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sör H«hciislci«4riisllM>, Nrrlnftitz, Arskrs, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. s. w. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich I Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. Redaction und Expedition: Bahnstraße 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Jnsertionsgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg.' Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 1V Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. Freitag, den 31. Mai 1901. Nr. 124. 28. Jahrgang. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Als dickes, dickes Buch ist zu Pfingsten unter die Reichstagsabgeordneten der Kommissionsbericht über den sogenannten Toleranzantrag der Centrumspartei ver- theilt worden. Der Bericht stellt einen Band von 293 Seiten dar und ist von dem Centrumsabgeordnelen Domvikar Dr. Pichler in Passau erstattet worden. Die Kommission ist in ihren 16 Sitzungen nur zur Erledigung desjenigen Abschnittes des vom Ccntrum eingebrachten Gesetzentwurfs gelaugt, welcher „die Religionsfreiheit der Reichsangehörigen" betrifft. Die Antragsteller haben den zweiten Theil ihres Gesetzentwurfs, welcher von der „Religionsfreiheit der Religionsgemeinschaften" (z. B. Orden) handelt, in der Kommission zurückgezogen. Durch den Verzicht auf diesen Abschnitt ist bei Wiederaufnahme der NeichtagSverhandlungen dem nunmehr auf 8 Para graphen beschränkten Gesetzentwurf eine große Mehrheit im Reichstage gesichert. Die betreffenden Bestimmungen sind in der Kommission von 28 Mitgliedern durchweg mit allen gegen 3 Stimmen angenommen worden. Im 8 1 des Gesetzentwurfs ist die Freiheit des religiösen Be kenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften sowie gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religions- Übungen gewährleistet. Die folgenden 4 Paragraphen beziehen sich auf die Bestimmung des religiösen Be kenntnisses, in welchem ein Kind erzogen werden soll. Die Bestimmung darüber halte das Bürgerliche Gesetz, buch der Landesgesetzgebung Vorbehalten. Diese aber ist sehr buntscheckig gestaltet. Nach dem KommissionS- entwurf soll zunächst die Vereinbarung der Eltern maß gebend sein, welche jederzeit vor oder nach Eingehung der Ehe getroffen werden kann. Die Vereinbarung ist auch nach dem Tode des einen oder beider Elterntheile zu befolgen. In Ermangelung einer Vereinbarung der Eltern sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Sorge für die Person des Kindes maßgebend. Weiterhin ist in dem Gesetzentwurf bestimmt, daß nach beendetem 14. Lebensjahre dem Kind die Entscheidung über sein religiöses Bekenntniß zusteht. Die Centrums partei wollte dieses Recht dem Kinde schon nach beendetem 12. Lebensjahre zuerkennen. Von sehr großer grund sätzlicher und praktischer Bedeutung ist der in der Kommission neu eingeschaltete Paragraph,' wonach gegen den Willen der Erziehungsberechtigten ein Kind zur Theilnahme an dem Religionsunterricht oder Gottesdienst einer andern Religionsgemeinschaft nicht angehalten werden darf. Bekanntlich werden jetzt die Kinder der Dissidenten angehalten, an dem Religionsunterricht theil zunehmen. Die weiteren Bestimmungen des Entwurfs der Kommission beziehen sich auf den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft. Die Austrittserklärung ist dem Amtsgericht des Wohnorts gegenüber abzugeben. Die Abgabe der Austritlserklärung bewirkt, daß der Ausge tretene zu Leistungen, welche auf der Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft beruhen, nicht mehr verpflichtet werden kann. Negierungsvertreter haben an den Be- rathungen der Kommission sich nicht betheiligt. Bei der ersten Berathung des Antrags der Centrumsparlei am 5. Dezember erklärte der Reichskanzler, die Negierungen sähen sich außerstande, diesem Antrag zuzustimmen, welcher die verfassungsmäßige Selbständigkeit der Bundes staaten auf einem Gebiete beschränken