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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 20.02.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190302201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-02
- Tag 1903-02-20
-
Monat
1903-02
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 20.02.1903
- Autor
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hatten beim mit hohen Einsätzen gespielten „Pinnagel" sich mit Kniffen und Redensarten (dumm - Rot, elend — Eicheln, scheußlich — Grün und ganz dumm — Schellen) über ihre Karten verständigt und mehrere tausend Mark eingeheimst. Der Gastwirt B-, bei dem gespielt wurde, hat allein 1200 Mk. verloren. Beide Gauner erhielten je einen Monat Gefängnis. * Bautze«, 18. Febr. Die eiserne Hochzeit konnte heute in Bernstadt der frühere Hospitalver walter und Nachtschutzmann Herr Melchior mit seiner Ehesrau begehen. Der Jubilar ist 88, seine Ehefrau 89 Jahre alt, beide sind noch verhältnis mäßig lästig. * Onritz, 17. Febr. Ein Ballon der Militär- Lus iafserabteilung in Berlin, welcher gesterti vor- mittag >/,g Uhr dort vom Tempelhofer Felde auf- gesttegen war, ist mittags 1 Uhr unter schwierigen Umständen im benachbarten Radmeritz auf einer Wiese gelandet, die bei der dortigen Eisenbahn brücke über die Neiße liegt. Der Ballon, welcher den Namen „Geter" führt und zwei Offiziere der Lustschifferabteilung und einen Jnfanterieoffizier in seiner Gondel beherbergte, hatte vor seiner Landung mit verschiedenen Widerwärtigkeiten zu kämpfen. Die Fahrt ging in großer Erdnähe nach dem Bahnhof Nikrtsch, wo da« Luftschiff mit den Tele- graphendrähten in Konflikt geriet und diese be- schädigte. Bei dem Uebersetzen über die Neiße bei Radmeritz waren die Segler der Lüfte schon so tief gesunken, daß sie die Eisenbahnbrücke streiften. Die Landung, bei der sich die Gcndel fast über schlug, erfolgte etwa 30 Schritte scilwärt« von der Brücke unmittelbar am Ufer. Schaden haben die Lustschiffer aus ihrer Fahrt nicht erlitten. Kleine Chronik. * Berlin, 18. Febr. In eine einem Produkten- Großhändler gehörige Bude zu Wilhelmsberg waren Diebe eingedrungen und hatten in Säcken ver packte Lumpen, altes Eisen rc. gestohlen. Bald hinter dem Hundewagen her kam jedoch der Eigen tümer der Bude. Er ließ die Spitzbuben durch einen Schutzmann feststellen und öffnete den obersten Sack, um nach dem Inhalt zu sehen. Darauf allgemeines Erstaunen, als ein Mann daraus zum Vorschein kam. Es war ein Obdachloser, der der Kälte wegen in die Bude gedrungen und in einen mit Lumpen gefüllten Sack gekrochen war. Als später die Diebe erschienen, hatten sie de» Sack zugebunden und auf den Wagen geworfen. * Berlin, 18. Febr. Großfeuer wütete heule morgen von 7 Uhr an in dem Warenhaus von JacgueS Cohn, Ecke Müller- und Sellerstrage. Der au» bisher nicht ermittelter Urfache autgebrochene Brand verbreitete sich mit rapider Schnelligkeit. Die in den oberen Stockwerken wohnenden Mieter wurden von den Feuerwehrmännern in« Freie ge bracht. Erst nach zweistündiger Arbeit galt die Gefahr für beseitigt. Der verursachte Schaden ist sehr bedeutend. * Berlin, 18. Febr. Ueber den Unfall, der sich