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AMstciMBAcr Anzeiger Tageblatt für Koßengein Krngthak, Gkerlmigwih, Kersdorf, Kermsdorf, Wernsdorf, Mstenbmnd, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche Md Privat-Anzeige«. ----- Bei Abholung monatlich 30. Jahrgang Donnerstag, den 22. Januar 1903. Nr. 17. Jnsertionsgebnhren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. R klamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. Itt Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags, — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonnement: - Frei ins Haus 35 Pfg. monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. die einzelne Nummer 5 Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Deutscher Reichstag. 242. Sitzung vom 20. Januar. Die erste Lesung des Etats wird fortgesetzt. Abg. v. Vollmar (Soz.) kritisiert die deutsche auswärtige Politik abfällig, die überall nur Miß trauen säe, so in den letzten Jahren durch ihr Verhalten in der englisch-portugiesischen, in der Transvaalfrage gegenüber dem Präsidenten Krüger usw. Von dem chinesischen Abenteuer könne man nur hoffen, daß es jetzt endgültig abgeschlossen sei. Nähere Aufklärung müsse man über das kriegerische Vorgehen in Venezuela fordern. Erfreulicherweise haben sich unsere Verhältnisse zu Frankreich und die Stimmung dort etwas gebessert. Zwar halten dort Generale, wie Andrä und Pelletan, gelegent lich noch polemische Reden gehalten, aber der gleichen passiere ja auch bei uns, wie die Rede des Generals v. Liebert zeige. Herr Schädler habe gestern den Dreibund als bedeutungslos hingestellt. Das Zentrum scheine sich damit die Grundlage für militärische Bewilligungen im Voraus beschaffen zu wollen. Damit kommt Redner auf die innere Politik. Das Finanzelend sei ledialich die Folge unserer ganzen bisherigen unglücklichen Finanz- wirlschaft. Ohne Rücksicht auf die Möglichkeit un günstiger wirtschaftlicher Konjunkturen habe man noch vor wenigen Jahren das Flottengesetz be schlossen, unter Mithilfe des Zentrums. Die Mehr heit mit dem Zentrum trage allein an der Finanz- misäre die Schuld, und sie habe jetzt nicht das Recht, ihrerseits das Land mit Klagen über die Folgen ihres eigenen Tuns zu behelligen. Gestern habe Herr Schädler namens des Zentrums Spar samkeit gepredigt und Bewilligung nur des Aller notwendigsten angekündigt. Aber wer wisse, wie oft schon das Zentrum derartige Versprechen ab gegeben habe, wisse auch, was davon zu halten sei. Die Zuschußanleihe sei verfassungswidrig, denn nach der Verfassung müsse die Deckung von Fehlbeträgen durch Beiträge der Einzelstaaten er- solgen. Das Richtige sei eine Reichs-Einkommen steuer. Gleich Schädler müsse er auch auf eine gewisse Kundgebung hochpolitischen Charakters Hin weisen, dieselbe sei um so bedeutsamer, als sie von dem Präsidenten des Deutschen Bundes ausging, der den Titel „Deutscher Kaiser" führe, er meine das Swinemünder Telegramm. Graf Bülow habe gestern eine Sache zu verteidigen gesucht, die sich nicht verteidigen lasse. Die Reichsverfassuna gebe dem Kaiser kein Recht, sich in eine bayerische Landesanaelegenheit einzumischen, und das sei, trotz der Darstellung des Reichskanzlers, geschehen, habe doch der Kaiser dem Prinzregenten sogar für jene Kunstzwecke „einen kleinen Beitrag" (Heiter keit) angeboten. Ueber die Ausdrucksweise dcs Telegramms wolle er nicht sprechen, das sei