Volltext Seite (XML)
für Ldtrli«Witz, 8crMfi, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Berndorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. s. lv. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. Redaclion und Expedition: Bahnstrake 3 (nahe den» K. Slmtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Inscrtionsgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den BerbreilungSbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Borm. 10 Nhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. Nr. 89. Donnerstag, den 18. April 1901. 28. Jahrgang. tu g V 's.- L t r T-eutichrs Rei ... Berlin, 16. April. (Reichstaq.) Das Haus ist nur sehr mäßig besetzt. Am Bundesrathstisch Staats sekretär v. Thielmann und Nieberding und Kriegs- miuister von Goßler. Auf der Tagesordnunq steht zunächst die erste Berathunq des Gesetzentwurfs, betr. Versorgung der Kriegsinvaliden und der Kriegshinter bliebenen. — Abg. Graf Oriola (ul.) begrüßt die Vor lage, die endlich viele bestehende Härten beseitige. Hoffentlich erscheine nun aber auch in der nächsten Session eine totale Revision der Militärpensionsgesetz gebung, denn so wie dieselbe jetzt sei, finde sich fast Niemand mehr in ihr zurecht. Diese Vorlage anlangend sei zu erwägen, ob nicht der Aufenthalt auf See in Bezug auf die Jnvalidenfürsorge dem Kriege gleichzu stellen sei. Er erinnere an die Opfer des Schiffbruchs des „Gneisenau". Ueberhaupt bedürften nicht nur die Pensionen der Kriegsinvaliden, sondern alle Militär- penfionen einer Aufbesserung, insonderheit die der Offiziere. Zum Mindesten müßte da den subalternen Offizieren, wenn man ihre Pensionen nicht allgemein erhöhen wolle, die etwaige Kriegszulage aufgebesfert werden. Entschieden zu beanstanden sei die Bestimmung, wonach den Ganziuvalideu mit noch nicht 600 Mark jährlichem Gesammteinkommen vom 55. Lebensjahre ab eine Alterszulage bis zur Vervollständigung ihres Einkommens auf 600 Mk. gewährt werden können, und zwar auch nur im Falle völliger Erwerbsunfähig keit. Diese Alterszulage müsse vorbehaltlos gewährt werden. Ganz allgemein müsse ferner die Ungerechtig keit beseitigt werden, daß den Militärinvaliden im Reichs- und Staatsdienste ihre Invalidenrente am Ge halte gekürzt würde, während die Kommunen gegenüber den von ihnen angestellten Militärinvaliden eine solche Kürzung nicht vornehmen dürften. — Abg. Graf Roon (kons.) ist mit dem Vorredner darin einig, daß es sich hier nur um ein Nothgesetz handle, es müsse später eine allgemeine Regelung nachfolgen. Auf alle Fälle dürfte die Erhöhung des Gesammteinkommens bis zu 600 Mk. durch Alterszulagen nicht von völliger Er werbsunfähigkeit abhängig gemacht werden, wie dies ß 10 vorschlage. Diese Alterszulage müsse vielmehr sür 53 000 Invalide» obligatorisch gemacht werden. — Abge. Bachem (Centr.) bezeichnet es als eine Ironie, daß erst die chinesischen Wirren hätten kommen müssen, um diese» langgehegten Wunsch des Reichstags zur Erfüllung zu bringen. Den chinesischen Boxern habe es der deutsche Invalid zu verdanken, daß endlich für ihn und seine Relikten besser gesorgt werde. Auch für diese bringe die Vorlage dankenswerthe Verbesserungen. Deshalb solle man sich jetzt auch beschränken, damit nicht durch weitergehende Forderungen das baldige Zu standekommen des Gesetzes gefährdet werde. Was die Deckung für die aus der Vorlage erwachsenden Mehr ausgaben betreffe, so sprechen die amtlichen Begründ ungen der Vorlage von einer künftigen nothwendigen Erschließung weiterer Einnahmequellen des Reiches. Er für seine Person würde einer Wehrsteuer zustimmen, doch bemerkte er, daß seine Fraktion ihre frühere Antipathie gegen eine solcheSteuer noch nicht aufgegeben habe. — Abg. Singer (Soz.) hält eine Reichseinkommensteuer oder Reichsvermögenssteuer für weit richtiger als eine Wehr steuer. Die Vorlage sei nach verschiedenen Richtungen hin verbesserungsbedürftig. Seine Freunde würden in der Kommission Vorschläge zu Gunsten der Mann schaften machen. — Abg. Höffel (Reichsp.) begrüßt die Vorlage freudig, äußert dann aber sein lebhaftes Be dauern darüber, daß die ehemals der französischen Armee zugehörigen elsaß-lothringischen Invaliden, die nachher annektirt worden seien, nicht in diese Vorlage e »bezogen seien. — Abg. Pachmcke (freis. Ver.) spricht sich gegen den Gedanke» einer Wehrsteuer aus. Viel richtiger wäre eine Reichseinkommeusteuer, eventuell eine Reichserbschaftssteuer. — Abg. Prinz Carolath (nl.) dankt für die Schnelligkeit, mit der die Regierung ihr Versprechen eingelöst und die Vorlage eingebracht