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u. s. w Nr. 200 Mittwoch, den 28. August 1901. Das „Daily Chronicle" weist darauf hin, daß die Proclamation Kitcheners, von der man so Großes er wartete, nach Kitcheners letzten Bericht zu urtheilen, bis her so gut wie gar kemen Erfolg gehabt. Die Zahl der Buren, welche die Waffen gestreckt haben, Hal sich in der Berichtsperiode nur von 85 auf 95 vermehrt, während die Zahl der Gefangenen von 685 auf 248 hernntergegangen ist. Die „Westminster Gazette" be tont, daß man mit Proclamationen den Krieg nicht zu Eude bringe. Aus die im Felde stehenden Buren mache eine Proclamation ebenso wenig Eindruck, wie die Reden, die in England und sonstwo gehalten werden. Die Regierung habe ganz einfach den Ernst der Lage nie erfaßt. Wochen habe sie im December gezaudert, bis sie Lord Kitcheners Forderung nach neuen Truppen erfüllt und dann habe sie ihm völlig untaugliches Material geschickt. Dabei habe sie stets erklärt, daß alle nöihigen Anstrengungen gemacht würden und daß Lord Kitchener völlig befriedigt sei. Man brauche nicht gerade besonders mißtrauisch zu sein, wenn man nunmehr Ver dacht hege, daß die Regierung Truppen zurückziehen und die Buren durch Proclamationen unterwerfen wolle. Da man nicht genügend Truppen gehabt h.rbe, den Krieg mir dem Ende des Winters auch zu Ende zu bringen, hoffe man zum Ziele zu kommen, indem man den Widerstand als Rebellion behandle. Der Krieg in China. — Eine charakteristische Geschichte aus Peking erzählt der Londoner „Standard". Eine große Anzahl der hohen chinesischen Beamten lassen, da sie bei der Kaiserin-Wittwe schlechte Laune voraussetzen, falls sie nach Peking zurrückkehren sollte, ihr Leben versichern. Wenn ihre hohe Herrin, so rechnen sie, ihre Häupter auf den Schultern läßt, um so besser, wenn sie jedoch beschließen sollten, daß sie fallen müssen, nun, so werden die unangenehmen Fremden ihren Familien eine gute Summe zahlen müssen. Das Schicksal Andrees. Im Juli d. I. waren vier Jahre verflossen, seit dem die Andreesche Expedition mit dem Ballon „Oernen" von Spitzbergen aus ihre abenteuerliche Nordpolfahrt antrat; zugleich ist damit die Frist abgelaufen, die Andree selbst als äußersten Termin für seine Rückkehr bezeichnete. Ein aller Eismeerkenner hat aus diesem Anlaß seine Ansicht über das Schicksal der Andreeschen Expedition nach der Münchener „Allg. Ztg." folgender maßen geäußert: Wie bekannt war die wesentlichste Voraussetzung für ein glückliches Gelingen der „Oernen"-Fahrt der Ein tritt eines möglichst gleichmäßigen und stetig wehenden Windes aus südlicher bezw. südöstlicher Richtung. In dieser Hinsicht liegen mehrere positive Nachrichten vor, welche von norwegischen Fangschiffen während der folgenden Tage nach dem Aufstiege in Form sorgfältiger meteorologischer Aufzeichnungen in den Schiffsjournalen übermittelt wurden. Die werthvollste unter den frag lichen Beobachtungen rührt von der Fangbark „Solb- lomsten" her, deren Führer, Kapitän Johan P. Posti von Alten, während der zweiten Julihälfte 1897 in den Gewässern nördlich von Spitzbergen kreuzen ließ. Kapitän Posti hatte schon vor der Abfahrt des „Oernen" warnend darauf aufmerksam gemacht, daß, je heftiger die Luftbewegung sein würde, welche den Ballon vorwärts treibe, in demselben Maße auch mit der Gefahr von Eisbildungen auf dem oberen Theile der Ballonhülle gerechnet werden müsse. Einschlägige Erfahrungen seien von allen Eismeerschiffen gemacht, die sich bei schwerem Wetter von südlichen Ausgangs punkten in nördlicher Richtung durchkämpfen mußten. Bei der ständig feucht-kalten Luftbeschaffenheit, welche Prozeßen und Untersuchungen bei den Behörden stets viele anonyme Zuschriften ein, in welchen es durch eigene Bezichtigungen oder durch die anderer Personen versucht wird, eine unklare Sache noch zu verwirren. — Be merkens rerth ist auch nachfolgende Meldung der „Pr. Litlh. Ztg.": Bei der Polizei in Gumbinnen meldete sich die Fiau eines Handwerksgesellen, die angab, daß kurz vor dec Ermordung des Rittmeisters v. Krosigk eines Abend gegen 9 Ubr ein mit einem Militärmanlel und Mütze bekleideter Dragoner erschienen sei, der gebeten habe, seinen Mantel auf kurze Zeit Niederlagen zu dürfen. Nachdem die Frau dem Manne die Bitte gewährt, sah sie, nachdem sich der Bet.essende des Ma tels entledigt, daß er Civrlkleider unter dem Mantel trug. Tann s tz,e er sich einen weichen Filzhut auf und entfernte sich. Als nach e wa einer Ha ber. «Sunde die betreffende Peo sönlichkeit zurückkam, schien diese sehr erregt. Darauf empfahl er sich schleunigst. Am anderen Morgen be- meikte die Frau, daß der Fremde ein Paar weiße Hand schuhe halte liegen lassen. Die Frau und deren Ange- hörige sind bereit, diese Aussagen eidlich zu erhärten. — Zahlreiche Typhusfällc sind seit etwa vier Wochen in den Gemeinden und Dörfern an der Weistritz in Schlesien vorgekommen. Am Freitag wurden nunmehr auf Veranlassung des königlichen Kreisarztes von dem Magistrat zu Schweidnitz und dem Landrath Bekannt machungen erlassen, in denen das Weistritzwasser als verseucht erklärt und dringend vor dem Gebrauch desselben gewarnt wird. In Schweidnitz sind auch die öffentlichen Teichbadeanstalten geschlossen worden, ebenso ist das Baden in irgend welchen Flüssen oder Teichen verboten. Auch die Nebenflüsse der Weistritz sind als verseucht zu betrachten, am Laufe der Peile sind eben falls Typhuserkrankungen vorgekommen. Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, da sowohl aus der Weistritz wie aus der Peile zahlreiche Mühlgräben, und auf dem Lande auch vielfach die Brunnen gespeist werden, welche das Trinkwaffer liefern. England. — Die furchtbare Zerstörungskraft des Lyddit ist jüngst auf dem Schießplätze bei Okehampton in tragischer Weise bethätigt worden. Am Montag nach mittag begaben sich dort der Polizei-Konstabler Hall, der frühere Polizei-Sergeant Vanstoneund der Sergeant Blakeley nach dem auf dem Dartmoor gelegenen Artillerie-Schießplatz, angeblich, um Granatendiebe zu verscheuchen. Wie später ermittelt wurde, war ihr Ziel jedoch, eine halb in der Erde vergrabene, unexplodirte Lyddit-Granate, die sie zu heben beabsichtigten. Am Dienstag Morgen fand der Offizier der Ronde an der betreffenden Stelle eine explodirte Granate und die fast bis zur Unkenntlichkeit zerschmetterten Leichname der drei Leute. Da bei der Katastrophe kein überlebender. Augenzeuge zugegen war, entzieht sich der wahre Hergang der näheren Kenntniß, doch sind folgende Einzelheiten durch die Untersuchung an Ort und Stelle mit ziemlicher Sicherheit festgestellt worden. Sergeant Blakeley war augenscheinlich eben damit beschäftigt, die Lyddit-Granate vom Boden zu heben, als die Explosion erfolgte. Er wurde buchstäblich in Atome zersprengt. Seine Kopfhaut und Haare fand man dicht an der Unglücksstelle, seinen Fuß dagegen an siebzig Meter davon ab. Er konnte überhaupt nur durch seinen Fuß rekognoszirt werden, da sonst an seinem Körper nichts zu seiner Erkennung dienendes erhalten war. Dem Polizei-Konstabler Hall waren der Kopf und beide Arme weggeblasen, auch dc>- Rumpf war arg zerschmettert. Vonstones Leiche wurde mit abgerissenen Händen und einem großen Loch im Unterleib gefunden. Die