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Nr. 222. Sonntag, den 22. September 1901. 28. Jahrgang. Redaction und Expedition: Bahnstraße 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Jnsertionsgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg,, für auswärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Borm. 10 Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. Dieses Blatt r > täglich Nachmittags. — Ausnahme der Sonn- und Festtage deren Austrn»°^ beziehen durch die Expedition und Der Bezugspreis """ Postanstalten. der MuL 25 Pfg. incl. Sonntagsbeilage. str haheifttiit-ßriistlhil, LderlWMtz, 8ersSl>rs, Donnerstag den 26. September 1901, Nachm. 4 Uhr ommen m Gersdorf 103 Zeilen Kartoffeln zur Versteigerung. ' Schankwirthschaft zum Gambrinus. D^^ertchtsvollzieher des Kgl. Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal. Um eine klar n . Bekanntmachung. (Säkularisation) des s,; ^rsicht betreffs der event. Wiederbenutzung oder Schließung Mellen alten Friedhofs zu bekommen, ist es nöthig fest- Mnen Besta^ °or dem Jahre 1881 aus dem alten Friedhof zur erledigt N Llten Grabstellen seitde.n noch nicht belegt und Grabstelle des alto» <^^^n deshalb alle Diejenigen, welche ihr Anrecht auf eine weisen können durch psarramtlich ausgestellte Grablösescheine nach- kL ih-- R-ch«- L zum «. L-,°b°r ». s. Pfarramt St. Trinitatis. U Schmidt. Bekanntmachung, Hundesperre betreffend. rKöniglichen Amtshauptmannschaft Glauchau ist neben anderen Ort schaften auch für Gersdorf die Hundesperve auf die Dauer von 3 Monaten und zwar bis mit 8. Dezember bs. Js. angeordnet worden. Es sind daher während dieses Zeitraumes hierselbst sämmtliche Hunde ent weder festzulegen (anzuketten oder einzusperren) oder, mit einem sicheren Maul korbe versehen, an der Leine zu führen. Auch dürfen Hunde ohne polizeiliche Erlaubniß aus dem gefährdeten Bezirke nicht ausgeführt werden. Die Benutzung der Hunde zum Ziehen ist unter der Bedingung gestattet, daß sie fest angeschirrt, mit einem sicheren Maulkorbe versehen und außer der Zeit des Gebrauches festgelegt werden. Auch die Verwendung von Hirtenhunden zur Begleitung der Heerde, von Fleischerhunden zum Treiben von Meh und von Jagdhunden bei der Jagd ist unter der Bedingung zulässig, daß die Hunde außer der Zeit des Gebrauches (außerhalb des Jagdreviers) festgelegt oder, mit einem sicheren Maulkorbe versehen, an der Leine geführt werden. Zuwiderhandlungen werden, soweit sie wissentlich erfolgen, nach tz 328 des Reichsstrafgesetzbuches mit Gefängniß bis zu einem Jahre, im Uebrigen aber nach 8 66 des Reichsgesetzes vom bez. tz 28 der Sächsischen Ausführungs ¬ verordnung vom 30. Juli 1895 mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder entsprechender Haft geahndet. Außerdem werden Hunde, welche vorstehenden Bestimmungen zuwider in den gefährdeten Bezirken umherlaufen, weggefangen und getödtet werden. ' Gersdorf, den 18. September 1901. Der Gemeindevorstand. Göhler. Ans der amerikanischen Geldanarchie. Der neue Präsident der Vereinigten Staaten hat in einer Rede die Grundzüge der Politik, die er verfolgen will, offen dargelegt. Seine Erklärung läßt keinen Zweifel daran, daß er All-Amerikaner ist, das heißt, daß er je eher je lieber ganz Südamerika mit ganz Nordamerika unter dem Sternenbanner vereinigen möchte. Präsident Roosevelt hat das Wort: „Eroberung" nicht ausgesprochen, er hat nur gesagt, daß direkte Schifffahrtslinien zwischen den Vereingten Staaten und den beiden Küsten von Mittel- und Südamerika ge schaffen werden sollten, daß die Handelsmarine gestärkt und Schiffe gebaut werden sollten, die unter amerikanischer Flagge und mit amerikanischer Mannschaft führen, und daß endlich der mittelamerikanische Kanal sobald als möglich fertiggestellt werden sollte. Präsident Roosevelt spricht von „amerikanischen" Schiffen, „amerikanischer" Mannschaft, „amerikanischem" Gelds usw., und wenn ihn ein Brasilianer oder Peruaner fragen wollte, was er darunter verstehe, so würde er gewiß antworten, er habe die Interessen ganz Amerikas im Auge, das ganze Amerika solle sich felbständig machen. Das klingt sehr schön, aber die Mittel zu all den großartigen Maßnahmen, an die Präsident Roosevelt denkt, besitzen nur die Vereinigten Staaten, und darum werden sie auch die einzigen sein, die den Vortheil davon haben. Die Vereinigten Staaten sind das Heimathland der „Ringe", d. h. der Vereinigung großkapitalistscher Gesellschaften, die die Schwachen durch ihre Uebermacht todtdrücken und die ehemals wirthschaftlich Freien zu wirtschaftlich Unselbständigen machen. So wird es auch den mittel- und südamerikanischen Staatsgebilden ergehen. Von dem Aufschwünge, den Roosevelt plant, und den er mit seiner Energie wohl durchsetzen mag, werden sie nichts profitiren, sondern sie werden sozusagen zu Angestellten der Vereinigten Staaten herabsinken. Sie werden zwar noch