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„Ich weiß, waS Sie meinen," erwiderte Carnow langsam. „Sie möchten das Mädchen finden — und wenn Sie eS in beschämender Lage fänden — um so besser für Sie. Dann könnten Sie vor Ihren Garten treten und vor Ihren Neffen und sagen : „Da seht sie!" Habe ich ihr unrecht gethan?" Sie könnten dadurch das Vertrauen Ihres Gatten zu seiner Tochter zerstören und den jungen Mann von seiner Leidenschaft heilen — Und wenn ich das Mädchen finde, gnädige Frau, was soll ich dann thun?" „Wenn Sie sie gefunden haben," rief sie hastig, „so geben Sie mir sofort Nachricht und bewachen sie unausgesetzt! Ich will, daß sie sich beide mit eigenen Augen von der Wahrheit überzeugen." „Ich verstehe," sagte er, indem er nach seinem Hut griff- Aber er ging noch nicht, sondern fragte ganz unver mittelt: „Mrs. Warham, wo befindet sich gegenwärtig dieser junge Mann, ihr Neffe?" „Er ist — ich weiß nicht, wo er ist. Er ging kurz nach dem Zwist mit Bertha weg und ist seitdem nur einmal zu Hause gewesen." „Bei sich zu Hause?" .Ja." „Wann?" „Etwa drei Tage nach Berthas Verschwinden." „Können Sie mir den jungen Mann beschreiben?" „Nein — aber warten Sie, ich habe sein Bild." Sie holte aus dem Nebenzimmer eine Cabinetphoto- graphie in rothem Sammetrahmen und zeigte sie dem Detectiv. Er beugte sich auf das Bild nieder, um seine Ueberraschung zu verbergen, denn er sah den dicken Kopf, das vorspringende Kinn und die schmale Stirn des jungen Mannes aus dem Theater unverkennbar vor sich. Gleichzeitig aber fiel ihm etwas auf, was ihn veranlaßte, die Augen prüfend auf Mrs. Warham zu richten. „Gnädige Frau," sagte er dann bedächtig, „er sieht aus wie Sie." Sie wurde aschfahl, aber während sie die Hände krampfhaft verschlang, kehrte sein Blick wieder auf das Bild zurück, und er sagte, wie wenn er zu sich selbst spiäch: „Hm, auffallende Familienähnlichkeit, und sie liegt noch mehr im Ausdruck, wie in den Zügen." Er legte dos Bild auf den Tisch und schien nicht weiter daran zu denken. Allein er halte einen neuen Plan gefaßt. „Morgen möchte ich wieder bei Ihnen vorsprechen", sagte er. Um 2 Uhr, wenn es Ihnen recht ist, MrS. Warham " Sie verbeugte sich zustimmend, und lm nächsten Augenblick eilte er aus dem Hause, indem er vor sich hinmurmelte: „Ich will Ihnen morgen eine Ueberraschung bereiten, meine liebe Mrs. Warham." In seiner Wohnung angelangt, schrieb er in der charakterlosen Handschrift eines Schulknaben ein Billet, adressirte es an die Expedition der „Eule" und setzte die Chiffre „B. 3" auf den Umschlag. Es war dieselbe Chiffre, unter der Joe Larsen, der Aufgeber der be kannten Annonce in der „Eule", ein Lebenszeichen von Bertha Warham erwartete. „So," sprach er vor sich hin, während er das Billet versiegelte und bei Seite legte. „Das geht morgen ab; wir wollen sehen, ob es Erfolg hat." (Fortsetzung folgt.) Telegraphische Nachrichten vom 12. September. (Hirsch's Telegr. Bureau.) Berlin. Das Vorverfahren gegen den verhafteten Bankier Max Opitz hat eine größere Ausdehnung er fahren als bisher. Es ist in letzter Zeit der Verdacht aufgekommen, daß Opitz sich auch des versuchten Ver brechens gegen das keimende Leben schuldig gemacht hat. Eine Hebamme und ein junges Mädchen, die an der Strafthat belheiligt sind, wurden in Haft genommen. Hela. Kaiser Nicolaus verlieh dem deutschen Kaiser das russische Dragoner-Regiment „Narwa" Nr. 39. Das