Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 01.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190301011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-01
- Tag 1903-01-01
-
Monat
1903-01
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 01.01.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Beilage zum Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger Tageblatt. Nr. 1. Donnerstag, den 1. Januar 1903. 30. Jahrgang. Neujahr. Sylvester! Der geweihten Glocken Klingen Tönt durch die stille Winternacht. Das alte Jahr will es zur Ruhe bringen, Das neue grüßl's, das jetzt erwacht. Das alte Jahr! Wer war wohl ganz zufrieden? Enttäuschung brachte es und Leid! Doch auch manch' frohe Stunde war beschicken Zum Trost uns im Gewirr der Zeit. Und glaubt so Mancher auch sein Glück verloren Und sieht verdunkelt rings die Welt, Getrost! Auch ihm wird noch ein Tag geboren, Da Sonnenschein den Pfad erhellt. Das neue Jahr! Es mahnt zu neuem Hoffen, Daß wir vertrauend in die Zukunft sehn, Ja, der Verheißung Pforten stehen offen Und holde Lenzeswinde wehn! Getäuscht so oft, von neuem wieder streben, Im Glücke klein, im Hoffen groß, Das Höchste woll'n, im nieder« Staube leben, Das ist das alte Menschenlos! Auf! neues Jahr, breit aus die raschen Schwingen, Umglänzt vom lichten Morgenrot! Ins Herz der Völker mögst du leuchtend bringen Der Lieb und Eintracht hold Gebot! Mög sich vor deinem Glanz der Nebel hebe», Der innern Zwietracht, die uns drückt: So sollst du über Friedenspalmen schweben Und über Menschen, froh beglückt! Sylvester. Bon M. Reinhold. (Nachdruck verboten.» Sie hatten sie gehen heißen! Nicht mit Harlem Wort, nicht mit verletzendem Ausdruck, im Gegen teil mit verbindlicher Höflichkeit und anscheinender Teilnahme, aber es war doch ein Gehen Heißen. „Sic sind gewiß müde, liebel Fräulein, bille, legen Sie sich nur schlafen!" So halte die Dame vom Hause gesagt; die Töchter halten beisällig gelächelt, sie waren jo teilnahmsvoll erschienen, und die übrigen Anwesenden hatten kaum darauf geachtet. Nur ein einziger hatte sie mit langem Bsick ge streift, unter dem sie errötete. Und damit das niemand merken sollte, war sie eilig nut einer tiefen Verneigung verschwunden. Sie war in ihr Siübchen getreten. Die beiden jüngsten Kinder de« Hause«, ihre Zöglinge, schliefen im Nebenzimmer bereit«. Sie waren schwächlich, ihre Anwesenheit bet der Sylvesterseier war darum unterblieben. Die Erzieherin, das Fräulein, Halle an ihrem Beltchen gesessen, bi« die Kleinen schliefen, dann Halle man sich der Einsamen in der Gesell schaft erinnert, die in den vorderen Räumen bei frohem Gläserklang und heiterem Geplauder da« neue Jahr erwarteten. Sie war hinzugezogen, sie hatte sich nützlich gemacht, und dabei Halle sie auch in ein bekannte« Gesicht geschaut, herzliche Worte au« einem Munde vernommen, die sie hoch be glückten. Wenn man arm ist . . . Ja, er ist ein bittere» Wort. Und an der Wiege war e« ihr wohl nicht gesungen, daß sie genötigt sein werde, sich ihr Brot in sremden Häusern zu verdienen. Er war eine schöne, edle Ausgabe, der sie sich mit aller Liebe ihre« Herzen« unterzog, die Enlsaltung der jungen Menschenknotpen zu fördern, aber manches Wort klang in die