Volltext Seite (XML)
Zeit wiederum recht ungünstige Nachrichten in die Oeffentlichkeit gelangt. Demgegenüber wird versichert, daß eine unmittelbare Gefahr nicht vorliege. Richtig sei allerdings, daß die Standhaftigkeit der Patientin durch große mit Ergebung ertragene Schmerzen neuer dings wieder hart auf die Probe gestellt wird. Von einer Aenderung der Reisedispositionen des Kaisers be züglich der Nordlandsfahrt sei in Cronberg jedoch bis her nichts bekannt. — Zur Canalfrage ist die „Eisenztg." an „maß gebender Stelle" unterrichtet worden: An der großen Canalvorlage hält die Regierung unerschütterlich fest und wird dieselbe nach Erledigung des Zolltarifs sofort wieder einbringen. Da man in leitenden Kreisen mit der Möglichkeit rechnet, daß die Berathung der Zoll tarifvorlage im Reichstage vielleicht nur wenige Wochen in Anspruch nehmen wird, so ist es nicht ausgeschlossen, daß die gesammte Canalvorlage noch im nächsten Winter dem Landtage wieder zugeht. — Das Kriegsministerium theilt mit, daß für jetzt die Rückkehr von Personen nicht zu erwarten rst, welche von vornherein eine längere Dienstverpflichtung als bis Ende September 1901 übernommen haben, sowie derjenigen, welche nach am 1. Oktober 1901 abgelaufener Dienstpflicht oder Kapitulation mit Truppentheilen der ostasiatischen Besatzungs-Brigade weiter kapitulirt haben. Aber auch von den am 30. September 1901 ausgedient habenden Mannschaften wird ein kleiner Theil zunächst noch bei den Besatzungs-Truppentheilen verwandt werden und erst nach der im September bevorstehenden Ablösung in die Heimath zurückgeführt werden. — Wie die New-Dorker „Tribune" meldet, steht es jetzt vollständig fest, daß Kaiser Wilhelm in den Vereinigten Staaten eine Dacht bauen läßt. Eine New- Dorker Firma hat durch Vermittelung der deutschen Botschaft den Antrag erhalten, die Dacht etwa in den Verhältnissen der „Iduna" auf der Wasserlinie mit einer Länge von etwa 120 Fuß zu bauen. Dem Er bauer wird im Uebrigen völlig freie Hand gelaßen. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 28. Juni. — Die nächsten Sonntag und Montag, zum Rosen- fest, auf dem Logcnhaus concertirende Capelle des 15. Jnfanterie-RegimentS Nr. 181 (Chemnitz) befindet sich zur Zeit aus einer Kunstreise in Hamburg, Bremen, Bremer haven usw. Das Hamburger Fremdenblatt schreibt über das Concert in Hamburg wie folgt: Die Capelle er- öffnete das Concert mit einem schwungvollen und melo diösen Marsch „Mein Gruß" von A. Herz und spielte ferner noch eine große Fantasie aus Wagner's „Walküre", den Bajaderentanz aus „FeramorS" von Rubinstein, „Ge schichten aus dem Wiener Wald" von Strauß, Melodien aus der Operette „Die Geisho" von Jones, Fantasie aus „Hänsel und Gretel" von Humperdinck u. A. in lobenswerther Ausführung. Zu dem guten Gelingen tragen die prächtigen Instrumente und die tadellos reine Stimmung wesentlich bei. Eine ganz besondere Speciali- tät aber bietet diese Capelle (welche aus derjenigen des ehemaligen 15. Jägerbataillons hervorgegangen ist) durch ihre Vorträge für 24 Jagd-, Wald- und Hifthörner, die von dem Dirigenten Herrn Herz eigens für den Concertgebrauch zusammengestellt sind. Die aus 12 aneinander gereihten einzelnen Musikstücken bestehende Apotheose stellt den Verlauf einer Jagd dar und beginnt mit dem Jägerchor aus „Die Majoratsherren" von Götze für sämmtliche Instrumente. Eigenartig klingen die historischen Signale und Hörnerrufe, hinreißende Wirkung erzielen die Doppel-Quartette für 8 Waldhörner, sowie die Schlnßnummer Jägerchor aus Weber's „Frei schütz." Das außerordentlich zahlreich anwesende Pub likum gab seinen Dank für den gebotenen Genuß durch reichen Beifall zu erkennen. — Heute Vormittag 10 Uhr cxplodirte in dem neu- erbaulen Nebengebäude der Chemischen Bleicherei in Hültengrund ein Dampffaß, wodurch das Gebäude ge borsten wurde. Dem Hauptgebäude und der danelen- stehenden Dampfesse hat er keinen Schaden beigesügt. Glücklicherweise