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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 04.03.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190303045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030304
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030304
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-03
- Tag 1903-03-04
-
Monat
1903-03
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 04.03.1903
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Weise belastete, daß derselbe ihm gegenüber einmal zugestanden habe, daß er den früheren Lieferungen an Blumer anderen Leim als Königsberger beige- nnscht habe. Ferner muß der Zeuge über die Qualität und Sorten verschiedenen Leimes, sowie über einen Prozeß der zwischen ihm und dem Sohn Zwiegers geschwebt hat, Auskunft geben, wobei von der Verteidigung wiederholt die Glaub würdigkeit des Zeugen in Frage gestellt wurde. * Glauchau. Aus dem Nachlasse der ver storbenen Frau Bürgermeister Martin ist nach Er ledigung aller Nachlaßverbindlichkeiten, Auszahlung aller Vermächtnisse re. die Summe von 61842 Mk. verblieben, die an den Stadtrat zur Martini- Stiftung abgeliefert worden sind, so daß diese nun mehr ein Stiftungskapital im Nennwerte von 76 842 Mk. hat. * Ebersbach. Am Sonnabend nachmittag in der 6. Stunde wurden in der Ulbrichschen Ziegelei in Georgswalde durch eine niedergehende Lehm wand 2 Arbeiter verschüttet. Obgleich zur Rettung der Verunglückten sofort die nötigen Schritte einge leitet wurden, konnte der 21 Jahre alte Arbeiter Stählig nur al» Leiche hervorgezogen werden, während der Arbeiter Neumann noch lebend auf gefunden wurde, aber so schwere Verletzungen er- litten hat, daß man an seinem Auskommen zweifelt. * Plauen i. V, 2. März. Eine öffentliche vogtländische Protestkundgebung gegen die Wieder zulassung der Jesuiten wird hier am 13. März veranstaltet werden. — Ein heftiger Sturm mit Blitz- und Donnerschlägen und Granpelwetter wütete hier und in anderen vogtländischcn Orten. Das Unwetter richtete teilweise recht erheblichen Schaden an. In Oberkotzau wurde das Zinkdach des Löb- lichschen Wirtschaftsgebäudes mitsamt den Schorn steinen abgerissen. — Zwischen Plauenschen und italienischen Arbeitern kam es hier in vergangener Nacht zu einem Kampf. Ein Italiener gab einen Revolverschuß auf einen hiesigen Arbeiter ab und verletzte ihn an der Stirn. Der Italiener wurde festgenommen. * Reicheubach. Als ein frecher Dieb entpuppte sich ein von unserer Polzei am Freilag abend ver hafteter Mensch. Seine Verhaftung erfolgte gerade, als er einen Sack mit wollenen Stosfabfällen, die einen Wert von 05 Mark hatten, bei einem Roh produktenhändler hier verkaufe» wollte. Aber auch die Wvllstoffabfälle waren gestohlen, denn der saubere Patron hatte mehrere Säcke solcher erst in den letzten Tagen, und zwar bei dem erstgenannten Händler gestohlen, dem er sie jetzt, in andere Säcke gepackt, zum Kauf anbieten wollte, so daß der Händler seine eigene Ware noch einmal bezahlen sollte. Glücklicherweisekammanhinterden Schwindel, und der Festgenvmmene, ein gewisser Popp aus Mylau, der schon mit 4 Jahren Zuchthaus vorbe strast ist, hat nun eine neue gehörige Strafe zu gewärtigen. * Stützengrün, l. März. Gestern