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A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l « » g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnter Jahrgang. Prell für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung del Blattes, durch Botevgelgenhrit SO Ncugroschen. - !- - ll-- 3. Januar. >'7c . 1849. ? .E. »'m >_ > — Die Parteien der verfassutiggebrndcn deutschen Reichs-Versammlung. Ekizzirung ihrer Programme, Statuten und Angabe der Mitglieder. Es ist ein« bekannte Sache, daß der menschliche Geist eine ebenso große Mannichfaltigkeit bietet, als der menschliche Körper, und da in einer großen Ver. sammlung sich eben so wenig zwei gleichgestimmte Seelen, als zwei überein geschnittene Gesichter finden, so kann es nicht fehlen, daß in jedem großen gesetz gebenden Körper Männer von deg verschiedensten Mrinungen, Ansichten und Ueberzeugungen fitzen und mithin auch die verschiedensten Staatsformen ihre Lersechter finden. Wir kennen drei Hauptfach!. Staats- sormen, nämlich die absolute Monarchie, die konstitu tionelle Monarchie und den Freistaat; aber jede dieser Staatsformen bietet wieder viele Verschiedenheiten, auf die wir hier, da die Aufzahlung derselben uns von unserm Ziele zu weit entfernen würde, nicht ein- gehen wollen. Es sind aber nicht blos die zahllosen Spielarten von RegierungSformen, welche als zu er- stoebende Endzwecke «ne eben so große Verschieden heit in den Meinungen bei den Mitgliedern der ge setzgebenden Körper bedingen, sondern es kömmt auch nach die Verschiedenheit in den Ansichten über die Wahl der Mittel zur Erreichung des gesteckten Zieles hinzu; denn während ein Theil, trotz aller erlebten Täuschungen wirklich immer noch bereit ist, Alles oder so ziemlich Alles in die Hände, in den ausschließlichen Willen der Regierungen zu geben, hält der andere Theil exclusiv an der Volkssouveränetät (Oberhoheit des Volkes), will die Verfassungen durch das Volk und nur durch das Volk geschaffen wissen; ein drit ter Theil — das sind die schwankenden, die unent schiedenen, die halben Menschen — endlich sicht ein Volk und in der Regierung von Gottes Gngdcn, » Gleichberechtigte und möchte Alles aus dem Wege de- Vcrtrags oder der Vereinbarung ordnen. Wir sind nicht gewillt, diese heterogenen Ansichten zu würdigen, sondern es ist hier nur am Orte, darzuthun, daß in Bezug auf Zweck und Mittel eine unendliche Verschie denheit der Meinungen sich denken läßt und, wi, di« Geschichte lehrt, auch in jedem größeren gesetzgebenden Körper wirklich gegeben sei. — Es liegt nun in der Natur der Dinge, daß jene Mitglieder einer gesetzge benden Versammlung, die sich in ihren Gesinnungen und Bestrebungen nahe stehen, sich auch zu gemein- schaftlichem Handeln und zum Behuf der wechselsei tigen Unterstützung vereinige^, und dadurch entstehen die Parteien. Die Bildung von Parteien in größeren gesetzgebenden Versammlungen entspricht nicht bloS der menschlichen Natur, sondern sie ist sogar zur Förderung deS Zweckes solcher Versammlungen nöthig; denn dadurch, daß die Gleichgesinnten sich vereinigen und in ihren Parteiversammlungen (ClubS, Fraktionen) die auf die Tagesordnung gesetzten Fra gen und Gegenstände vorher einer Club Bcrathung unterziehen, ergeben sich verschiedene und viele Bor- theile; während in den Sitzungen des Parlaments viel unnützer und ganz vergeblicher Wortpunkt aufge« wendet wird, hält man sich in den vertraulichen Be- rathungen der Partei - Versammlungen mehr an die Sache selbst; es spricht da Mancher, der auS gewissen - Rücksichten in der allgem. öffentl. Sitzung Bedenken trägt, die Tribüne zu besteigen, und dessen wenige Worte oft mehr werth sind und mehr wirken, als lange Reden.') Ergreift dann einer von der Partei daS Wort in der öffentlichen Sitzung, so kann er in seine Rede Alles aufnehmen, waS die Parieiberathung Belehrendes ergeben hat. Durch diese Club Berathung *) Daher nennt man jetzt da- Parlament den Rede- Uebungs Saal.