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HchnslcmMnWlcr Anzeiger Tageblatt für A-h-nM'l-GrnMal, Hünlungwih, Gersdorf, Lermsdorf, Aernsdorf, Wüstenbraud, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. E — Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche und Privat-Anzeigen. . Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstallen. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonne m ent: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Frei ins Hans monatlich 42 Psg. vierteljährlich I. M. 25 Psg. Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Jnsertionsgebtthren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk IO Pfg., für auswärts 12 Pfg. Rtklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis vorm. IN Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Nr. 52. 30. Jahrgang. Mittwoch, den 4. März 1903. Amtlicher Teil. Es sind bei nns eingegangen l ., Nr. 2 bis 5 des diesjährigen Reichsgesetzblattes, auS deren Inhalt hervorzuhebeu sind: Bekanntmachung, betr. die dem internationalen llebereinlommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste; Bekanntmachung, betr. Aenderung der Militär-Trans- port-Ordnung; Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage 11 zur Eisenbahu-Verkehrsordnung; Ver trag zwischen dem Deutschen Reiche nnd mehreren anderen Staaten über die Behandlung des Zuckers: Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs; Verordnung über die Enteignung von Grund eigentum in den Schutzgebieten Asrikas und der Südsec: Bekanntmachung, betr. Vorschriften über Auswandererschiffe; 2 ., das 4. und 5. Stück vom diesjährigen Gesetz- und Berordnungsblatte sür das Königreich Dachsen, enthaltend: Allerhöchste Verordnung, die Verzichtserklärnng der Kronprinzessin Luise Antoinette Maria, K. K. Hoheit, betr.: Allerhöchste Verordnung, einer Aenderung der wegen Niedersetzung eines besonderen Gerichts erlassenen Allerhöchsten Verordnung vom 30. Dezember 1902 betr.; Verordnung zur weiteren Ausführung des Reichsgesetzes, betr. ,die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900, sowie der dazu erlassenen Aussührungsbestimmungen nnd des Sächs. Gesetzes, die Einführung einer allge meinen Schlachtvieh- und Fleischbeschau betr., vom 1. Juni 1398. Diese Gesetzblätter liegen im Rathause, Zimmer Nr. 1, 14 Tage laug zu Jedermanns Ein sicht aus. Hohenstein-Ernstthal, am 3. März 1903. Der Stadt rat. I>r. Polster, Bürgermeister. W. Deutscher Reichstag. 271. Sitzung vom 2. März. Beginn 1'/, Uhr. Den Platz des Abgeordneten von Winterfeld- Menkin (kons.), der heute sein 80. Lebcusjahr voll endet, ziert ein prachtvolles Blumenarrangement, daS der Präsident namens des Reichstages dem GeburtStagskinde dargebracht hat. Präsident Graf Ballestrem bringt bei Eröffnung der Sitzung den Wunsch zum Ausdruck, daß dem Ju bilar seine alte Frische noch lange beschieden sein möge. Dann wird unter Teilnahme von 9 Abgeord neten die Beratung des Postetats fortgesetzt. Aus Anfrage Eickhoff (fr. Vpl.) erklärt Staatssekretär Krätke, es werde wohl noch einige Jahre dauern, bis man wieder Anwärter für den höheren Dienst werde anstelle» können. Die Absicht, Beamte der höheren Karriere deshalb vom Aussichtsdienst auszuschließen, weil sie das 40. Lebensjahr überschritten haben, bestehe nicht. Abg. Sitlart (Ztr.) wünscht eine weitere Durch führung der Sonntagsruhe, eine Erleichterung des Nachtdienstes und empfiehlt die Anschaffung von Gummimänteln für die Briefträger. Staatssekretär Krälke legt zahlenmäßig dar, daß, soweit die Ersatzmüglichkeit es nur irgend zuläßt, die Verwaltung sür Sonntagsruhe ihrer Beamten sorgt und macht die Mitteilung, daß jetzt