Granate war eine sogenannte „VierzigMnder-Lyddit-Granate". — An eine Wirkung der Kitchcnerschcu Procla mation glaubt jetzt selbst die englische Presse nicht mehr. MliniWitz, 8M«rf, . Tuge ) gLschlHtc. Deutsches Reich. von sich reden machet wird" der sicherlich noch zeitung". Die „Zukunft ..Volks. Kaiserin Friedrich eine »mein- ""gedeutet, daß Blatt hatte damit Ge"ück?m^ Da ¬ fach im In- und Ausland??erbrest^ das viel- zeitung" erzählt jetzt, sie habe ^ie „Volks- au» dem Leserkreise erhalten unk Anfragen antworten. Sie bezeichnet das Kernte daraus lich, weil es der NatmdrS^ ^ungeheuer- »»»nd. M- „ Im °°r,LL geheirache, so wäre dieses Ereigniß schl?ch^ geheim geblieben, es wäre al« eine unanse^ ? stundens Thatsache in der Familiengeschichte der Hoheu- zollern unter dem lebhaftesten Interesse vo^ land und darüber hinaus vor aller Welt e'nverttibt worden; es hatte auch aus keiner Seite ein Bedürsniß bestehen können, die Welt nicht zur Mi,wissen» dieser Thatsache zu machen, schon weil sür die Verheimlichung kem Grund vorhanden gewesen wäre. Schon daraus ergebe ttch die Unsinnigkeit des Gerüchtes. Denn wenn Kmserin Friedrich eine zweite Ehe hätte eingeben wollen oder thalsachlrch eingegangen wäre, wer hätte das Reckt, ihr das zu verwehren oder zu verargen? Die „Volks- zettung" zählt dann die mehrsachen morganatischen Ehen auf, die von Königen und Prinzen des Hohenzollern- Hauses im Laufe der Zeit eingegangen worden sind und fährt dann fort: Bei dem bloßen Gerücht ist es nicht geblieben. — Der „Sühncprinz" hat seine Reise nach Berlin in Basel unterbrochen, weil er plötzlich erkrankt sei. Gestern Mittag 1 Uhr war er dort mit seinem Gefolge eingetroffen und von Generalmajor v. Höpfner mit seinem Adjutanten begrüßt worden In Potsdam hat man sämmtliche Vorbereitungen zu seinem Empfange bis auf Weiteres aufgehoben. In Berlin erregt der Zwischenfall peinliches Aussehen. Die offenbar von in- spirirter Seite ausgegebenen Meldungen über die plötz liche Erkrankung finden nur wenig Glauben. Im Gegenlheil ist man geneigt, in der Verzögerung einen neuen chinesischen Kniff zu sehen. Das Hirsch-Bureau meldet hierzu: Basel, 26. Aug. Nach eingeholten Informationen weigert sich Prinz Tschun infolge neu eingetretener diplomatischer Complicationen in Peking, die Reise nach Berlin forlzusetzen. Vorläufig sind sür den Prinzen und sein Gefolge hier für 10 Tage die Zimmer bestellt. Zwischen dem Berliner Auswärtigen Amte und dem Prinzen findet ein lebhafter Depeschen wechsel statt. Worin die Comblikationen bestehen, das bleibt vorläufig allerdings noch ein Räthsel, zumal der Kaiser von China, nach einen: Telegramm der „Köln. Ztg.", alle Edicte, welche die Forderungen der Gesandten genehmigen, erlassen hat bis auf das eine, welches die Zustimmung zur Regelung der JanPse-Mundung giebtt — Als neue Gerüchte zum Gumbinner Morde bringt die „Preuß. Litth. Ztg." folgende Mtttheilung. An die Gumbinner Poltzeiverwaltung ist Kartenbries aus Münster gelangt, worin ein anonymer Br e schre b r angiebt, daß er bei der vierten Schwadron gedient und den Rittmeister v. Krosigk aus Rache erschossen h , weil dieser ihm eine unverdiente Strafe »ud'kttrt ha und er Schuld an seinem Unglück se«. Er habe lange geschwiegen, weil er best.mmt glaubte die Ange Naglm wu-d-n d-«Bn-I<- sgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren den Verbreitungsbezirt 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg., lme 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. der Inserate für die folgende Nummer bis Borm, lhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. 28. Jahrgang.