will, das sie der Zuständigkeit ihrer Landesgesetzgebung Vorbehalten müssen. Seine, des Reichskanzlers, erste Aufgabe gehe dahin, den bundesstaatlichen Charakter des Reich« und die Autonomie der Bundesmitglieder, soweit die Neichrgesetzgebung die selbe gewährleistet, nicht ohne willige Zustimmung der Einzelstaaten beeinträchtigen zu lassen. Darin wurzele das Vertrauen, aus welches die Neichsgewalt bei den Bundesstaaten zählen muß. — Im Zusammenhang mit den für den 4. Juni bevorstehenden zollpolitischen Besprechungen, zu denen der Reichskanzler Graf v. Bülow die zuständigen Minister der größeren deutschen Einzelstaaten eingeladen hat, wird, wie man in politischen Kreisen annimmt, auch eine Aus sprache darüber stattfinden, was in Sachen der Reichs finanzreform in den nächsten Jahren am besten in die Wege zu leiten sei. Die Gelegenheit zu einer derartigen Erörterung ist um so günstiger, als zu den zollpolitischen Besprechungen auch der bayerische Finanzminister von Riedel nach Berlin kommt, der eine der größten Autori täten auf dem Gebiete des Finanzwesens ist. Unter diesen Umständen verdienen die Aeußerungen, die der württembergische Finanzminister Zeyer in der Abge ordnetenkammer über die Neichsfinanzreform that, erhöhte Beachtung. Sie lauteten nach dem „Schwäb. Merkur" dahin: Er sei der Ueberzeugung, daß nunmehr innerhalb der Negierungen die Hindernisse beseitigt seien, die bisher der Neichsfinanzreform entgegenstanden. Die Regierungen seien entschloßen, die Neichsfinanzreform mit allen Mitteln zu betreiben. Eine solche sei nöthig, da größere Rück schläge für viele deutsche Staaten, und zwar nicht gerade die größeren, geradezu verhängnißvoll wären. Er hoffe, daß auch der Reichstag helfen werde, den Reichsfinanzen Ständigkeit und Sicherheit zu geben. Mehr könne er über die augenblickliche Lage nicht sagen. Von neuen Steuerprojekten wiße er gar nichts. Er habe von Berlin, von wo er sonst gut bedient werde, keine Miltheilungen über neue Steuerprojekte und auch nicht darüber, wohin solche etwa neigen. Von Bayern habe er auch nichts erfahren. Ueber die wirthschaftliche Krisis könne man verschiedener Ansicht sein; er sehe die Sache nicht so schlimm an; ebenso sei es bei den Einnahmen des Reiches. Noch vor wenigen Monaten habe man hin sichtlich der Zölle bedeutende Mindereinnahmen erwartet. Im Reichselat habe man im Jahre 1901 gegen 1900 nur fünf Millionen mehr eingestellt. Es werde dem Hause interessant sein, zu erfahren, wie es in diesem Jahre bis jetzt gegangen sei. Im Januar habe man vier Millionen weniger als im Vorjahre gehabt, im Februar zwei Millionen weniger, im März habe man schon ein Mehr, und im April habe man bereits 4 296000 Mark mehr als im Vorjahre gehabt. Das sei ein Beweis dafür, daß man in keiner niedergehenden Conjunktir sich befinde. Er wolle damit nur feststellen, daß die Befürchtungen sich vielleicht gar nicht, jedenfalls nicht in dem erwarteten Maße erfüllen werden. — Aus Handelskreisen ist dem Reichsschatzamt ein Gesuch um Einführung von Zehn-Mark-Cassenscheinen zugegangen, da sich das Fehlen dieser Zwischenstufe bei dem Mangel an Kronen fortdauernd fühlbar mache und die Fünf-Mark-Scheine verhältnißmäßig selten seien. Doch sollten dafür entsprechend viele 2Ö-Mark-Scheme eingezogen werden, da eine Vermehrung des Papier geldes zu vermeiden sei. — Eine neue Enquete über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiterin Fabriken soll nach einer Meldung der „Berliner Volkszeitung" die sächsische Regierumg beim Bundesrath beantragt haben. — Präsident Krüger ist, wie aus dem Haag ge meldet wird, mit der Abfassung einer Broschüre be schäftigt, die mehrere hervorragende englische Persönlich, leiten in ein schlechtes Licht stellen dürfte. Präsident Krüger ist entschlossen, die Thatsachen, die ihm aus eigener Erfahrung bekannt geworden sind, getreu wieder zu geben, ohne sich durch etwaige Folgen dieser Offen heit abhalten zu lassen. Die Broschüre soll