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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.02.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190302184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030218
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-02
- Tag 1903-02-18
-
Monat
1903-02
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.02.1903
- Autor
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Oesterreich. Einen Fall schwerer Insubordination cineS österreichischen Offizier» erzählt der Prager „Pravo Lidu": Dieser Tage exerzierte eine Abteilung des 88. Infanterie-Regiment» unter dem Befehl deS Hauptmann» Kotik auf dem Hradschiner Exerzierplatz. Unter den Abteilungsleitern befand sich auch ein 18jähriger Offiziers-Stellvertreter, den der Haupt mann mehrere Male die vorgenommene Uebung wiederholen ließ; darüber erbittert, daß er fortgesitzi vor der Mannschaft gerügt wurde, warf der Offiziös- Stellvertreter seinen Säbel dem Hauptmann vor die Füße und ergriff die Flucht. Er konnte erst in Kvnigsaol, zwei Stunden vor Prag, eingeholt werden. Nordamerika. New-Hork, l6. Februar. DaS amerikanische Marinebepartement hat nach der Newyorker »Sun" beschlossen, daS gesamte im nordatlanttschen Ozean stationierte Heimatsgeschwader auf eine kurze Fahri in europäische Gewässer zu entsenden. Amtlich wird al» Grund sür die Entsendung der Schiffe nach Europa angegeben, man wolle ihnen Gelegenheit geben, in Geschwaderformation eine Kreuzfahrt aus weiter Strecke zu unternehmen ; der wirkliche Anlaß jedoch ist gutem Vernehmen nach der Wunsch de» Morinedepartement», die Aufmerksamkeit der europäischen Mächte auf die Stärke der amerikanischen Marine zu lenken. DaS Geschwader umfaßt u. u. 7 Schlachtschiffe. Schöffengerichtssitzung de-Kgl. Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal vom 17. Februar 1903. Vor den Schranken des Gerichts erschien die im Jahre 1888 hier geborene, noch schulpflichtige Hedwig Hofmann unter der Anklage, am 24. De zember v. I. einer hier wohnhaften Familie aus einem in der Wohnstube befindlichen Glasschranke 10 Mark entwendet zu haben. Die Angeklagte bestritt aus das Entschiedenste, an genanntem Tage überhaupt bei den Leuten gewesen zu sein. Trotz dem die als Geschädigte eidlich vernommenen Zeugen gewichtige Verdachtsgründe anzuführen wußten, konnte der Gerichtshof zu einer Verurteilung nicht kommen. In der Urteilsbegründung wurde u. a als Entlastungsmoment hervorgehoben, daß der Diebstahl erst 2 Tage später entdeckt wurde und vaß die Ausführung desselben von dritter Seite nicht ausgeschlossen erscheine. Die Angeklagte wurde demzufolge freigesprochen. Die nächste Strafsache betraf den am I. De zember 1888 in Ernstthal geborenen, wegen Be trugs mit 14 Tagen Gefängnis vorbestraften Stricker Bruno Friedrich Uhle. Derselbe war angeklagt, zwei hiesige Einwohner am 24. Dezember v. I. und am 13. Januar d. I. insofern geschädigt zu haben, als er unter der unwahren Angabe, in einem hiesigen Geschäft Arbeit zu haben, sich Kost und Logis verschaffte, ohne überhaupt in der Lage zu sein, den daraus entstehenden Beipflichtungen, die im ersten Falle 8,17 M. betrugen, nachzukommen. Uhle, der die Absicht des Betrugs nicht in Abrede stellen konnte, wurde zu 14 Tagen Gefängnis und Tragung der Kosten verurteilt. Ein alter Sünder scheint der am 28. Januar 1884 in Bernsdorf geborene Handarbeiter Karl Louis Rabe zu sein. Wegen Widerstand, Betrug, Beleidigung, Diebstahl, Hausfriedensbruch rc. wieder holt vorbestraft, machte er sich im September l!