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Oclsnitz i. Erzgeb., 28. Oktober. Heute früh kurz nach 5 Uhr wurde der Berginvalid Georg Oestreicher von hier von einem Italiener auf der Lugauer Straße in der Nähe des Restaurants »Grüne Aue" hier mittels eines Revolvers erschossen. Oestreicher hat sich vorher in dem Lokale, in welchem in der Hauptsache nur italienische Arbeiter verkehren, als Gast befunden und nach voraufgegangenem Streit mit einigen Italienern gegen 5 Uhr das Lokal verlassen. Als er kaum die Straße betreten hatte, wurde er von dem Mordbuben, welcher ihm auf dem Fuße gefolgt war, angehalten. Derselbe feuerte 4 Schüsse auf Oestreicher ab, wobei letzteren ein Schuß in die Brust traf und ihn sofort tödtete. Der Mörder heißt Michael Rubeis und wurde heute vormittag von der Schutzmannschaft mit Hilfe der Gendarmerie verhaftet. Oestreicher ist verherrathet und Bater von 3 Kindern. — Am Sonnabend in der 12. Stunde war in obengenanntem Lokale ebenfalls ein Streit ausgebrochen und zwar ebenfalls zwischen einem Italiener und einem hiesigen Arbeiter. Der Wirth, in der Absicht, Ruhe zu stiften, riß die Streitenden aus- einander, wobei der Italiener Namens Domencio Anton Melchiore unter das Billard stürzte. In der Wuth stach dieser von unten herauf den Wirth mit einem langen Messer derart in den Oberschenkel, daß das Messer auf der anderen Seite des Beins wieder herauskam. Der Thater ist flüchtig. Dresden, 28. Okt. Wegen fahrlässiger Tödtung hatte sich heute die 50 Jahre alte, hier wohnende Schneidermeistersehefrau Pauline Bürger verw. gewesene Wuschke geborene Teutsch vor der II. Strafkammer des hiesigen Königl. Landgerichts zu verantworten. Als die Angeklagte am 2. Juli dieses Jahres in ihrer Wohnung auf der hiesigen Dorotheenstraße ihren noch nicht ein Jahr alten Enkel Hellmuth Wuschke badete, entfernte sie sich ungefähr zehn Minuten, um im Hofe Wäsche vor plötzlich eingetretenem Regen zu schützen. Das Kind saß während dieser Zeit unbeaufsichtigt in der mit Wasser gefüllten Wanne. Als die Bürger in die Wohnung zurückkehrte, sah sie zu ihrem Schrecken, daß das Kind mit dem Kopfe auf dem Boden der Wanne lag und ertrunken mar. Die Beweisaufnahme ergab, daß der Tod des Kindes durch die Unvorsichtigkeit der Angeklagten herbeigeführt worden ist. Das Gericht hielt eine einmonatige Gefängnißstrafe als entsprechende Ahndung. — Der Circus Herzog, der erst vor reichlich sechs Wochen seine Vorstellungen in Dresden in einem neuen Circusgebäude begonnen hatte, muß infolge Mangels an Besuchern seine Pforten wieder schließen. Dresden hat nun infolgedessen zwei leerstehende Circusgebäude, eins auf Löbtauer und eins auf Plauenscher Flur. Mülsen St. Jacob, 28. Oktober. Um dem greisen Vater eine besondere Freude zu machen, sollte ein hiesiger Einwohner seine Schwiegertochter aus Trans vaal kennen lernen, welche vor kurzem hier zureiste, aber leider den ehrenwerthen Meister nur noch auf der Bohre anlraf, um ihm das Grabgeleile geben zu können. Die betreffende Reisende verließ am 3. September ihren Wohnsitz in Transvaal und erreichte anstatt nach üblich dreitägiger Fahrt erst nach fünf vollen Reisetagen den Hafenplatz Capetown, da die Eisenbahnschienen mehrfach von den Buren gesprengt waren und erst wieder von den Engländern reparirt werden mußten. Vor Abgang des Schiffes mußte die Dame den Eid oblegen, während des Krieges nicht wieder nach Transvaal zurückzukehren. Hanvels-Nachrichten. ogrll», 29. Oktbr. (Wechsel-Cours). ii»ok- visoanl Mark Amfterdaul 3 bT 168.65 G per 100 fi. k. 2M 167,5 > G Brüste! und Antwerpen 3 " 81,05 G pr. 100 Francs. 