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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190301236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030123
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-01
- Tag 1903-01-23
-
Monat
1903-01
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.01.1903
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„Nazette" über «inen Besuch, den er den Flücht lingen in Senf abgestattet hat. Andrs Biron sagte zu« Erzherzog: „Leopold, ich stelle Dir hier meinen Jugendfreund Gustave Fuß vor," worauf sich der Erzherzog sofort in Gegenwart von Fräulein Ada- «ovic ausführlich über seinen Fall verbreitete: „Was ich getan habe," sagte er, „ist sehr einfach. Man braucht nach keinen tieferen Gründen zu suchen. Ich hatte genug vom Hosleben und wollte endlich einmal Mensch sein." Ueber die Rücknahme seine» Verzichte« auf die Vorrechte seiner Geburt bemerkte Leopold: „Ich finde, e« wäre dumm, frohen Herzen« eine bedeutende Apanage zu opfern. Al« Erzherzog bin ich geboren und Erzherzog werde ich bleiben, weil ich nicht« gegen die Ehre ver brochen, nicht« begangen habe, wa« meinen Titel beflecken könnte. Ich dulde nicht, daß man ihn mir nimmt, al« ob ich mich seiner unwürdig ge macht hätte, ebensowenig wie ich mir meine öster reichische Staat«,ugehörigkeit rauben lassen werde, die einm Teil meiner Persönlichkeit au«macht. Künftig will ich ein Leben der Arbeit führen, ein nützlicher Mensch werden, kein Hampelmann mehr sein, den man nach Belieben am Bindfaden tanzen lassen kann. Ich will auch meine Existenz frei der Frau widmen dürfen, die ich liebe." Au« den Er zählungen von Fuß geht hervor, daß der Erzherzog den jungen Brüsseler Abenteuerer vollkommen al« feinen Schwager behandelt. Auch mit Lachenal, dem Advokaten der Flüchtlinge, hat Fuß sich unter halten. Lachenal hatte seinen Schützlingen zuerst sehr zugeraten, die Vertreter der Presse zu empfangen und ihnen Rede zu stehen, da sie durch Bekannt werden de« wirklichen Tatbestände« nur gewinnen könnten. Al« aber die Reporter hernach in ihren Blättern vielfach der wildesten Sensaticn«lust stöhnten, habe er zu gänzlicher Zurückhaltung ge- raten. Al« die einzige vernünftige Lösung de« Fall« der Kronprinzessin betrachtet Herr Lachenal die Einwilligung de« sächsischen Hofe» in die Ehe scheidung. Er meint, daß der Papst sich schließlich nicht widersetzen «erde. Wir müssen bei dieser Gelegenheit bemerken, daß Giron von den Kreisen, die ihn in seiner Heimatstadt genau kennen, al« „flatterhaft" geschildert wird. Da« allgemeine Ur- tell der Brüsseler läßt sich dahin zusammenfaflen, daß ihr junger Land«mann ein Bombenglück und sich für seine Zukunft eine glänzende Reklame ge macht habe. Wie«, 22. Januar. Giron erklärte einem Interviewer, er habe keine Furcht vor etwaigen Maßregeln, die gegen ihn in Dre«den beschlossen werden könnten. Er werde von der Kronprinzessin nicht lassen und er habe ihr Wort, daß sie nach Durchführung de« Ehescheidungs-Prozefle« seine Gattin werde. Da« zu erwartende Kind werde er nicht hergeben und er sei entschlossen, seine Vater rechte nötigenfall« im Rechtsweg geltend zu machen. TageSgeschichte. Deutsche» Reich. Verii», 22. Januar. Beim Reichskanzler Grafen Bülow fand gestern in parlamentarischer Abend statt, an dem Vertreter aller Parteien de« Reichttage« mit Au«nahme der Sozialdemokraten, verschiedene