Volltext Seite (XML)
der Freiheit erfreuen, diesen beiden Blutthaten bald andere folgen werden. Spanien. Madrid. Mit einem schweren Unglück begann gleich am Ostermontag die Saison der Stierkämpfe, in dem der Banderillero Cerrajilla« vom fünften wüthenden Stier auf den Tod verletzt wurde. Al» e« die Ban- derillo» im Nacken fühlte, stieß das Thier sein rechtes Horn zwischen die Rippen seines Peiniger», drehte ihn einige Male herum und versuchte ihn aufs andere Horn zu bekommen. Endlich glitt leichenblaß und blutüber strömt der unglückliche Stierkämpfer zur Erde. Er wäre sicherlich noch einmal aufgespießt worden, wenn der Matador nicht mit eigener Lebensgefahr den Stier ab gelenkt hätte. Cerrajilla» wurde bewußtlos hinaurge- tragen. Der Zustand de» Verwundeten ist hoffnungslos, da die Lunge ganz durchbohrt ist. Cerrajilla» hatte erst vor acht Tagen geheirathet. Das Publikum war während dieser Vorgänge in maßloser Erregung. Aber das thut dem Vergnügen keinen Abbruch. Es wird auch in dieser Saison lustig weiter gekämpft werden. Präsident Krüger hat dieser Tage den französischen Journalisten Henri des Houx empfangen und bei dieser Gelegenheit wieder ge wichtige Erklärungen abgegeben. Der alte Kämpe soll frischer und energischer denn je aussehen und seine Ent schlossenheit und sein Vertrauen auf den endgiltigen Sieg der Sache seines Volkes ist seinen Auslassungen zufolge unerschüttert geblieben. Nach einem Bericht der „Franks. Ztg." hat er sich folgendermaßen ausgesprochen: Er erklärte zunächst nachdrücklich, daß die englischen Berichte aus Südafrika, besonders die, welche Botha al- bereit hingestellt hatten, mit Kitchener über die theilweise Aufgabe der Unabhängigkeit der beiden Republiken zu verhandeln, durch und durch lügenhaft seien. Der Ton ihrer neuesten Erklärungen beweise das übrigens zur Genüge. Wenn die Engländer die Wahrheit so ent stellten, müsse es in Südafrika für die Sache der Un abhängigkeit gut stehen. Erst wenn sie sich entschließen würden, der Wahrheit voll und ganz die Ehre zu geben, würde er sich beunruhigt fühlen. „Ich versichere, daß Botha nie eine zweideutige Bemerkung über die Frage der Unabhängigkeit entschlüpft ist," rief Präsident Krüger aus. „Schon der ironische Ton seiner letzten Depesche beweist, daß er stets Herr der Auseinandersetzungen ge. blieben ist, und daß er die Haltung des Mannes be wahrt hat, der zuhört, aber nicht eine« solchen, der zu stimmt. Die Unabhängigkeit ist der einzige Schatz, an dem wir unverrückt festhalten, dem wir alle anderen Güter geopfert haben, für den unsere Mitbürger ihre Höfe verlaffen und ihr Leben in die Schanze geschlagen haben; um die nationale Unabhängigkeit zu wahren, haben sich unsere Frauen und Kinder zu einer zeit weiligen Knechtschaft im englischen Lager verurtheilen lassen. Und wenn die Engländer nicht mit Blindheit geschlagen wären, wenn sie ihr eigenes Interesse richtig erkennen würden, wenn sie nicht rettungslo» dem Jrr- thum und der Ungerechtigkeit sich auSgeliesert hätten, würden sie uns zunächst die Unabhängigkeit zugestehen, die wir verlangen, weil wir, um sie uns mit Sicherheit zu wahren, zu vielen Zugeständnissen und Opfern bereit wären, und dadurch würde der Friede in Südafrika für alle Zeiten besiegelt sein. Wir erklären uns von vorn herein zu allen Erörterungen über die Ausdehnung der zu gewährenden Zugeständnisse bereit. Nur eine Sache behalten wir uns vor, das Recht auf unsere Unab- hängigkeit. Ich gehe noch weiter: wir sind sogar zum Opfer unserer Freiheit bereit, wenn ein Schiedsrichter erklären sollte, daß die eine oder die andere Republik sich etwas hat zu Schulden kommen lassen, was sie der selben unwürdig erscheinen ließe, ein öffentliches Ver- brechen, ein Attentat gegen da« Völkerrecht, eine Ver letzung der göttlichen und menschlichen Gesetze, eine Feig heit oder eine unwürdige That. Wenn etwa« dergleichen bewiesen würde, so würden wir un« dem Nechtsspruche fügen. Aber wir sind darüber