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sitzer Lindner-Glauchau 86, Stadtrath Grüner-Glauchau 83, Fabrikant Clauß-Hohenstein-Ernstthal 85, Fabrikant Leonhardt-Waldenburg 87, Vorwerkspachter Sonntag- Grumbach 87 und Fabrikbesitzer Mahla-Remse 88 St. Dresden, 21. Dec. Der zu 1b Jahren Zuchthaus verurtheilte Zeugarbeiter Eichhorn, der schon im Jahre 1884 vom Schwurgericht wegen versuchten TodtschlageS rc. mit 13 Jahren Zuchthaus bestraft wurde, unternahm in der hiesigen Gefangenanstalt zweimal Fluchtversuche. Er sprang von der Galerie daselbst m den unteren Raum und brach beide Beine. Während der Verhand lung versucht« Eichhorn den „wilden Mann" zu spielen. — Die Criminalpolizei nahm heute hier drei GewerbS- gehülfen fest, die am 17. December in Mittweida aus einem Schaukasten 208 goldene Ringe gestohlen hatten. 50 Ringe wurden bei den Dieben noch vorgefunden. Chemnitz, 21. Dez. Die Wechselfälschungen deS seit einigen Tagen von hier verschwundenen Eisengießerei- besitzerS Hermann Paul Hempel belaufen sich, soweit eS sich bisher übersehen läßt, auf 145 000 Mk. Die im Umlauf befindlichen gefälschten Wechsel tragen sämmtlich durchaus zahlungsfähige Accepte, gegen deren Annahme keinerlei Bedenken vorlag. Unter den hiesigen geschädigten Bankinstuten befindet sich auch die Stadtbank mit einem Betrag von 85 000 Mk. Ueber die seitens der Stadt zu ergreifenden Schritte ist sofort der Ausschuß für die Stadtbank in Berathung getreten. Man nimmt an, daß, wenn die Hoffnungen der Familie des Verschwundenen auf di? Bildung eines neuen Unternehmens in Erfüllung gehen und die bis jetzt bekannt gewordenen Zahlen sich als richtig erweisen sollten, der den betheiligten Bank instituten erwachsende Verlust voraussichtlich nicht zu er- Heblich sein dürfte. — Ueber die Lage der Firma der Eisengießerei von Hermann Hempel geht dem „Chem. Tgbl." folgende Mittheilung zu: „Es steht zu hoffen, daß bei Rück sichtnahme der Gläubiger die Schwierigkeiten bei der Firma Hermann Hempel überwunden werden. Bis jetzt ist eine Störung im Betriebe des flott beschäftigten Werkes nicht eingetreten, und es ist beim jetzigen Stand der Dinge mit Sicherheit zu erwarten, daß im Betriebe auch fernerhin eine Störung nicht eintritt." Meerane, 23. De». Eine überraschende Wendung hat die am Sonnabend früh erfolgte Aussperrung sämmt- licher in den hiesigen mechanischen Webereien beschäftigten Arbeiter angenommen. Durch eine Vermittelung des Etadtrathes unter Heranziehung des Kewerbeinspeklors aus Zwickau und der Fabrikbesitzer, sowie von Vertretern der Arbeiter fanden im Stadthause gemeinschaftliche Verhandlungen statt, die dahin führten, daß sich die Parteien für eine Beilegung des Streikes aursprachen, wenn die Arbeiter der Firma Focke u. Baum bis zum 15. Januar bi» um 7 Uhr arbeiteten, daß aber in den anderen Betrieben, in denen bisher bis um 7 bezw. 6 Uhr gearbeitet wurde, diese Arbeitszeit beibehalten werde. In den am Sonnabend Abend stattgefundeven öffent lichen, von etwa 3500 Personen besuchten Versamm lungen der Streikenden bezw. Ausgesperrten, sahen sich diese gezwungen, diese Bedingungen anzunehmen. Die Ver sammlungen verliefen theilweise sehr erregt. Die Säle mußten wegen Ueberfüllung polizeilich abgesperrt werden. Die Zahl der Ausgesperrten und freiwillig Streikenden betrug am Srnnabend Abend 2900 Mann. Am heutigen Montag früh sollten die Fabriken wieder geöffnet werden u id der größte Theil der Arbeiter an die Arbeitsplätze zurückkehren. Werdau, 22. Dezember. Ein bedauerlicher Un- glückssall mit tödtlichem Ausgang ereignete sich gestern Nachmittag in der Crimmitschauerstraße. Dortselbst be- schäfligten sich an einem steilabgehenden Wege die beiden Söhne der in der Mittelstraße