Volltext Seite (XML)
Hihenstcm-EriiMn Anzeiger Tageblatt str Ko-««g«« Hrn-tSak, Gb-ilungwih, H-r»d»rf, L-rm-d°rf, N-rnrd«rf, «tfteukrmd, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschhetm x. —— Weitverbreitetes Insertions-Orga« für amtliche ««d Privat-Anzeigex. F*serti»«sgebAhre«: die s<ch--«sp«lttm Emcpwftitl« ob« deren Dat Wßh-liMO mmmwch L» »Hr. Este--«« >M»i-«« »bend« »orher «bet«. 30. Jahrgang Donnerstag, den 1. Januar 1903. Nr. 1 Unseren geehrten Lesern zur gefl. Kenntnißnahme, daß es uns zufolg^der großen Anzahl neugewonnener Abonnenten Ferner erhalten unsere Abonnenten als GlMtiAUetlage mit einer der nächsten Nummern einen farbigen, geschmackvoll ausgeführten Almanach — auf Tarton gedruckt — möglich ist, den „Anzeiger" trotz seiner Vergrößerung und textlichen Bereicherung auch fernerhin zu dem alten Abonnementspreise, d. h. bei freier Zustellung ins Haus zu M. 1.2S pro Quartal oder 42 Pf-, pro Monat zu liefern. Wir werden fortfahren, den „Anzeiger" nach jeder Richtung hin auf der Höhe der Zeit zu erhalten und freuen uns, aus den uns zu Theil gewordenen zahlreichen schriftlichen und mündlichen Beifallserklärungen schließen zu dürfen, daß die getroffenen Aenderungen den Wünschen unserer geschätzten Leser in jeder Beziehung entsprechen. Den neu hinzutretenden Abonnenten liefern wir, soweit uns dies möglich ist, den bis jetzt erschienenen Theil des ungemein spannend und fesselnd geschriebenen Romans „Der Fremde" von Robert Kohlrausch, sowie auch die mit einem neuen Feuilleton beginnende, der letzten Sonntags-Nummer beigegebene Nr. 1 des illustrirten Sonntagsblattes gratis nach und wolle man diesbezügliche Wünsche entweder direkt oder durch das Austrägerpersonal un- zugehen lassen. geliefert. Mit Rücksicht auf den ungünstigen Einfluß, den es hinsichtlich der Sicherheit in der Orthographie auf die Kinder ausüben mnß, wenn sie in der Zeitung einer anderen al- der in der Schule gelehrt erhaltenen Orthographie begegnen, haben wir nns entschlossen, mit der ersten Nummer im neuen Jahre die sogenannte Patttamer'sche Orthagraphie in unseren» „Anzeiger" zur Anwendung zu bringen und hoffen auch darin deS Beifall» unserer Leser sicher zu sein. Mit der Bitte an unsere alten treuen Abonnenten, für eine immer weitere Ver breitung des „Anzeigers" in ihrem Bekannten- und Freundeskreis thätig sein zu wollen, zeichnen Hochachtungsvoll Merlin des Kuhei-m-Km-thiIer AMM. Har« S Lehmann. Hohenstein-Ernstthal, den 30. Dezember 1902. Amtlicher Theil. Anmeldung der Hunde zur Versteuerung bett. Auf Grund deS Gesetzes vom 18. August 1888 und deS Hundesteuerregulativs vom 18. Juli 1S00 werden alle Diejenigen, welche in der Stadt Hohenstein-Ernstthal Hunde besitzen, ausgefordert, über die in ihrem Besitze befindlichen Hunde bis zum 1». Januar 1SVS t« der Gtadtbuchhalterei — Rathaus, Zimmer Nr. 4 — schriftlich Anzeige z« erstatte« und bis zum 31. Januar 1SO3 die erste Hälfte der Hundesteuer mit 4 Mark für je einen Hund in der Stadtstenerein- «ahme — Rathaus, Zimmer Nr. 2 — zu bezahlen. Unterlassung der schriftlichen Anzeige wird als Hinterziehung mit de« drei« sache« Betrage der jährlichen Stener bestraft werde«. Hohenstein-Ernstthal, den 31. Dezember 1902. Der Stadtrat h. vr. Polster. Kny Amtliche Bekanntmachungen. Der 4. Termin Rente« ist spätesten» bi« den 6. Januar 1903 an die hiesige Ort«steueretnnahme abzufahren. Oberlungwitz, am SS. Dezember 1902. Der Gemrindevorstand. Zum Jahreswechsel. „Wir gehn dahin und wandern von einem Jahr zum andern. Wir leben und gedeihen vom alten bi» zum neuen." Manchmal ist es ünS recht unwahrscheinlich vorgekommen, daß wir ungetrüb- ten Mute- wieder Neujahr feiern würden. Aber di« Sylvesternacht hält eine Wage in der Hand: auf der einen Seite die Schal« deS Rückblicks, auf d«r andrrn die des Ausblicks. In der Wagschal« d«S Rückblicks