>02 bei einem Gutsbesitzer in Oberlungwitz dadurch einer Unterschlagung schuldig, daß er eine ihm zur Verrichtung seiner Arbeit auver traute Sense unrechtmäßigerweise an sich nahm und verkaufte oder — wie sich der Angeklagte ausdrückte — „bloß versetzte". Das Gericht schenkte seinen An gaben, er habe in der Meinung g-handell, die Sense als Bezahlung für gelieferte Arbeitsleistung mitnehmen zu dürfen, keinen Glauben und verur teilte den sich überdies während der Verhandlung recht renitent Benehmenden, sodaß er von dem Herrn Vorsitzenden wiederholt zur Ordnung ver wiesen werden mußte, wegen Unterschlagung zu 14 Tagen Gefängnis und Kostentragung. Für die noch angesetzte Verhandlung mußte wegen unentschuldigten Ausbleibens des angeklagten Franz Johann Böhm aus Chemnitz anderweiter Termin anberaumt werden. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 17. Februar. *— Artischocken. Jeder, der einmal längere oder auch kürzere Zelt in Pari« verlebt hat, wird mit stiller Sehnsucht der schönen, großen Artischocken gedenken, die ein Hauptgemüse dort bilden, und die in großen Mengen täglich in die Markthalle ge liefert und hier schnellen und sicheren Absatz finden. Warum essen wir in Deutschland keine Artischocken? Sie gedeihen nicht, ist gewöhnlich die Antwort. Da» ist insofern richtig, al« el im allgemeinen nicht gelingen wollte, sie im ersten Jahre zur Blüte zu bringen. Die Artischocken müssen überwintert werden und gehen dabei zu Grunde; entweder er frieren sie, wenn sie nicht genügend gedeckt sind, oder noch öfter ersticken und verfaulen sie unter zu dichter Bedeckung. In der Versuchistalion de« „Praktischen Ratgeber« im Obst- und Gartenbau" Hal nun seit zwei Jahren der Leiter der Station, Redakteur Steffen, Versuche gemacht, Artischocken schon im ersten Jahre der Pflanzung zum Blühen zu bringen, und find diese Versuche voll gelungen. Bereit» im August 1902 gab e« vollauegebildete Köpfe an einjährigen Pflanzen. Damit ist der Artischrckenkultur in Deutschland zur Freude aller Feinschmecker der Boden geebnet. In der soeben «»»gegebenen Nummer de» „Praktischen Ratgeber»" beschreibt Steffen in Wort und trefflichen lehr reichen Bildern die Erfolge seiner Versuche, und seien alle Gemüsezüchter und Liebhaber de« köst lichen Gemüse« aus diese Beschreibung aufmerksam gemacht. Die Nummer wird von dem Geschäft«. amt de« „Praktischen Ratgeber»" in Frankfurt a. O. gern kostenlo» aus Wunsch zugcschickt. * — Der Königlich Sächsische Hof legt sür die verstorbene Frau Erzherzogin Elisabeth von Oesterreich für die Zeit vom 14. bis 21. Februar Trauer an. * — Als Reinertrag des am 8. Februar zum Besten des Aussichtsturm-Baufonds veranstalteten Konzertes hat der Männergesangverein »Humor" dem hiesigen Erzgebirgsverein den ansehnlichen Betrag von 45 Mk. 92 Pfg überweisen können. Den wackeren Sängern sei auch an dieser Stelle nochmals der wärmste Dank für ihre Aufopferung ausgesprochen. — Beträchtlicher Schneefall der letzten Tage hat die längst ersehnte Schlittenbahn gebracht und wenn die jetzige Temperatur noch etwas anhält, dürfte auch den Schlittschuhläufern nochmals Ge legenheit