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der betreffenden Kinder paßte. Im Schützenhaus wurde ein mitgewesene« Mädchen dem Jndividiuum gegenüber gestellt, und in der Polizeiwache da« angefallene Mädchen ebenfall-, die beide den Mann als den Verbrecher erkannten. Daraus erfolgte die Festnahme und gestern die Ablieferung de« Vagabonden, der erst vor einigen Tagen eine Strafe in Burgstädt verbüßt hat, ans Kgl. Amtsgericht hierselbst. Nach der Festnahme hat der Verbrecher Ausdrücke fallen lassen, die die Gefährlichkeit desselben besonders kennzeichnen. Wäre der Wüsten brander Oeconom nicht zur rechten Zeit zu Hilfe ge- kommen, so wäre das beduuernswerthe Mädchen un zweifelhaft dem Messer diese« Viehes in Menschengestalt zum Opfer gefallen. — Ein Sonderzug zu ermäßigten Preisen fährt am 28. Juli von Chemnitz nach Dresden. Die Abfahrt erfolgt von Chemnitz aus 4 Uhr 35 Min. Borm. Die Rückfahrt ab Hauptbahnhof Dresden 9 Uhr 15 Min. Nachm. Die Fahrkarten haben 10 Tage Gültigkeit. Der Schluß des Verkaufs ist auf Sonnabend, den 27- Juli abends 8 Uhr festgesetzt. — Berliner Blätter brachten dieser Tage eive Nach richt, daß nach Elkundigungen, die sie in Dresden an gut unterrichteter Stelle eingezogen hätten, die Einbring ung einer Umsatz- oder Waarenhaussteuer während der kommenden Landtagstagung mit Bestimmtheit zu er warten sei. Demgegenüber wird jetzt festgestellt, daß e« noch nicht außer allem Zweifel steht, ob es noch vor Schluß der nächsten Landtagssession trotz eifriger Vor arbeiten möglich sein wird, den schwierig zu bearbeitenden Stoff zu gesetzgeberischen Vorschlägen, die für die viel gestaltigen sächsischen Verhältnisse brauchbar sind, zu ver- dichten. Dresden. Der Kellner Walther gestand ein, seine Wohnung in Brand gesetzt zu haben zwecks Erstickung von Frau und Kind, den Plan sich zu erhängen aber aufgegeben zu haben. Es liegt also Gatten» und Kindes mord vor. — Wie man der Prager „Bohemia" aus Leipzig telegraphisch berichtet, beschlagnahmte die Statsanwalt- schaft unter den Papieren des Directors Exner zahl reiche Depotscheine über bei der Bank von England hinterlegte Gelder. Gegen sämmtliche Mitglieder des Aufsichtsrathes der Leipziger Bank soll ferner die Unter suchung wegen Mitwissenschaft an der Vorlegung falscher Bilanzen eingeleitet worden sein. — Das König!. Amtsgericht in Leipzig setzt die Cläubiger der Leipziger Bank noch durch eine besondere Karte davon in Kenntniß, daß der erste Termin am 22. Juli, im großen Saale des dortigen Zoologischen Gartens stattfindet. Die zum Termin Erscheinenden -aben sich als Gläubiger auszuweisen. Gläubiger, die ich vertreten lassen wollen, haben die Vollmachten und onstigen Legitimationspapiere bis spätestens 19. Juli an das dortige Amtsgericht gelangenzu lassen. Diejenigen, die neben ihrem Vertreter zum Termine erscheinen, müssen dies bei der Anmeldung ausdrücklich angeben. — Die Kreishauptmannschaft zu Chemnitz gewährte der Fabrikarbeitersehefrau Anna Marie verehel. Anke geb. Mühne in Falkenau für die mit Muth und Ent schlossenheit bewirkte Errettung eines 2'/.jährigen Mädchens vom Tode des Ertrinkens eine Geldbelohnung. Meerane. Hier wurde ein Ehepaar in Haft ge nommen und dem Kgl. Amtsgericht zugesührt, das sich der Erpressung und Kuppelei schuldig gemacht hatte. In einem Falle hat das saubere Ehepaar 1500 Mark erlangt. Crimmitschau. Im benachbarten Gablenz ist ein Geschäftsmann einem geriebenen Gauner in die Hände gefallen. Der Gauner hatte sich als Gutsbesitzer Paul Kluge aus Niederlungwitz ausgegeben und ersterem gegen Ueberreichung zweier Wechsel im Betrage von 395 Mk., aus seinen Namen lautend, ein Pferd abgekauft. Später stellte sich heraus, daß ein Gutsbesitzer Namens Paul Kluge in Niederlungwitz gar nicht existiert. Werdau. Zu dem Zusammenbruch der Spinn maschinenfabrik I. H. Popp (A.