abend wurde der Gasthof zum weißen Hirsch völlig einge äschert. Das Feuer kam in der angebauten Scheune au» und verbreitete sich so rasend schnell, durch den starken Wind begünstigt, über die übrigen Ge bäude, daß der Besitzer außer dem Vieh nur au» den Parterreräumen einige» Mobiliar retten konnte. Die anwesenden Feuerwehren hatten die größte Mühe, die teilweise schon mit in Brand geratenen Gebäude der Nachbarbesitzer zu retten. * Ehrenfriedersdorf, 2. März. Am Sonn tag nachmittag versuchte sich der aus Schlesien ge bürtige Arbeiter Hake die Kehle zu durchschneiden; da ihm diese« nicht gelang, begab er sich auf den Sauberg und erhing sich an einem Baume. — Heule früh gegen '/,3 Uhr erlönten Feuerglocken. Da» an der Grelsensteinstraße gelegene, früher Fritzsche, jetzt der Sladtgemeinde gehörende An wesen, bestehend aur zwei bewohnten Häusern wurde total von den Flammen vernichtet. Von dem Mobiliar konnte nur wenig gerettet werden. Füns Familien sind obdachlos geworden. * Olbernhau, 2. März. Ans dem am hiesigen Bahnhöfe liegenden Uebergange wurde heute durch den gegen I Uhr von Pockau-Lengefeld kommenden Personenzng der vor kurzem ans einer Arbeitsam slalt entlassene Handarbeiter Emil Bach töliich überfahren. Es liegt vermutlich Selbstmord vor. ' Laufigk, 2. März. Der 4jährige Sohn des Eisenbahnarbeiters Schülemann in Otterwisch er trank im Teiche an dortiger Kirche. Wie der Kleine, welcher mit seinen 5- und ujährigen Brüdern bis zum Teiche zusammengeblieben war, ums Leben gekommen ist, konnte nicht ermittelt werden. * Zwenkau, 2. März. Gestern schoß in der hiesigen Herberge, welche sich in einem Hintergebäude deS Gasthofe» „Zum goldenen Adler" befindet, ein in Zeschwitz wohnender und dem Trünke ergebener Zimmermann Lehmann den greisen Vater des Gast wirt» Graf mit einem Teschin in den Unlerleib. An dem Auskommen des Greises wird gezweifelt. Der Täter wurde auf der Flucht ergriffen und dem Amtsgerichte übergeben. * Waltersdorf, lieber das Vermögen des seit dem 10. Februar spurlos verschwundenen Pastors Johannes Agsten ist vom Amtsgericht Großschönau das Konkursverfahren eröffnet morden. Zittau. Eine unheimliche Beobachtung wol len, wie die „Z. N." melden, am Freilag abend '/.7 Uhr zwei hier beschäftigte Arbeiterinnen aus Ullersdorf gemacht haben. Mitten auf dem bei der sogenannten Reißigmühle über die Neisse führenden Steg sahen sie, wie ein dnnkelgekleidcter Mann unterhalb dieses Steges den Fluß vom Porilschcr nach dem Zittauer Ufer und dann wieder zurück nach dem Poritscher Ufer zu durchschwamm. Hier hielt er sich an einein Busche bczw. an einer Rute fest. Vor den Augen der erschreckenden Frauen ging der Mann unter, ehe diese ihm Hilfe bringen konnten. Die polizeilichen Erörterungen über den Fall sind im Gange. * Zittau, 2. März. Zu dem Mord au der Neisse ist weiter mitzuteilen, daß nach unermüd lichem Suchen nach dem Leichnam der durch Mörders hand nmgebrachten Jungfrau Anna Hedwig Nierich aus Kleinschönau endlich am Sonntag vormittag es gelungen ist, denselben zu bergen. Das unglück liche 16jährige Opfer wurde von seinem Vater auf- gesunden, und zwar ebenfalls noch auf Zittauer- Flur, nicht weit vom Tatorte entfernt. Die beiden Opfer sind nun