allgemein zum Schutz gegen Regenwetter Loden mäntel bei den Briefträgern znr Einführung kommen würden, die zweckmäßiger seien als Gummimäntel Abg. Eickhoff (fr. Vp.l befürwortet eine Neu regelung und Milderung des Strafsystems, die Gewährung von Zulagen für die gehobenen Stellen auch an die Bahnpostschaffner auf den'Nebenstrecken nnd die Unterstützung gemeinnütziger Bauvereine. Staatssekretär Krütke erklärt, er sei kein Freund von Ordnungsstrafen und Protokollaufnahmen, wo cs sich um Versehen sonst tüchtiger Beamten han delt, aber es sind nicht immer Kleinigkeiten, die in Frage kommen. Jnbczug auf die gehobenen Stellen befinde sich der Vorredner insofern im Irrtum, als sich die Verfügung der Postverwal- lung nicht auf Nebenstrecken im Sinne der Bahn ordnung beziehe, sondern aus Bahnstrecken, die kein besonderes Maß von Verantwortlichkeit an die Postschaffner stellen. Abg. Zubeil (Svz.i verbreitet sich in längeren Ausführungen über die Lage der Postillone in Berliner Postämtern. Staatssekretär Krätke weist die in dieser Be ziehung erhobenen Beschwerden zurück, da seine Berichte ganz anders lauteten, als die der Zubeilschen Gewährsmänner. Geradezu wie ein Märchen klinge cs z. B., daß ein Postillon sechs Tage hinter einander nicht aus den Kleidern gekommen sei und keine Möglichkeit gehabt habe, bei seiner Familie zu schlafen. Wenn sich das ein Postillon, der durch die Berliner Straßen zu fahren hat, gefallen lassen würde, so würde er unverantwortlich handeln. In Sachen der Sonntagsruhe der Postillone erklärt der Staatssekretär, daß er bemüht sei, die Berliner Packelbestellung am Sonntag auf die Vormittags stunden bis 10 Uhr zu beschränken. Abg. Singer (Soz.i ersucht sür das nächste Jahr um Erhöhung des Ansangsgehalts der Laud briefträger von 700 auf 800 Mk., Abg. Eickhoff Jr. BpO um Erhöhung der Stellenzulagen. Staatssekretär Krätke erklärt auf eine vorjährige Anregung, daß man mit der Frage einer Ent schädigung der bei Umwandelung von Postagenturen in Postämter 3. Klaffe zur Entlassung kommende» Postagenten beschäftigt sei. Bei den einmaligen Ausgaben hat die Kommission von den, Titel 330 000 Mk. als zweite Rate zur Erwerbung eines Grundstücks für neue Postbetriebsanlagen am Schlesischen Bahnhof in Berlin 20 000 Mk. ge strichen. Abg. Eickhofs (fr. Vpl.» beantragt Bewilligung der ganzen Summe. Staatssekretär Krütke erklärt, es sei gelungen, von den Grunderwerbsküsten 235 000 Nik. abzu handeln. (Hört, hört!) Abg. Singer (Soz i bemerkt, das Reich baue überhaupt zu teuer. Es sei interessant, daß es erst aus Drängen der Budgetkommission gelungen sei, etwas abzuhandeln. Staatssekretär Krätke stellt dies in Abrede, die Herabsetzung des Preises sei vielmehr auf besonders günstige Umstände zurückzuführen. 'Nach weiterer unerheblicher Debatte wird der Antrag Eickhoff angenommen. Bei den Einnahmen erwidert auf Anregung des Abg. Blell (fr. Vpt.) Staatssekretär Krätke: Das württembergische Postanweifflngssnstem mit Umschlägen, welches Vor redner eingeführl zu sehen wünsche, habe doch auch verschiedene Schattenseiten. Unser jetziges Snstem gestatte z. B., Postanweisungen nach dein Jnlande und Auslände gleich zu behandeln. Er könne nicht in Aussicht steilen, daß wir das württembergische Snstem einsühren. Wenn Vorredner ferner die Postsachen von Handelskammern als portopflichtige Drucksachen behandelt wissen wolle, so stehe dem entgegen, daß die Handelskammern nach Auffassung der preußische» Regierung keine Behörden-Oualität haben. Auch sei übcrhaupl das Streben der Post- verwaltung dahin gerichtet, daß möglichst alle Briefe frankiert werde», damit bei der Bestellung der Postsache» möglichst unnötiger Aufenthalt