befand sich zur Zeit der Explosion Nie mand in dem betr. Gebäude/ — Einer auswärtigen Zeitung wird von hier ge schrieben : Eine Gemeinheit begingen eines Tages Ende voriger Woche zwei hier wohnhafte Maler, die mit dem Anstreichen des Diakonatgebäudes beschäftigt waren. Als sie die in dem nach der Windmühle führenden engen Gäßchen gelegene Seite strichen, mußten drei Herren aus Chemnitz das Gäßchen passiren und diese riefen ihnen deshalb zu, sie sollten einstweilen das Streichen einstellen. Anstatt aber diesen Zuruf zu be achten, bespritzten sie vielmehr die Herren förmlich vor sätzlich derart mit Farbe und Kalk, daß einem der Rock und Hut vollständig verdorben und ein Schaden von über 30 Mark zugefügt worden ist. Der Geschädigte hat gegen die beiden Thäter Strafantrag gestellt und dürften diese wohl nicht so billig davonkommen. — Die Schützengesellschaft in Glauchau beging am Dienstag das 350jährige Schützenjubiläum durch Festactus, historischen Festzug und Commers, letzteren in der Schützenhalle. Die Festrede beim Festactus hielt Herr Bürgermeister Brink. Der Feier wohnte auch Graf Joachim von Schönburg-Glauchau bei. Dem Jubelverein wurde eine große Anzahl Geschenke ver-, ehrt, darunter je ein Fahnennaael der hiesigen Schützen gesellschaften. Der Festzug wurde durch zwei Herolde eröffnet, sodann folgten Fanfarenbläser, Armbrustschützen in der Tracht des 16. Jahrhunderts, Schützen, Ehren gäste, Behörden, Radfahrclub, auswärtige Schützen, Festwagen (Huldigung der Saxonia), Glauchauer Ver eine, dann mehrere Festwagen: Flora, Strandfischerin, Hänsel und Gretel, Landwirthschaft, Gambrinusgruppe; daran schlossen sich die Glauchauer Innungen und sonstige Vereine, Schützen in der Tracht zur Zeit des 30jährigen Krieges, Schützen des 18. und 19. Jahr hunderts. Den Beschluß machte ein Prunkwagen der Schützengesellschaft „Glauchava" und der Festwaqen des Concertinaclubs. Leipzig. Der Zusammenbruch der Leipziger Bank erinnert lebhaft an den vorletzten großen Bankkrach, von dem unsere Stadt heimgesucht wurde, das Fallissement der Dikcontogesellschaft. Genau wie Exner, so gingen auch Ur. Jerusalem und Winkelmann nach dem Be kanntwerden der Zahlungseinstellung zunächst noch ein paar Tage hoch erhobenen Hauptes und völlig unbe helligt einher, bis sie es vorzogen, noch einen Schritt weiter in die goldeneZreiheit zu thun und — durchzi- brennen. Wie jetzt, so wurde man sich auch damals erst ganz allmählich der vollen Tragweite des verhäng nißvollen Ereignisses bewußt, und als man endlich die richtigen Epitheta für Jerusalem und Winkelmann ge funden hatte, da waren die Vögel längst ausgeflogen. Bei ihnen kam Einsicht der Gefährlichkeit des Leipziger Bodens so plötzlich, daß sie nicht mehr getrauten, mit einander öffentlich zusammenzutreffen, und ein Rendez vous auf dem neuen Johannisfriedhofe vereinbarten, um dort über die Flucht zu berathen. Winkelmann, der nicht nur ein großer Börsenspieler war, sondern auch als wauvai« 8uM seines Gleichen suchte, ließ im letzten Momente seinen Spießgesellen, der nur über geringe Geldmittel verfügte, im Stiche und erschien zu dem Rendez-vous nicht, vr. Jerusalem ist bekanntlich auf der Flucht über Deutschland nicht hinaus gekommen; er erschoß sich etwa 14 Tage nach dem Concurse in einem Münchener Hotel, wo er sich als Oberlehrer soundso einlogirt hatte. Er trug einen falschen Bart und eine blaue Brille, sodaß ec von dem Hotelpersonal — er war im selben Gasthause schon früher als Bank- dircklor wiederholt abgestiegen — nicht erkannt worden war. Winkelmann floh nach Südamerika und wurde später — irren wir nicht, in Buenos-Ayres — ver haftet und von dort aus nach Deutschland befördert. Schreiber dieses war Zeuge, wie Winkelmann auf dem Magdeburger Bahnhofe in Leipzig ankam. Der Mann, der ehedem eine so große Rolle in Leipzig gespielt hatte, bot einen entsetzlichen Anblick dar — es war ein Bild, das wir nie vergessen werden. Wenn Max Klinger ein Modell