gesunden, doch vom Täter fehlt noch jede Spur. * Weipert, 1März. Infolge heftigen Sturmes sind am Sonnabend abend von der böhmischen Seite des Weiperter Bahnhofes zwei leere Wagen in der Richtung nach Bärenstein entlaufen. In der Nähe dieser Station ist der letzte von Anna berg kommende Personenzug auf dieselben aufge fahren und wurden dadurch die Wagen und die Maschine beschädigt. Reisende und Personen sind glücklicherweise nicht verletzt worden, auch der Be trieb erlitt keine Störung. Schöffengerichtssitzmlg vom 3. März 1903. Strafsache Gabbe und Genosse. Wegen Haus friedensbruch, gefährlicher, sowie gemeinschaftlicher Körperverletzung und Nahrungsmittelentwendung hatte sich am heutigen Vormittag der am 29. De zember 1877 in Berlin geborene, wegen schweren und einfachen Diebstahls, Sachbeschädigung, Bettelns, Beleidigung w. verschiedene Male vorbestrafte Klemp ner, jetzige Bergarbeiter Albert Karl Fritz Gabbe und wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung der am 31. August 1883 in Oberhermsdorf geborene, wegen groben Unfugs mit 3 Tagen Gefängnis vor bestrafte Bergarbeiter Louis Max Oltzschner vorm hiesigen Schöffengericht zu verantworten. Gabbe wurde zur Last gelegt, am vergangenen Silvester abend dem hier wohnhaften Weber N. vor dessen Wohnung bez. in der Hausflur (die Schuldfrage des Hausfriedensbruches konnte trotz eingehender Zeugenvernehmung nicht festgestellt werden, da, wie die Zeugen übereinstimmend erklären, die in Frage stehenden Vorgänge sich ziemlich rasch zu- getragen) mit einem nicht näher zu bestimmenden, jedenfalls aber als gefährliches Werkzeug anzu sehenden Gegenstand einen Schlag ins Gesicht ver setzt zu haben und dann im weiteren Verlaufe des Streites in Gemeinschaft mit dem angeklagteu Oltzschner den z. Zt. in städtischen Diensten stehen den Zeugen G. mit Schlägen mißhandelt zu haben. Der angeklagte Gabbe bestreitet ganz energisch den Gebrauch eines gefährlichen Gegenstandes im ersten Falle, wie auch beide Angeklagte in bezug aus die gemeinschaftliche Körperverletzung ihre Handlungs weise — im Widerspruch zu den Zeugen - in möglichst milderer Form wicderzugeben suchten. 9!ach längerer Beratung erfolgte die Verkündung des Urteils, welches dahin lautete: Gabbe wird t. wegen gefährlicher und 2. wegen gemeinschaft licher Körperverletzung zu einer Gesamtstrafe von 2 Monaten und 1 Woche Gefängnis, der mitan geklagte Oltzschner wegen gemeinschaftlicher Körper verletzung zu l Woche Gefängnis, sowie beide zur gemeinsamen Tragung der Kosten verurteilt. — Ferner erschien Gabbe hinreichend verdächtig, am Abend des 11. Jannar aus der nur von der Gast stube aus zugänglichen Hausflur des Gastwirts R. .hier zwei in einem Schranke befindliche Flaschen Schnaps im Werte von zusammen ca. 1,60 M. entwendet zu haben. Der Gerichtshof mußte jedoch in I diesem Falle auf Freisprechung und Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse erkennen, da es doch nicht von der Hand zu weisen sei, daß der Dieb stahl schließlich von einer anderen Person ausgeführt sein konnte. Kleine Chronik. * Berlin, 3. März. In der Nähe de» Nollen- dorsplatze« wurde gestern ein älterer, anscheinend den besseren Ständen «»gehörender Herr von einem Wagen der elektrischen Straßenbahn