gestern abend im Passage-Theater ereignet hat und über welchen auch wir in unserer gestrigen Nummer kurz berichteten, geht der „Voss. Ztg" noch folgende ausführliche Mitteilung zu: Eine der ersten Programmnummern de« Abend« bildete ein söge- nannter Melangeakt, von zwei Artisten auigesührt, die unter dem Namen „The great Lalino«" auf treten. Der zweite Teil dieser Nummer vollzieht sich aus einer schwebenden Leiter. Die beiden Ar tisten stehen, bevor sie mit der Aursührung diese« Trick« beginnen, einander auf den Enden der Leiter gegenüber und halten sich da« Gleichgewicht. Wäh rend die Artisten gestern diese Stellungen ein- nahmen, wurde der eine von ihnen, der im bürger lichen Leben den Namen Brog führt, 26 Jahre alt und der Sohn eine« Maschinenbauer« in Wien ist, von einem plötzlichen Schwindelanfall ereilt, so daß er abstürztc. Die natürliche Folge davon mar, daß auch sein Gefährte, der Schiller heißt, sich nicht halten konnte und auf die Bühne fiel. Brog erlitt infolge de« Sturze« einen doppelten Schädeldruch und wurde für tot vom Platze getragen. Der im Zuschauerraum anwesende Thealerarzl ordnete die Ueberführung de« Schwerverletzten nach der Charilö an, wo bei ihm auch innere Verletzungen festgestellt wurden. Sein Berufigenosse und Leidensgefährte Schiller, ein junger Mann im Alter von 32 Jahren, ist mit einem Armbruch davongekommen. Unmittel bar nach dem Absturz der beiden Artisten wurde der Vorhang Herabgelaffen, so daß da« Publikum sich gar nicht darüber klar wurde, daß sich aus der Buhne -in Unfall ereignete, vielmehr in dem Glauben, daß es sich um einen gewandt aulgesührten Trick handetie, lebhaft klatschte. Die Vorstellung wurde programmmäßig zu Ende geführt. * BreSlau. Eine blutige Liebettragödie spielt? sich hier in dem Hause Katharinenstraße 18 ab. Dort wohnt eine Familie Rex, deren 20 Jahre alte Tochter Charlotte mit einem Photographen namens Burkard verlobt war. Angeblich soll das Verhältnis der jungen Leute seitens der Ellern de« Mädchen» nicht gern gesehen worden sein. Vormittag» drang der Bräutigam in die Rexsche Wohnung ein, in welcher sich da« Mädchen mit ihrem jüngere» Bruder befand, und versetzte dem Mädchen mit einem Dolch, meffer mehrere Stiche in die Brust. Auf ihre Hilfe rufe eilten Hausbewohner herbei, welche den Täler festhielten und ihn einem Schutzmann Übergaben. Obgleich man sich seiner schnell versichert Halle, halte er doch Zeil gesunden, ein schwere« Gist zu fick zu nehmen, denn auf der Polizeiwache wurde er plötz lich schwach und starb in wenigen Minuten. Da« schwerverletzte Mädchen wurde der Königlichen Klinik zugesührl. * Stettin. Aus Liebe zu seinen Eltern ist ein Sergeant K. zum Diebe geworden und hat sich seine Laufbahn zerstört. K. war Kücheuunteroffizier und ließ sich verleit n, seinen in dürftigen Ver hältnissen lebenden Eltern von den ihm dienstlich übergebenen Materialien Kaffe, Zucker und Büchsen fleisch in kleinen Posten zuzustecken. Er wurde laut „Köln. Ztg." vonr Kriegsgericht wegen Unter schlagung zu zwei Monaten Gefängnis und Rang verlust verurteilt. Der Angeklagte diente bereits im achten Jahre; nur mit Rücksicht darauf und auf seine bisherige tadellose