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nur von geringer Bedeutung. Es soll nun ein 200 Kilometer langer Großschifffahrtsweg von Mannheim nach Eßlingen durch entsprechende Kanalisation des Neckar» hergestellt werden. Technische Schwierigkeiten stehen der Ausführung des Planes nicht entgegen. Die Gesammtkosten sind auf 50 Millionen Mark veranschlagt, wovon ein Drittel auf Baden und Hessen, zwei Drittel auf Württemberg kommen. Diesem Aufwande steht aber die durch Kanalisirung mögliche Gewinnung von Wasser kräften im Werthe von 26 Millionen Mark gegenüber. Der Krieg in Südafrika. — Wie hoch Kitchener die „berittenen Nach schübe" schätzt, geht aus folgender Aussprache hervor: „Es war zuerst unmöglich, eine große Anzahl der neuen Aeomanry-Rekruten in's Feld zu stellen, da viele der- selben weder reiten noch schießen konnten. Da eS des halb nothwendig war, sie zur Ausbildung und zum Schießdienst bei den Kommunikationslinien zu behalten, wurde die Arbeit der mobilen Kolonnen eine Zeit lang unvermeidlich beeinträchtigt. Einige der Leute haben sich als völlig ungceiqn t .für die von ihnen erwartete Arbeit gezeigt, aber befriedigender Fortschritt ist gemacht worden und wird weiter gemacht, und sie erwarten sich allmählich Erfahrungen im Felde. Der arme Lord mußte sich also seine Soldaten im Felde ausbilden! Da ist eS kein Wunder, wenn er keine allzu großen Hoffnungen auf einen baldigen Schluß des Krieges zu setzen scheint. OertlicheÄ und Dächfisches. Hohenstein-Ernstthal, den 26. August. — Der Besuch des Erzgebirgischen Volksfestes am gestrigen Sonntag war ein unerwartet großer, es wurden ca. 8000 erwachsene Besucher gezählt. Auch an den Verkaufsständen, an den Lotterie- und Glücks zelten, in den Buden mit Sehenswürdigkeiten usw. ging es lebhaft zu, und dem Umsatz nach zu urtheilen, ist überall ein gutes Geschäft erzielt worden. Unternimmt man einen Rundgang, so kommt man zunächst in die mit Museum verbundene große Menagerie an der rechten Seite des Platzes. Farbenprächtige Bilder und wildes Geheul oder rednerische Anstrengung der buntbefrackten Männer am Eingänge laden zum Besuch ein. An den historischen Merkwürdigkeiten, wie in Messing geschmiedete glitzernde Panzer rc., vorbeigehend, gelangen wir in einen durch Barriere» in ersten und zweiten Platz ein- gethetlten Raum, der mit Käfigen verschiedenster Art angefüllt war. Da wird der letzte Wolf aus dem säch sischen Erzgebirge gezeigt, der merkwürdig vergnügt mit dem Schweife wedelt, wenn ihn ein Junge aus dem Publikum mit dem schönen Namen „Spitz" anrust. Pluto, der Berberlöwe, mag im gewöhnlichen Leben die Rolle eines Fleischerhundes spielen, während die Fla- mingos mit leuchtend rolhen Flügeln Appetit auf Gänse braten machen. Interessant sind auch die Zwerglöwen, die nach dem Ticken einer Uhr regelmäßig mit dem Kopfe nicken, das aus irgend einem Ziegenstalle geborgte Lama, die Rehkälber, der mächtige, dressirte Elephant, in dessen Innern irgend ei» verschluckter Europäer wiederholt nießen muß, der von Chinakriegern nutge- brachte Eishund und vor Allem der Eiswurm, der inner halb sechs Wochen nicht weniger als 20 Centner Eis gefreßen hat. — Von hier aus gehts weiter zur Schwebe bahn, zur Hexenschaukel, nach dem Kaspertheater, dem Karroußel, dem Würfel-Pavillon, zu den Scherzbuden „Badeanstalt" und „Wiedersehen", ins Variötö, in welchem Direktor Tiebel aus Chemnitz mit einer guten Truppe Vorstellungen giebt, zu den Lotterie- und Würselbuden, zum Glücksrad, wo der Hauptgewinn eine lebende Gans ist. Ein Trupp Zigeuner bietet Gäule zum Kauf an, während ihre Frauen und Kinder einen Blick in die Zukunft thun laßen. Dieser Aufzug erweckte allgemeinen Beifall. Selbst die Bänkelsänger fehlten nicht; sie sangen schaurig-schöne Romane, die von einem hiesigen bekannten Dichter zum Besten gegeben waren. Die Schristchen dazu: „Der Gruselkarl von Rabenstein" und „Die lebendig begrabenen Bergleute im Lamperlus" werden auch heute noch für 10 Pfennige zu kaufen sein. — Mit dem Er folg dieses ersten größeren Volksfestes kann der Erzge birgsverein gewiß zufrieden sein, da doch zu der gestrigen Einnahme noch die heutige kommt, die hoffentlich auch noch einen hübschen Ertrag liefern wird. Am Glücks rad sind gestern 83 Serien gespielt worden. Wie be kannt, findet heute, Montag, Abend Feuerwerk statt. — Weber-Innung. Gestern fand auf dem Weber meisterhaus die Zinsvertheilung des von den Herren Webwaarenfabrikanten bei Gelegenheit des 350jährigen Jubelfestes der Altstädter Innung gestifteten Legates an 12 arme hilfsbedürftige Webermeister bez. Meisters- wittwen statt. Für die Vertreter der Innung ist es nicht leicht, unter den vielen Bewerbern, alle meist alt, gebrechlich oder auch krank, über 30 an der Zahl, die meist Nothleidenden Herauszusinden, da doch nur die knappe Hälfte davon Berücksichtigung finden kann. Es wäre daher sehr zu wünschen, wenn edle Menschen freunde, vorzüglich Fabrikanten des Gewerbes, welche die Vorsehung mit Glücksgütern gesegnet hat, diesem kleinen Legat einige Zuwendungen zufließen ließen, damit nicht so viel wirklich nothleidende alte Leute auf den Schenkungstag enttäuscht als Unberücksichtigte zurück blicken müssen. U. — Das Preisschießen der Garde-Compaguie hat mit gestern seinen Anfang genommen. Am heutigen Montag fand Morgenmusik durch die Stadt und gegen Mittag Festumzug statt. Heute und folgende Tage Fortsetzung des Schießen« auf die Preisscheibe. — Die 2. Compagnie der Freiw. Feuerwehr hielt gestern im Schützenhau« Neustadt einen wohlge lungenen und gutbesuchten Unterhaltungsabend ab, der auch von der hiesigen Branddirektion und von Kameraden benachbarter Wehren besucht worden war. — Theater. Morgen Dienstag kommt eine be- deutende Lustspiel-Novität: „Die berühmte Frau" zur Aufführung. Frau Clementine Kaiser hat als Paula Hartwig morgen ihre Benefiz-Vorstellung und ist der Besuch allen Theaterfreunden zu empfehlen. Die großen künstlerischen wie pekuniären Erfolge, die „Die berühmte Frau" zu verzeichnen hatte, als das Stück am deutschen Theater erschien, verdankt es hauptsächlich dem künstlerischen Inhalt, der feinen gediegenen Sprache, dem geistreichen, treffenden Witz, der es so wirkungs voll belebt und interessant macht. Fast ein ganzes Jahr lang hat sich das Lustspiel am deutschen Theater ununterbrochen als Zugkraft bewährt und alle guten Theater bringen immer wieder Reprisen von „Die be rühmte Frau", welches wohl noch lange einzugkräftiges Repertoirstück aller besseren Theater bleiben wird. — Steuerwesen. Aus den Ergebnissen der Ein kommenseinschätzungen der physischen und juristischen Personen nach den Hauptklaßen im Jahre 1900 ist Folgendes von allgemeinem Interesse. Es gehörten an der 1. Hauptklaffe (unbemittelte Klaffe) mit einem Ein kommen von 500 bis 800 Mark 972 606 Personen. Das sind 55,69 Prozent aller eingeschätzten Personen, welche 1698454 Mk. oder 4,82 Prozent des gejammten Steuerbetrags aufbringen. Die 2. Hauptklaffe (mittlere Klaffe) mit einem Einkommen über 800 bis 3400 Mk. wies 704325 Personen auf, gleich 40,33 Prozent aller eingeschätzten Personen mit einem Steuerbeirag von 10162674 Mk. oder 28,84 Proz. des gesummten Steuer betrags Der dritten Hauptklaffe (wohlhabende Klaffe) über 3400 bis 10000 Mk. Einkommen gehörten 54 144 an. Das sind 3,10 Prozent aller Eingeschätzlen mit einem Steuerbetrag von 7 278 799 Mark oder 20,65 Prozent des gesammten Steuerbetrags. Zur vierten Hauptklaffe (reiche Klaffe) gehörten 15 333 Personen oder 0,88 Prozent aller Eingeschätzten mit einem Ge- sammtfteuerbetrag von 16101670 Mk. oder 45.69 Proz. des gesammten Steuerbetrags. Es betrug im Jahre 1900 im Königreich Sachsen die Zahl aller eingeschätzlen Personen 1746 408 mit einem Steuerbetrug? von 35 242 597 Mark. Bernsdorf. Auf frischer