überfahren und getötet. Die Schutzvorrichtung hat sich in diesem Fall leider nicht bewährt. * Hamburg. Der hier angekommene englische Dampfer „Clavering" rettete am 28. v. M. ans hoher See einen in einen, Boote befindlichen Mann. Der Gerettete war 24 Stunden im Boole herum- getrieben und sagte au«, daß er der Zimmermann de« von Liverpool abgegangenen englischen Schiffe« „Cambrian Prince," da« am Tage vorher gekentert, sei. Die übrige Mannschaft sei wahrscheinlich er trunken. * Malchow (Mecklenburg), 3. März. Die Tuchfabrik der Werk«genoffenschast brannte nieder. Ein Tuchmacher kam in den Flammen um, drei Personen erlitten schwere Brandwunden. * Drachenberg (Schlesien.) Hier brach m der Nacht Feuer in de», Gemeindchau« Korsenz aur, wodurch diese« und da« Nachbargebäude zerstört wurden. Vier Frauen sind in den Flammen um. gekommen. * Waldenburg, 3. März. In der Post- agentur zu Dittmann«dors wurde ein Einbruch ver übt. Der Dieb wurde, da er gerade einen Kassen schrank erbrochen hatte, von dem Postagenlen Amts vorsteher Wagner gestört. Er entstand ein erbitterter Kampf, wobei der Amtrvorsteher von dem mit einem langen Messer bewaffneten Einbrecher schwere Stich wunden an Stirn und Hinlerkops erhielt. Auch die herbeteilende Frau Wagner wurde am Halse verwundet. Dem Einbrecher gelang et, unerkannt zu entfliehen. * Konitz, 28. Febr. Verhaftet wurde hier der Postsekretär Karl Wodtke unter dem Verdacht der Unterschlagung amtlicher Gelder. Eine gestern durch einen Postrat aus Bromberg vorgcnommene Revision führte zu der Verhaftung des Beamten. Es soll sich, nach der „Ostd. Rdschau", um eine Unter schlagung von 3000 M. handeln. * Effcn (Ruhr), 2. März. Aus dem Bahn hose Hattingen kamen vier beladene Wagen ins Rollen und sausten eine abschüssige Strecke hinab in einen Steinbruch. Eine Italienerin, die den Bahnübergang passierte, wurde zermalmt. * Aachen, 27. Febr. In dem benachbarten Stolberg wurde heute vormittag aus einem Kalk ofen ein Mamr aufgesunden, der bis zur Unkennt lichkeit verbrannt war, nur das Gesicht ist teilweise erhalten geblieben. Der Verunglückte hatte jeden- falls auf dem Kalkofen Schutz gesucht, wurde aber durch die ausströmenden Gase betäubt und fand so seinen Tod. * Trier, 3. März. Der heftige Sturm hat viele Häuser etngerissen. Die Holzschuppen in der Puloer-Niederlage wurden zerstört. Ein auf Posten stehender Soldat wurde nicht unerheblich verletzt. * Heiligenstadt, 2. März. Ueber unsere Gegend entlud sich ein schwere« Gewitter mit Hagelfall. In Hardegsen schlug der Blitz ein und zündete. Füns Wohnhäuser fielen dem Feuer zum Opfer. * Falkenberg, 1. März. Ein auf Grube Luise in Domsdorf beschäftigter 49jährtger Arbeiter geriet auf dem Kohlenboden der Briketlfabrik in lose Klar kohle und erstickte darin. — Der 60jährige Gast wirt E. in Schönfeld kam bei Gelegenheit einer Geburtstagsfeier mit seinem 26jährigen Sohn in Streit. Nachdem er ihn vergeblich aufgefordert hatte, die Stube zu verlaffen, schlug er mit einer Planke nach ihm und traf ihn so unglücklich aus den Kopf, daß der junge Mann nach etwa 10 Minuten starb. * München. Der 31jährige Chemiker Angelo Nascher wollte Brausepulver nehmen, erwischte statt dessen Cyankalt und ist natürlich an der Vergiftung gestorben. HandelS-Nachrichten. »vrlln, 2. März. (Wechsel-Lours.) Vwvont Amsterdam „ 8 1 per 100 st. d. 2M Brüstet und Antwerpen » 8 T pr. 100 Francs. 