3M 80,30 B Italienische Plätze - 10 T 78,90 G pr. 100 Lire o 2M — Schweiz. Pl. 100 Frc. 3'/, 10T 60,95 G London 8 T 20,38 G pr. 1 Lstrl. 3 3M 20,23 G Madrid und Barcelona . 14 T — pr. 100 Pesetas 2M — Pari^ 3 " 81.25 G pr 100 Franc 3M 80,55 G Petersburg 5>.b T — pr. 100 Rubel "3M — Warschau 100 Rubel 5'/, 8 T — Wien 85,25 G per 100 Kr. ö W. 3M 84,30 G Reichsbank 4"/«, Lomb.-Z.-F. 5°/, Kaisäsdnrx, 29. Oktbr Kornzucker cxcl. 8^ Rendemenl 8,0/ bis 8,20. Nachvroducte excl. 75°/« Rendemenl 0,20 bis 6,4S. Stimmung: Schwach. Kristallzucker I mit Sack 28,20. Brodrafstnade l ohne Faß 28,45. Gem. Raffinade mit Faß 28,20. Gem. Melis l mit Faß 27,70. Rohzucker 1. Product Transits f. a. B Hamburg per Okt. 7,35'/. bez., 7,30 Br., perNov. 7,30 /, Gd., 7,35 Br., per Dez. 7,40 bez., 7,45 /, Gd., per Jan.-März 7,62 Gd., 7,70 Br., per Mai 7,85'/. bez., 7,87 Br. Tendenz: Ruhig. »amkur,, 29. Oktbr. Weizen Schwach, Holsteiner lo-o 158—165, La Plata 122-130. Roggen ruhig, südruss. cif. Hamburg 98—103, do. loco 99 bis 110, Mecklenburgischer 134 bis 138. Mais fest, amerik. mixed. 130'/,. La Plata 108. Hafer fest, Gerste ruhig Wetter: Bedeckt. ttromsn, 29. Okt. (Baumwolle). Tendenz: Weich. Upl. middl. loco 41'/, Pfg. l-icvrpuvl, 29. Oktbr. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Um satz: 6900 Ballen. Stimmung: Ruhig. Import: 8000 Ballen. Preise unverändert bis '/«« höher. Umsatz: 4 000 Ballen, davon für Speculation und Export 400 Ballen verkauft. Amerikaner ruhiger, good middling und darüber '/»»- middling und low middling ' „ niedriger, good ordinary unverändert. Ostindische unverändert. Lieferungen: Ruhig. Oktober 4"/,, bis 4'°/«t Käufer, Okt.-November 4""«« do., Dez.-Januar 4"/„ do., Februar-März44Verkäufer, April-Mai 4"/«t Käufer. Fein gesponnen oder Das Fastnachtsgehetmnitz. Criminal-Roman von Lawrence F. Lynch. — Deutsch von E. Kramer. 56. Fortsetzung. Dreiunddreißig st es Capitel. „Ach, Ken, das war furchtbar," schluchzte Renee Baring. „Es war nur gerecht," versetzte Carnow. „Baring, das Weitere ist Ihre Sache." „Ohl" sagte Baring, der sich sofort um die Be wußtlose bekommen. „Er richtete sich auf und trat zu rück. „Armes Geschöpf," flüsterte Renee, „wie leid sie mir lhut!" „Mir nicht," erwiderte Baring, sich zu den beiden Detectivs wendend. „Soll ich sie jetzt Hereinrufen?" Steinhoff nickte. Baring öffnete die Thür nach dem Nebenzimmer. Eine große Frau mit festzusammenge- preßten Lippen, ob mit einem Ausdruck tiefen Mitleids in dem scharfen, klugen Gesicht, erschien auf seinen Wink. Es war Susan. In diesem Augenblick regte sich die Ohnmächtige und Susan trat rasch zwischen das Sopha, auf das man sie gebettet hatte, und die Gruppe am Fenster. Alle verharrten in lautlosem Schweigen. Die Bewußt lose bewegte den Kopf und stöhnte leise; dann schlug sie die Augen auf und erblickte die neben ihrem Lager stehende Gestalt. „Susan!" hauchte sie und griff krampfhaft nach den beiden starken Händen, die sich ihr entgegenstreckten. „So, Bertha —Kind, jetzt ist Dir bester — stille!" „Trinken Sie dies, Miß Warham," ertönte eine Stimme hinter Susan und Dr. Baring näherte sich mit einem Weinqlase in der Hand. „Trinken Sie dies, Miß Warhum," wiederholte er. „Es wird Ihnen gut thun. Sie bedürfen einer Stärkung." „Die Anwesenden hatten wohl auf Thränen und hysterische Anfälle, auf Betheuerungen und Drohungen gerechnet; aber sie kannten diese Frau eben nicht. Als Berthas Augen die Gruppe am Fenster streiften, die Susan jetzt nicht mehr völlig verdeckte, wurde sie plötzlich ganz ruhig. Sie nahm Baring das