Führung wurde von der Versetzung in die zweite Klasse des Soldaten standes Abstand genommen. * Bützow i. M. Mit einem Flitzbogen hat hier dieser Tage ein Knabe seinem kleineren Bruder ein Auge autgeschoffen. Der größere legte auf den jüngeren an, ließ die Sehne fahren, und der Pfeil traf den jüngeren Bruder in» Auge, so daß e» zerplatzte. * Neu-Ruppin. Vom Schwurgericht wurden wegen Erschießung de» Forstlehrling« Greiner in der König!. Forst Gühlen-GIienicke der Forstarbeiter Hermann Berner au« Gühlen-Glienicke zu 12 Jahren Zuchthau« und der Maurer Wilhelm Müller au« Rheinsberg-Glienicke zu 14 Jahren Zuchthau« ver urteilt. Cölleda, 18. Febr. In St. Griefstedt stürzte ein tSjähriger Arbeiter von einer Leiter herab und blieb am Haken einer in der Wand befestigten Kelte hängen. Dem Unglücklichen wurde der Unter leib aufgeriffen, so daß die Gedärme blobgelegt waren. * Mülhausen. Hier macht der Selbstmord eines 13jährigen Knaben, Schülers der Ober- Realschule, viel von sich reden. Der Knabe lebte in guten Verhältnissen und wurde in der Schule und zu Hause gut behandelt, so daß ein Grund zum Selbstmord nicht ersichtlich mar. Kameraden erzählten, daß er einen geringfügigen Streit mit einem Mitschüler gehabt und darauf gesagt habe: Entweder erschieße ich den oder mich. Ernst nahm diese Drohung niemand. Den Revolver hatte er sich erst von einem Mitschüler erhandelt. * München-Gladbach (Rheinpr.), 19. Februar. Bei dichtem Nebel wurde in Odenkirchen der Fabrik- meister Kranen von einem Eisenbahnzug erfaßt und furchtbar verstümmelt. * Hamburg, 18. Febr. Der Kaufmann Gustav Hagelberg, der Sohn de« vor zwei Wochen ver storbenen Ches« der gleichnamigen bedeutenden Al tonaer Weinfirma, wurde tot und seine Frau mit einer schweren Schußwunde im Schlafzimmer auf- gefunden. Hagelbcrg hat auf seine Frau geschaffen und sich dann selbst getötet. Da« Motiv der Tat ist unbekannt. * Au« Wien wird gemeldet: Im Franzirkaner- Asyl zu Maria-Schmoll» in Oberösterreich starb dieser Tage, 86 Jahre alt, Fräulein Alofia von Schill, die Halbschwester de« heldenmütigen preu ßischen Patrioten von Schill. Mit ihr ist da« Ge- schlecht erloschen. * Budapest, 19. Febr. Bäckergehilsen drangen gestern abend in vier Bäckereien ein, übergossen die Ware mit Weinefsig und zertrümmerten die Laden einrichtungen. Sodann zogen sie vor da« Gebäude, in welchem sich die Krankenkaffe befindet und zer trümmerten auch hier Möbel. Zwei Polizisten wurden blutig geschlagen. Es erfolgten mehrere Verhaftungen. * Lemberg. In Zalerzczycy wütete ein großer Brand, wobei über dreißig Wohnhäuser nebst vielen Nebengebäuden eingeäschert wurden. * Petersburg, 19. Februar. In der Nacht wurde in der Jsaak«-Kalhedrale ein Einbruch verübt und au» dem Rahmen de« Heiland-Bilde« drei Brillanten im Werte von etwa 100000 Rubel ze- raubt. * Kopenhagen, 18. Febr. Der bedeutendste Schifftrheder Helsingborg», Hulthen, Direktor von acht Nhedereien, ist nach Verübung bedeutender Unterschlagungen flüchtig geworden. * Tanger, 18. Februar. Furchtbare Stürme toben im hiesigen Hasen. Soeben gingen zwei spanische Schiffe unter, doch wurde die Mannschaft gerettet. Handels-Nachrichten. Usrlln, tu. Februar. (Wechsel-CourS.) Mark 168,75 G 167,60 G 81,85 G 80,70 G 81.85 G 81,80 G 20,47 G M.81 G 81,45 G 80,80 « 85,80 G 84,60 G RcichSbank 3V,°,o, Lomb.