Volltext Seite (XML)
28. Jahrgang. Nr. 104 Sonntag, dm 5. Mai 1901 Vermischtes. * Wie die „Elberfelder Zeitung" meldet, ist der Oberstabsarzt vr. Schimmel auS der Haft entlassen worden. In dem Militärbefreiungsprozeß wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Sodann begannen die PlaidoyerS. Der erste Staatsanwalt Joner hielt die Telegraphische Nachrichte» vom 4. Mai. (Hirsch's Telegr. Bureau.) Berlin. Die Auflösung des Abgeordnetenhauses wird verschiedenen Blättern zufolge nicht staltftnden. Berlin. Zum Landtagsschluß und Rücktritt Miquel liegen folgende Preßstimmen bedeutender Parteiorgane vor. Die „Post" schreibt: Der Schluß des Landtages müsse daS Vertrauen zur sicheren Leitung des Staats- schifses ungemein stärken und sei auch für die allgemeine politische Lage von größter Bedeutung. Daß Miquel noch so lange wirksam ausgehalten habe, daß der Kanalstreit nicht zu einem inneren Conflict ausgewachsen, sichere ihm den Dank der Konservativen. Ueber Herrn von Miquel schreibt die „Deutsche Tagesztg.", er wäre einer der geschicktesten und erfolgreichsten Staatsmänner Preußens gewesen. Die „Nat. Ztg." erkennt die Ver dienste Miquels durchaus an, macht ihm aber den Vor wurf, daß er unterlassen habe, dem gemäßigten Libera lismus einen Einfluß auf die Regierungs-Maxime zu erwirken. Vor allen Dingen habe er dem Vordringen der Agrarier keinen Widerstand entgegen gesetzt. Die „Voss. Zeitung" führt aus, Bülow habe endlich Gelegenheit gefunden das Ministerium, das er vorge funden, nach seinen Wünschen umzugestalten. Ueber Miquels Wirken äußert sich das genannte Blatt in überaus scharfen Ausführungen. Nichts kennzeichnet mehr die Eigenart Miquels als sein Verhalten zum Zedlitz'schen Schulgesetz. Der „Vorwärts" sagt: Als politischer Bankwirth und Reaktionär schlimmster Gattung muffe er dahin gehen, dem Zwange widerwillig gehorchend. — Ueber den Aufenthalt des französischen Ministers des Auswärtigen Dclcassü in Petersburg schreibt Fürst MeschtscherSki im „Grashdanin": Was die Politik be trifft, so ist Delcasiä wahrscheinlich mit denselben Dingen weggefahren, mit denen er gekommen ist, nämlich mit guten Absichten und guten Wünschen, die im Laufe der 5 Tage ohne Zweifel in politischen Gesprächen, welche auf dec Voraussicht der einen oder der anderen Kombi- Nation beruhten, in der allgemeinen Abschätzung der jetzigen politischen Loge ihre Anwendung gefunden haben Alles bleibt wie bisher auf der Basis der platonischen Einigung. Nachdem nun MeschtscherSki Delcaffö« Stelluna in Frankreich charakterisirt hat, fährt er fort, wie viele die Abkühlung der jetzigen russisch-ftanzösischen Sym pathien auch leugnen mögen, e« ist doch unzweifelhaft daß das Barometer des jetzigen Kabinets in Be.ua auf die französisch-russischen Sympathien niedriger steh? als beispielsweise dasjenige des Kabinets Meline M-k^ scher-kt tritt dafür -in, daß es im Interesses Seine junge Frau ist am Tage nach der Vermählung plötzlich infolge eines Lungenschlages aus dem Leben ge schieden. . . .. — Der Fleischermeister Winter und dessen Frau in Marienberg wurden vom Landgericht zu Freiberg wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 2 Wochen bez. 5 Tagen Gefängniß verurtheilt. Bei einer Revision in den Geschäftsräumen der Angeklagten fand nian größere Quantitäten von Fleisch vor, die in Fäulniß übergegangen und mit Schimmelpilzen be haftet waren. Das Fleisch war Theils zum Verkauf im Laden, Theils zur Verarbeitung in die Wurst be stimmt. Um ihm ein vortheilhaftes Aussehen zu geben, war ihm Carmin beigesetzt worden. Dresden, 3. Mai. Bei der Sitzung im Stadt- verordnetcnkollegium am gestrigen Donnerstag wurde