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Adorter Wochenblatt. Mittheil nn gen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnter Jahrgang. »reis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botenzclcgcnheit: 2» Neugroschen. 31. Mittwoch, 1. August Tages-Neuigkeiten. Das traurige Resultat der Verhandlungen des Wleimnriscl.cn Landtags über den Anschluß des Großherzogthums an den Veilassringsentwurf der 3 -Könige ist bekannt. Wir geben unsern Lesern einen Auszug aus der Rede des Vizepräsident Schüler, die in kerniger Weise über die Octroyirung den Stab bricht. Als Referent des Minoritätsantrags bedauert er (Schuler), daß der Bvrichlcrstatter der Gegenseite Hr. Trunk den Demokraten die Absicht unterlege, als ob sie die Bourgeoisie und Speckbürger durch Drohungen cinschückterten; eine solche Niederträchtig keit weile er mir lieser Entrüstung zuruck. Was die Verfassungsfrage selbst beträfe, so glaube er überhaupt nicht, daß sie in dem Falle wären, sich für eine an- dere, als kür die deutsche Verfassung zu erklären. Die Vertreter des Volkes hätten diese für ganz Deutschland festgrstellt und er balte die Vertreter ei nes einzigen Landes nicht für kompetent, dem Volke eine andere Verfassung aufzudrangen. Er fragt, was wir wol gewinnen würden durch den Anschluß an die Preußische Verfassung? Nichts, gar nichts. Er könne die tiefe Entsittlichung deS Volkes nicht genug bekla gen, daß es so kraft- und muthlos geworden sei, seine Verfassung sich wieder nehmen zu lassen. Man werfe seiner Partei oft vor, Volksschmeichler zu sein; er sei nicht in dem Falle, er müsse vielmehr bekennen, daß alles Rechts- und Ehrgefühl im Volke erstickt sei. Es gelte, daß man das Vertrauen des Volkes nicht ganz untergehcn lasse; durch das Rütteln und Scbut» rein an der Reichs»erfassung aber nehme man dem Volke auch den letzten Halt. „Fahren Sie so fort, lassen Sic das Vertrauen zu seiner Volksvertretung schwinden, und Sie werden sehen, was Sie damit bewirken." Auch das Vertrauen des Volkes zu seiner Regierung dürfe nicht erschüttert, sondern müsse ge kräftigt werden. Die Regierungen halten allerdings viele Fehlgriffe begangen; namentlich hätten die Re gierungen der kleineren Staaten immer nur ihre eige ne Sclbstcrhaltung im Auge gehabt; daher sei es ge. kommen, daß sie mit den Russen, mit den Franzosen, mit den Preußen gegangen, daß sic bald der Demo kratie sich angeschlossen, bald dem Absolutismus sich in die Arme geworfen hätten. Unsere Zeit verlange Man ner, keine Philister. Kossuth habe cs gewagt, gegen Oesterreich und Rußland in die Schranken zu treten und LeonidaS habe einst mit 300 Spartanern Grie chenland gerettet. Statt aber mit dem Fluge des Ad- lers zu wetteifern, sei man rückwärts gegangen. Er betrachte sich als einen Vertreter des Volks und lege als solcher das Hauptgewicht des prcuß. Entwurfes darauf, daß man damit das deutsche Nationalwerk zer stören wolle; es sc, ein Kampf der Militärdcspotie gegen die Freiheit und es verlange die Pflicht, festz». stehen und nicht zu wanken, möge kommen was da kommen wolle. Wohl sei die deutsche Verfassung auch nicht frei von Mängeln, namentlich sei ihr größter Fehler das erbliche Kaiserlhum. Preußen habe aber die Braut, die ihm vom Volke entgegen geführt wor den, von der Hand gewiesen; cs habe sie zur Maitresse machen wollen und habe dadurch die Entrüstung ganz Deutschlands hervorgerufen. Jetzt werfe cs die prcuß. Verfassung als Köder hin, mir einem Wurme an der Angel; wenn aber der Fisch dächte, den Wurm zu er haschen, steche er sich die Angel in das Maul. Diese Verfassung sei auch so ein Köder; denn wer da glau be, daß es Ernst sei, sie einzusührcn, der täusche sich. Aber gesetzt auch, sie würde eingeführt, so sei man doch betrogen, denn das ganze Wahlgesetz beruhe auf Schein und Lüge, durch es werde nicht der Bürger, sondern der Gcldsack vertreten. Durch eine Königs- versassung würden wir die Einheit niemals erlangen, die Regierungen würden immer Zwist und Hader er regen. Auch Preußen habe niemals die deutsche Ein-