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barbarische Zeil der römischen Gladiatoleukämpfe zurück verfallen sind. In vieler Hinsicht stehen diese sittlich sogar noch höher, denn die für Zweikämpfe in der Arena gewähren Sklaven kämpften um ihr Leben, aber sich um schnöden Gelderwerb die Schwindsucht oder den Leberkrebs auf den Leib zu radeln, das ist staatlich concessionirter Selbstmord, der unter dem lauten Beifall der vielen tausend Sportfexen begangen wird. Das bischen „Ehre einer Weltmeisterschaft" kann den Schaden der dadurch entstandene» sittlichen Verrohung nicht werth machen, so ein Vierundzwanzig-Stundenrennen ist eben ein Auswuchs, der im Zeitalter der Humanität nicht mehr vorkommen uns ganz von selbst seine ver diente Verurtheilung finden sollte. In Berlin gicbt es augenblicklich nicht nur Sport fexen, sondern auch „Chinanarren". Ein ostasiatischer Langzopf ist in der deutschen Reichshauptstadt zwar kein seltenes Menschenexemplar mehr, seit aber die Be gleitung des „Sühneprinzen" in ihren malerischen Seidenjacken durch die Straßen bummeln, seit dieser Zeit sind die Spreeatheuer außer Rand und Band. Die chinesischen Herren werden mit einer so hartnäckigen Bewunderung verfolgt, daß sie oft keinen Schritt mehr weiter können und erstaunt den Kopf schütteln über die Beweise des freundlichen Empfanges, der ihnen von den mächtigen revanche-bedürftigen Deutschen täglich bereitet wird. Ja, es muß auch solche Leute geben. Josef Maertl. Oertlichs^ und Hohenstein-Ernstthal, de» 23. September. — Der Turnverein Neustadt hielt gestern Nach mittag unter seinen Mitgliedern auf dem eigenen Turn platz ein Wettturnen in volksthümlichen Hebungen ab, bei welchem 15 Preise vergeben wurden. Im späteren Verlaufe des Nachmittags wurde da« Turnen fortgesetzt, abwechselnd von VereinSmitglicdern und den ältesten Schulknaben, letztere unter Leitung der Herren Lehrer Fröhlich und Heinig. Wie wir hören, sollen derartige Veranstaltungen wiederholt werden. Am Abend fand in der Turnhalle die Preisvertheilung und geselliges Beisammensein statt. Von den Mitgliedern erhielten folgende Preise: 1. Richard Neefe, 24 Punkte, (Her mann Heinrich, 24 P., und Hugo Jahr, 23 P., ver zichteten auf Preise,) 2. Emil Arnold, 20'/, P., 3. Emil Fickenscher, 19'<, P., 4. Karl Bohne, 19 ^P.,-5. Max Heide, 17 P., 6. Robert Bohne, 17 P., 7. Otto Meier, 17 P. Von den Turnschülern folgende: 1. Arthur Bläßer, 38 Punkte, 2. Max Müller, 34 P., 3. Max Gräbner, 33 P., 4. Paul Espig, 32'/, P, 5. Karl Wolf, 30 P., 6. Alfred Arnold, 27 P., 7. Hermann Hofmann, 26 P., 8. Alfred Günther, 26 Punkte. — Die Gesellschaft Erheiterung hielt gestern Abend im Neustädter Schützenhause ihren Sriftungsball ab, wobei eS dem Vorsteher Herrn Theodor Bohne wiederum vergönnt mar, zwei treuen Mitgliedern aus Anlaß ihres 25jährigen Mitolieds-Jubiläums Ehren diplome zu überreichen, und zwar den Herren Eduard Bergert und Hermann Lohse. — Hundesperre Für den Stadtbezirk Hohenstein- Ernstthal ist auf die Dauer von drei Monaten, das ist bis mit 8. Dezember d. II die Hundesperre angeordnet worden. Der Festlegung gleichzuachten ist das Führen der mit einem sicheren Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine. Die Benutzung der Hunde zum Ziehen ist unter der Bedingung gestattet, daß dieselben fest angeschirrt, mit einem sicheren Maulkorbe versehen und außer der Zeit des Gebrauchs festgelegt werden. Die Verwendung von Hirtenhunden zu Begleitung der Herde, von Fleischerhunden zum Treiben von Vieh und von Jagdhunden bei der Jagd wird unter der Bedingung gestattet, daß die Hunde außer der Zeit des Gebrauchs (außerhalb des Jagdreviers) festgelegt, oder mit einem sicheren Maulkorbe versehen an der Leine geführt werden. Ohne polizeiliche Erlaubniß dürfen Hunde aus der Stadt nicht ausgeführt werden. Hunde, welche den vorstehenden Bestimmungen zuwider- frei umherlaufend betroffen werden, werden nach