-G.) ist noch zu melden, daß die zahlreichen Arbeiter am Sonnabend entlassen und der Betrieb eingestellt worden ist. Ueber das Ver mögen der Directoren Max Teichmann und Moritz Hennig ist das Concursverfahren eingeleitet worden. Teichmann ist seit Freitag spurlos verschwunden, während Hennig gestern an die Staatsanwaltschaft Zwickau eingeliefert wurde. Er legte bereits das Ge- ständniß ab, daß die Firma I. H. Popp von ihm ein Guthaben von 570000 Mk. zu fordern habe. Teich mann scheint der Hauptbethciligte bei der ganzen Affaire zu sein. Er hat nicht nur gen. Firma um Hundert- tausende betrogen, sondern, wie es heißt, auch viele hiesige Handwerker mit stattlichen Summen hineingelegt. Er war Hauptmann der Reserve, mehrere Jahre 1. Stadtverordnetenvorsteher und bekleidete auch höhere Aemter bei der Schützengesellschaft und im Militärverein. Vor 6 Jahren ließ er sich eine große Villa am Schützenhausberge bauen, wo heute noch die damit be schäftigten Gewerbetreibenden auf Bezahlung warten sollen, lebte auf großem Fuße und war überall geehrt und geachtet. Gestern Abend wurde hier allgemein daS Gerücht besprochen, daß sich der noble Mann, durch dessen Mitschuld Hunderte von Arbeitern jetzt brotlos geworden sind, in Neustadt an d O., wo er Verwandte hat, erschossen habe. Davon ist aber der hiesigen Polizei, welche eifrig nach dem Verschwundenen fahndet, bis jetzt nichts bekannt. Möglich ist es aber auf jedem Fall, daß Teichmann seinem Leben ein Ende machen wird. Zu bedauern ist dessen Frau, sowie seine 2 Söhne und 1 Tochter Plauen i V. Für das am 1. Oktober 1903 hierher in Garnison kommende Infanterieregiment Nr. 134 wird gegenwärtig in schöner, freier Lage an der Straße nach Neuendorf das Casernement gebaut. Das Stabs gebäude, welches sich durch seine Höhe und einen Thurm aus den verschiedenen Gebäuden etwas hervorhebt, ist bereits unter Dach gebracht worden und auch der Bau der übrigen Gebäude schreitet rasch vorwärts. Sämmtliche Gebäude sind Ziegelbauten. Außer diesem Stabsgebäude, an welches ein Flügel als Arresthaus angebaut worden ist, und den drei langen, einstöckigen Mannschastsgebäuden werden in einem Viereck erbaut ein Exercierhaus, zwei Wohn- und Wirtschaftsgebäude, ein Kammergebäude, eine Officiersspeiseanstalt, je ein Gebäude für die Munition, die Büchsenmacherei und Wäscherei und ein Pferdestall. Der Casernenhof dient in seiner größeren Hälfte als Exercierplatz, während der Rest in einen Garten ver wandelt wird. Gegenüber der Caserne wird ein aus einem Verwaltungs- .und einem Nebengebäude, sowie aus zwei Pavillons und einem Krankenblock bestehendes Lazareth gebaut. Der Bau der Caserne ist mit 3 000 000 Mark, der des Lazareths mit Gerätheausstattung mit 504 000 Mark veranschlagt. Lichtenwalde. Nächsten Sonntag, den 21. Juli Nachm. */,4 Uhr veranstaltet der hiesige Gemeinderath im gräflichen Parke durch die Capelle der königl. Unter- officierschule Marienberg unter Leitung ihres Copell- meisters Herrn Kaiser ein großes Militärconcert, dessen Reinertrag einer Gemeindestiftung für arme Kranke zufließt. Für dieses Concert werden dem Publikum auch die sonst verschlossenen Theile des Parkes geöffnet sein. Lommatzsch. Die vom Gutsbesitzer Hennig gestiftete 46 Centner schwere Glocke für nnsere Stadtkirche wurde am Donnerstag geweiht und ohne Unfall aufgezogen. (Bekanntlich stürzte die Glocke beim ersten Aufziehen ab und mußte umgegossen werden.) Radeburg, 14. Juli. Gestern Abend stürzte hier der Seiltänzer Gersten von dem etwa 10 Meter hohen Thurmseil auf die Straße herab und fand sofort seinen Tod. Kurz horher hatte der bedouernswerthe Mann vom Seil