vermieden werde. Es wird aber »och erwöge» werde», wie es mit den, Charakter der Handelskammern in den anderen Bundesstaaten steht und es wird darnach Beschluß gefaßt werden. Auch daß für den inter nationalen Packetverkehr sür Packele über .5 Kilo ein Einheitsporto eingeführt werde, könne er noch nicht in Aussicht stellen, zumal wir für solche Pa.kete ja auch im Jnlandsverkehr kein Emheits- porto haben. Für den internationalen Verkehr wüchsen auch die Schwierigkeiten, da sich eben mit der Entfernung die Schwierigkeiten steigerten. Endlich habe Vorredner einige Erleichterungen im Fernsprechverkehr mit Holland gewünscht. Er selbst teile diese» Wunsch. Er sei auch bereits dieserhalb mit Holland in Verbindung getreten. Sobald es ihm möglich sei, weitere Mitteilungen hierüber zu machen, werde es geschehen. Hierauf werden auch die Einnahmen des Post- etats und ferner debattclos der Etat der Reichs- drr.ckerei genehmigt. Dienstag > Uhr: Etat des Jnvalidenfonds und des Reichs-Eisenbahnamts. Schluß nach "/,4 Uhr. Im preußischen Abge ordnetenhaus kam gestern die bekannte Interpellation der Natio nalliberalen.- „Hat die Regierung Kenntnis davon genommen, daß die katholische Geistlichkeit in Trier im Anschluß an einen Erlaß de- dortigen Bischos« von der Kanzel eine Erklärung verlesen habe, welche katholische Elter», deren Kinder die staatliche höhere Töchterschule in Trier besuchen, mit kirchlichen Zuchtmtlteln bedroht? In welcher Weise beabsich. tigt sich die staatliche Autorität auf dem Gebiete de« Schulwesen« diesen geistlichen Nebergriffen gegen über zu wehren?" zur Erledigung. Die Bedeut ung der Sitzung zeigte sich schon äußerlich: Da« Hau« und die Zuhörerkribüncn waren dicht besetzt, und am Regierungstische saß auch der Minister präsident Gras Bülow. Abg. Hackenberg (nat.-lib.) begründete die An frage. Da« Vorgehen des Bischof« Korum sei um so überraschender, als die katholische Kirche doch wahrlich keinen Grund habe, sich über die Verhält nisse in Preußen zu beklagen. Die Regierung müsse die paritätischen, von Katholiken und Evan gelischen gemeinsam besuchten Schulen erhalten, da mit den kalhobs^en Kindern Achtung vor Andert gläubige» beigcbrachl werde. Die Regierung sei an dcn Vorgängen mitschuldig durch die Freundlich keit gegenüber dem Zentrum. Hoffentlich werde sie jetzt zurückhaltender. Ministerpräsident Gras Bülow: Bevor ich dem Herrn Kultusminister daS Wort lasse zu tatsächlichen Feststellungen, will ich meinem tiefsten Bedauern Ausdruck geben über die Art und Weise, wie durch den Erlaß deS Bischofs von Trier der konfessionelle Friede gefährdet worden ist, den zu wahren die Staatsregierung ehrlich bestrebt ist. Der Vorstoß des BischofsKorum sei durchaus unerwartet gekommen, ohne daß er vorher bei der Regierung Abstellung von Mißständen verlangt hätte. Auch in diesem Hause sei irgendeine Beschwerde nicht laut geworden. Die betreffenden Etattitel seien anstandslos genehmigt worden. Das Vorgehen de? Bischofs sei um so ausfälliger, als es seine Pflicht sei, Gerechtigkeit gegen die Anhänger beider Konfessionen zu üben. Der konfessionelle Zwist nötige uns, uns ineinander zu schicken. Das sei nur möglich, wenn man praktisch einen moclrw vivancki suche. Die Prinzipien seien unversöhnliche und müßten und sollten aus geistigem Gebiete mit geistigen Waffen ausgesuchten werden; aber in pisxi müßten wir trachten, mit einander auszukommen. Wenn jeder so handeln wollte, wie der Bischof von Trier, so würden wir uns morgen wieder mitten im Kulturkämpfe befinden. (Unruhe im Zentrum.) Wir können in Preußen nicht so regieren, als ob es nur Protestanten bei uns gäbe; aber auch nicht so, als ob es nur von Katholiken