Befinden sofort getödtet. Zuwiderhandlungen werden, soweit sie wissentlich erfolgen, mit Gefängniß bis zu einem Jahre, im Nebrigen aber mit Geldstrafe.bis zu 150 Mk. oder entsprechende Haft geahndet. — Der Blitzsahrplan für das Königreich Sachsen, welcher im Verlag der Firma M. u. R. Zocher, Dresden, als Winterausgabe erschienen ist, trägt vielfach ausge sprochenen Wünschen des Publikums Rechnung, indem nunmehr auch die Kilometerzahlen vor den Stationen angebracht worden sind. Es ist dadurch jeder in der Lage, sich mit Hülfe der unter Bemerkungen angegebenen Kilometerpreise das Fahrgeld der verschiedenen Klassen zu berechnen. Weiter sind den einzelnen Linien auch die Anschlußziffern beigedruckt worden, infolgedessen findet man die Zugsverbindungen mit anderen Linien schnell. Der Blitz ist wie bisher für 20 Pfennige in allen Buch- und Papierhandlungen, Bahnhofsbuchhand lungen, bei Kolporteuren rc. zu haben. — Der diesjährige Verbandstag sächsischer Ge werbe- und Handwcrkcrvcrcine wird am 6. und 7. Oktober in Glauchau abgehalten werden. Am 6. Okt., Nachmittag 4 Uhr beginnt eine Vorversammlung der Vereinsvertreter im Theaterlokal. Abends 6 Uhr ge meinschaftliche Festtafel und nachher Commers im Saale t des Theaterlokals. Montag, den 7. Oktober, vormittags I 9 Uhr, beginnt im Meisterhaussaale die Hauptversamm lung. Nach Eröffnung derselben Vortrag des Vororts berichtes und der Verbandskassenrechnung und hierauf Mittheilungen über die Wettin- und Preuskerstiftungen; Berathung über ein neu aufgestelltes Verbandsgrund gesetz; Mittheilungen über die Aufgaben und Be deutung der Verbandszeitung „Gewerbeschau" ; Auf forderung des Vorortes zum Anschluß an den Haupt verband deutscher Gewerbevereine; Anträge des Erzgeb. Gauverbandes: n) Verbilligung der Wechselprotest spesen, d) die wirksame Bekanntgabe von Manifestanten. Hierauf folgt Berathung der Anträge einer größeren Anzahl Gewerbevereine der Kreishaupimannschaft Bautzen, daß bei Nachaichung bereits geaichter Maaße, Gewichte, Waagen und Meßwerkzeuge die Nachaichungstaxe ander weit herabgesetzt werde, die Nachaichung nur in fünf jährigen Zeitabschnitten stattsinde und für die Nach aichung in Ordnung befundener Stücke Gebühren nicht erhoben werden. Ferner Besprechung und Beschluß fassung über einen Antrag des Erzgeb. Gauverbandes betr. eine weitere Ausdehnung des Invaliden- und Altersversicherungsgesetzes auf alle Gewerbetreibenden und sonstigen Betriebsunternehmer, ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten Personen bez. unter Beschränkung ans diejenigen Personen, deren gewerb liches Einkommen einen bestimmten Betrag nicht über schreitet. Dann kommt zur Berathung ein Antrag des Gewerbevereins Großschönau betr. die Einführung der IV. Wagenklasie auch an Sonn- und Feiertagen in allen Personenzügen der König!. Sächs. Staatseisen bahnen. Hierauf folgt Vortrag des Leiters der Hand werkerschule in Zittau, Herrn Bürgerschullehrer E. Scholze über „Schule und Handwerk." — Neber den 5 Millionen-Verlust der sächs Lottcricdarlchnskasse beim Konkurse der Leipziger Bank äußert sich die Sächs. Natlib. Korr, folgender maßen : „Die vom Konkursverwalter der Leipziger Bank, Rechtsanwalt Freytag, bekanntgegebene, per 10. Sept, obgeschlossene Konkursbilanz, bemerkt zum Schlüsse, daß bevorrechtigte Gläubiger in der Bilanz nicht besonders hervorgehoben wurden, weil solche mit erheblichen Forder ungen nicht vorhanden seien und weil ihr Vorrecht bei der Höhe der übrigen in Betracht kommenden Summen auf die für die nicht bevorrechtigen Gläubiger auszu werfende Dividende schlechterdings keinen nennenSwerthen Einfluß ausüben könne. Dieser Hinweis hat um des willen seine besondere Bedeutung, wie seiner Zeit in einer vom konselvativen „Vaterland" verbreiteten zweifels ohne offiziösen Auslassung, die sich in wenig glücklicher Weise g'gen einen das 10-M llwuendarlehn der Lotterie- darlehnskasse behandelten