Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 06.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190301060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030106
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-01
- Tag 1903-01-06
-
Monat
1903-01
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 06.01.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Freilich kann man wohl kaum annehmen, daß von Dresden aus ein solcher Antrag jemals gestellt worden wäre. Um zu zeigen, daß die Kronprinzessin absolut im Unrecht ist und daß sie sich auf das Aller, schwerste verging, als sie sich hinter dem Rücken ihres Mannes einen Geliebten wählte, wiederholen wir, was sie einem Korrespondenten der Wiener Zeitung „Die Zeit" gesagt: „Es giebt am Dres dener Hofe Leute, die mehr zu sagen haben, als mein Mann. Mein Mann hat mich nie miß handelt, er ist immer gut zu mir gewesen. In seiner Weise freilich, und er kann wahrhaftig nichts dafür, daß diese Art für mich verletzend und kaum erträglich ist. Seine Zärtlichkeit ist mir zu derb und war mir in ihrer absoluten Ungeniertheit qualvoll. Daß er mich betrogen hätte rc., das ist alles nicht wahr. Mein Mann und mich betrügen? Der Gedanke muß schon jedem komisch sein, der ihn kennt. Ihm sind die Frauen nichts. Mein Mann liebt die Jagd. Mein Mann liebt das Militär. Und sonst ist er sehr fromm. Wissenschaft und Künste, Musik, Theater, Literatur, das sind ihm gefahrvolle Gebiete. Als Priesterzögling hat er auf meine Vorliebe zu diesen Dingen immer wie auf eine gefährliche und sündhafte Neigung geblickt. Für mich waren das unhaltbare Zustände. Um Himmelswillen, man möchte doch hier und da ein wirkliches Gespräch führen. Man möchte doch seine Gedanken sagen dürfen, oder Anderer Ge danken hören. Und dann: Ich bin Wienerin, ich muß manchmal auch lachen dürfen. In einem Hause, in dem Jesuiten unumschränkt gebieten, darf nicht gelacht werden, am Wenigsten über Dinge, die nur lächerlich sind." Die Kronprinzessin spielt sich also auf die unverstandene Frau hinaus. Das mag ihr wichtig genug erscheinen, zeugt aber doch nur von geringer Seelengröße. Zur Ergänzung wollen wir noch das folgende ankügen, das an sich ja richtig sein mag, aber noch lange kein Recht zu ihrem tatsächlichen Verhalten giebt: „Auch ohne daß man von seinem Gatten geschlagen wird, kann man unglücklich verheiratet sein. Eine Frau, wie ich, verträgt es eben nicht, eine Frau, wie ich, muß ihren Mann lieben. Das ist einer Natur, wie der meinigen, einfach Lebens bedingung. Sonst erscheint mir alles erlogen, haltlos und ohne Zweck. Wir aber, wir Prinzes sinnen, wir werden ja zur Ehe kommandiert, wir sollen fühllos, leblos, willenlos sein. Wahrhaftig, wir sind nicht zu beneiden. Eine Mitteilung, der Kronprinz von Sachsen wolle mit seinen Kindern nach Meran reisen, kann bei dem Zustande seines Vaters selbstredend nicht zutreffend sein, ebenso Gerüchte v n einer neuen Versöhnungs-Aktion. Venezuela. Castro hat also seine Zustimmung zu den Be dingungen gegeben, unter denen England und Deutschland bereit sind, die venezolanische Streit frage dem Haager Schiedsgericht zu unterbreiten. Zunächst erhob der brave Castro allerdings Ein- spiuch gegen die Wahl gerade des Haager Schieds gerichts, er wünschte die Erledigung der Angelegen heit durch den Schiedsspruch irgend einer der amerikanischen Republiken. Da Präsident Roosevelt es aber bereits abgelehnt hatte, Schiedsrichter zu werden, und da derselbe Grund, dem seine Ab lehnung entsprang, sich aus irgend ein anderes amerikanisches Staatswesen in derselben Stärke anwenden läßt, so war Roosevelt gezwungen, dem Wunsche Castros entgegenzutreten. Es bleibt also beim Haager Schiedsgericht. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat also auch iu diesem Punkte wieder höchst korrekt gehandelt, was keinen Augen blick verkannt werden soll. Die Aufständischen machen der venezolanischen Regierung nicht geringe Sorge. Da Insurgenten auf Caracas losmarschierten, mußten ihnen Re gierungstruppen entgegengesandt werden, so daß Caracas seiner Garnison entblößt ist. Die Situation Castros ist also eine schwankende; daher seine Nachgiebigkeit. Die deutsche Kolonie in Caracas hat dem amerikanischen Botschafter Bowen zum Neujahrs tage ein zwei Meter hohes Blumenarrangement überreicht, das einen Neujahrswunsch in deutscher Sprache trug. Ueber einen Besuch des Kanonenbootes „Panther" in Maracaibo im November v. I. erzählt die „Nordd. Allg. Ztg." : In Maracaibo war seit 32 Jahren die deutsche Kriegsflagge nicht gezeigt worden. Im Jahre 1870 war das Kanonenboot „Meteor" daselbst gewesen, und seitdem ist nur einmal ein englisches Kanonenboot Anfang der 70er Jahre dorthin gelangt. Es erschien daher sehr erwünscht, den Versuch zu machen, nach Maracaibo zu gelangen, um nach so langer Zeit dort die deutsche Kriegsflagge wieder einmal zu zeigen und gleichzeitig den Beweis zu liefern, daß trotz der vorgelagerten Barre der Hafen doch von einem Kriegsschiff von See aus erreicht werden könnte. Die Fahrt über die Barre führte der „Panther" am 20. November ohne Zwischenfälle aus. Unter den in Maracaibo ansässigen Deutschen, in deren Händen fast sämtliche größere Firmen des lebhaften Handelsplatzes sind, verbreitete sich die Nachricht von dem Eintreffen des „Panther" wie ein Lauffeuer und in sehr kurzer Zeit war fast die ganze Kolonie im deutschen Klub vcr- sammelt. Allseitig wurde der großen Freude über den Besuch des Kriegsschiffes Ausdruck gegeben und gleichzeitig bedauert, daß die Abreise bereits wieder am folgenden Morgen erfolgen mußte. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. Berlin, 4. Jan. Der Reise des Kronprinzen Wil helm nach Petersburg wird im Frühjahr eine See fahrt im Mittelmeer folgen, bei welcher der Prinz Rom und andere Residenzstädte besuchen wird. Der Besuch in der ewigen Stadt wird ab« nach der Nat.-Ztg. nicht mit dem des Kaiserpaares zusammen fallen. — Herzog Johann Albrecht von Mecklen- bürg, der Präsident der deutschen Kolonialgesell- schast, hat eine Reise nach Kamerun und Tago angetreten, um sich über die dortigen Handelsver- hältniffe zu unterrichten. — Das von Kaiser Wilhelm Nordamerika ge schenkte Standbild Friedrichs des Großen erhält seinen Platz im Park der neuzuerbauenden Militär akademie in Washington. Die Anlagen um die Akademie werden zur Aufnahme einer Anzahl Denkmäler hervorragender Soldaten verschiedener Völker hergerichtet. — Ueber den Empfang der Halloren am Kaiser hofe wird noch berichtet: Der Kaiser erkundigte sich nach den Gesundheitsverhältnissen der Salzwirker- Brüderschaft, die