-Z.-F. 4'/,"/». 18. Februar. Kornzucker cxcl. 88"/,Ren- demeui 8,10—0,80. Rachproducle ercl. 75'o Rendemeut. 7,10—7,80. Stimmung: Stetig. Kristallzucker I 28,82'/,. Brobcasstuade 1 20,577,. (Sem. Raffinade mit Faß 20,57. Gem. MeliS 20,07. Rohzucker I. Product Trans, f. a. B. Hamburg per Februar 16,20 Gd., 16,80 Br., per März 16,80 Gd., 16,85 Br., per Mai 16,60 Gd., 16,70 Br., —,- bez., per Aug. 17,00 Gd., 17,10 Br., —,—bez., per Okt.- Dezember 18,05 Gd., 18,10 Br. Stimmung: Ruhig. llumdurc-, 18. Februar. Weizen stetig, Holsteinischer und Mecklenburger 154, Hard Winter 183. Roggen still, südruss. 106, holsteinischer und Mecklenburger 143. Mais stetig, 128—130, runder 03. Hafer ruhig, Gerste ruhig. Wetter: Bedeckt. 8r«me», 18. Februar. (Baumwolle). Tendenz: Fest. Upl. middl. loco 40'/« Pfg. LtrvrpovI, 18. Februar. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Umsatz: 10 000 B. Stimmung : Fest. Import: 21000 Ballen. Preise 3 bis 4 Punkte höher. — Umsatz: 12000 Ballen davon für Specutution und Export 1060 Ballen. Amerikaner fest, Ostindische fest Lieferungen: Fester. Februar 5,81, Februar-März 5,12—0,00, April-Mai 5,14 Juni-Juli 5,16—5,17, August-September 5,03 bis 5,04. Zahlungseinstellungen. Eebr. Schulze und Co., Berlin. Hermann Becker, Brandenburg a. H. Robert PolomSki, Breslau. Friedr. Toberstein, Breslau. Mayer und Karcher, Cannstatt. Chr. Gotth. Kuhnt, Chemnitz. Heinr. Ludw. Diegmann, Dresden. F. I. Bmz und Co , Koblenz-Liitzel-Koblenz. Gustav Puurroy, Magdeburg. August Drögemeyer, M.-Gladbach Geschwister Rink, Türkismiihle-Nohfcldcn. Arthur Doerk und Co, Sensburg. L. Dick, Weißenfels. vlsoont 3 5 Schweiz. Pl. I"0 Frc. 4 8 4' Amsterdam per 100 st. b. Briitsel und Antwerpen pr. 100 Francs. Italienische Plätze pr. 100 Lire 4 5 5V, 8 T i 8 T, 2 3M i London pr. I Lftcl. Madrid und Barcelona pr. 100 Pesetas Paris pr 100 Franc Petersburg pr. 100 Rubel Warschau lOO Rubel Wien per 100 Kr ö W. , 8 r 2M 8 T 3M 10 T 2M io r 8 T 3M I4T OM 8 T 3M 8 r UM Rotirungen der Produkte» - Börse zu Lhemuttz, am 18. Februar 1903, Mittag- '/.1 Uhr. Witterung: Schnee. Tendenz: Still, «etretde. »er, Obige Preise verstehen sich für Quantitäten Kilo an. 10000 do. do. do. do. do. mittlere Laplata Bombay 235 270 von Mais, grobkörnig do. neuer do. mittel do. Cinquantin Erbsen, Kochwaare do. Mahl- und Fulterwaare Roygenkleie Weizenkleie, grob Raps Leinsaat, feinste besatzfreie, russische do. feine, russische 176—170 Mk. 152—158 „ 134—138 „ 140—144 , 150—152 . 160—188 „ 145—155 , 128—185 , 143—148 „ 148—152 „ 138—144 , 127—130 „ 137-144 , 145—150 „ 200—230 „ 170—180 „ 88—90 96-97 „ 185-205 „ 255—265 „ 255 fremder Gerste, Brauwaare, fremde Weizen, fremder do. sächsisch. Roggen, hiesiger, do. niederländisch-sächs. u. preuß. do. Brauwaare, sächsische Mahl- und Fntterwaare Hafer, inländ. do. ausländ. Mehl. Kaiser-Auszug Mk. 29,50 Weizenmehl 00 „ 24,75 bis 25,75 do. 0 „ 23,25 „ 24,25 Roggenmehl 0 „ 22,50 „ 22,75 do. I „ 20,50 „ 20,75 pro 100 KZ. netto. Chemnitzer Marktpreise vom 18. Februar 1903. pro 50 Kilo Wcizcn, sächs. 