freitag nachmittag auf dem Hausberge bei Graslitz gebildet. Es ist dies jeden falls eine Folgeerscheinung der in den letzten Tagen an der sächsisch-böhmischen Grenze bis weit ins Vogtland hinein verspürte»» Erderschütterungen. * Adorf, 7. März. Freigelaffen wurde gestern der unter dem Verdachte de« Muttermorde« im Januar verhaftete Gelegenheit«arbeiter Joh. Fritsch aut Schönberg bei Brambach. Fritsch leugnete be harrlich und Belastungtzeugen waren bei der Tat nicht zugegen. Döbeln, 7. März. Ein gemeiner Racheakt hat dem in Ostrau in Arbeit stehenden Tischler Thiele eine neunmonatige Gefängnisstrafe eingetragen. Thiele war vor Weihnachten vom Ostrauer Gen darm Zenker wegen eines Vergehens zur Anzeige gebracht worden. Als er nun vor einigen Wochen erfuhr, daß die Frau deS Gendarmen im Wochen bett lag, warf er nacht« einen Knochen in daS Krankenzimmer durch daS geschlossene Fenster, wo durch die kranke Frau aufs höchste erschreckt und an der Gesundheit gefährdet wurde. DaS hiesige Schöffengericht verurteilte den Burschen, der zuge stand, daß er von der Krankheit der Frau wußte, zu der zwar strengen, aber doch verdienten Strafe von 9 Monaten Gefängnis. * Borna, 6. März. In dem Ellmerschen Grundstück in der Teichgasse ist da» drei Jahre alte Söhnchen de« Steinsetzer« Baumgärtner in die Jauchengrube gestürzt und darin ertrunken. Die sofort angestellten Wiederbelebung«versuche blieben leider ersolglo». * Oschatz, 6. März. Da« Leichenbegängni« de« Leipziger Arzte« Di. Emil Apelt sand heute vormittag 11'/, Uhr auf dem hiesigen Friedhöfe unter zahlreicher Beteiligung statt; auch einige Stande.genoffen de« Verstorbenen gaben ihm da« letzte Geleit. Die Trauerrede hielt Superintendent Colditz, der in schlichten aber herzlichen Worten »er Verdienste de« so jäh au« dem Leben gerissenen ungen Arzte« um seine Wissenschaft gedachte und >en Trost der Kirche spendete. — Ueber den entsetz- ichen Vorfall, der den Tod vr. Apelt« herbet- ührte, ist in Ergänzung der bisherigen Angaben noch zu berichten, daß der Verunglückte bei dem Versuche, in den Bahnwagen zu gelangen, jeden- all« infolge seiner Kurzsichtigkeit zwischen die Trittbretter zweier Wagen, oder in der Eile auf einen über den Arm getragenen, lang herabhängen- >en Ueberrock getreten ist, ferner daß sein Tod sehr kurze Zeit nach dem Unglück erfolgt ist, da er auch schwere Verletzungen am Unterleibe und am Kopfe erlitten hatte, und daß endlich die auch schon in auswärtige Blätter übergegangene Mitteilung einer hiesigen Zeitung, ein Schaffner sei ihm beim Aufsieigen auf den schon in Bewegung befindlichen Zug behilflich gewesen, den bisherigen Ergebnissen der Untersuchung nach nicht zutresfen dürste. * Zwenkau, 7. März. Im Leipziger Kranken- Hause zu St. Jakob verstarb der 64 Jahre alte ehemalige Spinnmeister Xaver Gras. Der alte Mann, welcher sich hier bei seinem Sohne, dem In haber de» Gasthof» zum goldenen Adler, aufhielt, wurde, wie wir bereit» mitteilten, am Montag von einem, dem Trünke ergebenen Arbeiter, der mit einem Tefchin in unvorsichtiger Weise hantierte, in die Bauchgegend geschossen. Der Täter war flüchtig geworden, wurde aber alsbald ergriffen und festge- nommen. * Zittau, 6. März. Die Vermutung, daß der am vorigen Sonntag in Warnsdorf wegen Betteln« verhaftete 27jährige Vinzenz Lenart da« Verbrechen verübt haben könnte, dem die Hedwig Nierig und die Elsbeth Thiele zum Opfer gefallen find, hat sich al« hinfällig