Artikel ver „Sächs.Natlb. Korr." wandte, in dem behauvtet morden war, der Staatsfis- kas sei hinsichtlich der 10 Millionen bevorrechtigter Glä.biger und werde daher keinen Schaden erleiden. Diese einigermaßen erst:.»: liche Behauptung, die in der Presse sofort als unrichtig zurückgewiesen wurde, hat wohl den Konkursverwalter zu obigem Hinweis mit veranlaß!; damit ist der offiziöse Hinterm nn des „Vaterlandes" endgültig au,'» Trockene gesetzt. So erfreulich die Thatsche nm. auch für die schwergeschädigten Gläubiger der Leipziger Dank ist, ebenso erfreulich wird sie den sächsischen Steuerzahlern sein, zumal norddeutsche Blätter zu melden wissen, daß die Lolteriedarlehnskasse bezm. der StaalsfiLkur an dem der Leipziger Bank ge währten Darlehn einen Verlust von 5 Millionen Mark erleiden würde. Da die sächsische Finanzvcrwaltung zu dieser Meldung bislang geschwiegen hat, w scheint sie zutreffend zu sein. Nichtiger würde cs sein, wenn die Finovzverwaltung selbst das Wort nehme und die Oeffent- lichkeit darüber aufklärte, was nach ihrer Kennmiß und Beurtheilung zu hoffen oder zu fürchten ist." Neudörfel b. O., 20. September. Noch nie ist unser Ort von Zigeuner-Truppen so belästigt worden, als in diesem Jahre. Gestern wurden wir wiederum durch einen Besuch einer Truppe von circa 60 Köpfen ,,beehrt". Als selbige ihr Zelt auf der Anhöhe zwischen Heinrichsort und Neudörfel aufgeschlagen hatten, wurden letztere von den hiesigen Polizei- und Forstbeamten auf gefordert, sofort den Platz zu verlassen, wodurch ein förmlicher Kampf entstand. Die Zigeuner versuchten den hiesigen Forstbeamten das Gewehr zu entreißen, was ersteren glücklicherweise nicht gelang. Sie gingen sogar gegen das Publikum in Thätlichkeiten über und schossen aus allerlei Schießwaffen, sodaß man sich ge- nöthigt sah, die hiesige Freiwillige Feuerwehr zu alarmiren. Durch das Signal der Feuerwehr wurden sie aufmerksam und nahmen schleunigst Reißaus. Chemnitz, 23. Sepl. Am Sonnabend Abend hat ein in der Limbacycrstroße wohnender Handarbeiter in der Trunkenheit seine F an nach einem Wortwechsel mit einem Knüppel derart auf den Kopf geschlagen, daß diese sofort zusammenbrach. Sie wurde sofort nach dem Krankenhaus gebracht, wo sie gestern trotz sofortiger ärztlicher Hilfe verstarb. Der Thater wurde in Haft ge nommen. Chemnitz. Die ehemalige Beyersche Waschanstalt in Neustadt ist jetzt, nachdem sie in der Zwangsver steigerung von einem Dresdner Spekulanten erworben worden war, an Herrn Fleischerobermeister Kickelhayn übergegangen, der darin eine Groß- und Kleinvieh schlächterei errichten will zur Herstellung von Konserven. — Falsche Nachricht In der Sonnabend-Nummer brachten die „Dresdn. Nachr." folgende Nachricht: Nach Meldungen aus den Jndustrieplätzen Sachsens und Thüringens zeigt sich der wirthschaftliche und industrielle Niedergang in fortgesetzt erhöhtem Grade. In den letzten Tagen haben wieder einige als erstklassig angesehene Firmen, darunter eine große Bankfirma in Chemnitz und eine große Tuchfabrick in Weißenfels und Gera die Insolvenz angemeldet. — Diese Nachricht ist, wie das „CH.Tagebl." schreibt, von A bis Z erfunden. Wohl schwirrten in diesen Tagen über ein unbedeutenderes Bankinstitut, das in Chemnitz eine Filiale unterhält, unkontrolirbare Gerüchte, doch ist zu einer Beunruhig, ung irgend welcher Art kein Grund vorhanden. Auf alle Fälle kann von einer Insolvenz eines Bankinstituts nicht gesprochen werden. — Einen Greis von nahezu 100 Jahren beherbergt die Gemeinde Oberreichenbach in der Person des am 9. December 1801 zu Netzschkau geborenen früheren Webers August Opitz. Der hochbetagte Mann hat in seiner Jugend einen Schaden an, rechten Auge erlitten; sonst erfreut er sich noch heute des Vollbesitzes aller fünf Sinne und ist verhältnißmäßig rüstig und gesund, besitzt regelmäßigen Schlaf, guten Appetit und'raucht noch heute gerne seine Pfeife. Das körperliche Befinden