Kaiserin nach den Familien der Halloren und nach der Verfasserin des Neujahrs gedichts; diese, Fräulein Kadach in Halle a. S., ist seit Jahren gelähmt. Der Monarch zerlegte selbst die von den Halloren gebrachte Schlackwurst, die darauf nebst den Sooleiern herumgereicht wurde. — Der Betrieb der großen Spandauer Mili tärwerkstätten befindet sich, wie die Stbg. Ztg. schreibt, in einem beständigen Rückgang. Nachdem das neue 96er Feldgeschütz sertig geworden, fehlt es an Bestellungen, und die hauptsächlichste Arbeit in den artilleristischen Instituten besteht in der In standsetzung alten Materials. Die Zahl der Ar beitskräfte ist in einzelnen Fabriken schon etwa auf die Hälfte des früheren Bestandes herabgesunken; weitere Betriebseinschränkungen sollen folgen. — Die Politik Napoleons III. kurz vor Aus bruch des Krieges von 1870 muß widerspruchsvoll erscheinen, da es feststeht, daß er mit Oesterreich und Italien wegen eines Bündnisses gegen Preußen verhandelte, er selber es aber war, der den Abschluß dieser Verhandlungen hinhielt. Prof. Delbrück macht es im neuesten Heft der Post-Jahrbücher höchst wahrscheinlich, daß zwei der nächsten und besten Kenner, Fürst Bismarck und Graf Beust, in ihren Aufzeichnungen das Richtige angeben, wenn sie behaupten, Napoleon habe gar nicht die Absicht gehabt, den Krieg durchzufechten: vielmehr habe er, nachdem beiderseits mobil gemacht und vielleicht auch eine Schlacht geschlagen war, einen Vergleich anbieten wollen des Inhalts: Süddeutsch land an Preußen, Belgien an Frankreich. Metz. In der Sylvesternacht gegen 3 Uhr früh sind die Sergeanten Klose und Taschner vom 10. lothringischen Infanterie-Regiment Nr. 174 am Sand platz von 8 bis 12 Leuten ang> fallen worden, wo bei der Sergeant Taschner tätlich verwundet worden ist. Die gestern mit aller Energie vorgenommenen Erhebungen haben die Verhaftung von 7 jungen Männern und 3 Frauen zur Folge gehabt, die mehr oder weniger an der Tat beteiligt waren und diese zum Teil schon eingestanden haben. Ein an derer Beteiligter, der selbst bei der Affäre etwas abbekommen hat, hat gestern eine zweitägige Haft strafe antreten müssen. Frankreich. — Das Pariser Nationalistenblatt „Gaulois" bringt die Humbert-Angelegenheit mit dem Fall Dreyfus in Verbindung. Der französische General stab wollte seiner Zeit in einer Depesche des früheren italienischen Militärattachees Panizzardi eine Be lastung des ehemaligen Hauptmanns Dreyfus ent deckt haben. Das Ministerium des Aeußern da gegen stellt fest, daß der Generalstab falsch über setzt habe. Dies wird nun im „Gar.lois" als Fälschung bezeichnet. Von Oberstleutnant Paty de Clam — der die Untersuchung in der Affäre Dreyfus führte, — sei erklärt worden, daß die für Dreyfus günstige Uebersetzung der Panizzardischen Depesche durch den Einfluß der Madame Humbert auf einen Minister des Aeußern, der aber nickt Herr Hanotaux gewesen, zustande gebracht worden sei. Paty hätte auch versichert, daß in den hinter lassenen Papieren des Obersten Sandherr, die im Archiv des Kriegsministeriums verwahrt werden, sich Spuren dieses von den Humberts zu Gunsten von Dreyfus geübten Einflusses befänden. Ferner wird angegeben, daß Hauptmann Manier, der über die gefälschte Depesche Panizzardis einen aufklären den Bericht erstattet hatte, kurz