Sache des Geschmacks. Was die Veröffentlichung des Telegramms durch Wolffs Bureau anlange, so sei es Tatsache, daß dieses Bureau nicht eine Zeile verbreite, wenn es dazu nicht die amtliche Ge nehmigung erlangt habe. Die Veröffentlichung sei zudem gegen den Willen des Prinzregenten ge schehen. Der Münchener Hof sei im höchsten Grade davon überrascht worden. Außerdem sei bei der Veröffentlichung noch die Fälschung be- gangen worden, daß die Meldung aus München, statt aus Berlin datiert wurde. Der Kanzler sei allerdings an der Geschichte ganz unschuldig, er sei ausgeschaltet gewesen und überrascht worden. Redner erklärt, nun zu einer anderen Angelegen heit kommen zu wollen, die mit dem Falle Krupp zusammenhänge. Präsident Graf Ballestrem: Diese Angelegen- heit liegt auf privatem Gebiete; ich werde nicht dulden, daß der Fall Krupp bei der Gelegenheit der Budgetberatung verhandelt wird. (Unruhe links.) Abg. v. Vollmar (Soz.): Ich habe lediglich die Absicht, über zwei Momente zu sprechen, welche in dem „Reichsanzeiger" Erwähnung gefunden hoben, um zu zeigen. . . (Präsident Graf Ballestrem: Herr Abgeordneter, eS bleibt bei meiner Entscheid- ung. Stürmische Unruhe links.) Ich werde selbst verständlich, wenn Sie mich zwingen, außer stände sein, zu tun, wozu ich mich sür berechtigt halte Der Herr Präsident selbst hat seiner Zeit als Grund-- sotz ausgesprochen, daß hier über Dinge, die im „Reichsanzeiger" gestanden, verhandelt werden darf. Wenn jetzt selbst dieser Grundsatz nicht eingehalten wird, dann konstatiere ich, daß wir in Deutschland nicht mehr so viel Redefreiheit haben, wie . . . Präsident Gras Ballestrem: Dieser Grundsatz gilt nur sür öffentliche Angelegenheiten. Ich Hobe Sie bei d-m. waS Sie über dos Swinemünder Telegramm sagten, nicht unterbrochen. ES bleib» dabei, der Fall Krupp wird hier in keiner Weise erwähnt. (Er neute große Unruhe und Ruse links: Wir sollen ruhig sein, auch gegenüber bübischen Beleidigungen!) Abg. v. Vollmar: Ich muß wiederholen, Herr Präsident, daß ich über die Person und die Hand lungsweise Krupps nicht mit einem Worte sprechen will, aber davon, daß meine Partei auS diesem Anlaß beschimpf» wurde. Präsident Graf Bolle strem : ES bleibt bei dem, waS ich ongeordnet habe. (Erneute stürmische Rufe bei den Sozialdemokraten und Unruhe, an der sich namentlich die Abgg. Lede- bour und Ulrich durch andauernde Ruse beteiligen: Wir sind beschimpf», beschimpft!) Abg. v. Vollmar: Herr Präsident! Nur der eine Teil der betreffenden Kundgebung bi zieht sich doch auf die Person Krupps, der andere Teil ist ein Pronunciamento gegen meine Partei, gegen die Sozialdemokraten. Präsident Gros Ballestrem (von neuem zur Glocke greifend): Ek bleibt bei meiner Anordnung! (Stürmische Rufe link-: DaS heißt also: 8ie volo, sie judeo!) Präsident (erregt fortfahrend): DoS heißt: Die Rechte wahren, die der Reichstag seinem Präsidenten über- »ragen hat. (Stürmstche Rufe: Sie mißbrauchen diese Rechte!) Abg. v. Vollmar: Sie hoben als Präsident diese Rechte, um unsere Redefreiheit zu schützen. Präsident Graf Ballestrem: Wie ick dies Recht handhabe, ist meine Sache. (Wilde Ruse: Nein! N in!) Ich bitte, jetzt nicht mehr über meine Anordnungen zu sprechen. Abg. v. Vollmar: Herr Schädler bat doch gestern bereit- kurz den Fall Krupp berührt; danach muß eS doch auch mein Recht sein! Gras Ballestrem: DaS war elwaS ganz anderes. (Erneute große