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größten Unangenehmlichkeiten au«setzen. Aber der Krieg wirkt Wunder. Manch wackrer deutscher Musketier hat hier in diesem Lande der Geschmacksverirrungen eine stille schwärmerische Liebe zu diesem unglaublichen Ge tränk entwickelt und sie sehr zum Schaden seiner Ge sundheit und seine« Führungsbuche« befriedigt. Mehr al« einmal sind auf dem Wege nach Paotingfu und vor allem später auf den eisigen Gebirgsmärschen de» Kol- ganer Zuges deutsche Soldaten bewußtlos auf der Straße liegend oder in einem stillen Winkel des Quartier« ver steckt gefunden worden, die zu tief in« hirseweingefüllle Glas geguckt hatten. Selbst Whisky und Rum sind noch matte Limonade gegenüber dem Alkoholgehalt dieses au« Kauliang gegorenen Giftes. Es versteht sich von selbst, daß mit den schärfsten Strafen gegen diese un glücklichen Sünder vorgegangen werden mußte. Es schaudert einen, daran zu denken, was wohl das Geschick eines solchen bewußtlos etwa von den Chinesen ge» fundenen Nachzüglers sein würde. Nachdem wir die Einzelheiten über das entsetzliche Ende eines indischen Soldaten erfahren haben, dem die Chinesen Hände und Füße gefesselt, den Mund geknebelt und einen Käfig mit zwei ausgehungerten Ratten zwischen die Beine gebunden hatten, wundern wir uns nicht mehr, wenn wir Abends im Quartier, bei schneidender Kälte und eisigem Winde, einen Soldaten an einen Baum gefesselt sehen. Das sieht zwar aus wie ein Bild aus einer Indianer- geschichte für die reifere Jugend, ist aber nichts anderes, als die kriegsmäßige Umformung der strengen Arreststrase. Am schlimmsten hat der Hirsebrannt wein gewüthet bei den Italienern, die al» mildernden Umstand allerdings wohl ansühren können, doß sie mehr gefroren haben, als andere Truppen kälterer Länder. Sie litten noch mehr als unsere unter der völligen Vorenthaltung jeglichen Alkohols, den der Sol dat eben nicht entbehren kann, wenn er bis dahin jin seiner Heimath täglich ein paar Glas Bier und ein oder zwei Schnäpschen zu trinken gewohnt gewesen ist." England. London, 16. April. Aus Prätoria wird dem „Standard" gedrahtet, kleine Banden seien allenthalben fortgesetzt in Thätigkeit, deren Unterdrückung beträcht liche Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Es seien in dessen Vorbereitungen im Gange, um die verschiedenen Wege gründlicher zu säubern, als dies bislang möglich gewesen sei. Der Krieg sei daher in sein letztes (?) Stadium getreten, sein Ende werde von der Munitions menge der Buren abhängen. Jedenfalls beabsichtigen die Buren bis zum äußersten zu kämpfen. Nach einer Brüsseler Drahtung des „Standard" würde, wenn die Buren gezwungen sein sollten, die Waffen niederzulegen, weder Krüger noch andere Burenführer einen Vertrag unterzeichnen, um der künftigen Generation Gelegenheit zu geben, sich gegen England zu erheben, ohne ein schriftliches Abkommen zu verletzen. — Eine Bestätigung der Sensationsmeldung, French sei von den Buren gefangen genommen worden, liegt noch nicht vor. Wohl aber giebt das Londoner Kriegs amt ein Telegramm Kitchener's bekannt, da« folgender maßen lautet: Während der Operationen des Generals Babington überraschte eine Kolonne des Oberst Rawlin son nordwestlich von Klarksdorpspruit bei Tagesanbruch SmulS Lager. 6 Buren wurden getödlet, 10 verwundet und 23 gefangen genommen. Ein 12-Psünder, 1 voll ständiges Pompomgeschütz, 2 Munitionswagen mit Munition, einige Pferde und Vieh wurden weggenommcn. Die Engländer hatten 3 Verwundete. Oberst Plumer nahm den Feldcornet Briel und 16 Buren gefangen und erbeutete 10 Wagen, 18 Gewehre, Pferde und Rindvieh. Im Oranje-Freistaat wurden während der Operationen Pilchers 7 Buren getödtet, 1 Bure ergab sich. Ferner wurden erhebliche Vorräthe eingebracht. Die Meldungen, daß Burenlager überrascht wurden, mehren sich in letzter Zeir. Wenn man auch vie