Opitz' ist derart, daß er trotz seiner hundert Jahre es noch höher hinauf bringen kann. Buchholz. Ern bedauerlicher Vorfall ist einem hier wohnenden Beamten der Staatseisenbahn zugestoßen. Bei demselben hatte sich eine kleine Wunde an der Zunge, die infolge einer leichten Verletzung beim Zahnziehen entstanden sein mochte, gebildet. Beim Rauchen mag nun etwas Nikotin in die Wunde gekommen sein, infolge dessen eine Blutvergiftung entstand, welche eine Beseitigung der vergifteten Stelle nothwendig machte. Es mußte dem Aermsten durch einen operativen Eingriff ein Theil der Zunge abgelöst werden. Dadurch am deutlichen Sprechen verhindert, wird der Beamte leider auch noch den Dienst quiltiren müssen. Meißen. Welcher ungeheuere Schaden durch die Einführung der Abfälle und Abwässer industrieller Etablissements in unsere Flüsse herbeigeführt wird, konnte man in diesen Tagen wieder einmal an der Elbe deutlich sehen. Die in Niederau (1 Stunde von Meißen) gelegene chemische Fabrik entleerte ein Bassin und ließ den Inhalt in den Fürstengraben fließen, der beim Winterhafen in die Elbe mündet. Die Folge war, daß am nächsten Tage mehrere Tausend Fische aller Größen und Arten auf dein ruhigen Stauwasser als Leichen schwammen. Ans Verordnung der Behörde sind dieselben herausgefischt und vergraben worden. Ebenso sind dem Winterhafen Wafserproben behufs chemischer Untersuchung entnommen worden. Der Schaden, der in diesem Falle dem Fischbestand der Elbe, sowie unserer Fischerinnung zugesügt worden ist, ist ein ganz bedeutender. Wieviel Zeit wird durch die nenesten deutschen Lchnelldampser gewonnen? Bei der Einstellung des Doppeischrauben-Schnell- dampsers des Norddeutschen Hlcyr „Kronprinz Wilhelm" ist wiederholt die Frage aufgeworfen worden, wodurch gegenüber den wenigen Stunden, die durch die höhere Schnelligkeit der muesten Schnelldampfer der deutschen Gefillschasien bei der Uebersahrt zwischen Europa und Newyork gewonnen werden, sich der Kostenaufwand recht- fertige, der mit der größeren MaiLincnkrast und den dadurch verursachten höheren Betriebskosten dieser Dampfer verbunden ist. Von Interesse dürften daher die nachfolgenden Darlegungen sein, welche aus fach männischen! Munde bei Gelegenheit der Probefahrt des Dampfers „Kronprinz Wilhelm" nach Bergen und Edin- burg laut wurden: Bis zur Einstellung de: Schnelldampfers „Kaiser Wilhelm der Große" ging die Durchschnütsgeschwindig- keit der deutschen Schnelldampfer nicht über 19 Meilen hinaus. Mit dieser Schnelligkeit erreichten dis Dampfer, am Dienstag von Bremen, am Donnerstag vcn Hamburg abfahrend, Newyork im Lause des Mittwoch bew. im Laufe des Freilag. B-i den Reisen von Newyork nach den deutschen Häsen konnten Bremen und Hamburg trotz der Zeitdifferenz, welche bekanntlich sür die Reise von Osten nach Westen um sechs Stunden zu Gunsten des Damfers, in der umgekehrten Richtung dieselbe Zeit zu seincn vngunsten auskomm!, noch am nämlichen Wochentage erreich! werden, sofern die Dampfer den kürzeren Track einzuhalten hatten, während in der Zeit, wo nach den Vereinbarungen zwischen den großen trans- allantischen Dampfergesellschaflen der längere Track ein zuhalten ist, die Dampfer erst am Donnerstag bczw. am Sonnabend ihre Passagiere in den diesseitigen Häfen zu landen in der Lage waren. Der Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große" wurde mit einer Durchschniltsge- schwmdigkeit von 21 Meilen bestellt, damit er, am Dienstag von Bremen abfahrend, seine Passagiere am nämlichen Wochentage landen könne, während in umge kehrter Richtung diese Schnelligkeit als ausreichend er schien, um die Pasiagiere unter allen Umständen, auch während der Zeit der langen Tracks, am Mittwoch in Bremen zu landen. Der Dampfer übert as die aus ihn gesetzten Erwartungen, indem er mit seiner Durchschnitts geschwindigkeit von 22—23 Meilen seine Passagiere aus den westwärts genchten Fahrten bereits am Dienstag