Minister, sowie Angehörige der Finanz, weit, der Industrie, Kunst und de« Handel» teil nahmen. — Auf Anregung Sr. Majestät find die Dis positionen für die Kailermanöver mit Rücksicht auf di« Königtsamilie in Dre»den geändert worden, und wird sich da» 12. Armeekorp« nicht an den Manöver« beteiligen. An seiner Stelle wird da« 4. Armeekorp« mit dem 19. Armeekorp« unter dem Oberkommando de« General« v. Hausen gegen da« 10. und 11. unter General v. Willich manöverieren. Al« Terrain ist die Gegend zwischen Merseburg und Kassel gewählt. Da« Haupttreffen findet in der Nähe von Ohrdruf statt, womit gleichzeitig der dortige neue Truppenübung«platz für da« 11. Korp« aulgeprobt werden soll. Da« Kaisermanöver be ginnt Ende August. Innerhalb de« 11. Armeekorp« werden bereit« Vorbereitungen dazu getroffen. In Merseburg ist die Nachricht eingelausen, daß der Kaiser am 14. September zu den Manöver» ein trifft und einen viertägigen Aufenthalt im dortigen Schlosse nimmt. Mit der Renovation der Ausent- haltträume ist bereit« begonnen worden. — Ueber den Empfang der deutschen Kolonie in Peter«burg durch den Kronprinzen Wilhelm be richtet die „PeterSb. Ztg.": Gar manchem schlug da« Herz, al» die stattliche Erscheinung de« jugend» lichen Katscrsohne«, der in seiner geraden militärischen Haltung wohl die meisten der Anwesenden überragte, sich festen Blicke« und vertrauenheischend an ihn wandte. Schlicht und einfach, ohne jede« Falsch stand Kronprinz Wilhelm al« da« blühende Bild «ine« zukunftrstarken, hoffnung-mutigen Menschen vor uni. In der Art der Haartracht, im Blick, in der Haltung ist die Sehnlichkeit mit seinem Vater unverkennbar. Wa« aber den aufmerksamen Be trachter : dieser Züge besonder« überrascht, ist die merkwürdige Aehnltchkeit, die da« Profil de« Prinzen mtt dem seine« ruhmvollen Ahnen Friedrich« de« Großen besitzt. — Zur Durchführung de» Flottengesetzc», aus schließlich der Ersatzbauten, sind noch 5 Linienschiffe, 2 große und 4 kleine Kreuzer al» Neubauten in Angriff zu nehmen. Mit den sür 1903 geforderten Neubauten kommen auf den Sollbestand in Anrech nung: 33 Linienschiffe, 14 große und 34 kleine Kreuzer. — Da» von Kronprinz Wilhelm dem Zaren überreichte Modell de» neuesten und größten deutschen Linienschiffe» „Braunschweig" ist über 1 Meter lang und erläutert bi» in die kleinsten Ein zelheiten die Ausrüstung. ES kann somit, heißt e» in einer Petersburger Mitteilung der Köln. Ztg., auch al» Zeichen besonderen Vertrauen» der deut- schen Marine zur russischen angesehen werden. — Wir wollen hoffe», daß diese» Vertrauen nicht ge täuscht werden wird. — Der Fraktion-Vorstand der sozialdemokra tischen Fraktion de» Reichstag» erläßt folgende Er- klärung: „In der Sitzung de» Deutschen Reich«- tag» ist durch den ersten Präsidenten, Herrn Grafen v. Ballestrem, rin die durch die Verfassung garan- tierle Redefreiheit der Abgeordneten vernichtender Gewaltakt verübt worden, gegen den wir im Namen und Auftrag der sozialdemokratischen Fraktion hier- mit öffentlich Protest erheben, nachdem der Redner, Parteigenosse v. Vollmar, vergeblich versucht hat, in der Sitzung sein Recht zu wahren. Vollmar beabsichtigte im Laufe seiner EtatSrede die verletzen den Aeußcrungen zur Sprache zu bringen, die der Kaiser in seinen bekannten Reden in Essen und Breslau im Dezember v. I. gegen die deutsche Sozialdemokratie geschleudert hat. Da» zu tun hatte Vollmar nach