Unruhe.) Abg. v. Vollmar: Unter den Umständen läßt sich wohl nicht mehr offen im deutschen Reichstage sprechen. Wir haben in diesem Hause hier weniger Recht als in öffentlichen Versammlungen. (Lebhafter Beifall link«.) Präsident Graf Ballestrem (lebhaft die Glocke rührend): Ich bitte, meine Anordnungen nicht zu kritisieren. Abg. v. Vollmar: Dann sind hier überhaupt keine Erörterungen mehr möglich. Prä sident Graf Ballestrem: Ich bitte nochmals, mit diesen Erörterungen oufzuhören; ich muß Sie sonst zur Ordnung rufen. (Großer Lärm links.) Abg. v. Vollmar: Ick bin stet- bestrebt, mich innerhalb der Grenzen der Geschäftsordnung zu halten, aber wenn mir in dieser Weile der Moulkorb angelegt wird... Präsident Graf Ballestrem (heftig klingelnd): DaS können Sie nicht sagen, daß Ihnen ein Maulkorb angelegt we-de. Ueber diesen Punkt lasse ich nicht sprechen. (Abermals wilde Unruhe links.) Abg. v. Vollmar wirft nunmehr dem Präsidenten vor, daS Cenirum begünstigt zu haben, dessen Mit glied Schädler aestern über den Fall Krupp habe reden dürfen. P äsident Gras Ballestrem weist den Borwurf, doS Cenlrum zu begünstigen, zurück Jedenfalls scheide, waS vor und nach dem Tode Krupp«, dieses Ehrenmannes, geschehen sei, hieraus. (Großer Lärm links.) Abg. v. Vollmar: Ich stelle hiernach vor dem Lande fest, daß eS mir unmöglich gemacht wird, eine Angelegenheit, welche da« ganze Land ang-h», hier zu besprechen und Beschimpfungen zurückzu- weisen, die gegen 2 bis 3 Millionen von Wählern gerichtet worden sind. Der Reichskanzler hätte zum mindesten die Veröffentlichung von Kundaebungen der in Rede gewesenen Art verhindern müssen. Er könne nur hoffen, daß sich unser StaatS- und Ver- sossunqSleben nicht etwa in der Richtung zu einem BonapartiSmu« entwickle, zu dem lewer bei unS so große Ansätze vorhanden seien. Dringend notwendig sei die baldige Vorlegung eine-Minister- und eine- KanzlerveranIworilichkeitSgesetzeS. DaS allgemeine geheime und gleiche Wahlrecht sei und bleibe in Gefahr, auch trotz der Schädlerschen Versicherung; dem Cenlrum sei nicht zu trauen. Bayrischer Geh. Rat v. Stengel widersprich« einer Bemerkung deS Vorredner-, daß d« bayrisch« Zue Angelegenheit der Kronprinzessin bringt ein Berliner Blait eme angeblich zuverlässige Darstellung au« Dresden. Danach war sür die Reise von Genf nach Mentone nur die angegriffene Gesundbell der Prinzessin entscheidend. In Mentone soll ihr die Möglichkeit werden, unbeirrt von allen äußeren Einflüssen in Ruhe ihre Entschließungen zu fassen. Säm liche Besprechungen, die zur Vorbe reitung des Dresdner Prozesse« am 28. Januar dienten, seien erledigt, so daß schon dieser Termin da« Endurtetl bringen dürste. AI« Hauptgrund der vom Kronprinzen angestrengten Ehetrennung«klage sei Ehebruch angegeben. Die Kronprtnzsssin werde Finanzminister v. Riedel sich unlängst im bayrischen Landtage zu gunsten einer ReichSeinkommensteuer geäußert hätte. ... Abq. Sattler (ntl.): Meine Freunde halten un- bedingt an dem bestehenden Wahlrecht fest. Der Verlauf der Dinge gestern und heute bestätigt, daß Centrum tatsächlich noch Trumph sei. Das Cen- trum allein kann ungehindert Aeußerungen des Kaisers besprechen. In weiten Kreisen erregt es große Besorgnis, daß das Centrum in dieser Weise Trumpf sei. Beim Swinemünder Telegramm hätte man auch nur die Veröffentlichung besprechen sollen und nicht den Inhalt. Das Telegramm selbst war