Regiment ist eines der berühmtesten und hervorragensten der russischen Armee und hatte früher zum Chef den Großadmiral Großfürsten Constantin Nicolajewitsch. Kaiser Wilhelm verlieh den, Zaren die Uniform des 2. Garde-Dragoner-Regiments „Kaiserin Alexandra von Rußland". Graz. Am 24. ds. MtS. werden mit dem öster reichischen Llohddampfer „Franz Ferdinand" deutsche Truppen, 25 Offiziere und 890 Mann in Triest ein- trcffen. Am 25. findet ein Festbanket im Osfiziers- kasino des 97. Infanterie-Regiments statt. Am 26. Nachmittags erfolgt mittelst Sonderzuges die Abfahrt nach Berlin. Rom. Auf der Konsulta wird bestätigt, daß zwischen den Mächten ein vertraulicher Meinungsaus tausch stattfindet, wegen Abhaltung einer internationalen Conferenz, in welcher über Maßregelungen gegen Anarchisten beschlossen werden soll. Marseille Die Polizei hat gestern 3 Anarchisten, die nach Paris abfahren wollten, festgenommen, dieselben werden erst nach dem Zarenbesnch wieder freigelassen. Bern. Wie verlautet, beschloß der Bundesrath die Gotthardbahn bis zum Jahre 1904 freihändig zu erwerben. London. Gestern Nachmittag wurde ein Franzose Namens Fangeron festgenomme», welcher angab, einen gewißen Hermann Dung ermordet zu habe». Vor dem ! Untersuchungsrichter verhört, gab er als Beweisgrund seiner That eine sensationelle Erklärung ab, er behauptete Hermann Aung habe ihm bedeutende Geldsummen ange- bolen, bannt ec Chamberlain ermorde. Als er fick ge weigert dies zu thun, entspann sich zuerst ein Wort wechsel, wonach Aung ihn mißhandelt habe. Er habe nunmehr, um sein eigenes Leben zu retten, einen Dolch hervorgezogen und seinen Gegner vamil gelödtet. London. Ein Correspondent der „Birmingham Post" berichtet dieser, Prinz Tschun werde am 30. September in London eintreffen und daselbst eine Woche lang Aufenthalt nehmen, Lord Lansdowne würde ihn empfangen und ihn dein König Eduard vorstellen. Es ist bekannt, daß Prinz Tschun viele Geschenke mitsührt die er per sönlich zu überreichen gedenkt. Der König aber werd dieselben, dem Beispiel des deutschen Kaisers folgend, wahrscheinlich ablehnen. Pretoria. Ein seit Jahren hier ansässiger Holländer theille einem Berichterstatter der Newyorker „Sun" mit, die größte Mehrheit der Burensührer, welchen die Eng- länder bis jetzt ihre Gehöfte und andere Liegenschaften noch nicht zerstört haben, haben diese an mehrere in der Capcolonie wohnhafte Ausländer, besonders Franzosen und Holländer, abgetreten. New Nork Präsident Castro ist mit venezolanischen Truppen auf columbisches Gebiet in der Nähe von Rio Haicha eingefallen. Die Revolutionären haben sich ihm angeschlossen. Eine Schlacht steht bevor. Die co lumbischen Truppen, welche gegenüberstehen, haben eine Stärke von 6000 Mann. Der Kreuzer „Suchet" ist in Curassao eingetroffen. — Aus Colon wird gemeldet: Alle Läden sind geschlossen, auf den Straßen bewegen sich große Truppen massen. Buffalo. Das gestern Nachmittag 3'/, Uhr auS- gegebene Bulletin über das Befinden Mc. Kinleys be sagt: Die Kräfte des Präsidenten sind im Zunehmen begriffen. Die Wunde wird gesund. Die zunehmende Nahrung wird allmählig vermehrt. Puls 120, Tempe ratur 37,8. Wie weiter aus New-Jork depeschirt wird, ist der Präsident nunmehr außer unmittelbarer Gefahr. — MehrereBörsenfirmen erhielten Privatmeldungen, welche besagen Mc. Kinleys Befinden sei ungünstiger geworden; indeß erklärte Dr. Burney, der Präsident werde genesen. — Der