herab gebeten, ihm, wie jedem Arbeiter, der auch seinen Lohn erhielte, einen kleinen Beitrag nicht zu versagen, sein Beruf, in welchem erst vor einigen Jahren sein Kollege den Tod gefunden, sei ein schwerer. Was die Ursache zum Absturz gewesen, läßt sich wohl kaum genau sagen, man hört, daß eine Kette nachgegeben habe. Schutznetze waren nicht angebracht worden. Lied des Aktionärs. Leg' auf den Tisch die Leipziger Papiere, Die lange Scheers bringe mir herbei, Damit ich sie mit Oel noch einmal schmiere, Wie einst im Mai! Ich will Cupon jetzt auf Cupon mir schneiden, Als ob der Krempel etwas werth noch sei, Ich will an ihrer Addition mich weiden, Wie einst im Mai! Nun reiche mir das Kistchen mit Cigarren, Das Stück 6 Pfennige! Es ist vorbei Jetzt mit den Jmporlirten! — Ach die waren So gut im Mai! Aus den Cupons nun dreh' mir Fidibusse, Und mit dcn Aktien heize die Canzlei — Dann wird uns wenigstens noch warm zum Schlüsse, Wie einst im Mai! („Jugend".! Wo fehlt's in -er Landwirthschaft? Auf der in Schwarzenberg abgehaltenen Bezirks- Versammlung des Landwirthschaftlichen Kreisvereins zu Chemnitz sprach Landwirthschastslehrer Dr. Biederkopf über die Frage: Wo fehlt's in der Landwirthschaft? auf Grund seiner eigenen Erfahrungen nach folgender Theilung: 1. Wo fehlt's auf dem Gebiete des Acker baues?, 2. auf dem Gebiete der Thierzucht?, 3. auf wirthschaftlichem Gebiete überhaupt? Der Vortragende führt aus: 1. Man legt viel zu wenig Werth auf eine richtige Auswahl und Verwendung des Saatgutes. Nur schwers und gutes Saatgut giebt guten Ertrag. Bezüglich der Aussaat wird der Drillsaat der Vorzug vor der Hand saat gegeben. Uebergehend zur Pflege der Saaten, fordert der Redner auf zum Kampfe gegen das Unkraut auf dem Felde. Beim Dreschen und Reinigen des Getreides kommt der Unkrautsame gewöhnlich nur auf den Composthaufen oder wird von Hühnern oder anderen Thieren ausgenommen, geht unverdaut durch den Darm kanal, und kommt Un beiden Fällen wieder auf Felder und Wiesen. Deßhalb muß auch die Spreu gereinigt werden (Cylindersieb) und Verbrennung eintreten. Dem Unkraut auf dem Felde läßt sich in der Hauptsache beikommen durch Eggen der Saatfelder im Frühjahr und Herbst; nur muß man erst das Keimen abgemartet haben. 2. UnsereLandwirthe füttern viel zu theuer. Die Meinung, daß man gut thue, das eigene Korn zu verfüttern, ist irrig : das ist die theuerste Unterhaltung. Die bewährtesten Kraft futtermittel sind Roggenkleie, Leinkuchen und Baum wollensaatmehl. Welches ist das beste und billigste? Eine Wirthschaft mit einem Bestände von 10 Kühen würde zur Winterfütterung an Roggen 132 Centner für 867 Mk., an Roggenkleie 139 Ctr. für 765 Mk., an Leinmehl 60 Ctr. für 540 Mk., an Baumw.-Saat- mehl oder Erdnußkuchen 36 Ctr. für 270 Mk. brauchen. Das Endergebniß kann jeder Landwirth selbst ziehen! Bei der Anwendung der Futtermittel ist die Regel zu beobachten, daß man die Leistungen der Thiere in Be tracht zieht und einen Unterschied macht zwischen trocken stehenden und milchgebenden Thieren. 3. Dem Land- wirthe fehlt es an Geld. Es muß dieser einen Kredit beanspruchen können auf längere Zeit zu billigem Zins fuß. Die Verhältnisse in der Landwirthschaft sind andere wie auf dem Gebiete des Handels und Ge werbes. Die Handelskammer zu Osnabrück hat aus gerechnet, daß der Gewerbetreibende, wenn er nicht zu Grunde gehen, soll, 18 Prozent Zinsen auf die Waare schlagen muß. Der Landwirth muß oft Jahre warten, ehe das Kapital in seine Hand zurückkehrt. Der Kredit auf Borg ist für den Landmann am allergefährlichsten. Wer soll, wer kann helfen? Nicht Staat, nicht Regier ung — Selbsthilfe ist nöthig ! Durch das Reichsgesetz über die Erwerbsgenossenschaften ist der Weg angegeben, wie die Gemeinden Spar- und Darlehnskassen gründen sollen, ein in Sachsen schon segensreich betretener Weg! Auch die neuzeitlichen Fragen in Bezug auf Viehhandel, staatliche Schlachtviehversicherung, Nachversicherung wurden eingehend besprochen. Redner schließt mit der Aufforderung und dem Wunsche: die mit Energie zu verfolgende Durchführung der angeregten Neuerungen werde die beste Gewähr sein für eine bessere Zukunft in der Landwirthschaft! Gerichtsverhandlungen. 