7 M. 60 Pf. bis 7 M. 00 P,. Roggen. - 7 - — - - 7 - 20 - Hafer 7 - 15 - - 7 - 40 - Stroh 2 - 50 - - 3 . — - Heu 3 - 85 - - 4 - 35 - Kartoffeln 2 - 50 - - 2 - 50 ° Futtcrgcrstc 6 - 40 - - 6 - 75 - Butter. > Kilo 2 - 40 - - 2 - 70 - Der Fremde. Roman von Stöbert Kohlrausch. 71. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Haben Sie etwa den Ring nicht gesehen, den Sasfi am Finger hat? Einen Ring mit drei roten Steinen, in denen Figuren sind? Sie müssen ihn ihn ja gefühlt haben, wenn Sie ihr die Hand drückten. Ich will Ihnen sagen, wem der eigent lich gehört, — Ihrer schönen Frau Mutter gehört er und er stammt von ihrem Liebsten, der jetzt Amerikaner geworden ist und SealSfield heißt. Ich weiß e-, denn ich bin dabeigewesen an dem Abend, wie er hereingestürmt ist mit meinem Alten, und habe mit angehör«, wo- sie verhandelt haben. Ich bin noch ein Juuge gewesen und habe mich hinter dem Sofa versteckt gehabt, weil ich was au-ge- fressen hatte, wofür e- Hiebe setzen sollte, — aber meine Ohren habe ich doch schon weit genug auf gesperrt und habe dazu gelacht im stillen, wie sie die Türen so sorgfältig verschlossen haben, ohne mich zu sehen. Und dann haben sie zusammen ge redet über die Mordgeschichte, und dabei hat der Amerikaner den Ring auf den Tisch geworfen und noch allerlei andere Dinge, die ihn verraten konnten. Er war verflucht in Aengsten, sonst hätte er die Sachen hübsch für sich behalten. Der Alte hat ge lacht und den Ring genommen und hat gesagt: .Haben Sie keine Angst, sie soll ihn richtig wieder haben, die schöne Frau Boysen. Er mag's wohl später vergessen haben, ihn abzuliefern — mein guter Alter ist ein wenig vergeßlich, wo sich's uni Geld und GeideSwert handelt — aber gehört habe ich's mit meinen eigenen Ohren, woher er den Ring gehabt hat. Als wir dann weit fort waren, und die Geschichte war lange Jahre her, und kein Mensch kannte uns dort, da hat er den Ring an Sasfi ge geben und hat ihr vorgelogen, er wäre von ihrer Mutter. Darum weiß ich aber doch, wie die Sache liegt, und habe nicht vergessen, waS ich damals gc- höct habe." Er sprach sehr rasch, ohne Unterbrechung, ohne Atem zu schöpfen. WaS er so lange verborgen in seiner Seele getragen, so fest umpanzert mit der MaSkc undurchdringlicher Gleichgiltigkeit, das alle- brach jetzt in trüber, reißender Flut. „Und noch etwa- andere- habe ich erfahren an demselben Abend. Die beiden haben noch mit einander ge sprochen, da fing hinter der verschlossenen Tür ein Kind an zu schreien und zu wimmern, und wie er da- hörte, ist der Herr Seal-field totenbleich ge worden und hat sich schleunigst au- dem Staube gemacht. ES war ihm wohl kein absonderliches Vergnügen, daS Kind winseln zu hören, dar er in die Welt gesetzt und dem er eben die Mutter uw- gebracht hatte. Und ich will Ihnen auch sagen, wer dar Kind war. Sasfi war cS, die der Alte dann aufgezogen hat für mich, damit ich sie einmal heiraten sollte, und die Sie mir gestohlen haben, Sic Räuber, Sie Hund!" Mit ein paar Sätzen sprang er die Stusen empor, die zwischen ihm und Boysen waren. Der wandte sich, da er daS Nahen des Verfolgers hörte, und so standen sie einander gegenüber, Auge in Auge, sich mit den Blicken messend. „Wollen Sie'S leugnen, daß daS Mädchen Ihnen nachgelaufen ist, und daß Sie'S ihr nicht verwehrt haben?" begann der Wütende von neuem. „Ich weiß eS, wie sie mich behandelt hat diese ganze Zeit, und hundertmal habe ich mir selber eS zu gesagt, daß ich's Ihnen eintränken will, während ich demütig und gebückt dastehen mußte und nur fragen durste: .Wünschen Herr Boysen, befehlen Herr Boysen ?' Damit ist'S nun vorbei; jetzt habe ich zu befehlen, und Sie sollen vor mir sich bücken, so tief, bis Sie auf der Erde liegen. DaS alles, was Sie mir getan haben, da- hätte ich noch da- hingehen lassen vielleicht, — aber dies nicht, daß sie Ihnen nachgefahren ist bis hierher bei Nacht und Nebel, nur um mit Ihnen zusammen zu sein. Wie ich sie gesehen habe gestern mittag, zufällig, I von weitem, da ist e« zu Ende gewesen mit «einer I Geduld, und ich bin hinaeganaen und habe mir da» da gekauft." Er zog daS Meffer wieder hervor uud ließ eS ganz nahe vor Boysens Augen funkeln, der darauf hinschaute ohne Schrecken und Furcht, aber in der seltfameu Betäubung, die ihn ergriffen hatte seit seiner Verwundung. Er wußte, daß er sich zur Wehr setzen und sein Leben so teuer al» möglich verkaufen würde, wenn der andere zum Angriff schritt, aber trotzdem stand der Tod vor ihm wie eine unumstößliche Gewißheit, und seine Gedanken flogen noch einmal zu denen hinüber, die er ge liebt. Er meinte Eva vor sich zu sehen und schaute zu ihr hin mit der unendlichen Wehmut eine» Ab- schied- für immer, aber bald verschwand ihr Bild und da- seiner Mutter trat an seine Stelle. An die tiefste, älteste und reinste Liebe seine» Leben» klammerten die Gedanken sich in diesem Augenblick; vor ihm schwebte die verklärte Gestalt, ihm winkend und den Weg ihm weisend zu einem Lande, da» nun ihre Heimat war. (Fortsetzung folgt.) Neueste Nachrichten und Depeschen vom LS. Februar. Wie«. Nach einer hier eingegangenen Meldung hat Rußland auf eine Beschwerde Bulgariens über die angebliche türkische Mobilisierung der bulgarischen Regierung die Antwort zugehen lassen, daß eS in dieser Angelegenheit um so weniger etwas unternehmen könne, al- die Türkei bei ihren Vorbereitungen für alle Eventualitäten einem Rate Rußland- folge. Prag. Prinz Eugen von Turn und Taxi» ist an Typhus erkrankt. Da in seinem Bezirk noch ein zweiter Erkrankung»fall an Typhu« vorgekommen ist, so wird angenommen, daß die Erkrankung ihren Grund in infiziertem Trinkwaffer hat. Petersburg. Die Verhandlungen über den neuen Handelsvertrag zwischen Rußland und Deutsch land haben in diesen Tagen mit den üblichen vor bereitenden Schritten begonnen. Rom. In der Kammer kani es gestern zu einer stürmischen Szene. Bei der Fortsetzung der Beratungen über die von der äußersten Linken ge forderten Einschränkung der militärischen Ausgaben verteidigte der Kriegsminister die Notwendigkeit einer starken Kriegsflotte auch für Italien, das infolge feiner übergroßen Sparsamkeit von der dritten auf die fünfte Stelle zurückgegangen sei. Die Ausführungen des Ministers erregten auf der äußersten Linken stürmische» Widerspruch. Man rief ihn, zu: „Sie arbeiten auf de» Krieg zu! Sie wollen das Land ins Unglück stürzen!" Auf der Rechten wurde erwidert: „Und Sie sind vater landslos!" Der Lärm dauerte mehrere Minuten an. Der Minister sprach schließlich die Zuversicht aus, daß die Kammer einer Herabsetzung der Mittel für die Landesverteidigung nicht zustimmen und die Flotte stets mächtig und schlagfertig erhalten werde. London. In hiesigen Kolonialkreisen geht dar Gerücht vo» einem Verkauf Neu-Guineas an Deutschland, welches beabsichtigen soll, dieses Ge biet an Wilhelmsland anzugliedern. Marseille. In Marine-Kreisen herrscht große Erregung über die Maßnahmen, welche die Rheder der Handelsmarine getroffen haben, um die Folgen des neuen Gesetzes über die Rekrutierung der Matrosen zu vermeiden. Es heißt, sämtliche Schiffahrtsgesellschaften beabsichtigten, ihr franzö sisches Personal durch italienisches zu ersetzen. Eine diesbezügliche Interpellation wird demnächst in der Kammer eingebracht werden. Marseille. Der Kapitän des italienischen Dampfers „Guasco", welcher gestern im hiesigen Hafen eingelaufen ist, teilt mit, daß er bei dichtem Nebel mit der französischen Brigg „Louise Jmölie", die mit einer Kohlenladung unterwegs war, zu sammengestoßen ist. Die Brigg sank in wenigen Minuten. Die achl Mann starke Besatzung der selben wurde vom „Guasco" gerettet und nach Marseille gebracht. Brest. Der Polizeikommandant Moerde« hat sich mit Gendarmen und Polizei Agenten nach Morlaix begeben, um die Schließung der Con- gregalionen vorzunehmen, welche gestern erfolgen sollte. Die Bevölkerung ist in großer Erregung, und man befürchtet Zwischenfälle, soll« die Polizei gezwungen werden sollte, Gewalt anzuwenden. Cadiz. Ein Zyklon hat hier großen Schaden angerichtet. Ein Schiff ist auf den Strand ge laufen, ein anderes ist gesunken. Das Postgebäude stark beschädigt. Ein Teil des Wellenbrechers ist eingestürzt. Man berichtet von mehreren Toten und zahlreichen Verwundeten. Washington. Der amerikanische Geschäfts träger in Caracas teilt mit, das Dekret über die Erhöhung der Zölle sei vom Minister des Aeußeren erlassen worden. Man ist darüber verwundert, daß das Dekret nicht von Castro selbst erlassen wurde. - Bowen begab sich gestern zu den Ver tretern derjenigen Mächte, deren Ansprüche an Venezuela noch nicht geregelt sind. An den vene zolanischen Minister des Aeußern sandte Bowen ein Telegramm mit der Bitte, die Protokolle zu unterzeichnen, sobald alles bereit sei. New-Uork. Ueber den Untergang des Dampfers „Olive" wird berichtet: Der Sturm brach ganz plötzlich aus uud das Schiff sank innerhalb zwei Minuten. Viele Passagiere hatten nicht Zeit, ihre Kabinen zu verlassen. Panama. Der deutsche Gesandte ist am 14. Februar aus Puerta Belo in Kolumbien abgereist. Wie es heißt, steht seine Abreise mit deutschen Ansprüchen an die kolumbische Regierung aus der letzten Revolution in Kolumbien in Verbindung. Fez. Eine Kolonne des Kriegsministers Menebhi hat eine Abteilung des Stammes der Haitiaz ge schlagen, welche zahlreiche Tote und Verwundete verlor. Die Köpse der Gefallenen wurden mit einer großen Anzahl Gefangener nach Fez gebracht.
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