eine ganz private Aeußerung, die nicht vor den Reichstag gehört. Das Centrum darf sich durch- aus nicht darüber wundern, daß der Kaiser, nach dem er den Münchnern die Schock-Galerie über lassen, nun dergestalt seiner Entrüstung über die kunstfeindlichen Beschlüsse des Centrums Ausdruck gegeben habe. Das war des Kaisers gutes Recht. (Gelächter beim Centrum.) Vom Reichskanzler ist Aufschluß zu wünschen über den Stand der Ange legenheit mit Venezuela und über unser Verhältnis zu England und China. Geboten sei ferner eine endliche Entschließung der Regierung über die Diäten frage. Was den Etat angeht, so scheinen die Ein nahmen doch zu niedrig eingeschätzt zu sein. Eine Finanzreform im Reiche ist jetzt zu schwierig, so ungünstig auch die Finanzlage einzelner Bundes staaten sein mag. Auf neue Steuern werden sich meine Freunde unter keinen Umständen einlassen. Bedauerlich ist, daß eine Revision des Börsengesetzes noch immer auf sich warten läßt. Von dem neuen Zolltarif sei der Abschluß günstiger Handelsverträge zu erwarten. Reichskanzler Graf Bülow: Der Abg. v. Voll mar hat den Vorwurf antisozialer Tendenz gegen die Monarchie erhoben Dieser Vorwurf ist histo risch und psychologisch unbegründet, zumal angesichts der Botschaft Kaiser Wilhelm II. vom Dezember 1897 und angesichts dessen, was seitdem an sozialen Talen in Deutschland geschehen ist. Auch im Aus land erkennt man die sozialen Bemühungen in Deutschland an. In diesem Sinne Hal sich u. a. der sozialistische Minister Diillerand dem deutschen Botschafter gegenüber ausgesprochen. Dabei äußerte der frühere französische Handelsminister auch, daß sich die Bourgeoisie für die sozialen Fragen noch immer wenig inleressiere. (Rufe bei den Soz.: Sehr richtig!) Dieser Vorwurf, meine Herren, der in Ihrem Zwischenrufe liegt, tangiert mich gar- nicht, denn genau dasselbe: sehr richtig! hat Seine Majestät der Kaiser an den Rand des betr. Be richts geschrieben. (Stürmische Heiterkeit.) Herr v. Vollmar hat auch vom Bonapartismus und Ab solutismus gesprochen. Mir ist kein Fall bekannt, in dem bei uns die Bahnen der Verfassung über schritten worden wären. Was soll also das Gerede von Absolutismus und Cäsarismus. Als ich das körte, glaubte ich mich irgendwo in Marokko oder China zu befinden. Die Rechte des Parlaments sind vom Kaiser niemals mißachtet morden. Wenn unsere Zustände jemals zu einem Absolutismus führen, so wird das nur die Folge sein von Re volutionen. Aus die Revolutionen folgt der Ab solutismus wie das a aus das b. Dos ist die Ordnung im ABC der Weltgeschichte. Das Recht aber zur Initiative wird dem Kaiser von keinem Reichskanzler gekürzt werden. Das deutsche Volk will auch keinen anderen Kaiser als einen solchen von Fleisck und Blut. Daraus folgt aber nicht, daß jeder Reichskanzler nun auch gleich zurücktritt wegen irgend einer kleinen Meinungsdifferenz. Er muß doch ein gewisses Augenmaß haben für das, was wichtig ist und was weniger wichtig ist. Er kann nicht wegen jeder Kleinigkeit seinen Abschied nehmen. Aber nur ausführendes Organ, nurJn- ßrument ist er nicht. Der Kaiser verträgt sehr gut Widerspruch, er will gar keinen Reichskanzler, der nicht auch einmal widerspräche. Ich wünschte, Sie wären so wenig voreingenommen wie der Kaiser. (Heiterkeit.) Der Reichskanzler teilt sodann mit, entsprechend dem Beschlusse des Hauses liege dem Bundesrat bereits ein Antrag des Kanzlers vor