8 Zwickau, 12. Juli. Der 18 Jahre alte, wieder holt vorbestrafte Handarbeiter Hermann Willy Fritzsche in Hohenstein-Ernstthal, gebürtig auS Hermsdorf, wurde für überführt erachtet, im April d. I. einem Fabrikanten in der Schulstraße in Hohenstein-Ernstthal aus dem verschlossenen Keller 7 Flaschen Cognac im Werthe von 14 Mark, einem Postbeamten in der Bahnstraße aus dem Keller 9 Flaschen Rolhwein im Werthe von 13 Mark 50 Pfg. und bei einem Bäcker in der Bahnstraße daselbst 3 Stück Butter im Werthe von 2 Mk. 10 Pf. gestohlen, ferner einen anderen Bäcker um ein Brod be trogen zu haben. Das Urtheil lautete auf 10 Monate Gefängniß und 4 Wochen Hast. — DaS 1883 geborene Dienstmädchen Anna Marie B aus Hohndorf war ge ständig, dem Bäckermeister Brunner in GerSdorf, bei dem sie bis Mitte April d. I. 2 Jahre lang in Diensten stand, aus einer im Schlafzimmer stehenden Lade nach und nach in Einzelbeträgen von 30 bis 40 Mark eine größere Summe gestohlen zu haben. Von dem ge stohlenen Gelds wurden bei ihrer Entlassung 320 Mark in mehreren Garnknäulen und in einer Stricktasche ver steckt bei ihr vorgesunden. Diese Diebstähle Katte sie verübt, uni Mittel zu besitzen, wenn sie nach Beendig ung des von ihr gekündigten Dienstes nicht gleich andere Arbeit erhalten würde. Heute wurde ihr als Strafe 5 Monate Gefängniß zuerkannt. Vermischtes. * Ueber den Ursprung der „Sänger von Finsterwalde," die durch das vielge'ungene Lied volksthümlich geworden sind, giebt ein alter Krieger von 1870/71 in Luckau folgende Erklärung: „Es war in der Nacht zum 19. August 1870, welche die Truppen auf dem Schlachtfelde von Gravelotte nach heißem, blutigen Ringen unter freiem Himmel zubrachten. Dem 52. Regiment, bei dem ich stand, gehörten auch 10 bis 12 Mann aus Finsterwalde an, die treue Kameradschaft hielten. In Finsterwalde ist der Gesang von jeher sehr gepflegt worden, und die 12 Landsleute waren sämmtlich gute Sänger. In jener denkwürdigen Nacht fanden sie sich zusammen und stimmten einen Gesang an, dem sie andere stimmungsvolle Lieder folgen ließen. In einer halben Stunde waren fast sämmtliche Offiziere des III. Corps um die Sänger versammelt, und zuin Schluß brachten sie durch Sammlung ein hübsches Sümmchen zusammen, das den Sängern überreicht wurde. Einer von diesen nahm das Geld in Verwahrung, und nach mehreren Jahren hat der Betrag, durch andere Spenden vermehrt, bei einer Festlichkeit in Finsterwalde entsprechende Verwendung gefunden. Von jenem Vorgang in der Nacht nach dem Schlachttage von Gravelotte rührt die Berühmtheil der „Sänger von Finsterwalde" her. * Eine Neuheit im Konkurswcscn Eine eigen- thümliche Art der Auseinandersetzung mit den Gläubigern wird durch ein von der Firma Kallmann L- Loewenberg, Berlin, Koppenstr. 12, versandtes Rundschreiben einge führt. Die Firma theilt den Gläubigern einfach mit, daß sie das Waarenlager verkauft und für jeden Gläubiger eine Quote von 30'/. Proz. bestimmt hat. Wir lassen das Schriftstück hier folgen: „Durch den schlechten Geschäftsgang befinden wir uns nicht mehr in der Lage, unser Geschäft weiter fortsetzen zu können. Die Spesen waren durch die neue große Konkurrenz so hoch, daß wir bei dem verringerten Umsätze täglich Geld zugesetzt haben. Um nun unsere Herren Gläubiger vor weiteren