Glas ab, leerte eS auf einen Zug und reichte es ihm zurück. Dann sprach sie mit klarer Stimme: „Ich bin nicht Bertha Warham! Ich bin" — eine unendliche Bitter keit und Selbstverachlung malte sich auf ihrem Gesicht — „ich bin Mrs. E. Percy Jermyn." „So ist also die, die einst Ellen Jermyngham war, todl und in Uywn begraben?" Es war Carnow, der diese Frage that, und bei seinem Anblick kehrte alles, was dieser Mann gesagt, feine ganze furchtbare Erzählung, Wort für Wort in ihre Erinnerung zurück, und sie wandte sich mit einem Ausdruck des Entsetzens zu ihm. „Haben Sie — hat man in Nylon ein Mädchen begraben, das Bertha Warham hieß?" Ein Mädchen, das wie dieses Bild aussah?" Mit einer raschen Bewegung trat Steinhoff vor sie hin. „Darauf kann ich am besten antworten," sagte er mit strengem Ernst. „Ich war es, der die in New- Orleans gefundene Leiche als die Bertha Warhams recognokcirte. Ich brachte sie nach Uyton» wo sie bei- gcsetzt wurde; sie glich dieser Photographie, und sie glich noch mehr Ihnen — so wie Sie jetzt aussehen, war sie Ihnen erschreckend ähnlich. Wir würden die Tobte vermuth.ich auch weiter für Bertha Warham ge halten haben, wenn nicht Dr. Baring festgestellt hätte, daß das blonde Haar der Ermordeten gefärbt und von Natur so schwarz war, wie jetzt das Ihre gesärbt ist. Sie haben ein verzweifeltes Spiel gespielt, Blut und Sünde, Schmach und Schande bezeichnen Ihren Pfad. Aber Ihre Rolle ist zu Ende; ob Bertha Warham oder das Weib eines Giftmörders, das macht wenig aus: Sie sind nicht Ellen Jermyngham! Sie stahlen diesen Namen und hätten ohne unser Dazwischentrcten in Ihrem Betrüge ve: harrt! Sie haben jedes Mitleid verwirkt — meines und das der Anderen!" Und trüge sie die doppelte Sündenlast — jetzt ist sie gestraft. Niemals wird sie einen so wehen Schmerz empfinden, wie jetzt, wo der Mann, den sie in wenigen Wochen lieben gelernt hat, wie sie nie etwas auf der Welt lieben zu können geglaubt hat, gl ich einem Rache- engel vor ihr steht unv die große Verachtung, die er gegen sic fühlt, aus jedem seiner Züge spricht. „Sie erhob sich und heftete ihre Augen starr in die seinen. „Ja, ich bin schuldig — alles dessen schuldig, was Sie mir vorwerfen, aber^mit Ellen JermynghamS Er mordung habe ich nichts zu thun! O, dieser Lügner und Mörder! Ich sehne mich danach, Ihnen alles zu sagen. Der einzige Wunsch, den ich noch habe, ist, ihn gerichtet zu sehen — die schleichende, gleißnerische Schlange!" Ihre aufgestreckten Hände sanken herab, eS schien, als wolle sie von neuem eine Ohnmacht befallen; aber sie biß in krankhafter Energie die Zähne zusammen, und Susan geleitete die Taumelnde in einen Lehnstuhl. In Steinhoff glomm beim Anblick ihres bleichen Gesichts mit den düster brennenden Augen eine sanftere Regung auf. „Gcht es besser?" fragte er, sich zu ihr nieder beugend. „Ja, ich danke Ihnen." Sie nahm auf dem Stuhl Platz und ließ sich in die Polster zurücksinken. (Fortsetzung folgt.) ^trchcn-Wachrichtc«. Ht. Trinilatis-Warocüie. Am Rcformationsfest, früh 7 Uhr Beichte und heilig. Abendmahl, Herr ?. Schmidt. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst, Herr Hilfsgcistlicher Seidel. Kirchenmusik. 4stimmiger Chor von Frost. Collecte für den Gustav-Adols-Vercin. Nachmittag 5 Uhr in der St. Trinitatiskirche Bibelfestfeier der drei Gemeinden Hohenstein-Ernstthal und Oberlungwitz. Fest predigt Herr Nastor einer. Laube. Kirchenmusik. Verthcilung von Bibeln an arme Kinder aus den drei Ge meinden. Warochie St. LyristopSori. Am Rcformationsfest, Donnerstag, den 31. Oktober, früh 7 Ubr Beichte und Communion. Vorm. 9 Uhr Hauptgottesdienst, Predigt Herr Pfarrer Albrecht. Kirchenmusik, a. Chor mit Rccitativ: „Der Herr hat Großes an uns gclhan." b. Recitativ für Tenor nnd Duett für Tenor und Baß. o. Chor: Das Herrn Wort bleibt — v. A. Bergt. Collecte für die Evang. Gustav-Adols-Stistung. Nachm. 