betr. Sicherung des Wahlgeheimnisses durch Ab gabe der Stimmzettel in Umschlägen und durch Benutzung von Jsolirräumen. Sobald der Bundes rat dem zugestimmt, werde daS Wahlreglement ent sprechend geändert werden. Nun zur auswärtigen Politik. Der Abg. v. Vollmar hat von Frankreich gesprochen. Wie er, so sind auch wir durchdrungen, daß ein ruhiges und friedliches Einvernehmen gleichmäßig dem Interesse beider Länder entspricht und daß eS Fragen giebt, wo wir Hand in Hand gehen können. Was Venezuela betrifft, so darf ich mich hinsichtlich der Uisachen und der Zwecke unseres Vorgehens beziehen auf die Ihnen zugegangene Denkschrift. Wir sind im vollen Einvern hmen mit England und Italien vorgegangen. Unser Be streben geht dahin, möglichst bald die bewaffnete Aktion zum Abschluß zu bringen. Die Blockade wird voraussichtlich aufhören, sobald die Verhandlungen in Washington zum Abschluß gelangt sind. Die Verhandlungen sind im vollen Fluß. Es liege nicht im Interesse der Sache, wenn ich schon heult mehr darüber sagte. Nur 2 Punkte muß ich heute noch berühren, Herr v. Vollmar schien andeuten zu wollen, Präsident Roosevelt habe unseren Vorschlag, als Schiedsrichter zu fungieren, abgelehnt. Im Einvernehmen mit England und Italien hat aber Deutschland von vornherein das Haager Schiedsgericht in Aussicht genommen, falls Roosevelt zur Uebernahme des Schiedsrichteramts nicht geneigt sei. Präsident Roosevelt hat also nicht einen Vorschlag zurückgewiesen, sondern er hat von beiden ihm gemachten Vorschlägen den ihm geeigneter erscheinenden angenommen. Der Kanzler sagt dann noch einige Worte über das Uebelwollen der englischen Presse, die sich darüber erregte, daß Deutschland sich nicht an dem eng lischen Protest gegen die Durchfahrt durch die Dardanellen beteiligte. Auf Grund unserer geo graphischen Lage kann von uns in solchem Falle aber garnichts anderes erwartet werden als eine Neutralität, die gegen keine der beteiligten Mächte Feindseligkeiten enthält. Noch merkwürdiger war, daß die englische Regierung wegen ihres Zusammen gehens mit uns in Venezuela im eigenen Lande Angriffen ausgesetzt war. Hat doch sogar ein wild gewordener Poet von großem Talent (Rud- gard Kipling) jenes bekannte Gedicht aus diesem Anlaß veröffentlicht. Diese Animosität in Eng land ist zum Teil zurückzuführen auf die Angriffe, die ein Teil der kontinentalen Presse während des Burenkrieges gegen England richtete. Es zeigt sich aber da wieder, daß die auswärtige Politik mit dem Kopf unv nicht mit dem Gefühl betrieben werden muß. Vor 1900 Jahren sagte der alte gute Horaz: Huiäguiä ävlirsnt i exes pivetuntur Xokivi. Heute ists umgekehrt. Heute richten meist die ^.ekiver Unheil an und die reßes sollen es ausbaden. Um so mehr freue ich mich sagen zu können, daß sich die Beziehungen der Regierungen von Berlin unv London tn den bewährten und be sonnenen Bahnen bewegen. Ich hoffe jedenfall«, daß sehr bald auch die öffentliche Meinung sich wieder tn dem Gedanken begegnen wird, wie sehr wir durch viele Interessen daraus hingcwtesen sind, un« friedlich und freundschaftlich zu vertragen. Da« Zusammengehen tn Venezuela ist dafür ein Bewei«. Abg. Hckpert (boyr. Bauernbd.) bedauert, daß der Reichskanzler nicht» über die Handellvertrag«- frage gesagt habe. Abg. Da«bach (Clr.) «klärt, daß seine Partei unentwegt an dem Retchlwahlrecht fefthalte. Mitt woch 1 Uhr Fortsetzung. Schluß '/^6 Uhr.