darauf im Eisen bahnwagen tot aufgefunden wurde. — Wie jetzt bekannt wird, hat der Madrider Akademiker Cotarelo die Wohnung der Humberts der Polizei verraten. Er will aber die Belohnung von 25000 Fr. unter dic spanischen Polizisten, den Türhüter des Hauses der Humberts und den Aus schuß des Vereins wohltätiger Frauen verteilen. Ein anderer Akademiker, der Cotarelo einen Denun zianten genannt, wurde von diesem zum Zweikampf gefordert. Cotarelo meint, jeder Bürger sei ver pflichtet, zur Entlarvung von Schwindlern beizu tragen. Marokko. — Die zum Schutze der Europäer nach Marokko bestimmten französischen und englischen Geschwader sind in der Größe gleich; jedes besitzt 45 000 1. Das französische ist dagegen mit 3020 Mann in der Besatzungsstärke dem britischen mit 2710 Mann etwas überlegen. Die Spanier werden mit ihren bereits in Nordwestafrika befindlichen Truppen dort im ganzen 10000 Mann konzentrieren. Alles in allem dürfte die europäische Macht reichlich ge nügen, um jede ernstere Gefahr von den Weißen abzuhalten. Der Sultan von Marokko hofft trotz seiner von den Aufständischen erlittenen Niederlage immer noch, Herr seines Landes zu bleiben, indessen kann darüber erst die Zukunft entscheiden. Seine Gegner sind bis in die Umgegend der Hauptstadt Fez vorgedrungen, bedrohen die Stadt selbst ernst lich, und die Bewohner sind wenig geneigt, sich für ihren bisherigen Herrn harten Drangsalen und der Rache des Siegers auszusetzen. Versteht es der Sultan nicht, rasch die erlittene Scharte aus zuwetzen, so wird er gezwungen sein, sich in die Bezirke zu begeben, wo ihm die Europäer Schutz gewähren können, sein Land also verloren haben, vorausgesetzt, daß er nicht vorher dem Thron-Prä tendenten auSgeliefert wird. Und damit würde sein Schicksal in bekannter orientalischer Weise ent schieden sein, die Gift, Dolch oder seidene Schnur für die Todeswahl frei läßt. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 5. Januar. *— Au» dem Dresdner KöuigSfchloffe kommt die erfreuliche Nachricht, daß Je. Maj. König Georg fieberfrei geworden ist, auch der quälende Husten hat abgenommen, sodaß der Patient doch nacht» einige Stunden schlafen konnte, wo durch dir allgemeinen Kräfte gestärkt worden sind. Auch der Appetit regt sich wieder. Hoffentlich hält diese Besserung an! *— Bunter Weihnachtsabend. Die Wohl tätigkeitsaufführungen, welche bisher der Gewerbe verein zum Hohenneujahr veranstaltet hat, erfreuten sich stets des ungeteilten Beifalls der Besucher. Dieses Jahr werden zwei eben erschienene Weih- nachtsfestspiele von K. Gebser eine besondere An ziehungskraft auszuüben nicht verfehlen. Wir wünschen den viel Mühe und Unkosten verur sachenden Veranstaltungen ein recht volles Haus und vcrweiscn auf die diesbezügliche Anzeige, im besonderen aber aus die Zeit des Beginns — '/,8 Uhr. * Fünf hohen Offizieren der sächsischen Armee war es — gewiß ein seltener Fall — am Nei j hiStagk vergönn!, aus einen Zeitraum von 60 Jal-re» seit ihrem Eintritt in da« Heer zurückblicke» zu lö rye». Es sind die« der General der Kavallerie z. D. Gmereladjutanl Oswald v. Carlowitz, Ge- nerc.lleulnan« z. D. Gustav v. Schubert, General- majer a. D. H rmann v. TroSky, Oberst z. D. Gustav v. Sah: und Oberst z. D. Bernhard Gras v. Haitznidviff. * Oberlungwitz. Am 30. Dezember