wohnhaften Schuh macher Queck'schen Eheleute, 8 und 4 Jahre all, mit Schlittenfahren. Bei einer solchen Abfahrt kam deren Gefährt unter ein des Weger daher kommenden Flaschen bierwagen, wodurch der ältere Knabe Otto eine Aus renkung und Zerreißung des rechten Armes erlitt, wäh rend dessen jüngerer Bruder mit einer Hautabschürfung davonkam. Der Schwerverletzte, welcher vom Pferde getreten worden war, mußte aber auch innere Verletz ungen erlitten haben, denn 3 Stunden später mußte er seinen Leiden erliegen. Gerichtsverhandlungen. tz Graf Walther Pückler auf Klein-Tschirne in Schlesien stand wieder einmal wegen Vergehens gegen tz 130 des Strafgesetzbuchs (Aufreizung verschiedener Gesellschaftsklassen zu Gewaltthätigkeiten gegeneinander) vor der Strafkammer des Landgerichts II in Berlin. Der deutsch-nationale Reformverein hatte am 24. Juli und am 15. September d. I. je eine Versammlung veranstaltet, in welcher Graf Pückler seine bekannten Kraftworte gegen die Juden unter die Anwesenden schleuderte. Er hat sich dadurch eine Anklage wegen Aufreizung zugezogen, die vor dem Landgericht I ver handelt wurde, aber mit Freisprechung endigte, nach dem die Polizeileutnants Mundt und Bobrink bekundet hatten, daß ihrer Auffassung nach sich der Angeklagte nur bildlich ausgedrückt habe. Die Staatsanwaltschaft, die anderer Ansicht war, legte Revision ein und das Reichsgericht entschied dahin, daß eine Verkennung des Begriffs der Aufreizung seitens des Vorrichters stattgefunden habe. Das erste Urtheil wurde aufge hoben und die Sache in die Vorinstanz zurückverwiesen, jedoch an ein anderes Gericht, und zwar an das Land gericht II. Auch dieser Gerichtshof erkannte auf Frei sprechung, da die Aufforderungen des Angeklagten nicht wirklich zu nehmen seien. Vermischtes. * Eine Rächeri« ihrer Ehre stand kürzlich vor dem Schwurgericht in Nizza in der Person der Signorina Bonini, einer jungen Italienerin, die als Verkäuferin in einem Kaufhause wegen ihrer blendenden Erscheinung Aufsehen erregt hatte. Sie erhörte einen ihrer Lands leute, einen jungen Lebemann, NamenS Pioli, der ihr geschworen hatte, sie zu heirathen. Aber als sich die Nothwendigkeit herauSstellte, daß er seinen Schwur hielte, fand der junge Herr Ausflüchte undbrach seine Beziehungen zu der Schönen ab. Sie genas eines Zwillingspaares, brachte die Kinder bei ihren Verwandten in Italien unter und trat dann ihre Stellung in dem Kaufhause von Neuem an. Ihre Schönheit hatte nicht gelitten, und die Schaar ihrer Anbeter war nicht geringer ge worden. Da geschah es denn, daß sich ihr auch der junge Pioli, der Vater ihrer Kinder, wieder näherte. Er schwur ihr, daß seine Mutter schuld gewesen sei, wenn er seine Pflicht nicht erfüllt habe. Nun aber s.i seine Mutter gestorben, und er sei bereit das Versäumte snachzuholen. Das arme Mädchen ließ sich ein zweite» Mal belhören und wurde von ihrem Geliebten ein zweites Mal betrogen. Am 23. Juni fand sie ihn in einem Caso in der Gesellschaft einer jungen Dame. Die Verrathene näherte sich dem Mein eidigen, zog dann plötzlich ein Glas Salpetersäure her vor, und schleuderte ihm die Flüssigkeit in» Gesicht. Der Unglückliche erhob ein furchtbares Wehgeschrei. Beide Augen waren ihm ausgebrannt, und das Gesicht wurde von der Säure zerfreffen. — Er wohnte den Verhandlungen gegen seine Geliebte bei und verlangte ihre Bestrafung. Sein Aussehen war grauenvoll, aber die Geschworenen erkannten einstimmig auf Freisprechung. * Gute Belohnung. Auf der Weinheimer Neben bahn (Baden) verlor ein Herr einen Beutel mit 60000 Mk. Eine Frau entdeckte das Geld und nahm es zu sich, um es der Bahnbehörde zu überliefern. Der Herr bemerkte inzwischen seinen Verlust, kommt athemlos zurück und nahm freudestrahlend seinen Verlust von der Frau in Empfang. Als Finderlohn überreichte ihr der noble Herr sage und schreibe — 20 Pfg. Handels-Nachrichten. t!