liegen fertige und halbfertige Er fahrungen. Tausend gute Wünsche sind in Er- tüllung gegangen, vom gedankenlosen „Guten Tag" bis zum häuserbauenden Elternsegen hinauf. Viele irrig« Entwürfe und Meinungen haben wir noch rechtzeitig aufgegrben und sind dadurch vor Schaden bewahrt geblieben. An andern LieblingSgedanken haben wir überfest gehalten und uns dabei die Finger schmerzhaft geklemmt. Schadet nicht-; ist auch eine Erfahrung. Wo sind nur die guten Vorsätze von der vorigen NeujahrSnacht? Ja, wo sind sie? Den einen konnten wir gar nicht hoch genug erheben und schleuderten ihn vor Aller Augen wie einen Ball in die Lüste. Da ist er in der Dachrinne liegen geblieben und nicht wieder in unsere Lände gekommen. Den andern haben wir sorgfältig geheim gehalten, um ihn allein zu be sitzen, und haben »hn so vortrefflich aufgehoben, daß wir ihn selber nicht wiederfinden können. Der dritte war schon älter und sollte letztes Jahr laufen lernen. Wir waren aber seine krüppelhafte Er- scheinung zu sehr gewohnt, um uns viel mit ihm abmgeben. Nun ist er immer noch am Kriechen, und wir müßten uns schämen, ihn in die Wag schal» zu thun. Da legen wir statt seiner unser Schamgefühl hinein. (Ist vielleicht auch stärker auf den Beinen). Ist aber noch Platz in der Wgg- schale, da kommen diejenigen Erlebnisse hinein, zu denen wir gar nichts gethan haben, von denen manche sogar gegen unseren Willen und unsere Mühe erfolgt find. Und wenn wir die einmal so hübsch beisammen haben und mit den anderen ver gleichen, dann find eS die allerbesten. In der Schule haben wir gelernt, die Verheißung, daß alle Dinge, die eigenen Dummheiten nicht ausge nommen, zum Besten dienen sollen, gehöre denen, „die Gott lieben". Muß aber eine ganz heimliche Liebe sein, von der der Liebhaber selber nicht- weiß! UnS hat sie eigentlich recht wenig „heiß gebrannt". So, dies offene Bekenntnis kommt als Deckel auf die Wagschal« des Rückblicks. Ein gutes Sammelsurium, o was darunter liegt! WaS wohl ein Sammler von Beruf dazu sagen würde? DaS wollen wir bald nachsehen. Der große Gamm- ler aus Sprüche 39, VerS 4, der die Rumpel kammer und die Vorratskammer voll wohlgeord nete Jahrtausende stehen hat, — der hat die Wag- schale des Ausblicks gefüllt. WaS steht denn da oben drauf? Hm, recht altertümliche Schrift, — aber doch noch zu lesen. „Alle- ist Euer — Ihr aber seid Christ, — Christus aber ist Gottes." DaS klingt gut. Rasch auf mit der Schale des Ausblicks und hineinaeschaut! Wunderbar! Eine Perspektive ohne Ende: Siege und Niederlagen, Aengste und Tröstungen, ein vieltausendfaches Mit einander und doch kein ordnung-loses Durchein- ander. Aber welches ist nun mein Anteil daran? Meiner ganz allein im Jahre 1903? DaS möchte ich gern wissen. Glück dem, der sich bescheidet; Unglück dem, der zuviel wissen will. Frage dich aufrichtig, wer Du bist im neuen Jahr. Dann sagt Dir daS neue Jahr auch Dein Geschick zu rechter Zeit. Venezuela. In der venezolanischen Angelegenheit ist die Rückäußerung de« Präsidenten Castro auf die von den Mächten an die Annahme deS Haager Schiedsge richt- geknüpften Borbehalre nach einer Mitteilung der E-W Die Verzögerung der Antwort erregt auch in Washington Befremden, obwohl man weiß, daß Castro nicht mehr in Caracas, sondern in La Vik toria weilt, wo er sich sicherer fühlt als in der Hauptstadt. Der amerikanisch« Gesandte in Vene zuela, Bowen, ist beauftragt, die Verhandlungen in Caracas zu leiten und die Unterzeichnung des Protokolls zu veranlassen, da- erforderlich ist, um die Angelegenheit dem Haager Schiedsgericht unter breiten zu können. Bisher hat demzufolge der Schiedsgerichtshof im Haag auch noch kein Gesuch erhalten, die venezolanischen Wirren zu schlichten. Diese Verzögerung hat insofern nicht viel zu be sagen, als durch sie nun wenigstens allen Gläubigern Venezuelas