Rich tigkeit dieser englischen Bekanntmachungen nicht ohne Weiteres bestreiten kann, so muthet einem doch seltsam der Umstand an, daß nach denselben stets wieder Ge schütze erbeutet werden, schwere und leichte, deren — nach früheren englischen Meldungen — die Buren doch gar keine mehr besitzen. Amerika. Newyork, 16. April. Der „Newyork Herald" bringt ein Schreiben aus Prätoria vom 13. d. I., in welchem die Gemahlin des Militärgouverneurs von Prätoria, Generals Maxwell, welche Amerikanerin ist, einen Aufruf um Spenden an warmen Kleidungsstücken für die Burenfrauen und Kinder in den Flüchtlings lagern erläßt. Frau Maxwell fügt hinzu, daß die Fonds in England durch Hilfeleistung an die eigenen Soldaten, sowie deren Frauen und Kinder derartig in Anspruch genommen seien, daß sie sich an ihre ameri kanischen Landesleute, unter welchen, wie sie wisse, viel Sympathie für die Buren herrsche, um Unterstützung für deren hilflosen Frauen und Kinder wende. OertlicheS und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 17. April. — Der Kaiser wird auf feiner Reise nach Bonn dem König Albert von Sachsen in dessen Sommerresidenz Strehlen einen Besuch abstatten, um dem greisen König, welcher am 23. d. M. sein 73. Lebensjahr vollendet, persönlich seine Glückwünsche zu überbringen. Der Kaiser wird am 23. dieses Monats Mittag» in Dresden bezw. Strehlen eintreffen und Abends die Weiterreise nach Bonn antreten. — Sachsens Kohlenreichthum. Ueber die Verhält nisse der Kohlenbergwerke Sachsens entnehmen wir ausführlichen Mittheilungen des Herrn Bergrath Scheibner in der Jahresversammlung des sächsischen- Dampfkeffel- Revisionsvereins folgende interessante Be merkung: Der Steinkohlenbergbau Sachsens ist auf der Höhe seiner Produktion angelangt. Dieselbe kann nicht mehr wesentlich gesteigert werden, da weniger Hoffnung vorhanden ist, ausgiebige Steinkohlenflötze in den noch nicht aufgeschlossenen Feldern zu finden. Es liegt daher nahe, die reichen Schätze der Braunkohlen ablagerung Sachsens aufzuschließen und den Bedarf zu gängig zu machen. Die kohlenführende Fläche im Be reich der Kreishauptmannschaft Leipzig ist auf 800 Quadratkilometer zu schätzen. Dieselbe wird nach den ausgeführten Bohrungen an gewinnbarer Kohlenmenge mindestens 50 Milliarden Hectoliter bringen. Um einen Maßstab für diese gewaltige Menge Kohlen zu haben, sei erwähnt, daß die Braunkohlenmenge in den Flötzen der Kreishauptmannschaft Leipzig den Bedarf an Brenn material in Chemnitz (jährlich 20 Millionen Hektoliter) auf den Zeitranm von 2500 Jahren decken können. In den Lagern erdiger Braunkohle ist ein Reichthum von Brennmaterial vorhanden, welcher den Jndustuiellen die Hoffnung läßt, daß die Kohlenpreise einstmals wieder fallen werden, zumal bereits jetzt erwiesen ist, daß die daraus gewonnene künstliche Braunkohle in Briketform sich gut für Dampfkeffelfeuerungen eignet. GerSdors, 15. April. Aus dem von der hiesigen Gemeindeverwaltung erstatteten Geschäftsbericht auf 1900 ist noch Folgendes zu entnehmen: Das Gemeindegebiet ist 969 Hektar 06 Ar groß. Sitzungen hielt der Ge- meinderath 14 und erledigte in denselben 118 Punkte. Der Kassen- und Verfassungs-AuLschuß hielt 8, der Armenausschuß 6, der Sparkassen-AuSschuß 4, der Schul vorstand 25 Sitzungen. — BaugenehmigungSgesuche gingen 27 ein, wovon sich 2 auf Neu-, 25 auf Um-, An- und dergl. Bauten bezogen. Hinsichtlich der Straßen bausachen ist zu erwähnen, daß im Berichtsjahre 1550 lfd. Meter beschottert und mittelst Dampsstraßenwalze abgewalzt worden sind. Der Aufwand für die Straße- beträqt ca. 13000 Mark, dem nur 700 Mark Staats beihilfe gegenüderstehen. Am 16. November beschloß der Gemeinderath die Einführung des elektrischen Lichtes. Uebertragen ist es zur Zeit noch keiner Elektricitälsge- sellschaft. — Verquartiert wurden anläßlich des Manövers 1282 Mann mit 429 Pferden im Berichtsjahre. Enge Quartiere wurden 3 Mal bezogen und zwar mit 248 Mann und 30 Pferden. Die Vergütung für Flur schäden beziffern sich auf 367 Mk. 50 Pf., während an Quarticrgeldern 4784 Mk. 76 Pfg. zur Auszahlung gelangten. Als Unterstützungen der Familien zu Friedens Übungen einberufener Mannschaften gelangten 362 Mk. 24 Pf. zur Auszahlung. Zur Stammrolle meldeten sich 9l Militärpflichtige. — Armen- und Unterstützungs angelegenheiten. Unterstützunqsgesuche wurden 14 ange bracht bez. genehmigt, 12 hatten den Unterstützungswohnsitz hier, l auswärts, 1 Person war landarm. 