den bisherigen, durch den Prä sidenten Herrn Grafen v. Ballestrem selbst im Reichs tage eingebürgerten Regeln volles Recht. Der Präsident, Herr Graf v. Ballestrem, hat in den Sitzungen des Reichstags vom 21. Januar 1899, ferner vom 21. Juni 1899 und endlich vom 12. Dezember 1899 ausdrücklich erklärt, daß er eine Besprechung kaiserlicher Reden in angemessener Weise, sobald sie authentisch, z. B. durch den „Reichsan zeiger", bekannt geworden seien, zulassen werde. Ob wohl nun die Reden in Essen und in Breslau im „Reichranzeiger" veröffentlicht worden sind, und obwohl Vollmar auf Einwendung des Präsidenten, Herrn Grafen v. Ballestrem, ausdrücklich erklärt hatte, er werde den Fall Krupp, mit dem jene Reden in Verbindung stehen, mit keinem Worte erwähnen, sondern sich ausschließlich auf die Kritik der gegen die sozialdemokratische Partei gerichteten Beschuldig- ungen des Kaisers beschränken, so ließ der Präsident diese Kritik nicht zu. Dieser Willkürakt des Präsi denten, Herrn Grafen v. Ballestrem, ist um so un erhörter, al» er e» in der Ordnung fand, daß so wohl in der gestrigen al» in der heutigen Sitzung de» Reichstag» das Swinemünder Telegramm deS Kaisers an den Prinzregenten von Bayern, das im „Reichsanzeiger" nicht veröffentlicht worden ist, in der gründlichsten Weise erörtert wurde, insbesondere auch durch den ZentrumS-Abgeordneten Dr. Schädler. Da die Geschäftsordnung des Reichstags keinen Weg bietet, diesen nur bei Kenntnis der Geheimge schichte des Falles Krupp verständlichen Gewaltakt deS Präsidenten, Herrn Grafen v. Ballestrem, im Reichstage selbst zur Erörterung zu bringen, so wenden wir unS an die Oeffentlichkeit. Wir über lassen dem deutschen Volke, über dieses durch den Präsidenten deS Reichstags aus die Redefreiheit der Abgeordneten verübte Attentat da» Urteil zu fällen." — Auch die ultramontane „Köln. VolkSztg." nimmt Stellung zu dem gestrigen Vorgehen deS Präsidenten Grafen Ballestrem und sagt, eS sei nicht recht ersichtlich, warum der Präsident die Erörter ung abschoitt, da das Swinemünder Telegramm gleichfalls eine private Kundgebung, wie daS Krupp sche Telegramm gewesen sei. Graf Bülow verlange in Sachen de» Swinemünder Telegramms freie Meinungsäußerung vom Kaiser. Niemand wolle sie dem Kaiser beschränken. Indessen sei daS Correlat der unbeschränkten freien Meinungsäußerung deS Kaisers die Forderung, daß auch jedermann in ent sprechender Weise daraus erwidern kann. Im vor liegenden Falle sei daS nicht möglich gewesen. — Zur Reichstagsdebatte über die Swinemünder Kaiserdepesche schreibt die freikonservative „Post": „ES ist zweifellos in hohem Grade unerwünscht, daß, wie dies Figura zeigt, durch solche Kundgebungen Persönlicher Natur, wie die Swinemünder Depesche, die Person des Monarchen in die Verhandlungen deS Reichstags hereingezogen wird, ja bis zu einem gewissen Grade den Mittelpunkt dieser Verhandlungen bilde». Früherist e» im Interesse deS monarchischen Prinzips als ein fester, unumstößlicher Grundsatz angesehen worden, daß die Person deS unverant wortlichen Monarchen in den parlamentarischen Verhandlungen nicht berührt wird, neuerdings ist im Reichstage dieser konstitutionelle Fundamentalsatz infolgevielfacherkaiserlicherpersönlicher Kundgebungen notgedrungen verlassen worden. Es liegt indessen zweifellos im Interesse de» monarchischen Prinzips, daß dem Parlament möglichst wenig Anlaß gegeben