Gelegenheit geboten wird, ihre Ansprüche geltend zu machen. Die Bedingungen, welche Deutschland und Eng land an die Ueberweisung der venezolanischen Frage an das Haager Schiedsgericht geknüpft haben, sind dem Staatsdepartement in Washington milgeteilt worden. Deutschland verlangt eine offizielle Ent schuldigung und 1 200000 Mark, England verzichtet auf eine offizielle Entschuldigung und beansprucht auch nur 160000 Mark. Beide Summen sollen die Entschädigung für die deutschen und englischen Staatsangehörigen durch Festnahme und sonstwie von venezolanischen Behörden zugefügten Nachteile bilden, gleichzeitig auch eine Buße für die darin enthalten gewesene Verletzung deS Völkerrechts und für die Mißachtung der Souveränität darstellen. Ob die Bedingungen wirklich so lauten, wie in den Washingtoner Berichten angegeben wird, muß einst- weilen dahingestellt bleiben. Die Lage in La Guayra und anderen Hafen städten wird bedrohlich, da es infolge des Auf- hörenS der Schifffahrt viel Arbeitslose giebt. Man befürchtet daher, baldigst Ausschreitungen, nament lich gegen daS Eigentum der Ausländer. Präsident Roosevelt hat Werth auf die Fest- stellung gelegt, daß er nicht etwa aus Antipathie gegen Deutschland die Annahme des Schiedsrichter amts abgelehnt habe. Die Ablehnung sei lediglich die Folge eines Drucks der öffentlichen Meinung Amerikas, die die Ueberweisung der venezolanischen Angelegenheit an daS Haager Schiedsgericht als eine Kräftigung der Idee permanenter SchiedS- genchte freudig bearüße. Infolge de- Blockade- zustande« sind 4 wettere venezolanische Handelsschiffe von England und Deutschland beschlagnahmt worden. Ueber den Schauplatz der blutigen Niederlage, die sich die marokkanischen Eultan«truppen im Kampfe gegen die Anhänger de« Thronforderer« zugezogen haben, schreibt de Foucauld in seinem Buche über Marokko: E« giebt zwei Wege von Fe« nach Jesa; der kürzere, den man aber nie einschlägt, geht an dem Flusse Jnnauen aufwärt« durch da« Gebiet der Hiaina und der Riata, der andere, den auch die Truppen d«« Sultan« ein schlugen, durch da« Gebiet der Hiaina, der Dful und der Miknasa, indem er die Wohnsitze der Riata meidet und in ihr Gebiet erst kurz vor Jesa mündet. Die letztgenannten Stämme find dem Sultan heere«- pfltchttg, entziehen sich ihrer Pflicht aber nach Mög- ltchkeit. Die Riata, in denen Jesa liegt, fiud un abhängig und wegen ihrer Wildheit und Raubsucht berüchtigt ... Die Stadt Jesa liegt auf einem Felsen 83 m aber dem Bett de« Jesaflusso«. Im Süden angelehnt an eine hohe Bergkette, im Norden, Westen und Nordosten von schroffen Abhängen um geben, ist sie nur von Südosten leicht zugänglich. Jesa ist von Mauern umgeben, di« an einigen Stellen doppelt find; früher waren die Befestig ungen weit stärker. Die heutigen Mauern haben keinen militärischen Wert, sie find zerfallen und au«nahm«weise niedrig. Der ganze südliche Teil der Uniwallung umfaßt Gärten, dann folgt eine zweite Mauer und hinter ihr die eigentliche Stadt; aber auch hier nehmen nach Osten und Westen hin die Gärten noch viel Raum ein. Jesa scheint 3. bi« 4000 Einwohner zu haben. Die Stadt besitzt vier Moscheen und zwei ober drei geräumige, aber meist leere Herbergen sür Karawanen. Die Stadt ist «eil« au« Hausteinen, teil« au« Ziegeln -«baut, die Häuser find braunrot angestrichen, wa« ihnen ein unfreundliche« Au«sehen giebt. Die meisten Häuser besitzen Brunnen mit köstlichem, frische« Master, aber e» reicht nicht au», so daß da» Bieh meist mit Flußwasser getränkt wird. Jesa ist auf allen Seiten von freundlichen Gärten umgeben, die eine Menge von den Bergen abstüqender Bäche bewässern; da« Ganze nimmt sich au« wir ein Wald dichter und sehr hoher Fruchtbäume, die, ohnegleichen in Marokko, di« ganz, Ebene vor der Stadt bedecken bi« dicht an die Mauern h«ran, so daß ihre Kronen über sie »egschauen.