2 Schulknoben wurden in Besserungs-Anstalten unterqebracht. Armulhs- zeugnisse wurden 44 ausgestellt. Zur unentgeltlichen Verpflegung Kranker ist eine Diakonissin anqestellt. Die Zahl der Rentenempfänger beläuft sich auf 293 Personen. — Zur Anmeldung gelangten 703 Personen, ingleichen zur Abmeldung 642. Seit dem Inkrafttreten des Ge setzes vom 1. Juni 1898, die Einführung einer allge meinen Schlacht-, Vieh- und Fleischbeschau betreffend ist die Errichtung einer Freibank nothwendig geworden. Es wurden bereits 7 minderwerthige Rinder und 5 Schweine verkauft. — Eine Anzahl Wirthe von Zwickau und Umgegend waren wegen Glücksspiels bestraft worden, weil sie durch den Apparat „Bravos" Cigarren ausgespielt hatten. Die von den Beschuldigten gegen das Urtheil des hiesigen Landgerichts erhobene Revision ist vom Reichsgericht verworfen worden. Dresden, 16. April. Vor der III. Strafkammer des hiesigen König!. Landgerichts erschien heute der 73 Jahre alte, bisher unbescholtene Gutsauszügler, frühere Landwirth und Gutsbesitzer Ernst Adolf Gießmann aus Röhrsdorf bei Wilsdruff, um sich wegen Unter schlagung zu verantworten. Der Angeklagte ist ein alter und schwacher Mann, der in den Gerichlssaal ge tragen werden muß. Gießmann war seit dem Jahre 1871 bis Anfang Mai vorigen Jahres Vorsitzender und Kassirer des ländlichen Spar- und Vorschußvereins (Aktiengesellschaft) für Röhrsdorf und Umgegend. Während dieser Zeit hat eine Revision der Kasse nie mals stattgefunden. Der Angeklagte besaß ein großes Vertäuen. Dasselbe ist von ihm in schnöder Weise mißbraucht worden. Wie die heutige Beweisaufnahme ergab, hat Gießmann in seiner Stellung als Kassirer für den genannten Verein nach und nach 27 447 Mk. bares Geld, sowie eine große Anzahl Werthpapiere, Leipziger Bankaktien im Courswerthe von 37 742 Mk. unterschlagen. Der Angeklagte gab die Veruntreuung zu und behauptete, daran sei eigentlich sein Sohn Albin schuld. Dieser habe Medizin studirt, viel Geld gekostet und sei dann gestorben. Als am 2. Mai 1900 auf An trag des Rentners Hoyer eine Revision der Vereins kaffe stattfand, wurde die Unterschlagung entdeckt. Es ist nach Höhe von 18 000 Mk. Ersatz geleistet worden. Das Urtheil lautete auf drei Jahre Gefängniß und 5-jährigen Ehrenrechtsverlust; 6 Monate gelten als verbüßt. — Zum Falle von Beust erhalten die DreSd. Nachr. eine Zuschrift, in der es u. a. heißt: Man wird nicht behaupten dürfen, daß mit dem Verlaufe der Proceß- verhandlung und dem Urtheil des Kriegsgerichts dem allgemeinen moralischen Empfinden voll genüge geleistet worden wäre. Gewiß ist es nur dankbar zu begrüßen, daß die Verhandlung ohne jeden Ausschluß der Öeffent- llchkeit geführt worden ist; die tiefgehende Bewegung, welche die begleitenden Vorgänge in den weitesten Kreisen in Dresden selbst und auswärts hervorgerusen hatten, ließ es im höchsten Maße wünschenswerth erscheinen, daß durch die größte Oeffentlichkeit überall volle Klar- heit über das ganze Verfahren gesichert würde. Der Vorsitzende des Kriegsgerichts hat ferner, sich streng an die ihm gestellte Aufgabe haltend, sorgfältig darüber ge wacht, Alles aus der Verhandlung auszuscheiden, was nicht unmittelbar zum Thatbestande der im Anklagebe schluß angezogenen Gesetzes-Paragraphen gehörte, sodaß alles im weiteren Sinne