ein Antrag berathen und an den Rechtsausschuß ver wiesen, welcher dahin ging, den Ratb zu ersuchen, die Ectbeilung von Concessionen zum NestaurationS- und Weinschankbetriebe u. a. davon abhängig zu machen, daß sich der Nachsuckende in geordneten wirthschaftlichen Verhältnissen befindet, weiter bei eventuellem Wechsel des Lokals seitens eines WirtheS zu erörtern, ob der selbe mit Restaurationen handelt, und ferner die Con cessionen für die Hausbesitzer zu versagen, welche dieselbe nur nachsuchen, um hohe Pachtsummen zu erzielen. In der Begründung des Antrags wurde daraus verwiesen, daß im Jahre 1900 79 Restaurateure den Offenbarungr- eid geleistet haben und oaß von diesen Manifestanten 26 noch ein Restaurant betreiben. Beim kürzlich vor» gekommenen Concurs eines großen Hoteliers und Re- staurateurs hätten 300 Gläubiger Forderungen ange- meldet. In der ConcurSmoffe seien dagegen nur 2*/, Proz. der Passiven. In einem anderen Gastwirlhs- concurse betrage die Masse nur 5 Proz. der Passiven. Vom Ralhstische aus wurde versichert, daß das, was beantragt wird, längst im Gange sei, daß jeden Monat 80 SchankconcesfionSgesuche beim Rathe eingingen, ja daß die Sache so weil gegangen sei, daß es hier Straßen gebe, wo bereits für jedes Haus die Concefsion nachge sucht worden sei. Chemnitz. Am Donnerstag Abend genehmigten die Stadtverordneten die für Ostern 1903 in Aussicht genommene Umwandlung der Mädchenschule an der Annenstraße in eine höhere Töchterschule. Ferner erklärte sich das Collegium damit einverstanden, daß zu Ostern 1902 in den hiesigen Volksschulen bas Achtklaffensystem eingeführt und die wöchentliche Unterrichtsstundenzahl der zweiten Abtheilung von 24 auf 26 erhöht wird. Chemnitz. Bei dem Unglück in Griesheim ist wahrscheinlich auch der einzige Sohn der hier am Markte wohnhaften Wächtlerschen Eheleute ums Leben gekommen. Der junge Mann wird vermißt und konnte bis jetzt noch nicht aufgesunden werden. Gerichtsverhandlungen. 8 DaS Schöffengericht in Glauchau hatte in seiner Sitzung vom 26. März den Bauunternehmer Z. wegen Beleidigung des Bankiers M. in Glauchau zu 20 Mk. Geldstrafe oder vier Tagen Haft verurtheilt, weil Z. an M. eine Karte gerichtet hatte, auf deren Adresse das Prädikat „Herr" fehlte. Die vom Verurtheilten gegen dieses Erkennniß eingelegte Berufung wurde von der 3. Strafkammer in Zwickau verworfen. Redaction und Expedition: Bahnstraße 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Crnstthal. Jnsertionsgebühren: die fünfgespauene Pfg., Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg-, Rabatt. Reclame 25 Pfg. -sei mehrmals Aufgabe 9. - - ...» snl„ende Nummer^v^" Anklage in vollen Umfange aufrecht. g» Verbindung zwischen Baumann und IR- Vau- einmal, weil alle ermittelten Personen, d dj-sem mann zu Schimmel geschickt worden sind, Erfolg gehabt hätten, andererseits, H statistischen Feststellungen bei der Magdebu g . sämmtliche Personen, die von Baumann nach - ., bürg gesandt wurden, mit einer Ausnahme auch freigekommen seien. mi-> * Ein Familiendrama spielte sich d^ser Tag, die „Rh.-W. Ztg." berichtet, in Elberfeld m der Karnap straße ab. Bei einer Streitigkeit in der Fam Erdarbeiters Schramm ergriff der erwachsene Sohn em Brodmesser, drang damit auf den Vater em und bracht ihm mehrere Schnitte am Halse bei, die so erheblich waren, daß der alte Mann in's Krankenhaus gebracht werden mußte. Als der Mensch sah, was er ange richtet hatte, brachte er sich mehrere Stiche in die Brust bei und erhängte sich schließlich am Fensterkreuz. Oertliches «nL Sächsisches. Hohenstein-Ernsttkal. den 4. Mai. . — Lienge Erzgebirgsverein will diese« Jahr 26 veranstalten