gesucht hätte, um den Fluch der Welt in einer einzigen Figur symbolisch darzustellen, er hätte kein besseres finden können, als diesen gebrochenen Menschen, der nicht mehr fähig war, sich auf den Beinen zu erhalten. Das Gesicht Winkelmanns war gelb und eingefallen, es glich schon mehr dem Antlitz eines Todten. Die Augen wagte der heinigebrachte Flüchtling nicht mehr aufzuschlogen — er schämte sich des Zustandes und der Situation, in welcher er in seine Heimathstadt eingeliefert wurde. Vernehmungsfähig ist Winkelmann im Untersuchungsgefängnisse bekanntlich nicht mehr ge worden — er starb, ehe er seine Drohung, zum Verrüther an Anderen zu werden, zur Wahrheit machen konnte. Es war ein netter Bursche! Seine Opfer waren sehr zahlreich. Einer seiner Angestellten, den er als Vorge setzter zu der Herstellung gefälschter Bücher veranlaßt, sagen wir gezwungen hatte, nahm sich das Leben. Die Gattin eines hiesigen Großhändlers, den das Fallissement der DiScontogesellschaft in Concurs gebracht hatte, er hängte sich auf dem Boden ihrer in der Elsterstraße gelegenen Villa. Von nah und fern aber liefen Nach richten ein von dem Ruin ehemals wohlhabender Familien, die der Bank Winkelmanns und Jerusalems Vertrauen geschenkt haben. — Mit dem Director der verkrachten Leipziger Bank hatte der Vertreter der „Frkf. Ztg." eine Unterredung, in welcher Exner mitlheilte, er habe bei seiner neulichen Anwesenheit in Berlin versucht, eine Fusion der Leipziger Bank zu erreichen, aber die Deutsche Bank habe abge lehnt wegen der übergroßen Beziehungen der Leipziger Bank zur Treber-Trocknungs-Gesellschaft. Exner glaubt nicht, daß die Treber-Trocknungs-Gesellschaft sich werde halten können, wenn ihr der Credit der Leipziger Bank abgeschnitlen sei; für diesen Fall sei der Concurs der Trebergesellschaft zweifellos. Die Engagements der Leip ziger Bank bei der Treber-Trocknungs-Gesellschaft seien rapide angewachsen, weil diese Bank in den Credit habe einspringen müssen, welcher der Trebergesellschaft von anderer Seit« gekündigt wurde. — Ein Kommentar zu diesen Aeußerungen dürste überflüssig sein. Die von dem Schlag so hart Betroffenen müssen sich in das Un vermeidliche fügen, so schwer es ihnen auch fallen mag. Einen vollen Ersatz von den Schuldigen zu verlangen, ist leider unmöglich. Die „Voss. Zig." wirft angesichts der unerhörten Vorgänge an der Leipziger Bank die Frage auf: „Brauchen wir Aufsrchtsräthe?" Mit Recht weist das Blatt daraus hin, daß bei fast jeder bisher eingetretenen Bankkatastrophe konstatirt worden sei: der Aussichtrrath hat seine Pflicht nicht ge- than! Die Schuld daran schiebt das Blatt lheils dem Gesetz, lheils der falschen Auffassung vom Amt eine» Aufstchtsrathes zu. E» betont, daß fast allgemein wohl für die Direktorenstellen Sachverständige gewählt werden, für die Mitglieder des Aufstchtsrathes aber meist weniger dieses Moment als das Gewicht eines glanzvollen Name» in die Waagschale falle. Oft genug belaßen die Auf- sichtsräthe ihr Amt nur von „Vorstands Gnaden". Dazu komme, daß mit der Zeit sich eine neue Unsitte in der Häufung der Aufstchtswürden in einer Hand gesellt habe. So wie die Dinge liegen, hänge das Wohl und Wehe eines Aktienunternehmens, wie dies ja auch bei der Leipziger Bank der Fall gewesen ist, fast gänzlich von der Person des Direktors ab. — Die Aussichtsräthe der Leipziger Bank gehören fast sämmtlich dem Aussichtsräthe seit langen Jahren an, ihre Nachlässigkeit bei der Controls der Geschäfte der Direktion fällt also um so schwerer ins Gewicht. Sie baden fast fämmtlich den Director Exner, der am 1. Juli 1887 in die Direktion eintrat, vom Beginn seiner Thätigkeit an beobachten können. Von den jetzigen Mit gliedern des Aufsichteraths gehören nämlich diesem an seit Januar 1876 Dr. jur. Otto Fiebiger, seit März 1885 Friedrich Alex. Mayer, in Firma Frege u. Co. (Bank geschäft), seit März 1887 der verstorbene Vorsitzende Generalkonsul Eugen Sachsenroeder, früher