3M Italienische Plätze . 10 T pr. INO Lire 2M Schweiz. Pl. 100 Frc. 4 101 London 8 1 pr. 1 Lstrl. 4 3M Madrid und Barcelona - 141 pr. 100 Peseta» 2M Pari« 81 pr 100 Franc 3M Petersburg ,,,81 pr. 100 Rubel "3M Warschau 100 Rubel 5'/, 8 1 Wien .,,, 8 1 per 100 Kr. ö W. ""3M Mark 168,05 G 167,60 G 81,35 G 80,70 » 81,35 G 81,35 G 20,43 G 20,31 G 81,50 G 80,80 G 85,35 G 84,60 G RcichSbank 3'/,"/«. Lomb.-Z.-F 4-/>"/». Der Fremde. Roman von Robert Kohlrausch. »I. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Ich habe Sie gesehen. Das also war mein Traum." „Kein Traum, eine schreckliche Wirklichkeit. Als ich so herein stürmte in meiner entstellenden Tracht, fuhr sie erschreckt in die Höhe, — auch sie hat mich nicht gleich erkannt. Dann riß ich meinen falschen Bart herunter, suchte sie zu beruhigen — ich, in meiner wahnsinnigen Erregung, — und sagte ihr alle». Alles, was ich verschuldet hatte, auch daS Letzte. Und sie — dafür will ich sie segnen in meiner Todesstunde — hat mich nicht verdammt. Sie hat mir gesagt, daß sie mich noch immer liebe, so wie ich sei, schuldbeladen und ruhelos für mein zukünftiger Leben, daß sie mir folgen würde, wo hin ich sie führte, wenn sie allen und nicht Mutter sei. Ihrem Kinde aber könne sie keinen Mörder zum Vater geben. Darum müßten wir scheiden in dieser Stunde für immer; mein Bilk wolle sie be wahren in ihren Herzen, meinen Ring wolle sie tragen zum Gedächtnis, aber Wiedersehen dürfe sie mich nicht in diesem Leben. Und wir sind geschieden. Wir hatten verabredet, ich solle noch in derselben Nacht entfliehen; ein einzigesmal durfte ich sie noch küssen, dann war eS vorüber. Von ihr ging ich zu Jaritz, um alles zu ordnen, ich gab ihm Geld zur Erziehung der Kindes und besprach mit ihm, wohin ich ihm die späteren Summen schicken sollte, auch den Ring zog ich ab, weil mich die Furcht überfiel, ich könnte Ihrer Mutter schaden, wenn ich ihn weiter trüge. Dann in der Nacht, als ich schon reisefertig mar, kam mir der Gedanke, daß es unklug sei, zu fliehen und so den Verdacht aus mich zu lenken. Ich blieb, und die ganze Stadt suchte vergeblich nach dem Täter, auch ich selbst gab mir den Anschein, als nähme ich teil an diesen Nachforschungen, ich selbst erzählte, daß ich die Er mordete früher gekannt habe, um der Polizei zuvor zukommen. Ich ward vernommen, aber keine Spur von Mißtrauen ward gegen mich laut; einen Mann mit einem schwarzen Bart hatte man in der Woh nung ein und aus gehen sehen, ihn suchte man einzig und allein. Es war vergeblich, der Mann erschien nicht wieder. So blieb ich, blieb noch ein paar Wochen in der Nähe Ihrer Muller, in derselben Stadt, ohne sie noch ein einziges armeS Mal zu sehen und zu sprechen." Boysen bewegte die Lippen, aber die Worte bliebe» unverständlich, die er murmelte. „WaS sagen Sie?" „Ich dachte an ein Blatt von meiner Mutter Hand." Mr. Sealsfield fragte nicht weiter, er fuhr ohne Unterbrechung fort, zu erzählen. „Dann ertrug ich dies doppelte Spiel nicht länger, ich »ahm mein Kind — meine Eva — mit mir und ging überS Meer, nach Asien, Afrika, Amerika. Ich