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150 natürlich sehr gctheilter Ansichten über die Aussprüche der Geschwornen; denn während die eine Partei diese!, den mit Freude aufnimmt, macht die andere sehr bedenk liche Gesichter und meint, die Grundfesten deS Slaa- teS würden durch diese Freisprechungen erschüttert, ja wir haben gehört, daß manche Personen fürchten, das ganze Institut des Gewornengerichts sei gefährdet, da die Regierung nach diesem ersten Versuche nicht geneigt sein werde, dasselbe weiter auszubilden. Flensburg, 5. Sept.m,An unserem Postcomptoir ist die dänische Sprache di« herrschende. Der Graf zu Eulenburg stellt sich den dänischen Ucbergriffen nicht allein nickt entgegen, sondern er scheint der Danisi- rungswulh, die vollständig ejngerissen, sogar die Hand zu reichen. Kürzlich war eine Deputation der hiesigen Schiffscapitäne und Schiffer wegen der Flaggenange legenheil bei ihm und erklärte ihm, daß sie unter dä nischer Flagge nicht fahren wollten, er möge deshalb für die Herstellung der schltswigschcn Flagge baldigst Sorge tragen. Die Deputation wird aber mit einigen allgemeinen Bemerkungen abgefunden und das Resul tat wird sein, daß unsere Schiffe, wenn sie etwas ver dienen wollen, unter dänischer Flagge auslaufcn müs sen. — Die hiesigen Verhältnisse werden immer ver wickelter und bunter. Kaum Hal der Amtmann Warn stedt sein Amt angetreten, so stößt er auch gleich auf — den passiven Widerstand. Aus einem angler Di- stricle halte er 20 Wagen für Kricgssudren ausgeschrie» den; die Bauern blieben aber weg, kein einziger Wa gen wurde gestellt. Er wird noch ganz andere Erfah rung machen. An Gehorsam ist im Amte gegen das Amtsbaus natürlich nicht mehr zu denken, da jeder suhlt, daß er sein Scherflein dazu beilragen muß, die ungebetene Regierung bald möglichst zu entfernen, weil nur dadurch uns noch Rettung werden kann. Frankfurt, 7. Sept. Herr v. Biegrleben hat häufige Eonserenzen mit dem Fürsten Schwarzenberg gehabt, der seinerseits sich sehr geneigt gezeigt haben soll, auf Lie Vorschläge der Centralgewalt einzugehen. Der in verschiedenen Zeitungen zirkulirenden Nachricht, daß neue Verhandlungen zwischen Oesterreich und Preu- ßen über die deutsche Sache schweben und eine Annä- herung zwischen beiden ringelretrn, können wir auf das Bestimmteste widersprechen. Dagegen setzt Preußen leine Verhandlungen über die deutsche Frage und die Eentralgewalt mit dem Cvmmissarius der letzteren, demHerrn v.Biegclcben fort. Das lhul Preu ßen, während es gleichzeitig die Centralgewalt nicht mehr anzuerkennen vergibt.^ Der Marineralh I o r- dan ist von hier nach Hannover gesandt worden, mm die Angelegenheit wegen einstweWer Uebergabe der deutschen Marine von Stitrm Hannovers zu fördern. Lon dort soll er sich, im Auftrggc des Marineministe- riums nach England begeben, um das für jenes neu erbaute Dampfschiff „Cora" zu übernehmen und das selbe definitiv: „Der Königliche Ernst August" taufen zu lassen. Frankfurt, 8. Sept. Den benachbarten kurhes- fischen Ortschaften, die mit preußischen Truppen belegt sind, ist cS, um Thatlichkeiten, zwischen de,n Soldaten und jungen Burschen vorzubeugcn, dießmal verboicn, ihre Kirchweihen mit Musik zu feiern, was natürlich bei den Bauernburschcn, die sich das ganze Jahr auf dieleS Fest feiern, keine gute Stimmung erzeugt. Und so kam es am verflossenen Sonntag auf der Mainkur, wohin die Fechtenheimer Burschen die Feier ihrer Kir chenweihe verlegt hatten, zwischen diesen und preußi schen Soldaty, zu Thatlichkeiten. 10. Sept. Heute wurde von Sr. Maj. dem Köinge der Landtag mir einer Rede eröffnet, in welcher folgende Stelle bemerkenswerlh ist: „Für aste Richtungen unseres Staatslebcns hat das vergangene Jahr neue Keime zu reicher Entwickelung gelegt. Auf gabe dieses Landtages ist es, sie von dem umwncdcrn- dcn Unkraute zu befreien und durch besonnene Pflege ihr Gedeihen zu sichern. Vor Allem fühlt das dcut- fche Volk das Bedürfniß nach einer neuen Ge- sammtverfassung, in welcher es sich als Eine Nation erkennen und geltend machen könne. Ich theile dieses Gefühl und halte an dem Gedanken fest, daß die neue Verfassung alle deutschen Stämme in freier Gliederung, ohne Bevorzugung Ein zelner, umfassen muß, wenn sic segensreich wirken soll. So schwierig auch die Lösung dieser höchsten Aufgabe ist, der uneigennützigen Hingebung Aller wird sie gelingen. Die in den jüngsten Tagen be gründete Aussicht auf Bildung einer pro visorischen Centralgewalt von allgemein aner' kannler Wirksamkeit begrüße ich sreudig als den ersten wichtigen Schritt zum Ziele. Die bayerische Berfas« »!' sung hat bereits merhfache Abänderungen erfahren; aridere sind nothwendig, damit Bayern in der neuen Zeit seine alte Kraft bewähre. Eine Revision der Verfassung wird Ihnen vorgelegt werben. Sie soll die von der Nationalversammlung als G ru nd re ch t e des deutschen Volkes bezeichneten Principien im Sin ne der Regierungsvorlagen vom 18. Mai d. I. zur Geltung bringen. Wien, 7.. Sept. General Klapka, der Com. Mandant von Comorn, soll sich mit mehreren Officierea in Dotis im Hauptquartier des österreichischen Cernir- ungscorpS gestellt haben; dagegen sei die Besatzung zum äußersten Widerstande bereit, worin sic durch die viclen anwesenden ehemaligen österreichischen Ofsiciere und mehre ungarische Magnaten bestärkt wird. Wien, 7. Sept. Den Ausschlag in der deutschen Frage dal die Reise des Königs von Würtemberg ge geben. Ich tckntl Ihnen aus bestimmter Quelle ver sichern, da- eme'Collectivnole von Seiten Oesterreichs, Bayerns sind Würtembergs in Arbeit, wenn nicht schon nach Berlist MetwegS ist. Der Beitritt Hamburg- zu dem DreiküHigSentwurf ist in Linz bei der Frage über die mai?nellen Interessen SüddeutschlandS we- srntlich ins Gewicht gefallen. Sie wissen, daß Bay. ern und Würtemberg schon längst mit dem handels politischen System Preußens unzufrieden sind und be reits mehrmal mit einem Riß im Zollverein drohten. Jetzt glauben sie nun, daß durch den Anschluß Hain-