geboten sein, ihrem Sport huldigen zu können. * — Zur Warnung. E« kommt ost vor, daß Zeitungtnummern von der Tür weg, wo sie der Au«träger hingelegt hat, gestohlen werden; viele Re klamationen von Abonnenten sind aus solche Dieb stähle zurückzusühren. Daß ein solche« Vergehen aber sehr hart bestraft wird, geht au« einem in Dretden gefällten Urteil hervor. Die Auswäiterin Franzitka Bitterlich halte einem Feuermann fünf Zeitungtnummern gestohlen. Sie erhielt fünf Monate Gefängnis und drei Jahre Ehrverlust. * — Neber Erkrankung an Influenza wird jetzt von überall her berichtet. Sie beginnt, während sich der Befallene noch ganz wohl fühlt, mit plötzlichem Frostschauer und Fieber. Gleich zeitig stellen sich höchst quälende Schmerzen im Kops, zumal in der Stirngegend und den Augen höhlen, ost auch Schmerzen in den Gliedern und in der Wirbelsäule ein. AI« charakteristisch zur Erkennung der Influenza gilt auch die dickkelegte, aber an der Spitze und den Rändern stark gelötete Zunge. Für jeden, der in Zeiten de« Auftreten« von J> fluenza diese der Krankheit eigentümlichen Zeichen an sich verspürt, ist e« zweckmäßig, möglich!! bald dar Bell auszusuchen. Wer sich einbildei, er könne der Krankheit widerstehen und brauche „sich nicht werfen zu lassen", der erschwert dadurch den weiteren Verlauf der Krankheit und legt den Grund zu bösen Erscheinungen, zu schlimmen Mit- und Nachkrankheiten. Daneben ist eine knappe Diät anzuwenden und streng nach den Regeln der all gemeinen Gesundheitslehre zu verfahren. Besonder« möge man sich vor der Gefährlichkeit der Rückfälle hüten. Ein erfahrener Praktiker empfiehl! mit Nachdruckt „Man halte sich auch nach der Ge nesung acht Tage lang, al« ob man die Influenza noch hätte." * — Von den Lehrerseminaren. An den sächsischen evangelischen VolkSschullchrerseminaren sind für nächste Ostern 1218 Schüler behus« Ausnahme geprüft morden. Von diesen wurden sür reis be sunden : 992; es konnten aber bloS 671 ausgenommen werden ; cs sind alle Plätze der s-chsten Klassen be setzt. — Außerdem treten Oster» 1903 zwei Real fchulabiturientenklassen (Klasse IV) in Annaberg mit ungefähr 50 Schülern ins Leben; hier könnten noch einige Realschulabiturienten mit der Zensur I—M> Aufnahme finden. * Lichtenstein E, 16. Februar. Eine in teressante Welle kam am vergangenen Freitag zum Auilrag. Kommt da aus Bahnhof St. Egidien Herr Pferdehändler O. au« Bernsdorf mit 2 Lichlensteiner Herren zusammen und wettet mit diesen, mit seinem Geschirr Lichtenstein srüher al« der Zug zu erreichen. lO Flafchen Wein galt die Wette. Als der Zug pfiff, zog auch da« O'sche Pferd, ein kleiner schwarzer Hengst, an, und hcidi, hast du mich gesehen, fuhren Zug und Geschirr ab In Lichtenstein angekommen, eilten die beiden Heiren vom Bahnhof nach dem verabredeten Versammlungs lokal und stehe da, Herr O. saß schon beim zweiten „Schnittchen". „Ja", meinte der Pferdebesitzer mit Recht, „da« i« e' Pserd'l"! * Rüsdorf, 16. Febr. In unserem ca. 50t Einwohner zählenden Doise ereignete sich gestern der seltene Fall, daß sich in einem Leichenzugc 2 Leichenwagen und 2 Musikchörc befanden. Seit Menfchengedenken ist ein solcher Doppelbegcäbni« hier nicht vorgekommen. * Dresden, 16. Febr. Im Königlichen Palais sprachen heute, wie den „Leipz. Reust. Rachr." gc meldet wird, einige Persönlichkeiten der hohen Aristokratie