5 Ubr Bibelfest der Gemeinden Hohenstein-Ernstthal und Oberlungwitz in der St. Trinitatiskirche. Won Höerlungwitz Donnerstag, den 31. Oktober, Reformationsfest. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst, Herr Diak. Tammen- Hain. Darnach Beichte und heiliges Abendmahl. Won Gersdorf. Am Reformationsfest, Donnerstag, den 3l. Oktober, früh bald 9 Uhr Beichte und nach der Predigt Communion. Herr k. Böttger. Verthcilung von Bibeln aus der Zvffelstistung. Nachm. halb 2 Ubr Kindcrgottesdicnst. Im Bor- und Nachmittagsgottcsdienst Collecte für den Gustav-Adols-Vercin. Von Ursprung. Donnerstag, den 31. Oktober, Rcformationsfest. Früh 9 Uvr Prcdigtgottcsdienst in der Schule zu Ursprung. Einsammlung einer Collcte zum Besten des Gustav-Adolph- Vcrcins. Nächsten Sonntag, den 3. November, findet zum letzten Mal Predigtgottcsdünst in der Schule zu Urfpruna statt. Montag, den 4. November, zum Kirchweihfest, früh '/,10 Uhr Wicdercinwcihung der völlig rcnovirten Kirche. Freitag, am 8. November, findet Wochencommunion statt. Das Erntefest wird Sonntag, den 10. November, gefeiert werden; an demselben und zum Kirchweifehst wird eine Collecte eingesammclt werden zum Besten der hiesigen Kirchbaukasse. Telegraphische Nachrichten vom 3«. Oktober. Berlin. Wie uns von gulunterrichteter Seite mit- getheill wird, beabsichtigen einige Bundesstaaten, bei der Berathung des neuen Zolltarifs im Bunderrath eine Erhöhung des bisherigen, auch im neuen Gesetzentwurf vorgesehenen Satzes von 85 Mark für Taback zu be antragen und einer Vorlage, welche eine solche Erhöhung nicht enthält, ihre Zustimmung zu versagen. Genua. Die holländischen Dockarbeiterdelegirten sind hier eingetroffen und hatten eine Unterredung mit dem Vorstande der „Liga der Hafenarbeiter". Am Donnerstag findet über den eventuellen Anschluß der hiesigen Dockarbeiter an die Boykottbewegung die entscheidende Berathung statt. Brüssel. In einer gestern abgehaltenen, von Tausenden besuchten Versammlung sprächet die Buren Louw und Plokhoop über die Zustände in den Konzen trationslagern und riefen durch ihre Schilderung große Bewegung hervor. Es wurde zum Schluß eine Samm lung für die Frauen und Kinder der Buren vorge nommen. Durban. Kitchener ist hier eingctroffen und beabsichtigt einige Tage hier zu bleiben; er wird die Konzentrationslager besuchen und Untersuchungen anstellen über die Nützlichkeit des Hafens von Durbau für den Handel Transvaals (!!) New?)ork. Ueber die Hinrichtung Czolgosz wird berichtet: Czolgosz schlief die ganze Nacht hindurch fest und mußte am Morgen aufgerüttelt werden: er früh stückte gierig und ging anscheinend gleichgiltig nach der Exekutionsstelle. Nachdem er auf dem electrischen Stuhl Platz genommen hatte, sagte er: „Ich bereue meine That nicht!" Czolgosz sprach am Montag Abend eingehend über das Attentat und beantwortete alle Fragen des Gefängnißdirectors anscheinend wahr heitsgemäß. Er habe die That einfach begangen, weil er sich dadurch einen Vortheil für die arbeitenden Klassen versprochen habe. Er behauptete weiter, er habe den Revolver ganz offen ohne Taschentuch getragen und leugnete schließlich nochmals, Genossen bei der That ge habt zu haben. Newyork. Bei der Obduktion der. Leiche Czolgosz' stellte es sich heraus, daß sein Gehirn ganz normal, war.!