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A-orker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnter Jahrgang. Preis kür den Jahrgang bei Bestellung von der Post: l Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botcngclegenheis: 2U Neugroschcn. 24. Mittwoch, 13. Juni 1849. An das fäcdsische Volk. Als bei dem außerordentlichen Landtage 1848 den damaligen Ständen der Gesetzentwurf wegen politi scher Verbrechen vorgclegt wurde, erklärte die Staatsregierung in den Motiven (Mittheilungen über die Verhandlungen des außerordentlichen Land tags 1848 ll. Kammer S. 1801), daß, wenn es auch nicht für angemessen erachtet werden könne, alle poli tischen Vergehen nach Maaßqabe dieses Gesetzentwur fes behandeln zu lasten, cs sich dock nicht verkennen laste, daß cs für gcwisse Fälle im Interesse der Allgemeinheit sowohl als der nächst Beth ei lig re n liegen könne, dieselben der Behandlung nach dem auf mündlich-öffentliche Hauptvcrhandlung und Geschworne gebauten Gesetze zu unterstellen. Die Re gierung gab an, daß dies hauptsächlich da der Fall sein würde, wo die Verbrechen in Frage kommen, welche ihren Hauptgrund in der jetzigen politi schen Erregung und Erregbarkeit haben, so fern sic ihrem sub- und objektiven Thatbcstande nach die Untersuchung zu einer Umfänglichkeit anzuschwellen drohen, welche ihrer baldigen Erledigung nach dem zeilherigen Verfahren hindernd entgegen steht. Die Regierung fügte hinzu, daß, wenn sich dies von jeder Untersuchung wegen solcher Vergehen im Vor aus nicht behaupten laste, vielmehr es hierbei auf den concreten Fall ankomme, es zweckmäßig geschie nen habe, die Bestimmung der Fälle, wo das neue Gesetz auch auf politische Verbrechen Anwendung finden solle, dem Ermessen des Justizministe riums zu überlassen, zumal auch in der neuen Eriminalprozeßordnung nicht alle politischen Vergehen, wenn vielleicht darauf nur eine geringe Strafe gefetzt ist, dem Ausspruche der Geschwor. nen unterstellt werden können, wolle man nicht gera dezu Mittel aufwenden, welche mi.t dem erreich baren Zwecke nnd dem möglichen Erfolge in keinem Verhältnisse stehen. Die Staatsrcgierung bemerkte, daß die fragliche Ermächtigung dem Justizministerium zu ertheilen, um fo unbedenklicher erscheinen möchte, als diese blos eine zeitweilige sei, und es im wohlverstandenen Interesse des Ministeriums selbst liege, die Ausdehnung deS Gesetzes in den einzelnen Fällen nicht ohne hinreichen den Grund zu unterlassen. Beide damaligen Kammern, hcrvorgcgangen aus dem alten Wahlgesetz, begrüßten einhellig das Ge setz mit Freuden, und selbst Mitglieder der ersten Kammer, die Niemand beschuldigen wird, daß sie der Zeitrichlung jemals vorangeeilt, von denen Nie mand behaupten wird, daß sie politische Verge hen begünstigen wollten, die Herren von Frie sen und von Welck, erkannten die Nothwendigkeit der Einführung von Gcschwornengerichlen an und erklär- ten, daß dadurch dem Volke eine offene Einsicht in den Gang der Rechtspflege und eine unmittelbare Be- thciligung an der Entscheidung der Fragen über Schuld oder Nichtschuld im Criminalprozesse gewährt würde, dieBegriffeübcrRecht u. Unrecht, überGesctzmä« ßigkeil u. Gesetzwidrigkeit bei jedem Einzelnen im Volke immer mehr und mehr geläutert und befestigt würden. Prinz Johann, der sick ebenfalls für Geschwornen- gerichlc erklärte, versicherte (Mittheilungen l. Kam mer S. 1397), der Hauptgrund, welcher ihn da zu bestimme, sei die Rücksickt, daß gerade bei den Vergehen, welche nach der Regierungsvorlage den Ge- schworncngerichlen zur Entscheidnog überwiesen werden sollen, es höchst wunschenswerth, daß diese Ent scheidung auch im Volke Anklang finde und die Ue- berzeugung scststehe, es sei aus keiner Parteirück- sicht entschieden worden, sondern blos nach dev Gerechtigkeit.