vor, um zu condoliercn, da ihneu die Meldung zugegangen wäre, daß Prinz Friedrich Christian seiner schweren Erkrankung erlegen sei Das Gerücht mochte dadurch entstanden sein, daß in der Tat das Fieber gestern abend eine besorg niserregende Höhe erreicht hatte. Zur Freude der Vorsprechenden konnten diese ober vernehmen, daß der Zustand des kranken Knaben heute ein recht befriedigender sei, und daß letzterer beim Trinken nach „seiner Tasse" verlangt habe, die er zu seinem Geburtstage am 31. Dezember von einem Ange stellten im Palais zum Geschenk erhalten Halle. Dieses Erinnern an einen Gegenstand, welchen der Prinz seit Wochen nicht gesehen, glaubt man im Taschenbergpalais als ein besonders günstiges Zeichen für die weitere günstige Wendung im Krankheitsverlauf ansehen zu sollen. * Dresden. Therese Mallens Abschied. Rach dreißigjähriger ruhmreicher Bühnentätigkeit am Königliche« Opernhause zu Dresden ist Therese Mallen als Isolde zum letzten Male aufgetreten. Damit hat sich die Künstlerin in einer Rolle ver abschiedet, in der sie nur wenige Rivalinnen hatte, sicherlich jedoch von keiner an Stilgröße übertroffen wurde. Das Haus war natürlich vollständig aus- verkaust und wohl an 40 Mal mußte die Gefeierte nachdem sich der Burggarten Tristans fchnell in einen von zahllosen Kränzen und Bouquets er- sülllen Blumenhain verwandelt erscheinen. Dann jprach sie mit tränenerstickter Stimme „Heißen, innigen Dank! Ich kann nicht mehr!" Aus der Bühne sand dann noch eine kleine interne Feier statt, bei welcher Herr Scheidemantel den Abschieds gruß der Kollegen und Kolleginnen übermittelte, der in die Worte ausklang: „Leb wohl, Du kühne«, Du herrliches Kind, und kehre bald zu uns zurück, in Deiner Eigenschaft als unser Ehrenmitglied." * Leipzig, 14. Februar. Wegen Verbrechen« im Amte hatte sich heute vor dem Schwurgericht der 49 Jahre alte Postdirektor Adolf Karl Albert Knoblauch au« Chemnitz zu verantworten. Ihm wird zur Last gelegt, in der Zeit vom 14. Mai 1900 bis zum 22. Januar 1902 olS AmiSvorsteher der Postämter 8 bezw. 5 in 17 Einzelfällen 3000 Mk., die er in amtlicher Eigenschaft empfangen oder in Verwahrung hatte, unterschlagen zu haben und um diese Veruntreuungen zu verdccken, in Beziehung auf die Unterschlagung die zur Eintragung oder Kontrolle der Einnahmen oder Ausgaben bestimmten Register und Bücher unrichtig geführt und unrichtige Abschlüsse vorgelegt zu haben. DaS Geld ist ersetzt, der PostfiSku» also nicht geschädigt worden. Zu seiner Entschuldigung führte der Angeklagte an, cr habe sür seinen inzwischen verstorbenen Bruder Bürgschaft in Höhe von 13000 Mk. übernommen, seine Frau habe der Kinder wegen, die ihm Geld gekostet haben — zwei besuchten daS Gymnasium — darauf gedrungen, daß er sich möglichst hoch in die Lebensversicherung aufnehmen lasse, dies alle« habe feine Einkünfte überstiegen und ihn zu den Unter schlagungen geführt. Da ihm ein Arrangement mit Hilse guter Freunde fehlschluq, sei er kopflos ge- worden und in Wein- und Bierwirtschaslen einge- kchrt und er habe da mehr getrunken, als ihm gut gewesen. Ein als Sachverständiger geladener Assistenzarzt der hiesigen Universität«.Nerve> ktinik, der Knoblauch in der Zeit vom 20. Juni bis 2. August 1902 beobachtet und notwendige Erkundig ungen eingezogen hat, sagt, daß dieser erblich sehr schwer belastet sei. Der Großvater mütterliche's'ilS habe sich da« Leben genommen gehabt und dir Vater sei geisteskrank gewesen, die Mutter habe dem Alkoholgenuß zugeneigt und ein Bruder von ihm sei infolge Trinkens in jungen Jahren an einem Schlaganfall verstorben. Die Gemütsbewegungen, die Knoblauch infolge der BürgschastSverpflichtungen beherrscht haben, hätten die Neigung zum Alkohol genuß bei ihm gefördert und dadurch sei das seine ethische Gefühl bei ihm beträchtlich geschwächt worden Man solle aber Knoblauch nicht etwa für einen Geisteskranken halten, er sei nur geistig minderwertig Der Gerichtshof verurteilte den Angeklagten unter milde nden Umständen wegen schwerer Unterschlag ung im Amte unter Anrechnunq von 10 Monatrn Untersuchungshaft zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis. * Leipzig, 15. Februar. Die Verhandlungen über den Bau des Leipziger Zentralbahnhofes nehmen einen erfreulich raschen Fortgang. Die Verträge zwischen dein Staate und der Stadl Leipzig sind seit längerem bereits fertiggestellt. Ehe der Bahnhof an sich gebaut wird, dürften noch mehrere Jahre vergehen, da erst gewaltige Gelcisverlegungen sich nötig machen, die Schaffung von JnterimSbahvhöscn ist somit zeitlich auch noch in weite Ferne gerückt. In der Hospianofortc- sabrik von Irmler, hier, stellten sämtliche Arbeiter, bis aus 2, die Arbeit ein. * Leipzig, 16. Febr. Die wiederholte Ver handlung des Leipziger Bonkprozeffer und zwar anläßlich de« ReiLSgelichtsbeschlusse« lediglich gegen den vormaligen Direktor Exner wurde gestern von dem Vorsitzenden de« Schwurgerichte«, Landgerichl«- dircklor Müller, unter großem Andrange de« Publikum« eröffnet. Der Verteidiger, Justizrat Dr. v. Gordon-Berlin, begründete in längerer Rede die Ablehnung de« Vorsitzmden au« Besorgni« der Befangenheit, da Direktor Müller Vorsitzender und Berichterstatter der Eröffnungtkammer war und al« Vorsitzender der vorigen Hauptverhandlung durch verschiedene Zwischenbemerkungen, sowie bei der Rechirbelehrung zu erkennen gegeben habe, daß er voreingenommen sei, sodaß die Besorgni« der Be fangenheit begründet sei. LrndgeriL1«direklor Müller erklärte, daß er den Vorsitz vorläufig nieder lege und dar älteste Mitglied de« Gericht-Hose«, Landgerichlsrat Schmidt ersuche, den Vorsitz zu übernehmen. Siaaltauwalt Dr. Weber erachtet die Ablehnung nicht sür begründet, stellt jedoch zweck« Entscheidung de« Bblehnung«antrage» eine Vertagung der Verhandlung anheim. Der Vor sitzende, Landgerichlsrat Schmidt bemerkte, daß er die Verhandlung aus Dienrtag vormittag '/, 10 vertage, dann werde der Gericht«beichiuß über den gestellten Ablehnungsanlrag verkündet weiden. Leipzig, den l6. Febrnar. Die hiesige Ab teilung des Verbandes reisender Kaufleute beschloß eine Massenagitation gegen die sächsische Personen- tarisresorm nnd für den Anschluß Sachsens an die preußisch-hessische Gemeinschaft. * Leipzig In einem sozialdemokratischen Flugblatte, das anläßlich der letzten Stadtverord netenwahlen erschienen war, ist Herr Stadtverord neter Lehrer Körner beschuldigt worden, daß er sein Mandat in seinem eigenen Interesse bei Terrain- Ankäufen verwertet habe. Es wurde öffentliche Anklage erhoben gegen den Verfasser des Flug blattes, den Faktor Seifert von der „Leipziger Volkszeitung", und das Landgericht verurteilte jetzt den Beschuldigten zu 300 Mark Geldstrafe oder 