abend« ist d.r von hier gebürtige 60 Jahre alte Weber Vogel ans dem Ma kte in Leipzig-Lindenau von einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn überfahren worden und an den erlittenen Verletz ungen im Krankenhause verstorben. Ueber die näheren Umstände de- beklagenswerten Unglück«, falle« liegen authentische Nachrichten bi« jetzt nicht vor. * Grüna, 2. Januar 1903. Bet der hiesigen Gemeindcspai kaffe wurden im Monate Dezember 34385 Mk. 42 Pfg. in 234 Posten eingezahlt, dagegen erfolgten 120 Rückzahlungen im Betrag von 57 207 Mk. 89 Pfg. Der Gesamtumsatz er reichte die Höhe von 194496 Mk. 89 Pfg. Neue Einlagebücher wurden 31 au«gcserltgt, 8 Bücher sind erloschen. — Einlage,tn«suß 3'/, Prozent. Die bi« mit 4. eine« Monat« bewirkten Einlagen werden für den bctr. Monat voll verzinst. * Die Lugauer Gänsediebe, wie die im Oktober vorigen JahreS kestgenommenen Einbrecher vom Votksmunde genannt werden, befanden sich nunmehr vor Gericht. ES waren dies der am 10. Dezember 1869 in ErbiSdors bei Freiberg geborne Bergarbeiter Franz Clemens Otto in Neukirchberg, der am 2. April 1868 in Brieg in Schlesien ge borene Bergarbeiter Rudolf Julius Emil Kutcll in Neukirchberg, der am 25. November 1875 in Döhlen bei Dresden geborene Bergarbeiter Bruno Mox Kunze in GerSdois, der am 10. Juni 1867 in Lößnitz geborene Bergarbeiter Gustav Albin Steinmüller in Lugau und die Ehefrau Ottos, Emma geb. Braun, geboren am 12 November 1873 in Brand bei Freiberg. In der Nacht zum 25. Oft. 1901 erbrach Otto in Gemeinschaft mit Kutell, der Posten stehen mußte, in Erlbach ein Stallge- bäude und stahl unter gewaltsamer Eröffnung eine» ebenfalls verschlossenen Behältnisses 4 Gänse im Werte von 13 Mk. und mehrere Karnickel im Werle von 4,50 Mk. Die Gänse wurden an Ort und Stelle ab gestochen und dann wie die Karnickel geteilt. In der Nacht zum 18 Dezember derselben JahreS drangen sie in Lugau in daS Grundstück eines Obersteigers ein und Hollen aus dem verschlossenen Slall 2 Gänse. Hier kam jedoch der Wächter hinzu, sodaß sie fliehen und die Gänse wieder fliegen lassen mußten. Eines nachts zu Anfang 1902 kam Otto mit Kutell nach SeiserSdorf, wo er durch daS Stall gebäude in die Taststubr und den Keller eine» Gast- Hoses gelangte. Hier entwendete er Branntwein, Wurst, 2 Kopskrssen, Kleidungsstücke rc. im Gesamt werte von 52 Mk, um später auch diese Beute mit dem Wache stehenden Kutell so zu teilen, daß dieser die Lebensmittel erhielt. In der Nacht zum 4. Dezember 1901 stieg Otto allein in dem Grundstück des Steigers W. in Lugau ein und stahl demselben eine Anzahl Gänse im Werte von 26 Mk., während er in der Nacht zum 8. Februar 1902 aus dem Stalle deS RechnungssührerS Gl. mehrere Enten im Werte von 8 Mk. entwendete und schließlich am 23. August aus dem verschlossenen Gehöft de» Gutsbesitzers Sch. in Lugau Blumenkohl, Butter rc. im Werte von 6 Mk. stahl Am 2. November 1902 kam der immer dreister werdende Dieb nach Kilchberg, kletterte durch ein Kellersenster in da» Grundstück deS Gutsbesitzers St. und stahl Fleisch, Eier, 2 Hühner, Bettüberzüge, Kinderschuhe im Weile von 30 Mk. Dies war der letzte Streich, denn er wurde erwisch« und alsbald in Nummer Sicher gebracht. Am 19. Oktober 1902 halte er mil dem Angeklagten Kunze operiert, indem er sich in ein