wird, sich mit der Person des Herrscher-zu befassen. ES kommt hinzu, daß unter dem packenden Einflüsse eines augenblicklichen Eindruckes erlassene Kund gebungen, so häufig sie nach der einen Richtung hin in- Schwarze treffen, doch nicht immer in voller Voraussicht aller Wirkungen, die sie au-zuüben vermögen, erlassen werden können, und daß demzu folge gegnerischen Elementen oster mehr als gut ist Gelegenheit zur Kritik geboten wird. Vom vater ländischen und monarchischen Standpunkte kann man daher nur wünschen, daß auch auf dem sür freie persönliche Betätigung des Monarchen geeigneten Gebiete die äußerste Vorsicht und Zurückhaltung geübt werde." — Die „Münchn. N. N." bemerken : „ES ist Tatsache, daß die kaiserlichen Kundgebungen infolge ihrer Häufigkeit wie infolge der inneren Widersprüche, die sie untereinander oft aufweisen, viel an der Kraft und WirkungSfähigkeit eingebüßt haben, die sic besitzen sollten. Ob man sich rn Berlin darüber klar ist, ob der Kaiser überhaupt noch Berater hat, die über diesen Punkt ihn zu in formieren suchen, und wie weit solche Berater Gehör finden, daS wird sich natürlich schwer feststellen lassen. Wenn Gras Bülow dieselbe Energie, mit der er seine Anschauungen von der Verantwortlichkeit deS Reichskanzlers aussprach, auch in seiner amt lichen Tätigkeit (daS Wort „amtlich" im weitesten Sinne aufgefaßt) bewährt, dann sollte man meinen, müssen Zwischenfälle, wieder an daSSwinemünder Telegramm sich anschließende, vermieden werden können. — Der Reichskanzler hat, wie erwähnt, im Reichstage die Erklärung abgegeben, daß dem BundeSrat ein Antrag unterbreitet sei, im Wege der Ergänzung des Reglements für die ReichStagS- wahlen Bestimmungen zu erlasse», wonach die Ab gabe deS Stimmzettels in einem Umschlag zu er folgen und die Einfügung der Stimmzettels in den Umschlag derart stattzufinden hat, daß der Wähler, ohne daß er von irgend einer Person ge sehen werden kann, den Stimmzettel in den Umschlag legt. Der Reichstag hat bezügliche Anträge der ZentrnmSPartei und der Freisinnigen Vereinigung zuletzt am 1. Mai 1902 angenommen gegen die Stimmen der beiden konservativen Parteien. Diese Anträge waren in der Form eine- Gesetzes zur Abänderung des Wahlgesetzes gestellt. ES wird nach näherer Kenntni» deS neuen Reglements zu prüfen sein, wie weit eS sich mit jenem GesetzeSvor- schlag deckt. — Die „Köln. Ztg." wendet sich scharf gegen neue Unwahrheiten der englischen und amerikanischen Blätter, so u. a. gegen die Meldung der „Daily New«", nach der der amerikanische Botschafter in Berlin die deutsche Regierung zur Rede gestellt habe darüber, ob Deutschland die französischen Rechte auf Panama erwerben wolle. Solche Torheiten seien höchst beleidigend für die amerikanische Diplomatie, der man solche Unkenntnt« der politischen Lage zu traue. Auf derselben Höhe stehe die amerikanische Meldung, Präsident Castro habe schon vor einer Woche gewußt, die deutsche Regierung habe ihre Marine angewiesen, vor Eintreffen Bowen« in Washington venezolanische« Gebiet anzugreisen. Die deutsche Regierung sei nicht so hirnverbrannt, ab sichtlich den Gang der friedlichen Verhandlungen zu stören. Frankreich. — In Frankreich steht gegenwärtig die Bretagne im Mittelpunkt de« Interesse», worüber der „Boff. Ztg." u. a. geschrieben wird: Die Not der Sardinen fischer und der Kamps der Regierung gegen die bretonische Sprache in der Kirche lenken