Thut ertappt wurde in der Nacht zum 18 dieses Monats der 24 Jahre alte Bergarbeiter Robert Wagner aus Oelsnitz i. Erzgebirge, als er im Begriffe stand, einen Einbruchsdiebstahl bei dem Gasthossbesitzer Nötzold hier auszuführen. Der Einbrecher kam zur Haft. Dresden. Ein sonderbarer Unglücksfall trug sich an der Dampsschiffhallestelle in Uebigau zu. Dort Patte sich auf einer Landungsbrücke haltenden starken Kette ein neunjähriger Knabe niedergelaffen, um sich auf diese gefährliche Art zu schaukeln, während sein jüngeres Schwesterchen ihm vom Schiffstege aus zuschaute. Als nun der um diese Zeit fällige Personendampfer an der Landungsbrücke festmachte, wurde die erwähnte Kette plötzlich straff gezogen, der unvorsichtige Knabe aber in den Strom geschleudert. Erst auf das Kindergeschrei vom Lande wurde man auf dem Schiffe aufmerksam, und ein Bootsmann holte den am Kops anscheinend er heblich verletzten, stark blutenden Knabe» aus dem Wasser und brachte ihn in die elterliche Wohnung. — Der gegenwärtige Geldstand bei der städtischen Sparkasse in Dresden ermöglicht dieser umfangreiche Ausl,ihuugen gegen hypothekarische Sicherheit auf Dresdner Grundstücke zu 4 v. H. bis zur Hälfte des Zeitwerthes. — Aus eine in Dresdner Blättern erschienene An zeige: „Personalkredit zu mäßigen Raten und Zinsen (nicht unter 1000 Mk.) coulant und diskret effectuirt. Anfragen unter „Personalkredit 673 lagernd Hauptpost Wien" hin hat sich ein Dresdner Einwohner an die betreffende Stelle wegen Erlangung eines Darlehns gewendet und daraufhin von H. Rausnitz, Szabadka in Ungern, und von Joseph Kasztl in Budapest Fragebogen zur Ausfüllung mit dem Verlangen zugesandt erhalten, einen Kostenvorschuß von 10 Mk. bez. 5,80 Mk. mit einzusenden. Die durch die Criminalpolizer angestellten Erörterungen haben ergeben, daß es die genannten Personen nur auf die Erlangung des Vorschusses abge sehen haben, weshalb vor deren Treiben gewarnt wird. Leipzig, 26. August. In einem Gartenlocal des Nordviertels spielte sich am gestrigen Abend gegen 5 Uhr eine aufregende Scene ab. Einer im Garten an wesenden jungen Dame war plötzlich das weiße Mull kleid in Brand gerathen. Die anscheinend von heftigen Schmerzen Gepeinigte lief in ihrer Angst mehrfach um einen Tisch herum, bis ihr einige beherzte Männer bei sprangen und den Brand erstickte». Das junge Mädchen war schwer verletzt und wurde mittels Krankenwagens nach dem Krankenhause gebracht. Das Unglück ist durch Wegwerfen eines noch brennenden Streichhölzchens ent standen ; als der muthmaßliche Thäter ist ein 27 Jahre alter Schriftsetzer au« Falkenberg noch am gestrigen Abend ermittelt und zur Verantwortung gezogen worden. — Bisher fanden in Chemnitz seminaristisch ge bildete Lehrerinnen nur an den zwei Mädchenbürger schulen Verwendung. Neuerding« hat sich der Rath, einem Vorschläge des Schulausschusses entsprechend, grundsätzlich mit der Anstellung von Lehrerinnen bei den Mädchenbezirksschulen einverstanden. Glauchau, 25. August. Unter dem Ehrenvorsitz deS Herrn Bürgermeister Brink-Glauchau findet seit Sonnabend hier das 12. Gauturnfest und 25jährige Jubiläum des westlich-sächsischen Grenzturngaues statt. Am Sonnabend Nachmittag erfolgte Empfang der aus wärtigen Turner, Abends im Theaterlokale ein großer Festkommers und Jubiläumsfeier, nach dem Weckruf am Sonntag auf dem Festplatze das Wettturnen, an dem über 80 Turner theilnahmen. Im Anschluß an dem Nachmittags stattgefundenen Festzuge erfolgte das all gemeine Turnen, an dem sich 36 Barrenriegen, 16 Reck riegen, 9 Pferdriegen, und 1 Tischriege betheiligten. Abends war wieder Commers, während ein Turnen der Schüler aus sämmtlichen Glauchauer Schulen heute den Abschluß der Festlichkeiten bildet, an denen gegen 40 Vereine theilnahmen. Der Gau zählt gegenwärtig 4800 Mitglieder. Meerane, 25. Aug. Schnell ums Leben gekommen ist gestern Sonnabend Abend in der 6. Stunde