Lugauer Gehöft einschlich und seinen Kom plizen Wache stehen ließ. Hier stahl er unter er schwerenden Umständen Wein, Butter und 4 Gänse im Gesamtwerte von 24 Mk. Boa der Beute be kam Kunze die Hälfte. Kunze und Steinmüller kamen zusammen am Abend des 31. Oktober 1902 an einen Teich, in welchem der ConsumvereinS- Lagerhalter Sl. einen mit starken Effenbändern ver schlossenen Fischkasten halte. Sie erbrachen den Kasten und stahlen Karpfen von nicht unbeträcht lichem Werle. Die Frau Otto halte einen Teil der von ihrem Mann gestohlenen Sachen an sich ge bracht und war hierdurch ebenfalls unter Anklage gekomm-n. DaS Gericht bestrafte Otto mit drei Jahren G-fängni- und fünf Jahren Ehrverlust, Kutell mit einem Jahr zehn Monaten Gefängnis und vier Jahren Ehrverlust, Kunze mit sieben Monaten Gefängnis und zwei Jahren Ehrverlust und Steinmüller zu drei Monaten Gefängni» und einem Jahr Ehrverlust, sowie die Otto wegen Hehlereiimit zwei Wochen Gefängnis. (LH. N. Rach.) * Dresden, 3. Jan. Gestern nachmittag ver unglückte ein beim Hochuferstraßenbau beschäftigter Arbeiter durch eine Lorie. Trotz wiederholter Mahn ungen ging der Mann an der Seite statt hinter der Lorie. Unglücklicherweise entgleiste ein Aad, die Lorie stürzte auf den Arbeiter und zerschlug ihm beide Unterschenkel. Er wurde sofort dem Johanngeorgenstädter Krankenhause zugesührt. — Der Dresdner Gesiudemarkt, zu dem sich noch in den 70er Jahren 2—300 Landwirte au» allen Gegenden Sachsen» und etwa 400 bi» 600 Knechte und Mägde, zumeist au» der Ober- und Nieder» lausitz, zum Abschluß von Dienstverhältnissen hier cinzustellen pflegten, war diesmal zu Neujahr von beiden Seiten so schwach besucht, daß diese Jahr- Hunderte lang bestehende Einrichtung zum letzten male zu beobachten gewesen sein dürfte. * Leipzig, 1. Jan. Einer der hervorragendsten Architekten Sachsen«, Herr Baurat vr. Roßbach, verstarb am 31. Dezember. Mit der Erbauung der neuen Universität und Paulinerkirche, der Universitätsbibliothek und anderer öffentlicher und privater Gebäude hier und auswärts hat er sich bleibende Denkmale gesetzt. Roßbach wurde 1844 zu Plauen i. B. als Sohn des Direktor» der dortigen Bauschule geboren. Unter Langhanß in Berlin begann er seine erste Tätigkeit al» Architekt, al- welcher er auch an der Erbauung des Reuen Leipziger StadttheaterS mitarbeitete. 1891 wurde er zum königl- sächs. Baurat ernannt und gleich zeitig zum Leipziger Stadtrat gewählt. * Chemnitz, 3. Januar. Am Sylvestertage verschied in Nürnberg nach kurzem Kranksein der frühere Fabrikdirektor Herr Karl Klöden im nahezu vollendeten 83. Lebensjahre. Derselbe war eine in Sängerkreisen hiesiger Stadt und der weiteren Umgebung sehr bekannte und hochgeachtete Persön lichkeit, welche in der Entwickelung der hiesigen Gesangvereine eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Al» Anfang der 60er Jahre der Deutsche Sängerbund entstand und sich die bis dahin be standenen Gesangvereinezu Sängerbünden gruppierten, war Herr Klöden ein eifriger Vorkämpfer für die in Meerane erfolgte Gründung des Erzgebirgischen Sängerbundes. Nachdem wenige Jahre später Chemnitz als Vorort diese- Bunde- bestimmt ward, fiel nach einer nur kurzen anderen Borgängerschaft die Wahl auf Herrn Klöden als Voisteher des Erzgebirgischen Sängerbundes. Nahezu 