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Kameraden angezogen. „Warte hier auf mich! sichtbar. Sonnenberg starrte den Leutnant wie ein Gespenst an, in seinem Kopfe dämmerte die Ueberzeugung auf, daß er einen unsagbar Geßner eilte auf das reizende Mädchen zu und küßte ihr die Hände, dann bot er ihr den Arm und führte sie im Saale auf und gemacht habe, und daß der Herr Hauptmann dort alles Gewünschte vorfinden werde. Sonnenberg wendete sich zu Geßner und sagte: „Ich bin sofort wieder zurück, wollen Sic gefälligst hier auf mich warten, Herr Leut nant." Dann folgte er dem Soldaten. Geßner war allein, nun galt es rasch zu handeln. Nur die Thür trennte ihn von dem Ballsaal, er öffnete dieselbe ein wenig, mehrere Offiziere standen in der Nähe und sahen den Tanzenden plaudernd zu. Den nächstbesten Leutnant ergriff Geßner beim Arm und zog ihn vor die Thür. Der Kamerad war höchlichst erstaunt, den Wachtosfizier in der Garderobe zu finden. Beim Militär sind weitläufige Auseinandersetzungen meist über flüssig, man versteht sich ohne viele Worte. Geßner öffnete nur den Mantel, der andere sah zu seinem maßlosen Erstaunen, daß Leutnant Geßner keine Uniform anhabe und begriff sofort dessen Not. „Freund, gieb mir deine Uniform, sonst bin ich verloren!" stieß Geßner hervor. Die beiden Offiziere traten hinter die in der Garderobe hängen den Mäntel. In wenigen Minuten hatte Geßner die Uniform seines hinter den Mänteln sieht dich nie mand, ich komme gleich zurück." Dann hing er wieder seinen Mantel um, stülpte den Kragen auf und stellte sich so, wie er früher ge standen hatte. Gleich darauf erschien Sonnen berg und atmete sichtlich erleichtert auf, als er seinen Gefangenen an derselben Stelle erblickte. „Hier ist der gewünschte Be fehl," sagte er spöttisch lächelnd. „Und nun, Herr Leutnant, kommen Sie mit in den Ballsaal, ich über nehme die Verantwortung." „Wie Herr Hauptmann be fehlen," entgegnete Geßner, „ich bitte nur um die Erlaubnis, meinen Mantel ablegen zu dürfen." Mit diesen Worten knöpste Geßner seinen Mantel auf, der weiße Waffenrock wurde darunter Vom Bau des Tcltowkanals. Nack einer Photographie neu Zelle .i Kun he, Hofphotographen in Polc-dam. Gras Paul v. Hahscldt tz. (S. W7) Nrch e-ner Photographie von Bprne L ö. in Richmond flüsterte Geßner seinem Netter zu. „Hier war dein Obersten im Verlaufe seiner dreißigjährigen Dienstzeit noch nicht vorge kommen. „Es ist gut, Herr Leutnant," sagte er, „ich wünsche Ihnen viel Vergnügen sür den Nest des heutigen Abends. Sie können gehen." Geßner verneigte sich und trat zurück. „Herr Hauptmann Sonnenberg!" rief darauf der Oberst. Sonnenberg erschien, seine Kniee wankten, diesen Ausgang hatte er nicht er wartet, in seinem Innern verwünschte er Molnar, der ihm zu dem Inspizierungsritt geraten hatte. Geßner benutzte das Gedränge, um in die Garderobe zu gelangen, woselbst sein Retter noch immer in Unterkleidern hinter lassen, die Handschuhe sind im Offizierszimmer liegen geblieben, ich konnte unmöglich ahnen, daß mich der Herr Hauptmann auf den Ball befehlen würden." Sonnenberg biß sich auf die Lippe, er gab dem Leutnant gar keine Antwort, sondern trat in den Saal, Geßner folgte ihm auf dem Fuße. Die Ueberraschung, den Jnspektionsosfizier vom Fort Altringen hier im Tanzsaal zu sehen, war unter den Offizieren allgemein, den Zusammenhang ahnte niemand. Geß ner ging sicheren Schrit tes auf den neuen Re gimentskommandeur los, blieb in dienst licher Haltung vor ihm stehen und sagte: „Herr- Oberst, ich melde gehor samst, daß mich Herr Hauptmann Sonnen berg von meinem Posten auf Fort Altringen hier den aufgehangenen Mänteln stand. „Ich kann nicht fort von hier," flüsterte er ihm zu. „Wickle dich in deinen Mantel und eile in meine Wohnung, der Bursche ist zu Hause. Nimm aus meiner Garderobe, was dir paßt, und komme so bald als möglich zurück." Als das erledigt war, rief Geßner einen von den bedienenden Mannschaften zu sich. „Du gehst jeht im Laufschritt nach Fort Altringen und sagst dem Feldwebel Wondratschek, er solle dir meinen Rock und meine Hose geben, die im Offizierszimmcr liegen -, diese Kleider trägst du augenblicklich in meine Wohnung und kommst dann wieder hierher. Bist du recht zeitig zurück und von niemand — hörst du wohl, von niemand gesehen worden, so erhältst du von mir zehn Gulden." Der Soldat ließ sich das nicht zweimal sagen, zehn Gulden sind sür einen Infanteristen ein Vermögen. Wie im Sturmwind stob der Mann davon. Geßner trat wieder in den Ballsaal und mischte sich unter die zusehenden Herren, allgemein begegnete er fragenden Blicken, er gab jedoch keine Erklärung ab, that vielmehr ganz unbefangen. Mit den Blicken suchte er Angelika Twartowska: sie stand am unteren Ende des Saales unter der,' -Weihnachtsbaum, dessen Lichter noch immer brannten, und schien gleichfalls nach ihm Ausschau zu halten. her zum Ball besohlen hat: den diesbezüglichen schriftlichen Befehl erlaube ich mir hier vorzuweisen." Damit überreichte Geßner das noch feuchte Blatt Papier, das ihm Sonnenberg wenige Sekunden vorher eingehündigt hatte, dem Obersten. Dieser überflog die Zeilen, er mußte glauben, daß Sonnenberg plötzlich wahnsinnig geworden sei-, denn so etwas dummen Streich gemacht habe. „Darf ich Herrn Hauptmann bitten, daß Sie die Güte haben, mir mit einem Paar Handschuhe auszuhelfen?" fuhr Geßner, seinen .^auve, vuu» vor cr i^r ven nrm uno suprre pe im -same aur uno Triumph genießend, fort. „Ich habe meinen Posten plötzlich ver-1 nieder. Vor Angelika hatte er kein Geheimnis, unter dem Siegel Habib Ullah Khan, der neue (_t,nir von Afghanistan. 2^7)