den Luxus eigener Präsidenten und eigenes „Heer" besitzen in denen jeder zweite Mann ein „General" ist, aber sie werden die Einnahme quellen ihres Landes in die Taschen der Newyorker Milliardäre gleiten sehen. Ein Fortschritt auf dem Wege zur Herstellung eines »E- d-m «--n-nb-n»-- «-hmd-» E°n. «nm» Ist auch in d,m nunmehr ,wischen der nord. amerikanischen und der dänischen Regierung zu stände gekommenen Ankäufe der dänisch-westindischen Inseln zu erblicken. An der Annahme dieses Vertrages durch die gesetzgebenden Körperschaften der Vereinigten Staaten ist natürlich nicht zu zweifeln. Od der Kaus sich als vorlheilhaft für die Vereinigten Staaten herausstellen wird, wird die Zukunft lehren. Darauf kommt es ja aber auch den Nordamerikanern viel weniger an, als auf die Stärkung ihrer Stellung im westindischen Ar chipel. Abgesehen aber von dieser besonderen Bedeutung zeigt der Ankauf zweierlei: erstens die Absicht der Nord amerikaner, die europäischen Staaten nach und nach aus Amerika hinauszugraulen, zweitens selbst die Hand auf ganz Amerika zu legen. Die „Kreuzztg." weist in einer Besprechung auf diese für Europa und speziell für Deutschland so wichtigen Angelegenheiten hin, daß sich in der amerikanischen Politik in den letzten Jahren insofern ein Umschwung vollzogen hat, als man nicht mehr an eine Weltpolitik in allen Meeren und Himmelsrichtungen denkt, sondern an eine Ausbreitungspolilik auf dem amerikanischen Continent selbst. Man hat darauf hingewiesen, daß diese Wandlung eine Gefahr auch für das deutsche Heimath land bedeutet. Denn wenn erst die Nordamerikaner das wirthschastliche Uebergewicht in Mittel- und Südamerika besitzen, so werden sie schon den deutschen Hantel mit diesen Staaten aufs äußerste einzuschränken wissen, richt sowohl au» Deutschenhaß, als um ihres eigenen Vor theils willen. Rücksichtsvolle Behandlung der Concurrenz gehört nicht zu den Gewohnheiten de« Danker«. Das Programm Roosevelts unterscheidet sich ja nur wenig von dem von Mac Kinley kurz vor seiner Er mordung proklamirten Programm. Der Unterschied ist nur der, daß Roosevelt noch mehr der Mann ist, es durchzuführen, als Mac Kinley: er ist ein halbes Menschenalter jünger, kerngesund, voll Thatkraft und in mancher Hinsicht auch selbständiger als Mac Kinley, der sich von seinen „Drahtziehern" lenken ließ. Dazu kommt, daß seine Landsleute ihm außerordentlich viel zutrauen. DaS Vertrauen aber ist bereits der halbe Weg zum Erfolge. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Mit Hurrahrufe« ist in den Kaisertagen in Danzig auch der Sühneprinz begrüßt worden. Die „Köln. Ztg." wünscht den „besinnungslosen Z itgenossen", daß sie zur Strafe für diese Hurrahrufe in Frösche ver- wandelt werden. Das Blatt hält den „Danziger Spieß bürgern" vor: „Es ist in der That beschämend, wenn Deutsche ihren Knechtsinn so weit entwickelt haben oder aber wenn der U!k sie derart in der Kehle kitzelt, daß sich ihnen beim Anblik irgend eines fremden Prinzen von selbst der Hais bläht und ihm das Hurrah ent strömt, das damit seinen Werth in anderen Fällen verliert." Frankreich. Paris, 20. September. Der Vorsitzende des Pariser nationallistischen Stadtraths, Dausset, der auf seine Einladung an das Kaiserpaar zum Besuche von Paris nie eine Antwort erhalten hatte, wollte gestern mit Gewalt ein Ergebniß erzwingen. Er fuhr nach Compiägne und forderte unverfroren, daß man dem Zaren seine Visitenkarte zustelle. Die Osficiere und Beamten, an die er mit dieser Zumuthung herantrat, wandten ihm einfach den Rücken. Er versuchte es dann mit den Dienern, doch fand er niemand, der ihm den verlangten Dienst erweisen wollte. Er bemühte sich hierauf, zu Loubet, zu Waldeck-Rousseau und zu Loubets Sekretär Combarieu zu gelangen, doch weigerten sich alle drei, ihn zu empfangen. Er mußte nach Paris zurückfahren und rächt sich zunächst durch einen Gallerguß in der „Libre Parole". — Kardinal-Erzbischof Longenieux von Reim», einer der kampflustigsten französischen Ktrchen- fürsten, wollte, wie bereit« gemeldet, an den Zaren beim Besuche seiner Kathedrale eine Ansprache richten. Waldeck- Rousseau forderte, daß die Rede.ihm vorher mitgetheilt werde, das schlug der Kardinal rundweg ab. Hierauf wurde ihm bedeutet, daß der Zar von ihm keine An sprache anhören werde. Der Kardinal rächte sich, in dem er in der Kathedrale nur für das Kaiserpaar zwei Thronstühle, dagegen für den es begleitenden Präsidenten keinen Sitz hinstellen ließ. Als der Zug vor der Schatz kapelle anlangte, bemerkte der Kaiser, daß nur zwei Stühle da waren, infolge dessen blieben er und die Kaiserin stehen, wie Loubet auch. Langönieux kam also um seine Rache. — Die neueste Bosheit der Nationalisten ist folgender Witz: „Dem Zaren zu Ehren werden heute alle Börsen Frankreichs geschloffen", sagt einer, darauf erwidert der andere : „Die Börsen ge schlossen ? Da» Gegentheil wäre dem Zaren lieber!"