bewohnt wäre; wir müssen Gerechtigkeit üben von feiten deS SlaateS; aber auch die ein zelnen Konfessionen müßten die Rechte der anderen achten, ebenso die Rechte und Würde des Staates. Das habe leider der Bischos von Trier außer acht gelassen, zumal als er eine so ungewöhnliche und schroffe Form wählte. AuS dem Kulturkämpfe sind ja noch einige Jncongruenzen unausgeglichen geblieben; eS war uns aber unbekannt, daß diese in so weitem Maße noch vorhanden seien. So weit eS möglich sei, liege eS im Interesse und in der Pflicht deS Staates, diese Jncongruenzen zu beseitigen. Vor allem aber müssen wir verlangen, daß der Herr Bischos von Trier seinen Erlaß rückgängig macht. (Bravo.) Er habe uns leider die Möglichkeit ge- nommen, die Angelegenheit direkt mit ihm zu erörtern, da er nach Rom abgereist sei. Unser Gesandter dort sei deshalb von ihm angewiesen, die Aufmerk samkeit der Kurie auf den bedauerlichen Zwischenfall zu lenken. Er könne nur hoffen, daß dieser Zwischen fall ohne die Beziehungen zwischen Staat und Kirche störende und die Allgemeinheit schädigende Folgen bleiben werde. (Lebhafter Beifall ) Minister Studt geht auf die die Trierer Schut verhältnisse behandelnde Broschüre des Bischofs Korum ei», deren Beschwerde unbegründet seien. Der Bischos habe auch nicht einmal den Versuch gemacht, bei ihm Abstellung seiner Beschwerden zu erreichen. Er habe den Streit einfach vom Zaune gebrochen. Die Unterrichtsverwaltung könne nicht zugestehen, daß die paritätischen Schulen eine Ge- fährdnnb der Konfession mit sich brächten. An der paritätischen höheren Mädchenschule in Trier seien 14 katholische und 8 evangelische Lehrkräfte tätig. Allerdings würde der Unterricht in den höheren Klassen fast ausschließlich von evangelischen erteilt: dagegen habe er aber schon vor längerer Zeit Maßregeln getroffen. Die Behandlung Homers in der Schule, besonders der Begegnung des Odysseus niit Nausikaa, sei durchaus einwandfrei, wie ans einem über dieses THeina angefertigten Aufsatz hervorgehe, den er aus den Tisch des Hauses lege. Die Trierer Schule erfülle ihre Aufgaben unter geschickter Leitung in zufriedenstellender Weise, und Katholiken und Evangelische arbeiten sriedlich zu sammen. Die Unterrichtsverwaltung werde dem ihr aufgezwungenen Kampfe mit Ruhe entgegen- sehen, nnd sie werde sich ihrer Pflicht und ihrer Aufgabe, die Rechte des SlaateS und den kon fessionellen Frieden zu wahren, stets bewußt bleiben. Abg. Freiherr v. Zedlitz (sreikons.) kennzeichnet den Erlaß de« Bischoss al« eine Provokation der schlimmsten Art und hofft, daß die Negierung mit aller Energie und mit voller Kraft sich dem un- gualifizierbaren Vorgehen de« Bischos« widersetzen werde. Abg. Müller-Sagan (sreis. Volkrp.): Seine Freunde seien gegen jede Vcrschärsung der Gegen sätze im öffentlichen Leben. Sic würden e« lief be dauern, wenn zu den wirtschaftlichen und Klassen gegensätzen jetzt auch noch konsessionelle kämen. Sie erwarteten aber von der Regierung, daß sie den konfessionellen Frieden in Trier wiederhcrstelle unter voller Wahrung der Rechte de« Staate«. Abg. Barth (sreis. Vereinig): Da« Vorgehen Korum« sei eine Provokation der schwersten Art. Wenn die Regierung der katholischen Kirche gegen über nicht eine Politik der Schwäche verfolge, dann hätte der Bischof niemals gewagt, ihr einen solchen Schlag ins Gesicht mit dieser „ungewöhnlichen Be- lehrung" zu versetzen. Für je schwächer die Kurie einen Staat halte, desto provozierender verhalte sie sich. Der preußische Staal sei gegenüber der Kurie schwächer, al« irgend ein anderer Staat. Kein fraiizösischer Bischos würde Aehnliche« wie Korum gewagt haben. Dar empfinde man im Volke sehr