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— Der zahnärztliche Verein für das Königreich Sachsen beabsichtigt, um über Verbreitung und Ursachen der Zahnkrankheiten weiteres Material zu sammeln, in sämmtlichen Volksschulen zahnärztliche Untersuchungen vornehmen zu lassen. Das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts hat die Vornahme derartiger Untersuchungen als wünschenswerth anerkannt und sich mit ihrer Förderung durch die Schulleiter einverstanden erklärt. — Nachdem das Reichsgericht kürzlich entschieden hat, inwieweit in dem Vertriebe von Waaren mittels des sogenannten Hy rasystemS, auch Gella-, Schneeball- oder Lawinensystem genannt, eine Zuwiderhandlung gegen 8 286 des Strafgesetzbuches und K 22 flg. des Reichs» Stewpelgesetzes anzusehen ist, hat die sächsische StaatS- regierung die Behörden zum Einschreiten gegen derartige Unternehmungen angewiesen. — Die Direktion der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vormals Hermann Pöge, Chemnitz, giebt bekannt, daß sie zu der in Concurs gerochenen Gesellschaft Elektrizitäts werke Aktiengesellschaft vorm. O. L. Kummer ck Co., Niedersedlitz bei Dresden, nicht in Beziehung steht und somit die über obige Firma hereingebrochene Krisis dis Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Hermann Pöge in keiner Weise berührt. Die Beziehungen der letzteren zur Kreditanstalt für Industrie und Handel in Dresden waren lediglich bankgeschäftlicher Natur. Dresden, 16. Juni. Gestern Nachmittag ^3 Uhr ist Se. Excellenz Staats- und Justizminister Dr. Schurig hier in Dresden verstorben. Bereits seit mehreren Tagen hatten sich die Angehörigen und dem nunmehr Verblichenen Nahestehenden mit ernsten Sorgen getragen. Minister Dr. Schurig war während eines Aufenthaltes in Kipsdorf, der sich bis nach Pfingsten ausdehnte, an einem Magenleiden erkrankt; als sich das selbe verschlimmerte, kehrte er nach seiner Wohnung in Dresden zurück, wo er nach einigen Wechselfällen gestern sonst verschieden ist. — Ein treuer Diener Sr. Majestät des Königs und seines Landes, ein Mann von edelster Gesinnung, lauterstem Charakter und hervorragendem Wißen ist mit ihm dahingegangen. Der Verewigte er blickte am 4. März 1835 in Radeberg als Sohn des früheren Musikdirektors und Kantors Schurig in Dresden- Friedrichstadt das Licht der Welt. Seine außergewöhn liche Schaffenskraft und sein schon von frühester Jugend anSgeübter Fleiß ebneten ihm den Weg zum höchsten Ziele. 1854—57 studirte er in Leipzig Jura und trat alsdann in den Staatsdienst. Er begann als Aktuar seine amtliche Laufbahn beim Gerichtsamt Wurzen, war 10 Jahre später, bereits 1872, als Gerichtsrath Vorstand des Han delsgerichts in Chemnitz, 1876 Appellaiionsrach beim Appellationsgericht in Dresden, 1880 Oberlandesgerichts- rath, 1884 Präsident des Landgerichts Leipzig, 1888 Geheimer Rath und Abtheilungsdirektor im Königl. Justiz-Ministerium und wurde nach des Herrn v. Abeken Ableben an dessen Stelle im. Jahre 1890 von Sr. Majestät dem König als Justizminister berufen. Die Universität Leipzig hatte ihn zum Ehrendoktor ernannt. Se. Excellenz war als dienstältester Staatsminister Vorsitzender im Königl. Gesammtministerium, überdies auch Ordenskanzler. Politisch ist Minister Dr. Schurig eigentlich nie hervorgetreten; auch im sächsischen Land tage beschränkte er sich, seiner Natur entsprechend, auf das nothwendigst Gebotene, in öffentlicher Verhandlung die Angelegenheiten seines Ressorts zu vertreten. — Ein Bruder des Ministers ist Se. Excellenz General leutnant a. D. Schurig. — Als Nachfolger des verstorbenen Justizministers Dr. Schurig, dessen Beerdigung am Dienstag Mittag stattfindet, wird der