völlig beruhigt. Wir fürchten nicht da« Urtheil gerechter Männer und wir vertrauen aus die Gnade des Herrn, unseres Gottes." Der Präsident kam dann auf den Einbruch der Burenkolonnen in die Kapkolonie zu sprechen und er klärte, daß Stejn und De Wet ihren dabei verfolgten Zweck erreicht hätten, der darin bestand, sich frische Pferde zu verschaffen und die Engländer zu zwingen, ihre Streitkräfte auf weite Strecken zu zersplittern, wo durch Botha, der in Osttransvaal etwas in die Enge getrieben worden war, Lust geschafft wurde. Auf einen allgemeinen Ausstand der Afrikander habe man nie ge rechnet, da ein solcher mangels Vorbereitungen, Ver- proviantirungs- und Munitionsmagazinen, sowie unge nügender Cohäsionskraft auf so weiten Räumen unmög lich wäre. Die Wiederaufnahme der Arbeiten in den Bergwerken bezeichnete Krüger al« undurchführbar und als eine Flunkerei der Engländern und machte dabei auf die Thatsache aufmerksam, daß, so lange die Buren in ihrem eigenen Lande Herren waren, trotz der Kriegs, wirren „das internationale Depot" unangetastet geblieben war, während seit dem Eindringen der Engländer in das Transvaalgebiet sie unausgesetzt Zerstörungen preis gegeben sind. Dann erhob zum Schluffe Präsident Krüger die Stimme zu der feierlichen Versicherung, daß die Buren im Stande sind, den Krieg bis in eine „un denkliche Zukunft" fortzuführen. „Wir haben Kämpen, Waffen und Munition in genügenden Mengen. Ueberall, wo wir kämpfen können, wird e« stet« im gegebenen Augenblicke am rechten Orte gut berittene, gut bewaffnete und völlig ausgerüstete Commando« geben. Die Hoff nung, un« durch Ermattung oder Ausrottung nieder zu bekommen, ist eine vergebliche. Gott ist mit uns und die Nationen stehen mit ihren glühenden Sympathien auf unserer Seite." Oertliche« und Sächsische«. Hohenstein-Ernstthal, den 10. April. — Zu dem Congreß sächsischer Textilarbeiter, welcher am Montag im Gasthaus zur Zeche tagte, waren 54 Delegirte erschienen. Die Zahl der organisirten Textil arbeiter beträgt zur Zeit 8516. Die Vertreter berichteten über die mehr oder weniger ungünstige Lage der Textil arbeiter in ihren Bezirken. Herr Höhn berichtet, daß in Hohenstein-Ernstthal vor einigen Jahren etwa 300 Webstühle mehr in der Haus-Industrie Verwendung fanden, als heute. Durch die Lohnbewegung im ver gangenen Jahre seien einige Erfolge erzielt worden. Daraufhin wurde folgende Resolution eingebrackt und gelang zur Annahme: „Der heute tagende Congreß erklärt in Erwägung, daß die gegebenen Berichte zumeist ungünstig lauten, daß es Pflicht eines jeden organisirten Arbeiters sei, allezeit thatkräftig für die Verbands interessen zu werben." Ein Antrag Falkenstein betrifft die Delegirtenwahl. Der Vorsitzende macht hierzu einige Abänderungsvorschläge, und der Antrag, welcher nunmehr besagt, daß die Delegirtenwahl in öffentlicher Versammlung oder einer Versammlung der Filiale des Textilarbeiter-Verbandes erfolgen kann, und ev. auch Slimmensammlung statthaft sei, gelangt zur Annahme. Von der Filiale Hohenstein-Ernstthal wird eine Ab änderung des Krankenzuschuß-Reglements vorgeschlagen, dahin gehend: a) wenn jemand länger als 3 Wochen krank ist, soll ihm die 1. Woche nachgezahlt werden, d) die 26wöchentliche Karenzzeit möchte wegfallen bei demjenigen, der eine Unterstützung bereits erhalten habe, und o) zwecks Vereinfachung des Schreibwerkes fort laufende Krankenscheine einzuführen. Der Congreß ist der Meinung, daß erst Erfahrungen gesammelt werden müßten, ehe man an eine Abänderung denken kann. Crimmitschau beantragt, Sachsen in 4 Agitalionsbezirke einzutheilen und in jedem Bezirke ein Komitee zu bilden. Dieser Antrag wird angenommen. Abgelehnt wird ein Antrag Plauen betr. die Festsetzung der Diäten und die Zahl der zu entsendenden Delegirten. — Mittweida be antragt: Mitglieder anderer Gewerkschaften, welche ihrer Gewerkschaft io lange angehört haben, als die Karenz zeit des Textilarbeiter-Verbandes ausmacht, sollen nach ihrem Beitritt zu diesem sofort vollen Anspruch auf Unterstützung haben. Diesen Antrag ziehen nach der Erklärung eines Mitgliedes des Central-Vorstandes die Antragsteller zurück. — Die nunmehr zur Berathung gelangende Angelegenheit „Neuwahl des Agitations- Komitees" wird erledigt, indem der Antrag angenommen wird, das Komitee in der seitherigen Zusammensetzung zu belassen. Die Wahl des nächsten Conferenz Ortes soll dem Agitations-Komitee überlassen werden. Den Mitgliedern des Agitation« Komitees bewilligt man eine Gratifikation für deren Mühewaltung. Weiter beschließt man, sich mit den streikenden Textilarbeitern in der Lausitz solidarisch zu erklären, und erwartet, daß die kämpfenden Arbeiter ausharren werden. — Der Afrikareisende, Herr Oberleutnant a. D. Westmark, wird Freitag, den 12. April, einen Vortrag über seine Erlebnisse halten. Der Vortrag wird u. a. folgende Punkte berühren: Reise von Banana nach M'Ssna, die Schwiegermutter von Las Palmas, ein Krokodil unter meinem Bette, Stanley-Affaire, roman tische Gemälde, Sitten der Kannibalen, Kasten der Menschenfresser, ihre Palabros, Arbeiter-Familien-Ver- hältnisse, Sklaverei, falsche Haare, Schmuck, Religion, Menschenfresser, ihre Mahlzeiten, Gastereien von Kanni balen, Menschenopfer und Begräbnißfeierlichkeiten, Leichentanz, ein Boot von einem Flußpferd umgeworfen, Handelssklaverei. — In Marseille wurde Westmark zum Mitglied der geographischen Gesellschaft ernannt und in Lyon verlieh ihm die geographische Gesellschaft die goldene Medaille. Westmark hat einen glänzenden Vortrag, so schreibt das „Neue Wiener Tageblatt." Die PSahrheit über Stanley enthüllte Westmark in einem farbendurchglühten fesselnden Vortrag, den er im wissenschaftlichen Klub hielt. Der „Hannov. Courier" schreibt: Ein genußreicher Abend war dem Publikum, welches der Einladung des Afrikareisenden folgend, sich im Saale des Künstlervereins eingefunden hatte, bereitet. Die eigenartige Vortragsweise des jugendlichen Reisenden fesselte die Zuhörer von Anfang an. Der Vortrag wurde mit stürmischem Beifall ausgenommen. — Gesuche von Kriegsinvaliden und ihren Hinter bliebenen um eine anderweitige Pensionirung bez. Er- Höhung ihrer Bezüge, die jetzt im Hinblick auf den dem Reichstage vorliegenden Gesetzentwurf im Kriegs ministerium zahlreich eingehen, sind völlig zwecklos, so lange der Entwurf nicht Gesetz geworden ist. Auch wenn dies geschehen sein wird, liegt zu solchen Gesuchen kein Anlaß vor, da die durch dieses Gesetz gewährten höheren Versorgungsgebührnisse seitens der Militärbehörden ohne Antrag angewiesen werden. Die „Berliner Korrespondenz" weist darauf hin, daß die Gesuche in Invaliden- und Nnterstützungsangelegenheiten am zweck mäßigsten seitens der Kriegstheilnehmer an die Bezirks feldwebel und seitens der Hinterbliebenen an die Orts behörden gerichtet werden, die sie am schnellsten den entscheidenden Stellen zuführen. — Meinungsäußerungen in der Presse. Der erste Strafsenat des Reichsgerichts hat jüngst eine wichtige Entscheidung gefällt. Er hat erkannt, daß ein Eingesanvt, worin unter voller Namensunterschrift im Interesse des Publikums ein Mißstand öffentlich gerügt wird, die Absicht der Beleidigung ausschließt und daher Straflosigkeit aus Paragraph 193 des Strafgesetzbuches genießt. Der Thatbestand ist folgender: Im „Generalanzeiger" für Frankfurt a. M. hatte am 19. Juli v. I. der Rechtsanwalt Dr. Gustav Ohlen schlager ein Eingesandt veröffentlicht, durch welches sich die Eisenbahndirektion Frankfurt beleidigt fühlte. Der Präsident derselben stellte Strafantrag nicht gegen den verantwortlichen Redakteur, sondern gegen den Einsender, der das Eingesandt mit seinem vollen Namen unterzeichnet hatte. Das Landgericht Frank furt am Main hat Herrn Ohlenschlager am 25. Jan. wegen Beleidigung zu 50 Mk. Geldstrafe verurtheilt und angenommen, daß er zwar berechtigte Interessen vertreten, aber durch die gewählte Form seine Absicht, zu beleidigen, zu