Ohren de« jungen Mädchen«, das ver stohlene Thränen in die braunen Augen trieb. Man war höflich, wie an diesem Abend, stet« pein. lich höflich, aber jede dankbare, anch nur anerkennende Aeußcrung für da« aufopfernde Mühen de« „Fräu lein«" fehlte; sie wurde ja bezahl! und da« erschien genug. Daß in dieser Behandlung eine Demütig ung für die junge Waise lag, da« wurde nickt er kannt, wohl kaum bedacht. Wenn man arm ist und eine Waise! Ja, da« war e». Der Vater war so früh gestorben, aber die Muller halte doch allen Willen «ich! blo«, son der» auch die Kraft, den Entschlafenen mit bei der Tochter zu ersetzen. Sie sorgte für eine gründliche, tiese Bildung de« Geiste» und Herzen«, da« nicht prunkte und nimmer der Liebe vergaß. Und wenn sie in die braunen Augen de« Liebling« schaute, dann wuchsen liebevolle Wünsche in der Mutlerseele sür da« einstige Glück der Tochler aus. Ein heilere» Glück ersüllle so das bescheidene Heim bi« e« plötzlich erlosch. Nach ganz kurzer Krankheil war die Treusorgende abbcrusen. Geschäftige Freunde halfen der Waise alle« regeln, aber dann mußte und wollte sie auf eigenen Füßen stehen. Und die Jahre schlichen dahin, ein« nach dem andern. Achtzehn zählte sie, al« die Muller starb, fehl zählte sie dreinndzwanzig. Man jagte, sie sei schön. Sie war cs, aber sie selbst achtete nicht daraus. Warum auch ? Eine arme Waise, wie sie, ein bescheidene« Fräulein'? Aber vor Jahren, al« die Muller noch lebte, Halle da« Einer gesagt, der ernste Doktorsohn von d üben, der sie so prüfend anschaute und so froh mit ihr plauderte. . . Ja der! Aber wo war der geblieben? Zum letzten Male hatten sie auf einem heiteren Sommerfest mit einander gesprochen und dann nimmer. Und sie hatte wohl seit der Zeit selbst kaum noch an ihn gedacht. Und nun an dusim l-tzleu Abend im Jahr ... Da hatte er mit om Tisch ges-ssen. Dann war er plaudernd mit ihr in eine Fensternische getreten, sie halten einander ihre Schicksale erzählt, er war ein ange sehener Herr, und die alle ftohe Zeit nahm Beide gefangen. Und er halte gebeten, sie wie früher bei ihren« Vornamen Elsa nennen zu dürfen. Und dann, dann hatten sie sie gehen heißen . . Die Frau vom Hause und die Töchter erst recht sanden es doch von dem Fräulein nicht recht paffend, daß sie so lange allein nur mit einem Herrn sprach. Sie wäre so gern bei dem Freunde au« der schönsten Zett ihre« jungen Leben geblieben, aber nur . . . da sollte sie müde sein . . . Müde? Ach, müde war sie ost unter einer bitter empfundenen De mütigung geworden, aber die Freude macht nicht müde, nie, und jetzt endlich einmal wieder war die Freude gekommen . . Endlich! Noch lange hätte sie den süßen Trunk schlürfen mögen, aber müde sollte sie sein, müde. „Sie gehen gewiß gern, Fräulein!" Und sie ging, aber sie empfand, wie sie sein voller Blick umfing, wie die hellste Teilnahme von seiner hohen Stirn leuchtete. Da stieg ihr vor Freude da» Blut in die Wangen, dar sonst nur aus ganz anderem Anlaß da« liebliche Gefühl ge rötet. Sie ging und er harrte dann allein am stillcn Fenster. Es wußte bald Mitternacht sein, der Grabgesang be gann dein alten, der Jubelrnf den« neuen Jahre zu klin gen. Wenn sie wenigstens bi» dahin bei der Ges llschast hätte bleiben können! Wie gern hätte sie ihren herzlichen Glückwunsch ihm zugeflüstert, wie gern! Für sich selber konnte sie kauen einen Wunsch ver langen, sie war das „Fräulein," und das „Fräu lein" blieb sie. Aber sein freundlicher Dank hätte sie schon erquickt, er suhlte doch wa>me Teilnahme sür sie, die Verlassene, das hatte sie erkannt. Und nun müde jein, müde! Ach, das Ihat weh, es brannte aus dein pochenden Herzen Da Hub der feierliche Sang der Glocken draußen an, wie daS eihabene Werk deS Allmächtigen scholl ihr Klang in die stille Nacht hinaus, überall Leben und Jauchzen eiweckend. Nirgends Müdigkeit, nirgends stumme Trauer, nur hier in dem ver- schwiegenen Stübchen. Bis hnrher klang auch das Lachen und Jubeln der G-sellschast, bis hierher die Worte, welche der Hausherr den Gästen zuries, und leise Thränen glänzten in den Augen deS Fräulein. Regungslos stand sie längere Zeit, dann faltete sie die Hände und blickte mit den tiefen braunen Augen empor zum lichten Sternenhimmel. Es Halle ein Uhr vom nahen Turm geschlagen, zum leht-n mal holten die Glocken ihren Ruf in die Nacht hinein erschallen lassen. Auch vorn in der Gesellschaft war es stiller geworden, man unter hielt fick über Vergangenheit und Zukunft, dies un erschöpfliche Thema am Sylvester.Abend. Elsa war nicht müde, sie konnte die Gedanken von dem nichl abwenden, was heute abend geschehen. Wenn sie nur noch einmal den Freund sehen könnte! Denn ob sie an anderen Tagen ihn wiedersoh, das war schwer zu deuten. Wo nahm er die Zeit sür die unbedeutende arme Waise, die plötzlich wieder aus getauchte Bekannte auS früheren Jahren her? Der Wunsch tiieb sie vorwärts . . . Wenn sie ganz still sich verhielt, vermochte sie unbemerkt aus einem Nebenzimmer in die Gesellschaftsräume zu blicken. Und dann sah sie ihn wohl nochmals.. . Ja, da stand er und blätterte nachdenklich i i einem Buche, daS auf einem Salontisch gelegen. Er schaute aus, unwillkürlich, wie wenn er etwas suche. Und da begegneten sich ihre Augen. Puipurrot fuhr Elsa zusammen, sie! wagte kaum zu atmen. Sie wäre schleunigst davongelaufen, über wie gefesselt stand sie da. Und nun sah sie, wie über sein ernstcS Gesicht ein Lächeln flog. Wie sie sich schämte . . . Wie! Und nun kam er noch auf sie zu. Um GotteSw'llen, wenn jemand jonst sie hier bemerkte . . Sie wandte sich, aber da stand er schon vor ihr. Sie zitterte, leichenblaß war sie geworden. Er nahm ihre Hand. „Elsa, wollen Sie mir zum neuen Jahre wünschen, waS sich mein ganzes Hoffen ersehnt!" — „Ja, Herr Erich!" Sie stieß e- hervor. „Aber bitte, ich muß fort." Er sühlte die Kälte ihrer zitternden Hände, ec sah die schweren Thränen in den braunen Augen wie Diamanten blitzen. Ec verstand alles. Flüchtig sah er sich um. „Elsa!" Ec preßte sie an sich mit heißem Kuß. „Morgen!" Dann trat er zurück, wie betäubt flüchtete sie in ihr Zimmer. „Lieber Vater im Himmel, liebe Mutter!" Sie vermochte nichts weiter zu stammeln . . . Die NcujahiSjonne schaute lachend in den Salon, n welchem Dr. Erich die Dame vom Hause bat, eine Braut seiner Mutter zusührcn zu dürfen. Die Dame verstand eS, sich zu beherrschen. — Mein Gott, Fräulein Elsa, warum sagten Sie gestern Abend nichts? Sic wissen doch, wir meinen eS mit Ihnen so gut . . ." Und das Fräulein neigte sich dankend. Der Fremde. Roman von Robert Kohlrausch. 31. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.» „Nun, wenn Sie so wenig von mir wissen, sagte Boysen, „so weiß ich vielleicht um so mehr von Ihnen. Jawohl, ich weiß, daß Sie eine Zu sammenkunft gehabt haben mit jenem Manne, den Sie Gloystedt nennen, an einem Orte, wie ihn nur Gesindel zu solcher Stunde aufzusuchen pflegt. In einer der halb niedergerissenen Baracken da draußen haben Sie sich mit ihm eingeschloffen, — eingeschloffen, obwohl Sie nicht glauben konnten, daß eines Menschen Fuß um diese Zeit sich in jene Einöde verirren werde. Erklären Sie mir das, wenn Sie können; können Sie's nicht, so weiß mein Freund heute noch alles, was ich von Ihnen gesehen habe." Wie der Schatten eines Lächelns ging es über des Dieners Gesicht, aber gleich war die alte, steinerne Ruhe wieder hergestellt. „Zu meiner Freude," gab er zur Antwort, bin ich in der Lage, eine, wie ich hoffe, genügende Auskunft zu ertheilen. Herr Gloystedt hat sich durch Unternehmungen ver schiedener Art — Genaues hat er mir darüber nicht mitgetheilt — ein kleines Vermögen erworben, das er gegenwärtig durch Bauspekulationen zu ver größern sucht. Er hat ein paar der Bauplätze da draußen gekauft und will an Stelle der Häuser, die abgerissen werden, neue und größere erbauen lassen. Vor einiger Zeit bereits hat er mir den Vorschlag gemacht, meine kleinen Ersparnisse mit in diesem Unternehmen anzulegen. Er verspricht mir hohen Ertrag, aber es ist nicht viel, was ich besitze, und so können Herr Boysen sich denken, daß ich auch mehrfach mit dem Manne verhandelt habe. Heute Nacht nun wollte er mir die Pläne der Häuser — ich verstehe ja nicht viel davon, aber man sieht doch gern die Dinge, für die man Geld hergeben soll — und die genauen Be rechnungen vorlegen. Das war der Grund, daß wir nicht im Freien, sondern in einem der von Herrn Gloystedt angekauften Häuser zusammen kamen, wo wir Licht anzünden und die Zeichnungen besichtigen konnten. Da auf dem Bauplatz bereits werthvolles Material vorhanden ist, hol er mir eingeschärft, die Thür wieder zu verschließen, zu der er mir einen Schlüssel gegeben hatte. Die Aengstlichkeit war vielleicht übertrieben, aber indiesem Falle mußte ich mich doch wohl nach dem Eigen thümer des Grundstücks und seinem Willen richten. Uebrigens bin ich Herrn Boysen sehr dankbar, daß Sie die Sache zur Sprache gebracht haben; schon lange hätte ich gern Herrn Buterweck um Rath gefragt, was er von jener Bauspekulation hält. Vielleicht darf ich auch in dieser Sache um eine gütige Fürsprache bitten?" Boysen hatte ihn ausreden lassen, ohne ihn zu unterbrechen, aber er hatte sich von ibm abge wandt und war an den Kamin getreten, um nicht auf seinem Gesicht lesen zu lassen, daß er sich be siegt fühlte. War alles gelogen, was der Mensch da lückenlos, mit ruhiger Sicherheit vorbrachte? Hatte er ihm unrecht gethan, und hatte sein ver letztes Gefühl ihn blind gemacht? Er sah keinen Punkt, bei dem er sagen konnte: „Das ist nicht wahr!"; er fand keinen Widerspruch, keinen un erklärten Vorgang. Es blieb ihm nichts übrig, als Waffenstillstand zu schließen mit diesem Menschen, der «hm trotz alledem stets widerwärtiger und ver- dächtiger wurde, und mühsam zwang er sich zu freundlichem Abschiedswort. „Sie haben mir da in der That eine genügende Erklärung gegeben, und ich bedaure, wenn ich Ihnen unrecht gethan habe. Ich will Sie also nicht länger aufhalten, — gute Nacht." „Da>f ich die Lichter im Schlafzimmer noch anzünden?" „Ich danke Ihnen, ich thue es selbst." „Dann habe ich die Ehre, eine gute Nacht zu wünschen." Er war fort. Boysen blickte ihm nach, den Verlauf des Gesprächs noch einmal erwägend; dann lachte er auf: „Da hätten wir uns ja recht grünv- lich blumirt," sagte er zu sich selbst, „nun können wir einmal Prokuren, wie Besiegte schlafen." Er kleidete sich aus und legte sich nieder. Eine schwere Müdigkeit war nach all den Erlebnissen dieser Nacht über ihn gekommen. Gleich einem Hellen, freundlichen Sterne blickte Evas Bild noch einmal in seine entschlummernde Seele, dann erblaßte auch dessen Leuchten in dem tiefen, dunklen Frieden eines traumlosen Schlafes. Es war Heller, sonniger Tag, als er erwachte, frisch, heiter, voll neuer Kraft; er fand beim Ein tritt in das Frühstückszimmer den Freund seiner schon wartend mit müdem, blassem Gesicht. „Hast Du nicht gut geschlafen?" fragte Boysen, als der Morgengruß gewechselt war. „Ausgezeichnet. Genau zwei Minuten und eine halbe. Das ist doch eine Leistung, was?" „Mir würde sie kaum genügen. War Deine Nacht wirklich so schlecht?" „Meinem Feind wünsche ich eine bessere. Ich habe gelegen und die Stunden gezählt, als wäre ich der arme Teufel, den sie heute früh inS soge nannte Jenseits befördert haben. Aber den haben sie dann wenigstens hübsch in den Schlaf gewiegt auf dem niedlichen Schwungbrett der Guillotine; mir ist eS nicht so gut geworden." „Aber, »wieo wio," rief Boysen, „— Du siehst, ich rede schon italienisch, um Dich auszuheitern — da« ist ja da? reine graue Elend, daS Dich plagt! Ww kommst Du dazu, mir auch von dieser unseligen Hinrichtung voizuerzählen, mit der un« Sassi gestern schon genug g-quält hat?" „Sassi," Buterweck murmelte den Namen mit einem unsäglich melancholischen Ausdruck; dann aber warf er einen Blick auf den Diener, der daS Frühstück aufgetragsn Halle, als wolle er sagen: „Verlange nicht, daß ich vor diesem da meine heiligsten Gefühle offenbare." Und laut, zum Diener gewandt, fügte er hinzu: Sag' einmal, August, ist denn diese Hinrichtung nun auch wiiklich gewesen?" Der Gefragte war stehen geblieben und gab die Antwort mit seiner kalten, halblauten Stimme: „Die Exekution hat stattgefunden, wie ich höre. Die rothen Zettel an den Anschlagssäulen sind be reits erschienen." „Der Paß in die Ewigkeit," murmelte der Hausherr, „damit alles hübsch seine Ordnung hat. Was soll denn der Kerl eigentlich ausgefressen haben?" Wieder der gedämpfte Klang der kalten Stimme. „Man spricht viel darüber, es ist eine seltsame Geschichte. Der Mann hat sich selber angezeigt wegen eines Mordes, den er vor langen Jahren an einer Frau verübt hat. Man sagt, das Ge wissen habe ihn dazu getrieben." Es war ein seltsamer, schneidender Ton, in dem dieser Mensch das Wort Gewissen aussprach, und mit absichtlich starkem Nachdruck fügte Boysen hinzu, halb zu sich selbst, halb zu dem Freunde redend: „Das Gewissen! Es ist doch