Ministerialdirektor im Justiz ministerium Geheimer Rath Jahn genannt. Den Vor sitz im Gesammtministerium dürfte der Minister des Innern, Herr v. Metzsch, übernehmen. Dresden. Eine gründliche Pleite hat der hiesige Ingenieur Thürmer gemacht. Nach der Schlußvertheilung beträgt die Activmasse 2786 Mk., die bevorrechtigten Färbungen betragen 3332 Mk., die übrigen Forderungen aber das Sümmchen von 1542 954 Mark. Mülsen St. Jacob, 15. Juni. Gestern Mittag 1 Uhr verunglückte beim Ausmauern des neuen Wiede schen Schachtes in Zwickau der Schachtmaurer Albin Kluge tödtlich, daß ihm das niedergehende Gestell den Kopf fast buchstäblich abriß. Der Verunglückte, welcher sich uls nüchtener nnd braver Arbeiter des besten Rufes erfreute, steht im 28 Lebensjahre und hinterläßt Frau und Kind. Auerbach i. V., 15. Juni. Bei der Königl. Kreishauptmannschaft Zwickau beabsichtigt das Stadt verordnetenkollegium um Anstellung eines unbesoldeten zweiten Bürgermeisters nachzusuchen mit der Begründ ung, daß ein Besoldungsbetrag, wie er Herrn Bezirks- asseffor vr. von Heygendorfs gezahlt werden müßte, im Haushaltplane mcht vorgesehen sei und durch eine An leihe gedeckt werden müßte. Weiter wurde in der vor gestern abend abgehaltenen Stadtverordnetensitzung, welche 3'/z Stunde dauerte, beschlossen, eine nochmalige genaue Suche nach den in der Stadtkasse fehlenden 17 ooo M., welche vielleicht noch in einem verborgenen Winkel der feuerfesten Stadtkaffenschränke liegen könnten(l) vorzunehmen. Herr Karl Hetzer son. ist zum Stadtrath gewählt worden (an Stelle des Herrn Viktor Knoll, welcher das Amt aus Gesundheitsrücksichten niederlegte). Die beiden anderen amtsmüden Stadträthe hofft man dem Kollegium zu erhalten. Gerichtsverhandlungen. tz Altenburg, 15. Juni. Der Direktor des verkrachten Kahlaer Vorschußvereins, Adolf Jecke, wurde zu 7 Jahren Zuchthaus, 1000 Mk. Geldstrafe und zu 10 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt. Der Vor sitzende des Aufsichtsraths, Undeutsch, wurde freigesprochen. Vermischtes. * Im Grenobler Kohlenbecken (Frankreich) herrscht seit zwei Tagen große Aufregung. Ein italienischer Arbeiter erstach im Streit einen französischen, worauf die Franzosen über sämmtliche Italiener herfielen und sie unter Mißhandlungen aus ihren Häusern vertrieben. Mehrere hundert italienische Arbeiter, meist mit Familien, müssen ihre Arbeitsgelegenheit verlassen. Gendarmen beschützen ihren Auszug, der italienische Konsul ist auf dem Schauplatz dieser Vorgänge. Die französichen Arbeiter verlangen von sämmtlichen Grubengesellschaften die Entlassung aller Italiener und stehen aus, bis diese Forderung erfüllt ist. „Petite Mpublique" beschwört die Arbeiter, ihres Klasseninteresses bedacht zu sein und gegenseitige Duldung zu üben. Handels-Rachmchten ükrltn, 15. Juni. (Wechsel Cours). 3'/, V, 3M 3 5'., 5 4 G G G G G G G G G G G G 8 T 3M 10 T 2M 10 T 8 T 85,— 84,05 Mark 169,30 168,25 80,85 80,90 77,— 3'/ 5 14 T 2M 8 T 3 M 8 T 3M 80,85 20,41 20,25 60,90 80,50 Amsterdam per 100 fl. 5. Brüssel und Antwerpen pr. 100 Francs. Italienische Plätze pr. 100 Lire Schwei;. Pl. 100 Frc. London pr. 1 Lstrl. Madi id und Barcelona pr. 100 Pesetas Paris pr 100 Franc Petersburg pr. IM Rubel Warschau 100 Rubel Wien per 1M Kr. ö W. üsnk- I-iSLOüt a>/ 3 T ' '2M Reichsbank 4"/o, Lomb.-Z.-F. 5°/». Lsrlin, 15. Juni. Spiritus 70er loco ohne Faß 43,30 Mk. Umsatz: 8000 Liter. 50er —M. Umsatz Liter. «ka^ävbarx, 15. Juni. Kornzucker cxcl. 88 °/g Rendement 10,55 bis 10,80. Nachproducte excl. 75°/» Rendement —,— bis Stimmung: Ruhiger. Krystallzucker I mit Sack 28,95. Brodrasstnade 1 ohne Faß 29,20. Genu Rassinade mit Faß 28,95. Gem. Melis 1 mit Faß 23,45. Rohzucker 4. Product Transits f. a B. Hamburg per Juni 9,32'/« Gd., 9,37 Br., per Juli 9,32'/, bez., 9,35 Br., per Aug. 9,37 >/, bez., 9,40 Br., per Okt.