«rlni, 21. Dezember. (Wechsel-Cours). üanlc- viseout Mark Amsterdam 3 ST 168,40 B per 100 fl. b. 2M 167,50 G Brüssel und Antwerpen q 8T 80,90 G pr. 100 Francs. 6 3M 80,30 G Italienische Plätze - lOT 79,50 G pr. 100 Lire ° 2M — Schweiz. Pl. 100 Frc. 3'/, lOT 80,70 G London 8 T 20,38 G pr. 1 Lstrl. 4 3M 2c>,21 G Madrid und Barcelona 5 "T — pr. 100 Pesetas 2M — Paris 8 T 81,05 G pr 100 Franc 3M 80,50 G Petersburg 5',S T — pr. IVO Rubel '3M — Warschau 100 Rubel 5'/, 8 T — Wien , ST 85,20 G per 100 Kr. ö W. 3M 84,50 G Reichsbank 4°/«, Lomb.-Z.- F. 5°/. Uaxäobüris, 21. Dezember Kornzucker cxcl. 88°/g Rendemenl 7,62 bis 7,86. Nachproducle excl. 75°/o Rendement 5,90 bis 6,20. Stimmung: Weichend. Kristallzucker I mit Sack 28,20. Brodraffinade 1 ohne Faß 28,45 Gem. Raffi nade mit Faß 28,20. Gem. Melis t mit Faß 27,70. Roh zucker I. Product Tranfito f. a. B Hamburg per Dezbr. 6,65 Ed., 6,72 Br., per Jan. 6,75 Gd., 6,77'/, Br., per März 7,00 Ed., 6,97'/, Br., per Mai 7,10 bez., 7,15 Gd., per August 7,32'/, Gd., 7,37'/, Br. Tendenz: Flau. Uamkurr, 21. Dezember. Weizen stetig, Holsteiner loco' 168—174, La Plata 135—140. Roggen ruhig, südruss. cif. Hamburg 106—110, do. loco 107 bis 112, Mecklenburgischer 141 bis 144. Mais stetig, ameril. mixed. 136. La Plata 118. Hafer stetig, Gerste stetig. Wetter: Nebel. Kreme», 21. Dez. (Baumwolle). Tendenz: Stetig. Upl. middl. loco 42'/« Pfg. türmpovl, 21. Dezbr. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Um satz: 8000 B. Stimmung: Fester. Import: 22 000 Ballen. Preise '/««—'/,« höher — Umsatz: — Ballen, davon für Speculation und Export — Ballen verkamt. Amerikaner fest, '/i, höher, Ostindische unverändert. Lieferungen: Stetig. Dezbr. 4'h«, Verkäufer, Dezbr.-Jan. 4'"«« do., Febr.- März 4'°/«« do., April-Mai 4"/«« Käufer, Juni-Juli 4"g. Verkäufer. Zahlungseinstellungen. Hermann Heydorn, Altona. Gustav Schipmann, Altona. Erich Richter, Braunschweig. Wilhelm Schreiber, Hannover. C. Pelzer L Co., Krefeld. Carl Borg, Marienborn-Mainz. M. Reuter-Stramberg, Mainz. Edwin Sieler, Neustadt (Orla). Karl Ferdinand Otto Kühn, Neffen. Heere Garro'.t Vosberg, Papenburg. Hermann Hugo Wetzel, Werdau. Georg Edm. Fränzel, Werdau. Chemnitzer Marktpreise vom 21. Dezember 1901. Weizen, sächs. Roggen, - Hafer - Stroh Heu Kartoffeln Futtergerste Butter. 1 Kilo pro 50 Kilo 8 M. 45 Ps. bis 8 M. 70 Ps. 7 s 35 - - 7 - 55 - 7 30 - - 7 - 80 . 3 50 - - 4 » — e 3 80 - - 4 - 50 - 1 90 . - 2 - 15 - « 50 - - 7 s — s S - 50 . - 2 - 80 . Die Schwestern v. Mbufini. Roman aus Deutsch-Ostafrika von Aritz Bley. (Nachdruck verboten.) 6. Fortsetzung. Ein ander Mal klagle Herr Grothe darüber, daß e« in diesem Lande keinen Bambus zum Scheunenbau gebe, bekam aber keine andere Antwort, als daß man in der Havanna auch ohne Bambus leidlich guten Tabak ge baut habe. Und al« Grothe ein dritte« und vierte» Mal über den Mangel an ähnlichen Erleichterungen klagte, an die er von Sumatra her gewöhnt war, er klärte ihm Bartenstein schließlich: „Wenn wir un» durch solche Schwierigkeiten hätten abschrecken lassen, wären wir wohl nicht weil in Afrika gekommen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg und Sie setzen sich nur selbst herab mit solchen Kleinigkeiten." Seitdem nahm Herr Grothe sich zusammen, und es ging auch ohne Bambus und Chinesen auf Mbusini ganz gut. Auch in andrer Beziehung lernte Herr Grothe seinen Vorgesetzten als einen Mann kennen, der genau wußte, was er wollte. Wie ein älterer Offizier einem eben eingetretenen Avantageur verstand Bartenstein dem etwas verholländerten Herrn Grothe allerhand kleine Nachlässigkeiten