erkennen gegeben habe. Dagegen hatte der Angeklagte Revision eingelegt. Der Reichs anwalt erklärte: Es sei nicht gut denkbar, daß ein Mann, der den Muth habe, mit seinem Namen an die Oeffentlichkeit zu treten, die Absicht gehabt haben sollte, zu beleidigen, und sich mit sehenden Augen einer Beleidigungsklage auszusetzen. Es gehöre doch ein ge wisser Muth dazu, im Interesse des Publikums einen Mißstand öffentlich zu rügen, und zwar mit voller Namensunterschrift. Es sei in Deutschland eine Selten heit, daß Jemand bei derartigen Gelegenheiten nicht anonym bleibe. Eine beleidigende Form sei in dem incriminirten Artikel nicht zu finden. Dem Anträge des Reichsanwalts entsprechend, erkannte das Reichs gericht aus Aufhebung des Urtheils und Zurückver weisung der Sache an das Landgericht. — Die König! Eisenbahnbetriebsdirektion Chemnitz hat die Bahnhofswirthschaft im neuen Stationsgebäude zu Wüstenbrand vom 1. Juli 1901 ab auf 6 Jahre ausgeschrieben. Die Frist zur Einreichung von Pacht geboten ist auf den 1. Mai d. I. festgesetzt worden. — Für die von Leipzig aus an die Landessynode gerichtete Petition, welche die Geschäftsvertheilung unter Geistlichen an derselben Kirche betrifft, sind aus geistlichen Kreisen bis zum 30. März 272 Zustimm ungserklärungen eingegangen, darunter 5 von Superin tendenten. Aus Laienkreisen ist erst der geringere Theil de: zu erwartenden Unterschriften eingegangen, nämlich 51, sämmtlich aus Leipzig und der nächsten Umgegend. Die Erklärungen und Begleitschreiben der zunächst be- theiligten Geistlichen enthalten nach dem „Neuen Sächsischen Kirchenblatt" zum Theil bewegliche Klagen über die bei der Vertheilung der Geschäfte noch viel fach waltende, auffallende Ungleichheit, zum Theil aber auch — und zwar gleichmäßig aus großen, wie aus kleinen Städten — beredte Zeugnisse für den Segen einer konsequent durchgeführten Vertheilung der Ge schäfte nach Seelsorgerbezirken. — Von der Direktion der Ortskrankenkasse in Leipzig sind mit etwa 90 Aerzten Berlins und anderer Großstädte Verhandlungen wegen Uebersiedelung der betreffenden Aerzte nach Leipzig eingeleitet worden. Chemnitz. Im „Blauen Engel" wird etwa Mitte dieses Monats in der gesammten ersten Etage, sowie in den Paterreräumen, welche links von der Hausflur nach der Kronenstraße zu gelegen sind, ein Caf« ersten Ranges unter dem Namen „Kaiser-Cafe" eröffnet werden. Chemnitz Am Sonnabend Abend 8 Uhr wurde die Leiche einer unbekannten Frauensperson aus dem Schloßleich gezogen und polizeilich aufgehoben. Nach träglich wurde in der Todten eine Schlossermetstersehe- frau von hier feltgestell«, welche wegen Schwermulh in folge körperlichen Leidens freiwillig in den Tod ge gangen ist. Plauen, 9. April. Auf unserer elektrischen Straßenbahn hat sich vorgestern Nachmittag in der 2. Stunde ein größerer Unfall ereignet. Wagen Nr. 10 ist vom oberen Bahnhofe aus ohne Besetzung und ohne Führer durchgeganqcn, die steile Bahnhofstraße hinab- gelaufen und auf der Kreuzung der Bahnhofstraße mit der Fürsten- und Gottschald-Straße mit dem dort halten den Wagen Nr. 15 zusammengestoßen. Die beiden Wagen, die sich ineinander geschoben hatten, rasten mit Schellzugsgeschwindigkeit die steile Bahnhofstraße vollends abwärts, über den Postplatz hinweg und nach der Klostcrstraße zu. Hier entgleisten die incinandekgeschobenen Wagen. Sie rannten, trotz der hohen Bordkante, auf den Plattenweg, wobei die Bordkante und die Platten beschädigt wurden, und stießen alsdann an dasBrückner'sche HauS Klosterstraße 10, an. Wagen Nr. 15 warf mit dem Vordeithcil den Rollladen der Lederhandlung von Brückner und einen Theil des Gebäudes ein und blieb in dem Hause stecken. DaS Haus mußte, um cS vor gänzlichem Einfall zu schützen, gestützt werden. Mehrere Personen sind bei dem Unfall leicht verletzt worden. Grimma. Eines ungewöhnlichen Todes starb ein Husar aus Hartha. Er verschluckte versehentlicht die Aehre eines Strohhalmes. Die Aehre scheint die