Mitinhaber der Firma Sachsenroeder u. Gottfried (Zuckerfabrik und Raffinerie), gleichfalls seit März 1887 Stadtrath und Consul Heinrich Dodel, Mitinhaber der hochangesehenen Firma G. Gaudig u. Blum (Nauchwaaren), seit 1888 Georg Ludwig Schroeder, in Firma I. G. Stickel (Commissionsgeschäfl). — Das Interesse der Berliner Banken an der Kata strophe der Leipziger Bank wird auf 8 Millionen Mark geschätzt; dagegen sollen die sächsische Landeslotterie mit 11 und die Sächsische Bank mit 16 Millionen Mark Accepten interressirt sein. — Die Berliner Börsenzeitung vertritt die Ansicht, daß die Katastrophe bei der Leipziger Bank nicht an nähernd solche Dimensionen hätte annehmen können, wie jetzt thatsächlich der Fall, wenn nicht auf finanziellem Gebiete „in Sachsen ein gewisser Partikularismus in dem Sinne sich geltend machte, daß die reichen Mittel des Landes fast ausschließlich innerhalb der sächsischen Grenzen Anlagen suchten und deshalb auch Accepte der Leipziger Bank nur in beschränktem Umfange in Berlin an den Centralmarkt gelangten, wodurch es verhindert wurde, daß früher schon Bedenken gegen die Situation dieses Instituts entstehen konten. Eine Folge dieses Verhaltens der sächsischen Behörden soll es auch sein, daß die Sächsischen Landeslotteriekaffen mit etwa elf Millionen Mark, die Sächsische Bank mit 16 Millionen Mark Accepten an der Affaire der Leipziger Bank interessirt sein sollen, während man das Interesse der Berliner Banken insgesammt auf nicht mehr als acht Millionen Mark schätzt." — Zu Concursvermaltern im Concurse der Leipziger Bank sind die Nechtsauwälte Otto Emil Freytag uud Jusiizrath Dr. Barth in Leipzig ernannt worden. — Ein in seiner Art sensationelles Ereigniß er freulicher Art hat die Krisis,, welche über so viele Leute Sorgen und Kummer bringt, im Gefolge gehabt: die Steigerung des Kurses der 3proz. sächsischen Rente um fast 3 Prozent! Es zeigt sich hier deutlich, wie sehr der Werth der solidesten Anlagepapiere in kritischen Zeiten zur Geltung kommt. — Der Verein Leipziger Produktenhändler hatte die Ladeninhaber der Lebensmittel-, sowie verschiedener anderer Branchen von Kleinhändlern am Montag zu einer Versammlung zusammenberufen zwecks Stellung nahme zur Ladenschlußsrage und zu einer Verlegung der Ausnahmetage, an denen die Läden bis 10 Uhr Abends geöffnet bleiben dürfen. Wieder Referent bekannt gab, hat der Rath auf eine an ihn gerichtete Anfrage ge antwortet, daß er kein Bedenken trage, wenn seitens der Kleinhändler der Produkten-, Grünwaaren-, Cigarren-, Blumen- und Zuckerwaarenbranche, die für die ge nannten Branchen den 9 Uhr-Ladenschluß beibehalten wissen wollen, schön jetzt Unterschriften zu diesem Zwecke gesammelt würden. Es gelangte folgende Resolution zur Annahme: „Die Versammlung nimmt Stellung gegen Einführung eines einheitlichen 8Uhr-Ladenschlusses. Sie erblickt in einer solchen eine große Schädigung.und Gefährdung ihrer wirthschaftlichen Existenz. Die An wesenden bitten daher, die hohe Behörde wolle dem Verlangen nach allgemeiner Einführung des 8 Uhr- Ladenschlusses ihre Zustimmung versagen. Sie bitten ferner um die Erlaubniß, an jedem Tage vor einen» Sonn- u. Feiertage vom 1. April bis 31. Dezember ihre Läden bis Abends 10 Uhr geöffnet halten und Waaren an das Publikum verkaufen zu dürfen, im Uebrigen aber den 9 Uhr-Ladenschluß beizubehalten." Dresden. Wie in der letzten Stadtverordneten sitzung mitgethUlt wurde, hat die städtische Sparkasse in den letzten Jahren bis jetzt einen Kursverlust von etwa 3 750 000 Mk. erlitten. Stadtrath Lotze versicherte, diese Verluste seien keine imaginären, sondern wirkliche. Die Sparkasse sei jetzt dazu übergegangen, mehr Geld auf Hypotheken zu verleihen. — Der Verkehr bei den Dresdner Banken war am Dienstag sehr rege, am stärksten jedoch war der Andrang bei der Dresdner Bank. Es mußten schließ lich Nummern ausgegeben werden, um den Einlaß des Publikums zu regeln. Die Dresdner Bank dehnte ihre