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Kirchliche Nachrichten Monatliche Beigabe zum „Anzeiger". Redigirt von Pfarrer B. Albrecht in Hohenstein-Ernstthal, an den alle diesbezüglichen Sendungen zu richten sind. Februar-Ausgabe. Nr. 2. 1903. Reich möcht ich sein. Reich möchl ich sein Und als ein Reicher w:il und breit bekannt; Ter Reiche hat viel Menschen in der Hand. Dann ging ich hin mit allen meinen Schätzen, Dem lieben Herrn zu Füßen mich zu setzen. — Reich möcht ich sein: Ich zöge Arm und Reiche hinterdrein. Groß möcht ich sein; Groß vor der Well, gleich einem mächl'gen Herrn, Dem Großen glaubt und folgt die Well so gern: Dann ging ich hin mit allen meinen Ehren, Dem lieben Herrn in Demut zuzuhören. Groß möcht rch sein: Ich zöge Groß und Kleine hinierdrein. Klug möcht ich sein: Begabt mit Engels Weisheit und Verstand, Ich hält' ein Heer von Jüngern bald im Land; Dann ging ich hin mit allen meinen Gaben, Um an des Herren Liebe mich zu laben. — Klug möcht ich sein: Ich zöge Klug' und Toren hinterdrein. Es mag drum sein; Ich hab' nun einmal Gold und Silber nicht; Doch zieh' ich fröhlich fort auf meinem Pfade, Und nehme von dem Herren Gnad' um Gnade. — Es mag drum sein: Ich ziehe doch wohl Einen hinterdrein. (Heinrich Möwes. I7W—I8S5.) Mariä Reinigung" oder „Lichtmeß". Am nächsten Sonntag ist, nach einem Gesetz vom 13. Januar 1831, in unsrer sächsischen Evang.-luth. Landes kirche das Fest „Mariä Reinigung" im Hauptgottesdienst derart mitzufeiern, daß die Fest-Epistel und das Fest- Evangelium vom Altar oder Lesepult vorgelesen und in der Predigt der Bedeutung des Festes gedacht wird. Luther und die anderen Reformatoren wollten ursprüng lich wegen des großen Aberglaubens, der an die Feier der Marienfeste sich knüpfte, diese ganz abschaffen, aber aus Schonung der Gewissen, da so Vielen diese Tage teuer geworden waren, und um Anstoß und Aergernis zu ver hüten, gestatteten sie die fernere Feier derselben; beschränkten jedoch die vielen Marientage auf drei, die zugleich als „Herrenfeste", als Feste Christi begangen werden können, indem sie auf Tatsachen beruhen, die von der Schrift be zeugt sind und die Person des Herrn betreffen, oder sich auf die große Gnade beziehen, die Gott den Menschen durch die Sendung seines Sohnes erwiesen hat. Diese drei „evangelischen Marienfeste" sind: 1 ., Mariä Verkündigung, das seine biblische Grund lage in Luk. 1, 36—38 hat (der Engel Gabriel verkündigt der Jungfrau Maria die Geburt Jesu). Luther: „Dieses Fest begeht man um des Artikels willen im Glauben: Empfangen vom heiligen Geiste: daß dieser Artikel von der Empfängnis unsres Herrn Jesu Christi fest und gewiß in der Christen Herzen bleibe." Dieses Fest fällt auf den 25. März (9 Monate vor Weihnachten.) 2 ., Mariä Keimsuchuug, das sich gründet auf die evangelische Geschichte Luk. 1, 39—56. (Besuch der Maria bei Elisabeth und Lobgesang der Maria). Luther: „Dieses Fest hat der Papst erst vor dieser Zeit eingesetzt, den Türken daniit zu vertreiben; wir wollen es aber darum feiern, daß man Gott danke für die herrliche Offenbarung, die auf diesen Tag geschehen ist, daß die fromme und alte Elisabeth so des heiligen Geistes voll ist, daß sie be kennt, die Jungfrau Maria sei die rechte Mutter ihres Herrn und Gottes." Dieses Fest fällt immer auf den 2. Juli. 3 ., Mariä Reinigung. Nach 3. Mose 12, 2 ff. sollte ein israelitisches Knäblein 8 Tage nach seiner Geburt be schnitten werden und nach weiteren 33 Tagen seine Mutter zum ersten Male wieder zum Heiligtum kommen. Auch Maria muß sich diesem gesetzlichen Gebrauch unterwerfen. Nach Luk. 2, 22—32 besucht sie den Tempel, um das Opfer der Reinigung für sich darzubringen, zugleich aber auch den Erstgeborenen dem Herrn darzustellen und ihn nach dem Gesetz loszukaufen. Das Fest heißt daher auch das „Fest der Darstellung", oder daS Fest Simeons, in der griechischen Kirche das „Fest der Begegnung", weil der gottesfürchtige Simeon und die fromme Hanna dem Christus- kinde begegneten. Da sich aus dieser neutestamentlichen Grundlage der Ursprung des Festes sehr natürlich erklärt, so ist es nicht nötig, seine Zuflucht zu den im Februar gewöhnlichen heidnischen Festen zu nehmen, als wären die Faunalien (am 13. Februar) und Lupercalien (am 15. Februar), diese alten Feste zu Ehren der Hirtengötter Faun und Lupercus (d. h. ?an) dadurch ersetzt oder die Februalien, dieses große Reinigungsfest der Römer in der 2. Hälfte des Februar, mit Opfern zur Entsündigung des Volkes und zur Versöhnung der Toten gefeiert, auf christliche Weise umgestaltet worden. JedenfalK bleibt die Verehrung der Maria das erste Motiv zur Einsetzung des Festes, das stets aus den 2. Februar, als den 40. Tag nach dem Weihnachtsfest fällt. Seinen Ursprung setzt man in die Zeit des Kaisers Justinian I., der in Konstan tinopel aus Anlaß einer Pest und eines Erdbebens den Schutz der heiligen Jungfrau anflehte und, um desto sicherer bei ihr Erhörung und Abwendung der Gefahren zu finden, die Feier dieses Festes anordnete. Eine Prozession mit Lichtern gehörte dazu, die man symbolisch auf „daS Licht, zu erleuchten die Heiden" deutete, als welches Simon den Herrn im Tempel begrüßt. Erst in späteren Zeiten (im 11. Jahrhundert) kam die Sitte auf, an „Mariä Licht meß" („Messe" hat hier nur die allgemeine Bedeutung von „Feierlichkeit" oder „Weihe", da die Messe der feierlichste Teil d^s katholischen Gottesdienstes ist, vgl, Kirmes, Kirchmesse —