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^steht noch nicht fest. Jedenfalls wird fieberhaft nach den » drei schweren Jungens gesucht. Am ersten Abend hat Curt sich auf sein Zimmer ge- l setzt und an Erika geschrieben. Er wohnt ebenfalls im l Excelsior, er mutz dort wohnen, damit er jederzeit mit » Regine Rücksprache halten kann und dann auch, weil sich ! die Sache hier abgespielt hat. Es wird am besten sein, er weiht Erika so gut es 1 geht ein. Wie soll sie sonst verstehen, daß er mit Regine » hier ist. Aber so sehr er an dem Schreiben sormt und I seilt, immer wieder findet er etwas, das er als l Anwalt einfach nicht schreiben darf. Die Angelegenheit j ist nicht die seine, er darf seine Klientin nicht bloßstellen. > Er zerreißt nun schon das vierte Blatt, und dann gibt er I es auf und schreibt eine Ansichtskarte mit ein paar nichts- I sagenden Grüßen. Aber er hat einen Zorn, dem er unbedingt noch mit » einem Schnaps zu Leibe gehen muß, und da er keine Lust ! hat, ihn auf dem Zimmer zu nehmen, geht er hinunter in I die Bar. Er ist kaum dort, geht der kleine rote Page durch > Regines Tür und meldet der jungen Dame, daß Doktor i Schmidt jetzt sein Zimmer verlassen hat und in der Bar ist. Der Kleine hat diesen Dienst übernommen, und manch j Geldstück ist bereits in seine Hand gelangt. Jetzt ist das » Stück so groß, daß er es schnell in die Tasche stecken muß. ! Dann wird er rasch zur Türe hinausgeschoben, denn i Regine beginnt in aller Hast, sich umzukleiden. Eine 1 Viertelstunde später, Curt ist beim dritten Schnaps, be- > tritt sie ebenfalls die Bar. Curt überlegt gerade, daß diefes Getränk allein nicht I genügt, ihn aus seiner zornigen Stimmung zu reißen, da j sagt eine Stimme neben ihm: „Sieh da! Der Doktor Schmidt in der Bar. Eher ! hätte ich erwartet, den Kaiser von China hier zu treffen." „Und ich bin nicht weniger überrascht, Sie hier zu l sehen, denn daß eine Dame allein ein solches Lokal besucht, > ist mir neu." „Sie verkehren eben zu wenig in solchen Lokalen, um > das zu wissen, lieber Doktor. Auch vergessen Sie ganz, l daß ich Gast des Hotels bin, also alle Räume, die der Oef- « fentlichkeit zugänglich sind, besuchen kann, ohne Anstoß zu I erregen. Im übrigen, wenn Sie schon vom guten Ton > redens würden Sie wohl die Güte haben, mich an einen I Tisch zu führen und mir Gesellschaft zu leisten?" „Daß Sie jetzt Lust haben, unter Menschen zu gehen!" „Ich soll wobl als reuige Sünderin mit Stubenarrest I vor Langeweile sterben? Sie hätten ja einmal nach mir 1 sehen können, aber für Sie scheine ich wirklich nicht vor- » banden zu sein. Dabei gehören Sie als Syndikus des ! Konzerns doch sozusagen zur Familie." „Vorerst bin ich es ja noch gar nicht! Und was die s Sorge um Sie anlangt — schließlich bin ich ja nur Jhrct- - wegen hier und kümmere mich um nichts anderes als um - Ihre Angelegenheiten." „Obwohl Sie lieber ganz woanders wären..." „Ich mache kein Hehl daraus." „Eigentlich paßt sie ja gar nicht zu Ihnen!" „Von wem reden Sie eigentlich?" „Von der kleinen, unscheinbaren Dame, die neben I Ihnen saß in Cochem. Gott, was hatte sie für ein un- » mögliches Kleid an." „Sehen Sie, wie verschieden unsere Meinungen sind: I ich fand nun wieder Ihr Kleid an jenem Abend unmöglich > und habe mich über Ihre Geschmacklosigkeit sehr gewun- - dert... Aber wollen wir nicht das Thema wechseln?" Er führt sie zu einem kleinen Tisch, an dem noch nie- I mand sitzt. Regine wünscht Sekt. Warum sollen sie keinen s Sekt trinken? Curt hat in seinem Leben noch nicht viel ; getrunken, er hat noch keine Gelegenheit gehabt, große Feste » zu feiern. Dies ist zwar noch kein Anlaß zum Feiern, aber I Curt findet doch heraus, daß es noch besser ist, mit Regine I zusammen zu sein, als allein in seinem Zimmer zu blei- ' den, in dumme, schwere Gedanken versunken. Je mehr der Sekt seine Wirkung tut, desto weniger I findet der Rechtsanwalt sein Gegenüber unangenehm. I Eigentlich ist die Frau doch schön! Und so gepflegt. Sie i wird nie schmutzige Hände haben, wie es sich bei Erika ? zum Beispiel nicht ganz vermeiden läßt, wenn sie in der I Küche zufaßt oder im Garten. Freilich, bisher