-Dez. 8,82'/« Gd., 8,90 Br., per Jan.-März 8,95 Gd., 9,00 Br. Stimmung: Stetig. U-rmdar,, 15. Juni. Weizen flau, Holsteiner loco 174 bis 175, La Plata 133—134. — Roggen matt, südruss. cif. Hamburg 103—108, do. loco 105 bis 109, Mecklenburgischer 138 bis 148. Mais matt, amer. mixed. 114, La Plata 86. Hafer ruhig, Gerste ruhig. — Wetter: Aufklärend. Uremon, 15. Juni. (Baumwolle). Tendenz: Ruhig. Upl. middl. loco 42'/, Pfg. I4vorp<ml, 15. Juni. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Umsatz: 6000 Ballen. Stimmung: Ruhig. Import: 5 00 Ballen, Preise '/sr—höher. — Umsatz: 80M Ballen, davon für Speculation und Export 5(0 Ballen verkauft. Amerikaner ruhiger, '/,» niedr., Ostind. träge, Egypter ruhig. Middling amerik. Lieferungen. Juni-Juli 4"°/»« Käufer, Aug.-Sept. 4*'/«« do, good ordin. Lieferung: Okt. 4'»« Werth, Nov.-Dez. 4""/ar Verkäufer. Zahlungseinstellungen: Cigarrenfabrikant Robert Reinicke, Finsterwalde. Schuh fabrikant Mathias Lackmann jr., Kervenheim-Geldern. Kfm. Heymann Kohn, Greiz. Kaufm. Adolf Siemon, Hildesheim. Ka.lfmann «Julius Bernstein, Meiningen. Zimmermeister Ludwig Hiob, Meiningen. Cigarrengeschäftsinh. Franziska Fröhlich, München. Materialwaarenh. Robert Emil Helbig, Gaylenz, Oederan. Kaufmann Friedrich Kohlmetz, Lehsten- Penzlin Kaufmann Carl Behrend Clausen, Augustenburg- Sonderburg. Seifenfabrikant C. I. Burhorft (Nchl.), Lohne- Vechta. Kaufmann Carl Ostenbrügge, Wesel. 5'', 8 T 4 bT 3M Chemnitzer Marktpreise vom 15. Juni 1901. pro 50 Kilo Weizen, sächs. 9 M. 05 Ps. bis 9 M. 20 Ps. Noppen, - 7 - 65 - - 7 - 80 - Hafer - 7 - 70 - - 8 - — - Stroh 8 - 50 - - 3 . 60 - Heu 8 - SO - - 4 - — - Kartoffeln, 2 - — - 2 - 30 - Fulicrgerste 6 - 50 - - 7 - 75 - Butler. 1 Kilo 2 - 20 - - 2 - 60 - Guter Rath. Humoristische Novelle von Maria Hillmar. Nachdruck verboten. 4. Fortsetzung. , Gerade da starb Hauptmann von Frohnsdorfs, Allers bester Freund. Natürlich nutzte dieser den Todesfall dazu aus, um sich den Musik- oder Marter abenden zu entziehen. Der Witwe seines verstorbenen Freundes, nahm sich aber Allers aufs wärmste an, widmete ihr fortan seine sreie Zeil. Gab es doch auch viel zu ordnen und zu beralhen, wie auch zu trösten und aufzurichtev. Al« Frau Rath das mit ansah, witterte ste sofort Unrath hinter Allers menschenfreundlicher Hingabe und es währte garnicht lange, so tauchte das Gerücht auf, dieser würde sich nach Ablauf de« Trauerjahres mit Frau von Frohnsdorfs verheirathen. Dennoch geschah das nicht. Doch blieb Allers der treueste Freund und Berather der Witwe. Cilchen wollte aber nicht, daß dereinst auf ihrem Grabstein zu lesen wäre: „Hier ruht die jungfräuliche Cäcilie Grävenitz." Sie heirathete deshalb im blühenden Alter von 40 Jahren einen mürrischen 60jährigen Postdirekton Leider erblühte ihr an dessen Seite kein Glück, und darum sah Cilchens Mutter Allers als die schuldige Ursache von ihrer Tochter Eheunglück an. Hartnäckig blieb auch Frau Nath dabei, zu behaupten, daß wenn Allers nicht damals in den Bann der schönen Frau von Frohnsdoiff gefallen wäre, er für Cilchen'« Reize nicht unempfänglich geblieben wäre. In gerade zu grenzenloses Erstaunen versetzte sie es aber, als ihr Allers dann vor einem Jahre, nach seiner Rückkehr aus dem Manöver, selbst die Kunde seiner Verlobung mit ihrem Pathenkinde Gertrud Grundemann mittheilte. Wuth rief diese Nachricht in ihr hervor, weil sie selbst Allers diesen Goldfisch verrathen und ihn auf Gertrud aufmerksam gemacht hatte. Der Welt gegenüber spielte sie sich aber mit