30 Tagen Gefängnis. Auch wurde auf Verrissen! lichung des Urteils erkannt. * Chemnitz, 16. Febr. Im Bezirk der hiesigen Amt«hauplmannschast ist fitzt ein Werk zum Ab schluß gekommen, dessen Segnungen den Kranken und Siechen zu Gute kommen sollen. Bekanntlich haben die Bezirktverlretungen der Amt«hauptmann- schäften beschlossen, noch in diesem Jahre mit 160 bi« 170 000 Mk. Kostenauswand ein sür etwa 100 Insassen Raum bietende« Bezirk-siechenhau« zu er bauen. Durch eine Privatsammlung unter den Wohlhabenden ist außerdem ein Fond« in Höhe von 50 000 Mark geschaffen worden, zuzüglich der Erträgnisse von Wühltätigkeit-Vorstellungen, die zu diesem Zwecke veranstaltet worden sind. * Freiberg, 15. Febr. Das am Sonnabend herrschende starke Schneetreiben, das namentlich im Erzgebirge mit besonderer Heftigkeit auftrat, hat auch dem Eisenbahnverkehr mehrfache Schwierig keiten bereitet. Aus der Linie Freiberg Halsbrücke mußte sogar am genannte» Tage der gesamte Ver kehr infolge Schneeverwehung eingestellt werden. Am Sonntag konnte mit dem ersten Frühzug« wieder der volle Betrieb ausgenommen werden. * Frankenberg, 15. Febr. Sin graufiger An blick bot sich vor einigen Tagen im benachbarten Oberlichtenau einem vahnbeamten, indem er un weit de« Bahnhofe« zwischen den Bahngleisen die Leiche einer vom Zuge überfahrenen Frau auffand. Die Verunglückte ist nunmehr al« die 40jährige Maria Magdalena Twodoscky rekogno«ziert worden. * Hainichen. 16. Febr. Am heutigen Morgen starb hier nach längerem Kranksein der Redakteur und Buchdruckeretbesitzer Robert Kuhn, langjähriger Verleger de« „Hainichener Anzeiger»". * Tolditz, 15. Febr. Während de» Vormittag«. Gotle«dtenfte« in der hiesigen Stadtkirche, bet welchem der zum Dtakonu« gewählte btlherige Hilfegeistliche Herr Pastor Kunze au« Olbernhau die Antritt«- predigt hielt und die feierliche Einweisung desselben durch Herrn Superintendenten Albert au« Grimma erfolgte, endete ein Herzschlag da« Leben de« lang- jährigen Kalkanten Herrn Anton Richter mitten in seiner Beius-lätiakeit. * Wurzen, 16. Februar. Vergangene Nacht befand sich der Unteroffizier Eulitz von der 5. Batterie des hiesigen Artillerie-Regiments mit einem Kameraden und zwei Mädchen auf dem Wege von Bennewitz, um nach Wurzen zurückzu- kehren. Auf der Muldenbrücke vor dem Gasthause „Tivoli" eilte er seiner Begleitung einige Schritte voraus, kletterte über das Brückengeländer und hielt sich an vorstehenden Steinen fest, so daß er über dem Strome in der Luft zu schweben schien. Plötzlich rief Eulitz seinem Kameraden zu, er könne sich nicht mehr halten. Der Letztere faßte mit einem anderen Unteroffiziere, der hinzugekommen war, Eulitz durch das Geländer hindurch an den Händen, um ihn festzuhalten. Diesen verließen jedoch die Kräfte; er stürzte in die Tiefe und ver schwand lautlos in den Fluten. Bis jetzt hat man den Leichnam noch nicht finden können. Rach an- gestellteu Erörterungen ist anzunehmen, daß Eulitz nur im Uebermute sich über das Geländer der Brücke geschwungen hat, um seine Begleitung zu erschrecken. Ein beabsichtigter Selbstmord ist aus geschlossen. * Ehrenfriedersdorf. Der in den letzten Tagen eingetretene Schncesturm war wiederholt von Gewitlererscheii ungen begleitet. Ein Blitz traf hier bei da« im Seisentale gelegene Hau«grundstück de« Fleischerobermeister« und Restaurateur» C. Myer, wodurch der Dachstuhl in einer Länge von ca. 4 Meter arg beschädigt wurde. * Ane, 15. Februar. Von einem bedauerlichen Unfall ist das 6jährige Töchterchen des Güter bodenarbeiters Röder hier betroffen worden. Das selbe war am Freitag mit zum Wäschemangeln genommen worden und hatte nach kindlicher Weise sich in einem unbewachten Augenblicke an der Wäschemangel zu schaffen gemacht, mährend diese gerade im vollen Gange war. Im Moment wurde das Mädchen von der Mangel am Kopse ersaßt und ihm die Kopfhaut teilweise abgezogen. Selbst verständlich wurde das so schwer verletzte Kind so fort in ärztliche Behandlung gegeben, und es ist zu hoffen, daß es wieder völlig hergestellt werden wird, ohne üble Folgen von dem Unfall davonzu tragen. * Tanna. Eine ältere, kränkliche Fraucn«. perjon bezog feit vielen Jahren au« der Stadtkasse eine wöchentliche Unlerstützung von 2,50 Mk. Vor dem Stadlrat erklärte sic nun vor kurzem, daß sie die Unterstützung in dieser Höhe nicht verbrauchen könne, man möge den B-trag aus 1,50 Mk. er niedrigen. Sie verdiene durch Stricken und Wäsche aurbessern, so lange sic gesund sei, und könne auch zu Hause an Kost und Feuerung sparen! * Olbernhau. Der Stollen „Gabriela-Zeche" wurde früher bi« 400 Meter Länge mit Erfolg ab- gebaut. Donn trat eine Verwerfung ein. Al mau i» dieser den Stollen 300 Meter weitcrgeführt hatte, kam man auf ein 2 Meter dicke« Anthrazit- flöz. Dieses wird zur Zeit von einer Belegschaft von 239 Mann abgebaut. Außerdem arbeitet noch eine Belegschaft an einem zweiten Stollen, und 70 Mann sind in der Kohlenwäscherci beschäftigt. * Scheibenberg, 15. Februar. Vom Tode de« Ertrinkens gerettet wurde in Crottendorf von Herrn Königl. Oberförster Schulze unter eigener Lebensgefahr ein 4jähriger Knabe. Der Knabe hatte sich auf die dünne Eisdecke eines bei der „Glas hütte" gelegenen Teiches begeben und war einge. krochen. Mittels einer über das schwache Ei« ge legten Leiter gelangte Herr Oberförster Schulze zu der EinbruchSstelle und brachte da- Kind in schein- bar leblosem Zustand als Land. Die Wiederbe- lrbunqSversuche waren von Ersolq begleitet. * Falkenstein. Im benachbarten Siebenhitz hat am Sonnabend früh ein daselbst bediensteter Knecht seinen Arbeitskollegen mit einer Schaufel dermaßen an den Kopf geschlagen, daß sofort ärzt liche Hilse nötig wurde. Der Unhold hat nach dem Vorfälle das Weite gesucht und konnte bis jetzt noch nicht dingfest gemacht werden. * Aus dem Bogtlande, 16. Febr. Gerüchte über einen Raubmord gingen am Sonnabend in der Brambacher Gegend von Mund zu Mund. Der Streckenwärter Penzel aus Raun war am Sonnabend früh nach längerer Krankheit erstmalig auSgegangen, um sich beim Bahnmeister als wieder arbeitsfähig zu melden. Unterwegs wurde Penzel ohnmächtig und schlug im Fallen mit dem Hinter kopfe auf einen Grenzstein, erlitt einen Schädelbruch und war tot. Er hinterläßt eine starke Familie in ärmlichsten Verhältnissen Kleine Chronik. * Berlin, lieber einen zerstreuten Bräutigam wird der „Berl. Volksztg." folgendes Geschichtchen als buchstäblich wahr erzählt: Der 24jährige Bau anschläger I. hatte beschlossen, ein Mädchen, das er schon lange in sein Herz geschlossen, zum Standes amt zu führen Alle Vorbereitungen waren ge troffen, das festlich geschmückte Bräutchen harrte
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