abzugewöhnen. Grothe baumelte nicht mehr mit den Beinen, er spie nicht mehr über die Veranda weg, ging nicht mehr barfuß im Hause und brüstete sich nicht mehr mit seinem hol ländischen Staatsbürgerthum. Auch die großkarrirten gazedünnen Unaussprechlichen, welche der Sumatra- Mann mit vielem Stolze trug, wurden durch gesell schaftsweiße ersetzt. Mit dem ersten Boten, welcher die Post nach Bagamoyo trug, hatte Bartenstein dem „wbauu ooMe» dem „Herrn mit dem schäbigen Hute" wie die Neger Grothe nannten, aus Sansibar einen frischen Sonnenhut verschrieben, den er ihm ohne weitere Be merkung in sein Zimmer legen ließ. Dieser Wink war ebenso wenig unbeachtet geblieben, wie die frisch ge schliffenen Rasirmesser, die Herr Grothe eines schönen Mittags neben Rasirpinsel, Seife und Zahnbürste auf seinem Nachtische fand. Er murrte anfangs über diesen sanften Druck, aber er gewöhnte sich schließlich daran, sich auch in der Wildniß als Mann von Gesittung zu bewegen. Schwieriger war die Säuberung seines inneren Menschen. Zwar das Schimpfen auf die Nigger konnte ihm Bartenstein bald abgewöhnen und noch schneller das Schimpfen auf das eigene deutsche Vaterland, ob wohl jetzt in Sansibar viel geschah, was Herrn Grothe Stoff zur Lästerung bot. Aber in Bezug auf die Missionare hatte Bartenstein mit seinen wdaua, eoktia mdaM — den Namen hatte Grothe nun einmal weg — einen schweren Stand. „Lassen Sie mich mit dem Pfaffen zufrieden," ent gegnete ihm dieser, „da sieht man eben, daß Sie lutherisch sind. Wären Sie ein Katholik, so würden Sie ganz anders über sie denken." „Ich habe Sie nicht nach Ihrer Konfession gefragt, mein lieber Herr Grothe. Ich schütze Sie als einen erfahrene» Mitarbeiter. Aber für das, was man Politik nennt, bin ich hier verantwortlich, und deshalb bitte ich Sie dringend, in der Niederlassung dort drüben die Einrichtung einer Kirche zu achten, die uns unan tastbar sein muß." Im Innersten seines Herzens hielt Herr Grothe seitdem seinen Vorgesetzten für einen ausgemachten Narren. „Am Ende soll-Einer hier noch Klosterbruder werden," brummte er vor sich hin, „das fehlte noch, darum bin ich gerade nach Afrika gekommen ! Na, Gott sei Dank, daß die Mädels bald kommen, die werden Leben in die Bude bringen." IV. „Mariahils" hatten die Missionare ihre Niederlassung genannt zu Ehren der heiligen Jungfrau, der ihr Orden geweiht war. Mit ihrem kleinen Kirchlein erinnerte die Ansiedlung an ein deutsches Gebirgsdorf. Eine Schule war eröffnet, in welcher den Kindern der Neger Unterweisung in allerlei Haadfertigkeiten und in der christlichen Lehre gegeben werden sollte. Ferner wurde die ärztliche Kunst des Vaters Stephan stark in Anspruch genommen von den Häuptlingen der Umgegend. Der alte Häuptling von Missange murrte über den neuen, seine Machtstellung schädigenden Einfluß. Aber die armen Teufel in den NegerhüNen faßten bald Vertrauen zu den frommenVätern und nannten Mariahilf „Umjana," das Haus des Lichtes, des Friedens. Das Letzte, woran die wackeiea Väter bei ihrer An siedelung gedacht hatten, war ihr eigenes Wohnhaus gewesen. Sic schliefen noch immer in einem Zelte, daS zum besseren Schutz unter einen mit Kokosblättern ge deckten Schuppen gestellt war. Das Wohnhaus sah seiner Fertigstellung entgegen. Da aber bis dahin immerhin noch mehrere Wochen vergehen mochten, so hatte Bartenstein der Mission als vorläufiges Wohnhaus daS Magazin der Station angeboten, daS auf einer Terrasse angelegt und sehr gesund war. Für sich selbst und die Brüder hatte der Prior das Anerbieten abge» lehnt, für die mit letzter Post in Sansibar eingetroffenen und demnächst erwarteten Schwestern aber nahm er eS nach einiger Ueberlegung an. So herrschte denn in Mbusini freudige Aufregung.