aller Blicke aus sich. Da« Elend der armen Fischer ist herz brechend. Die Wohltätigkeit der Pariser bewährt sich wieder glänzend. Die Bretonen werden von der Gemeinbürgschast de« französischen Volke» nicht blo« in Worten zu hören bekommen, sondern diese Gemeinbürgschaft erleben. Sie werden fühlen, daß die Republik die Hand über sie hält und sie gegen unverdiente« Mißgeschick verteidigt. (Da« Abgeordnetenhaus bewilligte einstimmig SOO 000 Fr. sür die notleidenden Fischer.) England. — In London begann am Mittwoch vor drei Richtern, einschließlich de« Lord-Oberrichler«, der große, Aussehen erregende Hochverrat«prozeß gegen da« Parlamentsmitglied Lynch wegen seiner Teil- nähme am Tran«vaalkriege. Da e« sich um einen politischen Prozeß handelt, weicht da« Verfahren erheblich von dem gewöhnlichen ab. Lynch erklärt sich sür nichtschuldig. Der Generalstaat«anwalt führt zum Beginn der Verhandlung au«, Lynch sei britischer Untertan, im Jahre 1900 al« Berichter statter nach Südafrika gegangen und habe später die Waffen gegen England ergriffen. — In London sollen zur Zeit 30 000, man sagt auch 50000 Arbeit-lose vorhanden sein. Fast täglich werden Umzüge veranstaltet. Türkei. — Der Anschlag auf den Konstantinopeler Patriarchen wird wie folgt dargestellt: Al-Ormanian die Messe la», trat plötzlich ein etwa 24jähriger, gut gekleideter Armenier vor, zog einen Revolver und feuerte gegen den Patriarchen einen Schuß ab, der aber fehl ging. Dann krachte ein zweiter Schuß, und jetzt brach der Geistliche zusammen. Die Kugel halte ihm die Brust oberhalb de» Herzen» durch bohrt. Ein armenischer Apotheker warf sich aus den Attentäter und überwältigte ihn. Der Täter, ein Apotheker namen« Hatschikian, gehört dem armenischen Revoluliontkomilee an. Er scheint durch da» Lesen armenisch-revolutionärer Schriften zu der Tat an- geregt worden zu sein. In armenischen Kreisen wird die Tat allgemein verurteilt, da der Patriarch siel» sein möglichste« zugunsten der Armenier getan habe. Die Verwundung wird sür nicht unbedenklich gehalten. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 22. Januar. *— Der Stcigcrzug der II. Comp. der frei willigen Feuerwehr hält nächsten Sonntag, den 25. Jan., in den Räumen deS Logenhauses seinen dies jährigen Familienabend ab. Wie stets, ist auch diesmal das zur Aufführung kommende Programm ein sehr vielseitiges. Besonderes Interesse dürste u. a. das Karlsche Lebensbild „Vater unser" erwecken, daS aus drei Abteilungen und einem Vor spiel besteht und über 20 Mitwirkende ausweist. Den Aufführungen schließt sich ein Ball an. Die Einberufung der Mannschaften des Beurlaubtenstandcs, Reserve, Landwehr I und II, Ersatzreserve und DiSpositionSurlauber, er folgt vom 1. April ab in der gleichen Weise wie im laufenden Mobilmachungsjahre 1902/1903. Die genannten Mannschaften erhallen bereits im Frieden eine Mitteilung über ihre Verwendung im Falle einer Mobilmachung in der Zeit vom l. April d.J. bis 31. März n. I. Diese Kriegsbeorderungen oder Paßnotizen werden in der ersten Hälfte des Monat- März auSgetragen. Die Mannschaften, die in dieser Zeit nicht zu Hause sein können, haben eine andere Person im Hause mit der Empfangnahme zu be auftragen. Die vom 1. April an nicht mehr gültigen KriegSbcordeiungen oder Paßnotizen sind an diesem Tage zu vernichten. * — Turnerisches. Innerhalb deS 14. deutschen TurnkreiseS Königreich Sachsen wird