und ist hierzu der , August m Ausfickt genommen worden. Als Fest- Platz dient der Schützenplatz Altstadt. städtischen Wahlkreise (Hohenstein Ernstthal, Limbach, Meerane, Waldenburg) ist für den im vorigen Jahre verstorbenen nattonalliberalen Landtagsabgeordnetcn Reinhold Baumeister Gentzsch in Meerane als gemein- chmer Candidat der OrdnungSparteicn ausgestellt worven. Baumeister Gentzsch gehört der nationalliberalen Partei an. — Die Höhe des Jahres bringt uns der Mai nahe. Die Zunahme der Tage beträgt zu Anfang des Monats reichlich 3, zu Ende desselben reichlich 2 Minuten täg lich. Die Dämmerung beginnt zu Anfang des Monats bereits früh 2 Uhr und endigt gegen 10 Uhr. Am 18. Mai beginnt die schöne Zeit der immerwährenden Dämmerung. Diese Periode, während welcher es bei klarem Himmel selbst über Mitternacht nie ganz dunkel wird und vom Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang das Licht der Sonne in dämmernden Strahlen um den nördlichen Horziont spielt, endet mit dem 19. Juli. — In den letzten Tagen ist in Chemnitz, lowie auch in einigen Städten der Lausitz ein unbekannter Betrüger ausgetreten. Derselbe sucht Familien besserer Stände auf und bittet bei diesen um Unterstützung für eine Witwe mit vier Kindern behufs Unterbringung in eine Versorgungsanstalt. Zur Bekräftigung seiner An gaben zeigt er ein Gesuch vor, das die gefälschte Unter schrift des Bürgermeisters bez. Stadtrathes der betr. Stadt trägt. Vor dem Betrüger sei gewarnt. Er ist 30 bis 35 Jahre alt, unter mittelgroß, kräftig, hat dunkle bez. schwarze Haare, dunklen, mittelgroßen Schnurrbart und ein feines Auftreten. Er ist bekleidet mit dunklem, grauem Sommerüberzieher mit dunkel braunem Sammetkragen und steifem, schwarzem Filzhut. — Der Naturmensch „gustav nagel", welcher kürzlich in Zeulenroda Vorstellung gab und nach Thüringen weiter wanderte, wird recht verschieden beurtheilt. So heißt es, daß er sehr gute Geschäfte mache und an sehnlichen Gewinn einstecke. Zu Zeulenroda hat er eine Summe auf der Post eingezahlt, die er bei seinem Aufenthalt in Reichenfels und Triebes erübrigt hatte, nur einige Mark behielt er für sich. Aus seinem Post- quittungsbuche konnte man ersehen, daß er in ganz kurzer Zeit mehrere Tausend Mark auf seiner Wanderung eingezahlt und an zwei Heilanstalten für Lungenkranke gesandt hatte. Es hat demnach den Anschein, als ob er seinen „Verdienst" wohlthätigen Zwecken opfert. — Der in Leipzig erscheinende „Deutsche Müller" wendet sich gegen den Verbrauch von weißem Brot, da es minderwerthiges Weizenmehl enthalte. Das Blatt schreibt: „Den Arbeitern hat man weiß gemacht, das dunkle Brot wäre unrein, und doch ist das Gegentheil der Fall. Das weiße Brot ist mit minderwerthrgem Weizenmehl gemischt; es sieht zwar sehr schön hell aus, schmeckt aber wie Stroh und Pappe und hat einen sehr geringen Nährwerth. Ein dunkles echtes Roggenbrot ist mehr werth als zwei solche Weißbrote^ die den Zähnen und dem Magen nachtheilig sind. So betrügt sich der Arbeiter durch die Modethorheit an seiner Ge sundheit und seinem Geldbeutel. In den geb,Ide en Kreisen geht man immer mehr zum Genuß der drmklen und schwarzen Brotsorten über. (Pumpernickel, Grau brot Schwarzbrot rc.) Die unteren Schichten werden in Bezug auf solche Dinge unter dem Anschein der Aufklärung in Wahrheit verdummt und irre geführt — T-nn.r'°° P «ENN m Zmcknn bEff-n w°°d-n. sir HchGK-imMch NnlnWitz, 8kMrs, Lugan, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u.^ Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und FesNage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 2ö Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage.