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V» Kirchweiht), die zum gottesdienstliche» Gebrauch bestimmten Kerzen zu segnen. Diese Lichterweihe wird vollzogen durch dreimalige Besprengung mit Weihwasser und Beräucherung mit Weihrauch; darauf folgt die Austeilung der geweihten Kerzen und eine Prozession mit den angezündeten, welche auch während der sich anschließenden Messe brennend gehalten werden bis zum Beginn der Kommunion. Für uns hat das Fest Mariä Aeimgung noch eine andere Bedeutung. Es knüpft sich nämlich an den Gegen stand deS Festes die alte Sitte des Kirchganges der christ liche« Wöchnerinnen. Der erste Weg einer christlichen Mutter u.'ch der Geburt ihres Kindes sollte der Weg zur Kirche sein, und wie Maria und jede Frau in Israel nach ihren Wochen ein Brand- und ein Sündopfer zu ihrer Reinigung darbringen mußte, so sollte jede christliche Frau, nachdem sie Gott gesegnet und in schwerer Stunde bewahrt, in seinem Hause ihm wenigstens das Dankopser ihres Herzens und Mundes darbringen und, wenn sie es kann, nach ihrem Vermögen auch ein Dankopfer ihrer Hand. Möchte die Sitte des Kirchgangs der Wöchnerinnen auch in unseren Gemeinden immer mehr wieder eingeführt und durchgeführt werden! Ehescheidung und Wiedertrauung Geschiedener. Die Frage, ob es recht sei, Geschiedene wieder zu trauen, wenn sie eine neue Ebe eingehen wollen, ist sehr alt. Neuerdings ist sie wieder einmal in Fluß gebracht worden. Man hat in unserer Landeskirche eine Agitation eingeleitet, dahin gehend, daß den gegen Gottes Wort Ge schiedenen bei etwaiger Wiederverheiratung die kirchliche Trauung versagt werden möchte. Wir müssen von vorn herein zugeben, daß die Urheber dieser Agitation ernstge richtete christliche Persönlichkeiten sind, denen es Gewissens sache ist, ihre Anschauung zu vertreten nnd sich bemühen, dieselbe zu allgemeiner Geltung zu bringen. Wir müssen auch zugeben, daß es im Punkte der Kirchenzucht in unserer Landeskirche wie in den Landeskirchen überhaupt nicht immer so zugeht, wie es zugehen möchte und daß da manchmal größerer Ernst zu wünschen wäre. Deshalb haben wir auch die Pflicht, das Vorbringen jener Personen, welche eine ernstere Kirchenzucht hinsichtlich der Wiedertrauung Geschiedener sür Pflicht der Kirche halten, nicht achtlos bei Seite zu schieben, sondern gewissenhaft zu prüfen. Die Frage ist auch vor die letzte Landessynode gebracht worden. Diese hat sich auf den formalen Rechtsstandpunkt gestellt. Sie hat erklärt, daß die in Kraft befindliche Trau ordnung die Geistlichen nicht hindere, strenge Kirchenzucht zu üben, daß sie vielmehr die Möglichkeit gewähre, nicht blos in den ß IS Absatz 3 ausdrücklich angeführten Fällen die Trauung zu versagen, sondern überall da, wo nach Auffassung des betreffenden Geistlichen eine Entwürdigung d«S göttlichen Segens vorliegen würde. Damit hat die Synode die Streitfrage freilich nicht gelöst. Man wird ihr billig zugestehen müssen, daß sie dazu auch gar nicht berufen war, denn eS handelt sich im Grunde genommen gar nicht um eine Frage der Kirchenzucht, sondern um eine exegetisch« brz. dogmatische Frage (d. h. der Bibelauslegung bez der Glaubenslehre). Derartige Fragen werden aber nicht durch Majoritätsbeschlüsse gelöst. Suchen wir uns zunächst die Streitfrage klar zu machen. Nach der Trauordnung ist die Trauung zu ver sagen, wenn sie eine Entwürdigung des begehrten gött lichen Segens bedeuten würde. Dies kann aus drei-rlei Gründen der Fall sein: aus solchen, welche in der Ver gangenheit, solchen, welche in der Gegenwart, und solchen, welche m der Zukunft liegen Als hervorragende Beispiele gibt die Trauordnung — wir lassen einstweilen die Wiedertrauung Geschiedener weg — folgende an: für Gründe, welch« in der Zukunst liegen, die Vermutung, daß die <H«schli«ßung mit zum Deckmantel eines lasterhajten Lebens dienen soll, für solche die in der Gegenwart liegen, den Fall, daß die Verheiratung sich als Nichtbeachtung ein s auSdrücllichen Widerspruchs der Eltern, also eine offenbare Verletzung d«S 4. Gebotes darstillt: und für solche, die in der Vergangenheit liegen, den Fall, daß der eine ehe- schließendr Teil mit Ascendenten oder Descendenten des anderen verbotenen Umgang gepflogen Hal. In welche der drei Rubriken würde nun die Wiedertrauung Geschiedener gehören? Nach der Trauordnung würde, wenn hier die Trauung zu versagen wäre, dies aus Gründen zu ge schehen haben, die in der Vergangenheit liegen, weil in der früheren Ehe Sünde geschehen ist, welche zur Schei dung geführt hat, ist die neue Ebe nicht kirchlich einzu segnen. Jene dagegen, von denen wir oben sprachen, stehen aus dem Standpunkt, daß die Trauung zu versagen ist aus Gründen, die in der Gegenwart liegen: weil die Wiederherstellung selber eine Sünde ist, muß der Ehe der kirchliche Segen verweigert werden. Die Frage ist also nicht die, wie sie unsere Trauordnung stellt: Ist in der früheren Ehe gesündigt worden ? sondern die: Ist es Sünde, daß ein gegen Gottes Wort Geschiedener wieder heiratet? Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, wird es nötig sein, zunächst einmal zu prüfen, in welchem Falle denn eine Ehescheidung als wider Gottes Wort geschehen zu be trachten sei. Wir müssen also zunächst von der Ehe scheidung reden. I. Die Ehescheidung. A. Z>ie prinzipielle Antöskichkeit der Khe Zu Jesu Zeiten herrschte zwischen den Schulen des Hillel und des Schammai ein Streit über die Ehescheidung. Schammai vertrat die strenge Auffassung, daß nur Ehe bruch Scheidegrund sei, Hillel befürwortete eine mildere, richtiger gesagt eine laxe Scheidungspraxis, bei welcher der Willkür des Mannes eigentlich Tür und Tor geöffnet war. Gerade so stecken die Gesetzeslehrer heute noch in dem Gegensätze zwischen Schammais und Hillels Auffassung. — Die Pharisäer haben einst den Schulstreil vor Jesum gebracht. Dieser ist aber auf den Gegensatz der beiden Schulen gar nicht eingegangen, sondern hat einen ganz anderen Gegensatz hervorgehoben, den zwischen dem ur sprünglichen ewigen idealen Eheprinzip nnd dem später zwischineingekommenen pädagogischen Ehegesetz. Das ist die Bedeutung der Stelle Matth. 19, 3—9. Die Pharisäer fragen den Herrn: Ist es auch recht, daß sich ein Mensch scheide von seinem Weibe um irgend einer Ursache? Jesus ^aber antwortet: Habt Ihr nicht gelesen, daß der im An fang den Menschen gemacht hat, der machte, daß ein Mann und Weib (genauer „Männliches und Weibliches" in ihren, Füreinandersein, Mann und Fran als zusammengehöriges Ganzes» sein sollte? So ist schon durch diese Schöpsertat Gottes die Unlöslichkeit der Ehe dargetan. Sie wird dazu noch bezeugt durch das Wort (v. 5): Und sprach: Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe bangen, und werden die Zwei Ein Fleisch sein. Dieses Wort Adams, von ihm im Zustande der Sündlosigkeit, der Reinheit gesprochen, ist die klare Offen barung des Willens Gottes hinsichtlich der Ehe, welche demnach den engsten Bund bezeichnet, den es giebt, noch enger als das Band zwischen Eltern und Kindern. Es wird dadurch beides ausgeschlossen, die Vielweiberei und die Ehescheidung. Und nun fügt Christus dieser Offen barung in Tat und Wort noch sei« Wort hinzu: So sind sie nun nicht zwei, sondern Ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.