hat ihm das gefallen, dieses Zugreifen, aber wenn Erika erst seine j Frau ist, dann soll sie es nicht mehr nötig haben, so Hand- ! greiflich überall zuzufassen. ! Curt stützt den Arm auf den Tisch und den Kopf in die Hand und blickt nachdenklich vor sich hin. Dann nimmt er das Glas und trinkt in großen Zügen, er ist ja so > durstig. Je mehr man von dem Zeug trinkt, desto mehr ! Durst bekommt man. Längst hat der Kellner eine neue I Flasche in den Kühler gesetzt, Curt trinkt und erzählt von s seiner Mutter. Nicht zusammenhängend, sondern in ab- < gerissenen Sätzen. Und Regine sitzt und hört ihm zu und ! weiß nicht recht, was sie zu all dem sagen soll. Ist das ein merkwürdiger Abend! Noch nie hat der s Rechtsanwalt so persönliche Tinge mit ihr gesprochen. ' Sonst ist er bissig und abweisend, aber heute scheint er ! aufgeschlossener und offener als je. Regine stellt es mit I verstohlenem Lächeln fest. Leise schiebt sie ihre Hand vor, über den Tisch, bis > ihre Finger seine Hand berühren. Sie zögert, aber dann ! legt sie entschlossen ihre Hand auf die seine. Er duldet es, I und sie ist glücklich darüber. Sie ist ihm also nicht so zu- s wider, wie sie immer meint. Seine Kratzbürstigkeit ist viel- > leicht nur Abwehr seiner eigenen Gefühle. Am Ende ge- ! lingt es ihr doch noch... Ach, wenn dieser Mann sie liebte, l alles würde gut. Sie schenkt ihm ein, obne ihr Glas zu füllen. Jetzt in > seinem kleinen Schwips ist er so nett, so nett. Stunden- ! lang könnte sie ihm noch zuhören, ohne zu ermüden. Die Var füllt sich und leert sich, endlich müssen sie > auch an den Aufbruch denken. Der Kellner hilft Curt in > den Lift. Der kleine Boy hat Dienst in dieser Nacht, er ! reißt die Türen auf und tauscht mit Rcgine einen ver- I ständnisvollen Blick und erhält für sein Lächeln einen , kleinen Klaps und ein Geldstück. Curt hat Mühe, sein Bett zu finden, und das Aus- ! ziehen dünkt ihm eine schwere Arbeit. In seinem armen I Kopf jagen sich die Gedanken, aber er kann keine Klarheit j Hineinbringen und keine Ordnung. Warum liegt er hier so allein? Er war doch den > ganzen Abend in Gesellschaft. Wirklich, er hätte Regine I mitnehmen können. Er grinst vor sich hin: sie wäre mit- I gegangen, sie wäre bestimmt mitgegangen, und es hätte j noch sehr nett werden können. Dann brummt ihm der - Schädel, und er sehnt sich danach, Erikas kühle Hände um I seinen Kopf zu spüren. Am anderen Morgen erwacht er s erst, als man ihn weckt und ihm sagt, daß ein Herr in der s Halle steht und ihn sprechen will. Weiß Gott, das ist viel verlangt! Er bat heftige Kopf- I schmerzen und einen faden Geschmack auf der Zunge und I einen grimmigen Durst. Hastig greift er nach dem Wasser- I glas und leert es auf einen Zug. Tann hält er den Kopf ' unter die Wasserleitung, und nachdem er hastig eine Tasse I starken Kaffee getrunken hat, kommen allmählich die I Lebensgeister wieder, und er beginnt zu hoffen, daß diese I Unterredung, die ihm bevorsteht, seinen Aufenthalt in ' München beendigen wird. Denn daß irgend «was Neues ! geschehen ist, ist ihm klar. Stumm hält ihm der Besucher Regine Königs Perlen- ; kette entgegen. Zum Glück ist niemand so mutig gewesen, ' sie anzukaufen. Die drei Jüngelchen hat man auch in I sicheren Gewahrsam genommen und bereits der Berta I gegenübergestellt. i Berta ist eigentlich schuld daran, daß man ihre Kom- ' plicen gefunden hat. Durch die List eines Beamten, der I ihr vorgcschwindelt hat, die Bande sei vor Ueberschreitung > der Grenze gefangen worden und habe beim Verhör sie ! als das Haupt angegeben, hat man sie zum Sprechen ' gebracht. Wie, die Kerle haben gestanden und haben sie ver- I raten? Tann konnte sie sich auch mildernde Umstände ver- i schaffen, indem sie endlich alles zugab. Und so fand man ' das Versteck in München, dort erhielt man Auskunft, wo I die drei zu finden seien. Man entdeckte neben vielen ! anderen Dingen auch die Perlenkette, die mitzunehmcn sie ! nicht gewagt hatten. Es ist nicht leicht, mit einem Stück ' von solchem Wert eine Grenze zu überschreiten, und sie hatten ja auch gehofft, daß dieser Ausflug eben nur ein I Ausflug bleiben werde. ! (Fortsetzunp folgt.)