erwiesen. Die sächsische Personen tarifreform gescheitert. Dresden, 6. März. Allgemein überrascht ein Artikel der eisenbahn-osfiziösln „Dresdner Nach richten", nach welchem die sächsische Personentaris- reform ad octa gelegt zu sein scheint. DaS in engster Fühlung mit der Generaldirektion der sächsischen StaatSbahnen stehende Blatt, welche» bisher nicht müde wurde, daS Lob der „Reform" zu singen, schreibt heute sehr kleinlaut: „Daß der Plan einer Reform de» Personen- tarisS der sächsischen StaatScisenbahnen demnächst Wirklichkeit wird, erscheint so gut wie ausgeschlossen. In der Denkschrift zu dem Reformprogramm war zwar gesagt worden, daß die Reform so bald als möglich, auch ohne den Beitritt anderer Eisenbahnverwaltungen abzu warten, durchgeführt werden solle, aber die Vor aussetzungen, die dort für die Selbständigkeit de» Vorgehen» der sächsischen StaatSeisenbahn ange» führt wurden, können heute in keiner Beziehung mehr al» zutreffend angesehen werden." AlS HauptvorauSsetzung für ein gesonderte» Vor gehen Sachsen» bezeichnen die „Dr. N." auf Grund der Denkschrift die Annahme, daß auf eine über» einstimmende Reform für ganz Deutschland nicht zu rechnen sei, daß aber der Borantritt Sachsen» bahnbrechend wirken werde. Letztere» habe sich nicht erfüllt, da von Preußen, also von der maßgebendsten Seite, der sächsische Reformplan abgelehnt worden sei. Andererseits habe der preußische Eisenbohn- minister Budde sich im Landtag und Reichstag für ganze Arbeit, für eine Einheitlichgestaltung de» ge samten deutschen Eisenbahnnetzes, sowie dafür ausge sprochen, daß Preußen zu dem Ende mit den übrigen Bundesstaaten in Verhandlungen treten müsse. — Diese Erklärungen de» zweifellos gut unterrichteten sächsischen Blatte- werden überall mit aufrichtiger Freude begrüßt werden. Die Sächsische Erdbeben- Kommiffion unter Leitung des Direktors der Geotogischen Landesuntersuchung, Geheimen Bergrat Prof. Dr. Credner zu Leipzig, bittet mit Rücksicht auf das am Donnerstag auch in unserer Stadt wahrge nommene Erdbeben, unsere Leser, sowie jedermann un» freundliche Beantwortung der folgenden Fragen: I An welchem Orte ist das Erdbeben beobachtet worden? (Im Freien? In Gebäuden?) 2. Ist dasselbe allgemein oder nur von Einzelnen verspürt worden? Von Personen im Zustande der Ruhe oder auch von solchen in Bewegung und Tätigkeit? 3. An welchem Tage und um wieviel Uhr? (Mög lichst genaue Zeitangabe!) 4. Wurden mehrere und in diesem Falle »vieviele Erschütterungen verspürt? Welche Zeitzwischen räume lagen zwischen denselben? 5. Welcher Art war die Bewegung? (stoßförmig, wellenförmig, schwankend, schaukelnd oder nur zitternd?) Schwach, heftig, beängstigend? 6. In welcher Richtung machte sich die Beweg ung bemerklich? 7. Wie lange dauerte die Erschütterung? wie lange das etwa nachfolgende Erzittern? 8. Wurde ein unterirdisches, die Erschütterung begleitendes Geräusch wahrgenommen, und welcher Art war dasselbe? (Donnern, Klirren, Rasseln, Kullern oder dergleichen?) 9. Ging dieses Geräusch der Erschütterung voran oder folgte es ihr, oder waren beide gleichzeitig? 10. Hat das Erdbeben Spuren an Gebäuden, ai» Wänden oder Decken hinterlassen? Gerieten Möbel, Betten und Oefen in Bewegung? Sind etwa leichte Gegenstände umgefallen oder verschoben worden? In welcher Richtung? Sind Pendeluhren stehen geblieben? Sind an den Wänden oder Decken hängende Gegenstände in schwingende Bewegung geraten ? Schlugen Glocken an?