jedoch erst nach Beendigung deS Krieges in Südafrika erscheinen. — Am zweiten Pfingstfeiertage fand auf dem Teuto burger Walde am Hermannsdenkmal eine große Ver sammlung statt, die einstimmig folgende Resolution an- nahm: „Die am ersten deutschen Nationaldenkmal, am deutschen Hermannsstandbilde, auf der Grotenburg am zweiten Pfingstfeiertage versammelten 7000 Deutschen fühlen sich eins mit dem kleinen heldenmüthigen Buren volke und verurtheilten auf das Entschiedenste die grau same Kriegführung der Engländer. Sie erheben an dieser urdeutschen Stätte entschieden Protest dagegen und geloben, nach besten Kräften für die Sache der um ihre Freiheit ringenden Buren einzustehen, und wollen nach bestem Können den armen Verwundeten und den Frauen und Kindern helfen in thatkräftiger Unterstützung. Die Versammelten glauben, daß das ganze deutsche Volk mit ihnen die Hoffnung hegt, daß die gerechte Sache doch noch zum Siege kommen wird und bedauern, daß es der deutschen Regierung nicht möglich ist, den Buren that- kräftige Hilfe zu leisten." Diese Resolution soll an den Reichskanzler gesandt werden. Die Versammlung, welche die größte war, die bisher in Deutschland veranstaltet ist, sandte an den Präsidenten Krüger, Hilversum, Holland folgendes Telegramm: Dem altehrwürdigen Präsidenten Krüger senden 7000 begeisterte Burenfreunde, die am 2. Pfingsttage vor dem Denkmal Hermanns des Cheruskerfürsten bei einer Burensympathiekundgebung versammelt sind, deutschen Gruß mit dem herzlichen Wunsch, daß der Buren gerechte Sache zum Siege ge lange. Durch Nacht zum Licht! I. A. Dr. Quentin, Detmold. — Ein Haberfeldtreiben hat nach langen Jahren wieder einmal Ende vergangener Woche in Bayern stattgesunden. Aus Wasserburg am Inn wird den „Münch. N. Nachr." berichtet: Ungefähr 1^, Stunden zur linken Seite des Wasserburger Bahnhofes liegt das Dorf Pfaffing mit Schulhaus und Kirche, sonst aber nur wenige Gebäulichkeiten zählend. Nach weiteren zehn Minuten gelangt man auf der Rettenbacher Hauptstraße an die Ortschaft Neuhaus, aus wenigen Häuschen bestehend, welche im Besitzedes Kunstmühlen besitzers Scheuer! siud. Bei diesem in Miethe wohnt der etwa 70 Jahre alte Austragsbauer und Privatier- Iakob Lechner, genannt der alte „Steinharter-Jackl", welcher vor geraumer Zeit eine um mehrere Jahrzehnte jüngere Frau geehelicht hat. Diese Heirath gab den Haberern Anlaß, über den alten Mann, dem in keiner Beziehung auch nur das Geringste nachzusagen ist, ein Volksgericht abzuhalten: Sonnabend nachts kurz nach 12 Uhr nahte sich auf der Rettenbacher Landstraße von der Ortschaft Faßrein her lautlos ein Trupp Vermummter, nahm am Spiegelberg, an welchem sich die Anwesen des Herrn Scheuer! befinden, Aufstellung, und mit einem Male ertönten scharfe Schüsfe. Es wurde auf Blechgefäßen getrommelt, der Chor brüllte und skandalirte, daß die Fensterscheiben klirrten, nach eingetretener Stille erhob sich der „Habermeister" auf einen Schemel und verlas, den alten Lechner und seine Frau vor das Volks gericht fordernd, eine Reihe frecher Knittelverse, welche dasangeblich „unsittliche" Verhalten des alten Mannes geißelten und die jedesmal im Chore die Zustimmung fanden: „Ja, so ist es! Die Haberer, etwa 30 Mann an Zahl, brachten zum Schluffe ihres „Volksgerichts", das über eine Viertelstunde währte, merkwürdigerweise auf den Kunstmühlenbesitzer Herrn Scheuer! und dessen Gattin ein „Hoch" aus und zogen sich dann wieder in der Richtung gegen Faßrein auf der Rettenbacher Straße ebenso lautlos, wie sie gekommen, zurück, wobei noch nahe an Faßrein mehrere scharfe Schüsse ertönten. China. — Die Absicht des Kaiserlichen Hofes, nach Peking zurückzukehren, ergiebt sich aus folgender Meldung, welche den Londoner Blättern unter dem 28. d. MtS. aus Peking zugeht: Am Montag gingen 4000 von Juanschikai gesandte chinesische Truppen unter General T,chang aus Schantung nach Peking ab. Mit der Vorbereitung des Reisewegs für die Rückkehr des