der Parthie auf und erzählte stets mit Vorliebe, sie hätte Hauptmann Allers zu seinem Glücke verhalfen. Selbst ihrem Pathenkinde mißgönnte ste aber dasselbe an ihres Gatten Seite, weil er ihr Cilchen verschmäht. Warum Allers aber nicht die schöne Frau von Frohnsdorfs ge- beirathet, darüber zerbrach sich Frau Rath noch bis heutigen Tages den Kopf. So standen die Dinge. Doch da jetzt Frau Rath nicht mehr eigene Kinder zum Verheirathen zu Gebote stunden, es ihr aber an sonstiger Beschäftignng fehlte, lud sie sich ständig Nichten, Neffen oder Töchter von Bekannten ins Haus und versuchte an diesen ihre Heirathsstiftungswuth zu befriedigen. Das neueste Opfer ihrer Thätigkeit war ihre Nichte Wally Bronseck. Zum Opferlamm eignete sich die junge, selbständige Dame aber wenig. Sie war ein Naturkind und besaß ein gutherzig, unverdorbenes Gemüth. Trotz Urwüchsigkeit und Derbheit, gefiel sie auch darum den städtischen Herren und das söhnte wieder Frau Rath mit Wally's sonst zu schlichtem, offenen Wesen aus. Heute blickte sie sogar mit Stolz auf ihr Riesen mädchen, dem das pelzbesetzte Tuchkostüm gut kleidete. Wally unterhielt den Kreis. Sie lachte und schwatzte das Blaue vom Himmel herunter und die Herren lachten mit. Nur Frau Gertrud lehnte bleich und still in der Sosaecke. „Wie ein Madonnenbild schaut sie drein," hatte eben Leutnant von Gerlich entzückt Fräulein Wally zugeflüstert, und fragte nun Frau Hauptmann selbst mit Schmachtblick unter mädchenhaftem Erröthen: „Gnädige Frau fühlen sich wohl unpaß?" Ehe ihm noch Frau Gertrud eine Antwort gab, lachte gerade sein Kamerad über einen Kraftausdruck Fräulein Wally's machtvoll auf, worüber Gerlich seinen Kameraden mißbilligend anblickte und vorwurfs voll bemerkte: „Piano, lieber Windolf, gnädige Frau besitzen an gegriffene Nerven." „O, paiäon, meine Gnädigste, daß ich mich so gehen ließ," entschuldigte sich eifrigst der kleine Blon» din, an dem alles vor Uebermuth und Lust lachte, „Fräu lein von Bronseck war aber so unbezahlbar komisch." „Wer hat auch Nerven?" — ließ nun diese ver nehmen. „Bah, das ist städtischer Luxus. Nicht wahr Frau Gertrud, wir gesunden Landkinder kennen gar nicht dergleichen?" Jetzt trat der Diener ein und meldete, Hauptmann Wehlau bäte um Erlaubniß, eintreten zu dürfen, wo rauf Fräulein Wally mit Kraflstimme ausrief: „Na, was will denn der Teufelskerl?" „Der Teufelskerl erlaubt sich nach Anmeldung den verehrten Anwesenden einen „guten Tag" zu bieten," entgegnete prompt der Uebermüthigen schon Wehlau in Person und verneigte sich. „Donnerwetter, reingefallen bei Kohn!" — rief amüsirt Fräulein Wally aus und entlockte dadurch aber mals den Marssöhnen eine Lachsalve. Nur Frau Rath bemerkte tadelnd: „Aber Wally, Wally, was soll nur Herr Haupt mann von Dir denken." „O, bitte, der denkt nichts arge«, gnädige Frau," versicherte Wehlau mit Eifer und küßte dabei Frau Rath die Hand. „Wer das Herz auf der Zunge trägt, deß Herz ist ohne Falsch," fügte er galant hinzu. Frau Rath behagte seine Auslegung außerordentlich, und huldvoll bat sie Wehlau, Platz zu nehmen. Der hielt es aber für erst für seine Pflicht, sich der Bestellung an Frau Gertrud zu entledigen. Bleich und verstimmt saß diese da. Wehlau wußte, weshalb, nahm an, der eheliche Krach sei ihr in die Glieder gefahren. Während er leise der jungen Frau Allers Wünsche mittheilte, mischte sich sogleich Frau Rath mit der Frage in der beiden Gespräch, dem sie natürlich gelauscht: „Also die liebe Frau von Frohnsdorff ist bei Allers? — Nun Trudchen, da ist ja Dein Gatte besten« versorgt." „Aber mein Mann wünscht, ich soll des Besuch« wegen schnell nach Hause kommen," berichtete Gertrud und stand auf.