Skandalöse glücklich vermieden und die Behandlung rein militärischer Vergehen erreicht worden ist. Diese Vorzüge des Verlaufs der Verhand lung nach der einen Seite bilden aber auch eine Schwäche nach der anderen, indem das unmoralische Verhalten des Angeklagten in den mit den militärischen Vergehen in ursächlichem Zusammenhang stehenden Nebenumständen von Seiten des Gerichts so gut wie keine Verurtheilung erfahren hat; weder in den Urtheilsgründen noch in der Strafabwessung ist das zum Ausdruck gelangt. DaS öffentliche moralische Bewußtsein muß dies aber als einen Mangel empfinden, denn in der großen Menge wird sich nur ein schwaches Verständniß für die Genug- thuung darüber ergeben, daß Hauptmann von Beust nach den Bestimmungen des gedruckten Strafgesetz buchs wegen Freiheitsberaubung, Nöthigung und ein fachen Mißbrauchs der Dienstgewalt verurtheilt worden ist; das Rechtsempfinden im Volke erwartete von diesem Gerichtshof auch eine Sühne des öffentlichen Aerger- nisses, welches durch das schlechte, ja verderbliche Bei spiel des Angeklagten gegenüber seinen Untergebenen seit Wochen erregt worden ist. Die Strafe, die der Ange klagte durch den Spruch des Ehrengerichts zweifellos noch erhält, kann gewiß von Niemanden, der die Lebens verhältnisse eines Officiers richtig mit in Betracht zieht, unrerschätzt werden, aber ihr mehr oder weniger diskreter Charakter vermag den erwähnten Mangel der moralischen Verurtheilung durch das ordentliche Gericht nicht auf zuheben. Es liegt hier zweifellos eine Lücke in der militärischen Strafproceßordnung vor. Dresden, 16. April. 36 Stadtverordnete haben einen Antrag eingebracht, den Nath zu ersuchen, dahin zu wirken, daß das Schleifen und Schleppen der Frauen kleider und Mäntel auf dem Straßenboden verboten werde. — Aus Leipzig wird gemeldet, daß der Inhaber der bekannten Rauchwaaren-Exportfirma S. M. Perl« mann, aus dem Brühl 69, Maximilian Perlmann, mit Hinterlassung bedeutender Schulden flüchtig ist. Mülsen St. Niclas, 16. April. Der hier wohnhafte Bauunternehmer Döhn versuchte kürzlich auf einem seiner Grundstücke, unweit des Ortes, nach Wasser zu graben, und stieß unvermuthet auf einen unterirdischen Gang. Nach einer hier herrschenden Bolkssage soll dieser unterirdische Gang aus urgrauer Zeit stammen, wonach hier das im oberen Ortstheil stehende Gut des Herrn Beil, das einzige im Orte ge wesen sei, und von diesem Gute soll der Gang bis zur Nähe der Kirche gehen, wo früher nur eine Kapelle gestanden hat, auch schon frühere Nachgrabungen in der Kirche, haben gezeigt, das obige Angaben auf Wahrheit beruhen, denn man stieß damals auf eine gut erhaltene Thür. Am vergangenen Sonntag war die neu entdeckte Höhle der Zielpunkt vieler Neu gieriger. Adorf im Vogtl., 16. April. Das Wort „Vom Fluch der bösen That, die fortzeugend Böses muß ge bären" kommt einem in den Sinn beim Lesen folgender Meldung des hiesigen „Grenzboten": Vor etwa drei Wochen hat der Raubmörder Roth aus Sohl — kurze Zeit vor seiner Einlieferung in Waldheim — eine Meineidsanzeige gegen seine Schwägerin, einem hübschen, erst 17jährigen Mädchen namens Thekla Leistner, welche in Plauen in Diensten stand, erstattet, worauf diese in Untersuchungshaft genommen wurde. Wahrscheinlich auf eine anderweidige belastende Aussage der Leistner hin ist nun vor einigen Tagen auch die Mutter des genannten Roth, eine kränkliche 67jährige Frau, welche in zweiter Ehe mit dem Korbmacher Christoph Dölling in Sohl verheirathet ist, verhaftet und an das Königl. Amtsgericht Adorf eingeliefert worden. Vermischtes. * Berlin. Die Festnahme eines 34000 Mark- DiebeS, der vom Stettiner Polizeipräsidium gesucht wurde, ist in Beuse» Hotel hier geglückt. Der „L.-A." berichtet darüber: Dort kehrte am Sonnabend in den siebenten Abendstunde ein Mann im Alter von etwa 28 bi» 30 Jahren ein und ließ sich ein Zimmer geben. In da«