seit längerer Zeit die Frage des Schutzes der Turnvereine gegen Hastpflichlschäden lebhaft erörtert. Jetzt ersucht der erste KreiSvertreler Herr Turndireklor Bier in Dresden alle Vereine des Kreise-, die aus Grund der einschlagenden gesetzlichen Bestimmungen zum Ersätze sächlicher und Persönlicher Schäden herange zogen worden sind, um Anzeige solcher Fälle, um ein authentisches Material zu erholten. * — Etwa 30 Personen sind nach einer Aus stellung der Dtsch. TgSztg. am letzten Sonntag in Deutschland auf dem Eise eingebrochen und ertrunken! * — 3000 Mark Belohnung schreibt die Reichsschuldenverwaltung auS für die Entdeckung von Fälschern. ES lausen nämlich falsche Hundert-, Fünfzig-, Zwanzig- und Fünfmarkscheine um. * — Eine für Gastwirte interessante Ent- schädigungsfragc ist vor einigen Tagen in München zur gerichtlichen Verhandlung gekommen. Ein aus einer gepolsterten Bank sitzender Gast blieb beim Aufstehen an einer unmerklich vorstehenden Schraube hängen, zerriß dabei seine Hose und erhob darauf Klage gegen den Wir«. DaS Amtsgericht verur teilte den Wirt zu vollem Schadenersatz unter folgender Begründung: Der Wirt sei verantwort lich dafür, daß durch sein Mobiliar den Gästen kein Schaden entstehe, und müsse entweder selbst oder durch Dienstpersonal dafür sorgen, daß solche Vorkommnisse vermieden würden, wa« durch eine genaue Kontrolle geschehen könne. * — Am Bau des Völkerschlachtdeukmales werden augenblicklich umfangreiche ErdauSschacht- ungen vorgenommen, um die Gründungen der mäch tigen Wangenmauern der Prachttreppe im Frühjahr bewerkstelligen zu können, zugleich aber auch, um den durch die Kälte brodloS werdenden Arbeitern lohnende Beschäftigung zu geben. Die Lotterie, wel che sür die weiteren Arbeiten die Mittel aufbringen soll, hat eine sehr günstige Aufnahme gefunden, leider ist sie aber »och immer nicht im ganzen deut schen Reiche genehmigt. Lose ü 3 Mark sind in allen LoSgeschäften zu haben. * Gersdorf. Die gesetzlich vorgeschriebenen Unterredungen mit der konfirmierten Jugend, an welchen die hier sich wesentlich aushaltenden Jüng linge und Jungfrauen bi« zum 18. Lebensjahre teil zunehmen verpflichtet sind, finden im Jahre 1903 an den folgenden Sonntagen (nachmittags '/,2 Uhr) statt u) für die Jünglinge: den 2S. Januar, den 1. März, den 3. Mai, den s. Juli, den 6. Sep- tember, den 8. November, d) sür die Jungfrauen: den 8. Februar, den 13. April, den 1. Juni, den 16. August, den 25. Oktober, den 6. Dezember. Etwa sich nötig machende Abänderungen werden in den Kirchennachrichten rechtzeitig bekannt gemacht. Die konfirmierten Jünglinge und Jungfrauen (auch die von aurwärt« hier zugezogenen) werden zu fleißigem Besuch der Unterredungen ausgefordert. Ueber den Besuch wird genaue Kontrolle geübt. Auch an die Eltern, Lehrherren und Dienstherr schaften ergeht die Bitte, diese« Werk nach Kräften dadurch zu fördern, daß sie ihre Kinder, Lehrlinge und Dienstboten zu diesen Unterredungen anhalten. E« sind nicht etwa Prüfungen, die angestellt werden, sondern, wie schon der Name sagt, christliche Unter redungen, an denen teilzunehmen einem Jeden eine Freude und Lust sein sollte. * Hermsdorf. Sonnabend, den 24. Januar, erfolgt die Einnahme de« am 15. Januar fällig ge wesenen Termins Schulanlagen in der hiesigen Ge- meindeexpedilion. * Dresden, 21. Jan. Zur Geburtstagsfeier deS Kaisers wird König Georg sich nach Berlin