habe ge arbeitet, mehr als Menschenkrast erträgt, ich bin ein reicher Mann geworden, und die ersten Jahre, nachdem ich fremden Boden unter den Füßen hatte, war ich auch gesund an Leib und Seele. Aber dann kam cs mit dem Herannahen deS Alters, mit der Erschlaffung der Nerven, denen ich zuviel zugemutet hatte. Es war nicht daS sogenannte Ge wissen, das in mir erwachte. Glauben Sie da» nicht. Ich bereue meine Tat nicht; dem Weibe ist nicht» anderes geschehen, als was es verdiente, und wenn ich selbst als Geschworener über mich zu Gericht zu sitze» hätte, ich würde mich srcisprechen au- voller Ueberzeugung." „ES gibt wohl keinen Verbrecher, der daS nicht täte." „Ich aber will meine Tat auch vor einem I anderen Richterstuhle vertreten, wenn e» einen gibt, vor den wir alle noch einmal gefordert werden. Nein, mein Gewissen ist rein. Aber," seine Stinvne wurde wieder matter, ein Ton der neuerwachten Angst klang hinein, „jolche Taten müßen nur Leute tun, die keine Nerven und keine Phantasie haben. Ich habe beide, und sie haben mich ruiniert. Zu erst nur die leise Frage: Wie könnte eS geschehen, daß es doch noch herauskäme? — dann die Furcht, daß e» wirklich geschehen sei, dann die eingebildete Gewißheit, daß man Verdacht aus mich habe, und die beginnende Todesangst vor der Verfolgung. Diese Angst, die mich umgetrieben hat von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land! Nennen Sie eS BerfolgungSwahnsinn, — er mag eS gewesen sein, denn ich bin nicht feige von Natur, eine Krankheit, die mit meiner Tat an sich nicht» zu schaffen hatte, ich weiß nur, wie namenlose, un- sägliche Angst ich erduldet haben. Hundert Tode bin ich gestorben, anstatt deS einen, den die Menschen mir zusprechen würden. Wenn ein Mörder ange klagt wurde, ich war eS, der sich zu verteidigen hatte, und dem doch immer nur daS Wort ent gegenklang: Du bist verdammt! Wenn eine Hin richtung war, ich war eS, für den daS Beil ge schlissen wurde; ich irrte durch die Nacht, ich drückte die Stirn an die kalte GesängniSmauer, ich zählte die Minuten mit ihm um die Wette, der wirklich sterben mußte, wenn der Morgen kam! Ich hatte gehofft, hier in Deutschland solle eS besser mit mir werden, Auge in Auge mit der Gefahr, — man sagt ja, es treibe den Mörder zurück an den Oct seiner Tat. Aber eS ist nur schlimmer und schlimmer geworden. Sie haben die Lichter gesehen, die in dem einen Zimmer bei mir brannten Nacht für Nacht. Dort habe ich eine Erscheinung gehabt, eine gräßliche. Die Gestalt meiner Frau ist an einem Mondscheinabend herausgetreten au» ihrem Bilde und hat sich in Ihre Mutter verwandelt und hat zu mir gesprochen, ich kann er Ihnen nicht sagen, was, aber ich weiß, daß es etwa» unbe schreiblich Furchtbares war. O, wie ich gelitten habe seitdem! Wie ich verfolgt war auf Schritt und Tritt, wie Gestalten mir nachgingen auf der Straße, wie sie an mein Bett, kamen in der Nacht! Wie ich umlauert und von Spionen umgeben —" „Doch nur in Ihrer kranken Phantasie." (Fortsetzung folgt.) Neueste Nachrichten nnd Depeschen vom s. März. Berlin. Der „National-Zeitung" zufolge hat sich hier eine Gesellschaft zur Bekämpfung deS Kur pfuschertums gebildet. Dem Verein sind bereit» eine größere Anzahl von Aerzten und Laien au» den