25 Jahre hat er dieses Amt mit großer Treue und Gewissen haftigkeit verwaltet und durch seine Begeisterung für den Männergesang die Entwickelung und Aus dehnung des Erzgebirgischen Sängerbünde- in der wirksamsten Weise gefördert. * Chemnitz, 5. Jan. Unweit der Station Leubsdorf auf der Strecke Chemnitz-Rettzenhain ging gestern vormittag kurz vor dem die Strecke passierenden Personenzug eine große Felsmasse nieder, welche das Gleis vollständig sperrte und eine mehr stündige Verkehrsstörung herbeiführte. Der Verkehr konnte nur durch Umsteigen an der Einbruchstelle aufrecht erhalten werden. * Chemnitz. DaS „Schäften" scheint hier und da in den Kasernen noch geübt zu werden, obwohl von den Militärbehörden dagegen eingeschritten wird. Wegen dieser alten Unsitte hatten sich zehn Soldaten de» Jnsanterie-RegimenIS Nr. 104 zu verantworten. Sie hotten einen Kameraden, der sich wiederholt Verstöße gegen die Disziplin hotte zu schulden kommen lassen, am Abend deS 11. November ver hauen, weil sie durch ihn Nachteile bezüglich deS Urlaubs befürchteten. E» wurden verurteilt sieben zu drei Tagen und zwei zu je vier Tagen Gefäng- ni», einer wurde sreigesprochen. * Zwickau, 4. Jan. Eine jugendliche Diebes bande, deren 9 Mitglieder im Atter von 13 bi» 15 Jahren stehen, von denen mehrere bereit» vor bestraft sind, batte sich am Freitag wegen raffiniert ausgeführter Diebstähle zu verantworten. Der Rädelsführer Haberstreit, ein 15jähriger Bursche, erhielt 3'/, Jahre Gefängnis, dic anderen Gefäng. nisstrafen von 3 Monaten bis zu 1 Jahr. * Cainsdorf, 3. Jan. Abgestürzt ist Gutsbe sitzer Helbig hier 8 Meter hoch von feinem Scheu- nenboden. Er erlitt schwere innere und äußere Verletzungen. * Meerane, 3. Januar. Wohl noch kein neue» Jahr dürste in Meerane unter so tragischen wirt schaftlichen Verhältnissen begonnen haben, al« ge rade da« Jahr 1903. Ein volle« Vierteljahr hält nun bereit« der Weberstreik an. Unter dem Druck dieser Verhältnisse leidet da« gesamte Erwerb«leben unserer Stadt in hohem Maße. Da« letzte Weih nachtsgeschäft hat hiervon deutlich genug Zeugni« abgelegt. Mancher Kleingewerbetreibender, der au«, schließlich aus die Arbetlerkundschaft angewiesen, er- scheint in seiner Existenz geradezu gefährdet. Die Mehrheit der Meeraner Bürgerschaft steht auf der Seite der Au«ständigen, denn die Meeraner Ge- schäst«welt ist vielfach von der Arbeiterschaft ab hängig. * Plauen i. B, 3. Januar. Da« Königliche Landgericht verurteilte heule den früher in Mark neukirchen tätig gewesenen Station»asststenten Herzog wegen Unterschlagung im Amte und Betrug« zu einem Jahr neun Monaten Gesängni» und fünf jährigem Ehrverlust. Herzog hatte der Station«, kaffe, al« er den Bahnhoslinspeklor während dessen Beurlaubung vertrat, 300 Mark entnommen. * Reicheubach, 2. Jan. Der älteste Mann unserer Gegend und wohl de» ganzen Bogtlande», der frühere Weber August Opitz, ist gestern im bc« nachbarten Oberreichenbach gestorben. Der au» Netzschkau Gebürtige beging erst am 3. Dezember v. I. seinen 101. Geburtstag und war bi» in die letzten Tage hinein verhältnismäßig rüstig gewesen. Lin Unglückssall am ersten Tage de» neuen JahreS aber brachte ihn in den Tod. Ein Sturz von einer Treppe im Pfeiferschen Gehöft, wv man ihn
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)