etwas Großes, daß eine moralische Kraft in uns lebt, die stärker ist, als der Wille zum Bösen." „Das hast Du wunderbar schön gesagt," warf Buterweck ein mit einem Versuche zu scherzen, doch immer noch ebenso müde wie zuvor. Dann wandte er sich von neuem zu dem Diener: „Es ist gut, August, Du kannst gehen." Sie blieben allein, und Boysen blickte kopf schüttelnd auf den Freuno. „Was fehlt Dir nur ?" sagte er in ernstem, herzlichem Ton. „Ich wollte nicht fragen, solange der Mensch im Zimmer war, doch nun mußt Du reden." „Ich habe die Absicht; aber zu ihrer Aus führung brauche ich eine ziemliche Portion von der sogenannten moralischen Kraft, von der Du eben gesprochen hast. Die kannst Du nach einer schlaf, losen Nacht und vor dem Frühstück nicht von mir verlangen. Laß uns also vorerst dem sterblichen Menschen in uns sein Theil geben, — hier hast Du Honig für ihn, wenn er ihn mag." Boysen nahm die dargebolene, mit goldbrauner Flüssigkeit gefüllte Schale und sagte: „Wie Du willst, also nachher. Aber schwatzen muß ich zum Frühstück, mir ist nach Schweigen heute gar nicht zu Mulhe." (Fortsetzung folgt.) Handels-Nachrichten » rUo, 30. Dezember. (Wechsel-Louis.) 8aa»- Mark Ulscau, Amsterdam „ 8 T per IVO st. ü. 2M B rüffel und Antwerpen .. 8 T pr. 0:0 Francs. 3M Italienische Plätze - toT pr. 100 Lire 2M Schweiz. Pl. 1oi> Fcc 4'/» M L London 8 T pr. l Lstrl. 4 3M Madrid und Barcelona 14 T pr. 100 Pesetas 2M Paris 9 8 T pr 100 Franc 3.R Petersburg 4>, 8 T pr. 100 Rubel 3M Warschau 100 Rudel 5'/, S T Wien 8 T per 100 Kr. ö W. 168 35 G 167,7» G 81.20 G 86,30 G 81.15 G 81,15 G >0,41 G 2U,22 G 81,20 G 80,65 G 85,25 G 84,60 G Reichsbank 4°/,, Lomb.-Z.-F. 5"/». rkaräakucs, 80. Dezember, Kornzucker cxcl. 88°/, Rcn- demen« 8,95—9,10. Nachiroducle cxcl. 75°/« Rendement 7,05—7,30. Stimmung: Ruhig. Krystallzucker I 29,82. Brod-affin >de . 29,57. Gc- Raffinade mit Faß 29 57. Gem. Melis 29,07. Rohzucker I Product Trans, f. a. B Hambu-g per Dezember 16,00 Gd., 16,15 Br., per Jan. März 16,10 Gd., 16,,0 Br., per Mai 16,45 Gd., 16,50 Br., per Aug. 16,85 Gd., 16,95 Br., 16,90 bez., per Okt.-Dez. 17,80 Gd., 17,90 Br. Stimmung: Ruhig. »«vwüxrr, 30. Dezember. Weizen still, HotNc-nrschcr und Mecklenburg,:. 150, Hard Winter 126. Roggen träge, siidrufs. 102, Holsteinischer und Mecklenburger 143. M-us matt, 121—124, runder 108. Hcuer stetig, Gerste still. Wetter: Regendrohcnd. ilrsmeu, 30. Dezbr. , Baumwolle). Tendenz: Fest. Upl. middl. loco 44 , Pfg. l.lrorp »1, 30. Dezember. (Baumwolle.) Muthmaßltcher Umsatz: 8 00, B Stimmung: Stetig. Import: 49000 Ballen. Unverändert bis 4 Points höher. — Umlatz: 7 000 Ballen, davon für Speculation and Exvvri 500 Ballen Amerikaner fester, 4 Points höher, Ostindische unverändert. Lieferungen: Träge. Dezember 4,58, De zember-Januar 4,58, Februar-März 4,57, April-Mai 4,58, Juni-Juli 4,58. Zahlungseinstellungen Hermann Frantzen, Aachen. Emilie Pauline Löffler, Löbtau-Dresden. Thedel Ernst Wilhelm von Strombeck, Dresden. Josef Rangelte, Düsstldori. Karl Gustav Bybhain, Großschönau. E. Rixen, Kusel. Reinhold Schulze, L.-Lindenau. Ferdinand Altenburger, Wohlau. Asbest-Industrie, Mannheim. Arthur Ascher, Tanger hütte.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)