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A-arker Wochenblatt. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnter Jahrgang. Dreis für den Jahrgang bei Bcstlllung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blatte« durch Botengeleq^heit' SO Reugroschen. 9. Mittwoch, S8. Februar- 1849. Die deutschen Grundrechte. Das Einzige, was die Nationalversammlung zu Frankfurt in der langen Zeit ihres Bestehens zu Stande gebracht hat, sind: die deutschen Grundrechte. Es ist sehr bezeichnend für unsre bisherigen Zustände, daß im Jahre 1848 noch eine Versammlung sich des Langen und Breiien bemüht zu entdecken, ob und welche Rechte ein deutscher Mann eigentlich ha ben dürste, und was ihm wohl zu lhun erlaubt sein konnte. Keinem Volke ist es bis jetzt noch eingesal- len, seine Rechte festzustcUen; die Engländer, die Franzosen, die Amcrikankr, sie gehen Alle von dem Grundsätze aus: daß jeder Mensch das Recht hat, zu lhun rind'zu lassen, was er will, und daß durch die Gesetze nur bestimmt wird, wie viel jeder Einzelne von diesem seinem natürlichen Rechte abgebcn muß, um ein geordnetes und gesichertes Zusammenleben Aller zu erzielen. Dort ruht also, wie das ja na türlich ist, das Recht bei den Menschen, bei dem Volke, uns das Volk giebl der Regierung, ven Be hörden nur so viel von seinem Rechte ab, als diese nölhig haben, um mit Kraft und Erfolg ihre Auf gabe zu ersuUcn. Bei uns ist das gerade umgekehrt. Bei unS ruhte bisher alles Recht bei der Regier ung, und diese gab dem Volke soviel ab als ihr be liebte, und als das Volk durchaus nölhig halte, um die Regierung erhalten zu können. Dort ist die Re gierung der Diener des Volkes, bei uns war und ist noch das Volk der Knecht der Regierung; dort wird durch die Gesetze verboten, was dem Wohle des Ganze» schädlich sein könnte, bei uns wird durch die Gesetze und Verordnungen erlaubt, was der Regierung nicht hinderlich oder unangenehm ist; dort ist Alles erlaubt, was nicht verboten ist, bei uns ist Alles verboten was nicht besonders erlaubt^ ist; dort sagt man: dies oder das ist verboten, bei uns sagt man dagegen: dies oder das ist nicht er laubt; Jene leben, weil es ihr Recht ist, wir leben, weil wir die Erlaubniß dazn haben. Diese-Leben ,,nach der Schnur", nach der obrigkeitlichen Erlaubniß, dieses immerwährende Bemühen: innerhalb des „Er laubten" zu verbleiben, alles „Unerlaubte" zu vermei den, hatte denn auch einen wesentlich nachtheiligen Einfluß 'auf den ganzen Eharakter des Deutschen, es machte ihn langsam, unentschieden, ängstlich, und miß trauisch gegen sich selbst. Das wird nun anders durch die Grundrechte. In 9 Artikeln und 50 Paragraphen umfassen sie daS ganze Staatsleben des Volkes. Sie erstrecken sich beinahe auf Alle Fälle in welchen der Mensch mit der Ge- sammtheit in Berührung kommt, und die darüber ge gebenen Bestimmungen sind Alle auf den Grundsatz gestützt: das Recht liegt im Volke, nndgeht vom Volke aus. Alle die Fesseln und Schranken, die jede freie Bewegung und Entwickelung bisher hemmten, stürzen vor den Grundrechten zusammen; durch sie hören wir auf von der Erlaubniß, der Gna de abzuhängcn, wir stützen uns auf unser Recht; mit ihnen treten wir heraus aus der Reihe der be herrschenden Völker und gesellen uns den freien Völkern zu, wir hören auf Unterrhanen zu sein und werden Staatsbürger. E>n gleiches Recht verbindet das ganze große deutsche Volk, und die ge wissenhafte Durchführung der Grundrechte verbürgt uns eine frohe, glückliche Zukunft. Die deutschen Grundrechte wurden am 28. De- cember in Frankfurt von der Reichsgewalt veröffent licht; dem Gesetze nach mußten sie in allen deutschen Landen den 20. Tag nachher, also den 18. Januar