der Monteur Bruno Liebisch aus Hartha bei Waldheim, der am hiesigen Elektricitätswerk beschäftigt war. Der junge Mann war in der Emilienstraße an einem neuerrichteten Leitungsmast mit Anbringung von Drähten beschäftigt. Dabei ist er dem direct anstehenden allen Mast und dessen Drähten, durch die der elektrische Strom ging, mit der Stirn zu nahe gekommen, sodaß die elektrische Kraft durch seinen Körper ging. Man beobachtete wohl die heftigen Bewegungen, die der bedauernswerthe Mann ausführte, konnte ihm aber erst nach längerer Zeit Hilfe bringen; doch war dies zu spät. Ein sofort hereige rufener Arzt konnte nur den leider schon eingetretenen Tod constatiren. Oschatz, 24. August. Die zur Zeit in der Wurzener Gegend stattfindenden Kavallerie-Manöver sind leider nicht ohne Unglücksfälle geblieben. Von unseren 17. Ulanen stürzten infolge des alles in dichte Wolken ein hüllenden Staubes beim Uebersetzen der Straße in der Attaque Unteroffizier Serfling von der 2. und Ulan Böhmer von der 3. Eskadron. Ersterer erlitt eine schwere Verletzung des Beckens und liegt unter schweren Schmerzen im Wurzener Lazareth. Böhmer brach das Schlüsselbein und wurde in das hiesige Garnisonlazareth transportirt. Gleich an den ersten beiden Manöver tagen sind 228 Pferde als verletzt gemeldet worden, alles infolge des dichten Staubes, der die Reiter mit unter hindert, die Köpfe ihrer eigenen Pferde zu sehen. — Die „Nachrichten für Grimma" schreiben : „Hart näckig in unserer Stadt auftretende Gerüchte über größere Unfälle bei den Kavallerie Ucbungcn bei Wurzen bewahrheiten sich in der erzählten Form nicht. Aller dings sind fast täglich und auch am Donnerstag wieder mehrere Reiter gestürzt, doch ist uns von dabei er littene» schweren Verletzungen nichts bekannt geworden. Bei der Trockenheit der Felder sind die Unfälle leicht erklärlich, denn die Reitermassen sind durch den aufge- wirbelten Staub in eine einzige Wolke gehüllt. Neumark. Im benachbarten Reuth ist unter qual vollen Umständen ein Esel einen, elenden Tode erlegen. Ein schulpflichtiger Knabe hatte den Auftrag erhalten, mit dem Eselgeschirr Land zu fahren und gerieth dabei in die Nähe eines Bienenstandes. Wie es unter solchen Umständen öfter geschieht, wurden die Bienen dadurch gereizt und stürmten in Massen auf das Thier ein. Während die dabei stehenden Kinder flohen, wußte sich das Thier nicht anders zu Helsen, als sich zu Boden zu werfen und fortgesetzt auf der Erde zu wälzen. Um Reißaus zu nehmen, dazu war die Ladung zu schwer. Erwachsene Personen waren nicht sofort zur Stelle; als endlich ein Mann mit der Bienenkappe nahte, da war der Esel am ganzen Körper bereits so gestochen, daß er an den Folgen der entstehende» Geschwülste nach einigen Tagen zu Grunde ging. Altenburg. Zum Falle Germann lesen wir in der „Köln. Ztg." : „Durch die Presse ging dieser Tage die Nachricht, daß der Bürgermeister Germann aus Altenburg in Stettin mit der Polizei in Streit geialhen, in Handschellen gelegt und mißhandelt worden sei. Thaisäcklich war der Bürgermeister wegen Straßenun- sugs zur Polizeiwache gebracht worden, wo er sich nicht ausweisen konnte und darum in Gewahrsam genommen wurde. Er gebärdete sich hier derart, daß er fast tob süchtig schien und ihm schließlich auch die Zwangsjacke angelegt werden mußte. Bei seiner Entlassung am nächsten Tage erging er sich in heftigen Beleidigungen gegen die Polizei und reiste dann nach Göhren auf Rügen weiter. Hier bekam er gleich nach seiner An kunft Streit in einem Bahnrestaurant. Er machte An zeige bei der Behörde, daß auf ihn von dem Wirlhe geschossen worden sei, als er Postkarten verlangt habe. Es ergab sich, daß diese Angabe unwahr war, und da das ganze Wesen des Bürgermeisters immer auffälliger wurde, wurde er jetzt ärztlich beobachtet. Das Ergebniß war, daß er als geisteskrank in die Heilanstalt Zehlen dorf bei Berlin überführt worden ist."