begebe» und von seinem Sohne Prinz Johann Georg begleitet sein. Sollte der Gesundheitszu stand des Monarchen die Reise unausführbar machen, so wird Prinz Johann Georg allein an den preu ßischen Hof sich begeben, um die Glückwünsche der sächsischen Königsfamilie zu überbringen. Ursprüng lich war beabsichtigt, daß auch der Kronprinz an dieser Reise Teil nehmen sollte; dieS ist aber un möglich geworden, da derselbe noch an den Folgen deS erlittenen Beinbruch» laboriert. * Dresden. Nach einem Ausspruch deS Ober bürgermeisters Beutler soll, da nunmehr Dresden nach der Arbeitcrzahl in der Reihe der größten deutschen Industriestädte steht, künftig die Kommunal politik aus die gewerbliche Entwickelung und aus die Industrie mehr Rücksicht nehmen, als dies bis her geschehen konnle. * Leipzig, 20. Januar. Wegen Hinterziehung der Wehrpflicht ist am 23. Juli v. I. vom Land gericht Zwickau der Müller Paul Renfranz zu 2 Monaten, sei» Vater, der Mühlenbesitzer Wilhelm Renfranz, wegen Beihülfe dazu zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Paul R. war am 24. Dezember 1900 vom Ulanenregiment in Dem min als „Königsurlauber" entlassen worden. Ihn» mar bekannt, daß er zum Abdienen des 3. Dienst- jahres jederzeit wieder einberufen werden könne. Im April 1901 erhielt R. jun. die Aufforderung, den Rest seiner Dienstzeit abzudienen. Dies paßte ihm aber nicht. Deshalb wurde er von seinem Vater wider die Wahrheit als krank hingestellt. Ein Arzt wurde geholt und zu dem in einem halb dunklen Zimmer im Bette liegenden jungen Mann geführt. Der Vater sagte, sein Sohn sei von einer Leiter gestürzt und seitdem unzurechnungs fähig. Der Arzt ließ sich täuschen und bescheinigte, daß Paul R. wegen schwerer Gehirnerschütterung und Unzurechnungsfähigkeit außer stände sei, der Einberufung Folge zu leisten. Die Militärbehörde glaubte dies, ordnete aber im Mai erneut die Ein ziehung an. — Die von den beiden Angeklagten eingelegte Revision wurde vom Reichsanmalt sür begründet erklärt. Es sei unzulässig gewesen, R. jun. vor dem bürgerlichen Gerichte zur Verant wortung zu ziehen, zur Aburteilung seiner Straftat sei allein das Militärgericht zuständig. Dieser Angeklagte könne nnr nach 83 des Militärstraf gesetzbuches bestraft werden, nicht aber nach tz 143 des bürgerlichen Strafgesetzbuches. Die Verurteil ung des Vaters sei dann auch nicht aufrecht zu halten. — Das Reichsgericht erkannte aus Auf hebung des Urteils, stellte das Verfahren gegen den Sohn ein und verwies die Sache gegen den Vater an das Landgericht zurück. * Leipzig, 20. Jan. Die schreckliche Mord tat, ivegen welcher der Straßenbahnwagenführcr Andreas Lerch vom Schwurgericht Dresden an: 8. Dezember 1902 zum Tode verurteilt war, beschäf tigte heute das Reichsgericht. Das Schwurgericht zu Dresden hatte Lerch, außer wegen Mordes, noch wegen eines Meineides verurteilt, den er bei Ab legung des Offenbarungseides geleistet, durch Ver schweigen eines mehrere Tausend Mark betragen den Bankguthabens in seiner Heimat, und wegen Unterschlagungen, zusammen noch zu 5 Jahren 4 Monaten Zuchthaus. Frau Lerch, welche um die Mordtat wußte, aber aus Furcht vor ihrem Mann geschwiegen hatte, erhielt wegen Begünstigung und Hehlerei 3 Monate Gefängnis. Gegen das Urteil hatte Lerch Revision eingelegt, welche in der Haupt sache sich gegen die Verurteilung wegen. Meineids
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