Attentäter warf vor dem Atten tat gewisse Papiere weg. Die Polizei versuchte hierdurch, die Goldmann und andere Anarchisten in oirecte Ver bindung mit dem Attentäter zu bringen. Das Bcrsandgefchäft von Mey Edlich in Lcipzig-P'agwitz Hal soeben seinen Herbst-Katalog herausgegeben, welcher an Jedermann auf Verlangen kostenfrei abgegeben wird. Gegen 5000 Illustrationen erläutern den Inhalt und erleichtern die Wahl. Kmett ni Ser ÄinitMinhe Sonntag, den 15. September 1901, veranstaltet M Wen der Gemeindediakonie der Trinitatis-Parochie vom VSrSin, aus Anlaß seines 75jährigen Bestehens, unter Mitwirkung der Concertsängerin Fräulein F. Ewald, Leipzig (Sopran), des Concertsängers Herrn F. Schmidt, Leipzig (Tenor), sowie der Herren H. Schönherr (Violoncello) und Organist Egerland. Billet-Borverkauf bei den Herren Eduard Just, Bahn straße, Emil Reinhold, Oststraße und auf der Pfarramts- Expedition. Bratheringe, marinirte Heringe, prim Leimkraut empfiehlt Thorfchmidt, Oststraße. 6sv8U6Üt wird auf Dampfbetrieb je eine tüchtige Näherin und Kettlerin in der Fabrik Carl Gruber. srVgscßemit ^xlract. s Pa. hirschlederne Uossn empfiehlt, auch werden alte Hosen zum Waschen, Färben und Aus- bessern angenommen F. L. Peschel. Aaräinkn, Nilka-cn-offt und Spachtelborden empfiehlt in reicher Auswahl billigst ZK. Vvkinv, Weinkellerstratze 3. Hierzu ein Prospect des „Praktischen Wegweiser", Würzburg. -Htz°-Lg.lilmini. Verein Kohenstein-Krustthal. Heute Freitag Sitzung. Der Vorstand. Täglich frische Pflaumen, L Ltr. 10 Pf., Metze 40 u. 45 Pf. empfiehlt Wilh. Reuthner. st. Lauerkraut empfiehlt D. Werner, Chemnitzerstraße. sWlMII können Sie infolge Ringbildung nirgends billiger kaufen als bei F. L. Peschel. llss Nsus Actienstraße 1k ist sofort zu verkaufen. Näheres Centralstratze 7. Keinen Kruäi melir! 2000 Mk. Belohnung demjenigen, der beim Gebrauch meines kruokbandeZ ohne feder nicht von seineni Bruchleiden voll ständig geheilt wird. Man hüte sich vor minderwerthigen Nach ahmungen. Auf Anfrage Broschüre gratis und franco durch das Pharmaeeutifche Bureau, VsIIcvndurg (l.) üoll»nd klr. 158. Da Ausland, Doppelporto. Co«sllMikrklii HohMtill - Ern-Ml, e. G. m. b. H. Montag, den 16. September findet Abends 8 Uhr im Gasthaus zur Zeche Kvnvnslvsnsainmlung statt. Tagesordnung: 1 ., Kenntnißnahme über Verwaltungsbeschlüsse bez. Genehmigung derselben. 2 ., Wahl eines Lagerhalters für die 2. Verkaufsstelle. 3 ., Ergänzungswahl der Verwaltung. 4 ., Anträge. 5 ., Allgemeines. Cautionsfähige Bewerber um die Lagerhalterstelle wollen schriftliche Gesuche bis mit 11. September in unserem Contor niederlegen, wo auch die näheren Bedingungen einzusehen sind. VOrs'ks.rrÄ. Oswald Grießbach. Herm. Müller. T olles-llnLeige. Allen Verwandten, Bekannten und Freunden die traurige Nachricht, daß Mittwoch, den 11. September, Nachmittags */„5 Uhr unser lieber Gatte, Vater, Groß- und Schwiegervater, der Webermeister Lail 6o11kilk nach kurzem schweren Leiden in seinem 63. Lebensjahre sanft entschlafen ist. Die Beerdigung des theuren Entschlafenen findet Sonnabend, den 14. September, Nachmittags 3 Uhr unter freiwilliger Begleitung vom Trauerhause, äußere Feldstraße, aus statt. Um stille Theilnahme bitten die tieftrauernden Hinterlaffenen. Ida Bergert und Kinder. Hohenstein-Ernstthal, Leipzig, Hermsdorf und Wernsdorf, den 12. September 1901. ^cuck und Utrrlag: Nrchari) Decker, Hohenftein-E.'nüttml.