verschiedensten Ständen beigetreten. Zweck der neuen Gesellschaft ist die Aufklärung des Publikum» über daS schädliche Treiben der Kurpfuscher für da« Gemeinwohl in gesundheitlicher und wirtschaftlicher Beziehung. Berlin. Der Kaiser ist gestern abend 11'/« Uhr nach Wilhelmshaven abgereist. Wien. Gestern überreichte die Gattin deS Ab geordneten Hermann Wolf beim Landesgericht die Ehescheidungsklage. Bekannllich ist Wolf seiner zeit wegen der Affairc mit der Gattin seine-Partei genossen Seidel auö der Schönererschen Partei aus geschlossen worden. Agram. Trotz de» Verbotes des Rektor« fand gestern an der hiesigen Universität eine lärmende Kundgebung der Studenten gegen daS ungarische Renunciatum betreffend die Erneuerung des StaatS- auSgleicheS zwischen Ungarn und Kroatien statt. ES wurde ein Beschluß gefaßt, welcher die finanzielle und politische Selbständigkeit Kroatien» fordert. Zum Schluß kam es noch zu Schlägereien zwischen kroatischen und serbischen Studenten. Rom. Wie vom sächsischen Hof hier einge troffene Nachrichten besagen, wird der König von Sachsen Mitte März definitiv in Gardone Aufent halt nehmen. Mailand. Der deutsche Kronprinz und Prinz Eitel Friedrich sind gestern abend 9 Uhr hier ein getroffen und von dem deutschen Generalkonsul Freiherrn v Heiss, sowie einigen Mitgliedern der deutschen Kolonie empfangen worden. Heute erfolgte die Weiterfahrt nach Brindisi. Amsterdam. Die Staatseisenbahnen habe» mehrere Arbeiter entlasse». Die Post-Direktion er mahnte ihre Beamten, ihre Pflicht zu tun, da sie sonst verabschiedet werden würden. In Ensebede erklärten sich die Eisenbahn-Arbeiter für den Streit. Die hiesigen Zigarrenarbeiter werden nicht in den Streik treten, da sie sich nicht in die Politik mischen wollen. Standesamt Hohenstein-Ernstthal. Nachrichten über die Woche vom 22. Februar bis mit 28. Februar 1803. Geburten: Ein Sohn: dein Fnbrikschnhmacher Max Albert Albani; dem Gasanstaltsarbeiter Ang. Clemens Gäbler; dem Tischler Richard Emil Kreisel; dem Strumpfwirker Karl Hermann Clauß; dem Bergarbeiter Ernst Gustav Löbel. Eine Tvchler: dem Stricker Magnus Clemens Thate; dem Tischler Karl Louis Nase; dem Fabrikschlosser Karl Gerhard Georgi; dem Kaufmann nnd Kunstverlagsbesitzer Johannes Wilh. Ackermann; außerdem 2 unehel. Söhue und 1 unehel. Tochter. Aufgebote: Der Steinmetz Hermann Grüttner in Dresden mit der Aufwärterin Anna Marie gesch. Wagner geb. Eckardt in Dresden. Stcrbefälle: Die Webermciüersehefrau Christiane Henriette Held geb. Ludwig, 73 Jahre alt; Maric Martha Gertrud Zschocke, Tochter des Reichstclcgrapheuarbeiters Friedr. August Gotthilf Zschocke, 3 Monate alt; Marie Kni), Tochter des Poli;eiexpedienten Welli Oskar Kny, 6 Tage alt; der Schneidermeister Eduard Karl Tost, 76 Jahre alt; der Strumpffabrik-ml Karl Ludwig Frauke, 60 Jahre alt; Marie Johanna Roch, Tochter des Scheerers Joh. Paul Roch, 6 Jahre alt; die Bäckermeistersehesrau Auguste Bemmann geb. Schneider, 37 Jahre alt; Paul Walter Baßler, Sohn des Matergehilfen Paul Oskar Baßler, I Jahr alt; der priv Handelsmann Friedrich Wilhelm Haferkorn, 70 Jahre alt; Moritz Walter Löbel, Sohn des Berginvnliden Friedrich Otto Löbel, 5 Monate alt.
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