habe. Besonders sympathisch seien ihm die Alterszu lagen znr Ergänzung des Gesammteinkommens ganz invalider Mannschaften auf 600 Mk. und kriegsinoalider Offiziere auf 3000 Mark. Aber diese Zulagen müßten obligatorisch gemacht und nicht von völliger Erwerbs unfähigkeit abhängig sein. Wünschenswerth sei ferner eine reichlichere Aufbesserung der Bezüge der Halb- invaliden einschließlich derjenigen der 5. Klasse, sür welche in der Vorlage gar keine Aufbesserung vorge sehen sei. Auch dürfe der Jnvalidenbezüge halber keinerlei Gehaltskürzung seitens des Staates stattfinden. Es sei ein Unding, daß der Staat solche Kürzungen vornehmen dürse, während dies de» Kommunen nicht erlaubt sei. Endlich auch müsse die generelle Regelung der Militärpensionen bald zur That werden. Eine Reichseinkommensteuer halte er nicht für richtig, eben so wenig eine Wehrsteuer, denn letztere würde» ja auch eine ganze Menge armer Teufel zu zahlen haben. Der Gedanke einer Wehrsteuer als Strafe für körper liche Unfähigkeit sei überhaupt zu verwerfen. — Abg. Jäger (Centr.) unterstützt den Wunsch Höffel's bezüg lich der elsaß-lothringsr Krieqsinvaliden. — Abg. von Thiedemann (Reichsp.) hält es für ganz unangebracht, die Deckungsfrage mit diesem Entwürfe zu verquicken. Dadurch würde das Zustandekommen dieses Gesetzes nur in bedauerlicher und ganz unnöthiger Weise ver zögert werde». — Abg. v. Liebermann (Ant.) wünscht, daß der Bundesrath sich immer so schnell schlüssig mache wie in diesem Falle, z. B. auch bei dem Zoll tarif. (Lachen links.) — Abg. Beckh (freis. Volksp.) betont die Nothwendigkeit baldigen Erscheinens eines allgemeinen Militärpensionsgesetzes. Die Vorlage geht sodann an die Budgetkommission. — Ueber den Empfang des deutschen Kronprinzen am Wiener Bahnhofe sind noch folgende Einzelheiten zu berichten: Man sah noch, während der Zug rollte, den Kronprinzen bei der Thüre stehen, die rechte Hand am Tschako, zum Gruße erhoben. Der Kaiser stand ganz dicht am Gleise, gleichfalls salutirend. Kaum hielt der Zug, so sprang der Kronprinz herab und küßte, sich tief verbeugend, dem Kaiser die Hand, der ihn mit heiterem Gesicht herzlich willkommen hieß. An der Seite des Kaisers, zu seiner Linken schreitend, ging nmi der Kronprinz die Front der Ehrencompagnie ab Man hatte Gelegenheit, seine jugendsrische Erscheinung genau zu beobachten. Die österreichische Husarennniform, an sich eine sehr kleidsame Tracht, hob den Reiz seiner Person. Der Kronprinz ist so hoch gewachsen wie Kaiser Franz Josef. Als er, genau vor fünf Jahren, das erste Mal in Wien war, war er noch ein Knabe. Heute erschien er als junger Mann, dessen äußere Erscheinung das zukünftige Bild des Mannes bereits deutlich erkennen läßt, allgemein fiel die Achnlichkeit des Kronprinzen mit seiner kaiserlichen Mutter auf. Dec Kronprinz war freudig bewegt, tiefe Bläffe und Röthe wechselten jäh auf seinem Antlitz. Alsdann erfolgte die Abfahrt in die Stadt. Sobald der Wagen vorüber mar, äußerte sich das Publikum lebhaft, wie fesch der deutsche Prinz aussehe, wie stramm und frisch und jugendlich. Auch später auf dem Wege zur Kirche standen Tausende, die den Kronprinz stürmisch begrüßten. Im Gotteshause selbst war jedes Plätzchen besetzt. Zur Linken des Kronprinzen saß Fürst Eulenburg. Pfarrer Johanny von Gumpendorf hielt die Predigt über die Stelle auS Paulus: „Christus ist mein Leben". Der Pfarrer nahm die Gelegenheit war, als er die Geschichte der evangelischen Kirche in Wien rekapitulute, zu sagen: Gerade heute, wo ein Sprößling des erlauchten HauseS der Hohenzollera unserer Andacht beiwohnt, möchte ich darin erinnern, daß sein erlauchter Ahn Kaiser Wilhelm I. es nie verabsäumt hat, wenn er in Wien war, auch in unserer Milte zu erscheinen, und daß auch Kaiser Wilhelm II. schon unserer Andacht beiqewohnt hat." Bei de» Kirchenliedern, w'lche die Gemeinde sang, hat der Kronprinz mitgesungen. — Das Prunkmahl, während dessen die Trinkst»üche gewechselt worden, bestand aus 162 Gedecken. Als erstes Paar erschien der dentsche Kronprinz in österreichischer Husarenuniform, die Erz herzogin Maria Josepha am Arme führend Der Kronprinz plauderte unbefangen mit der Erzherzogin Maria Josepha und lauschte auch manchmal dell Klängen der Militärmnsik, die lustig von der Galerie herunter schmetterten; mit dem Kaiser sprach er seltener und schien nur zu antworten, wen» ihn der Kaiser etwas fragte, nie aber das Wort an ihn zu richten. Wie verlautet, machte seine offene, unbefangene und doch jugendlich reservirte Art, sich zu geben, auf alle Anwrsenden den beste» Eindruck, der noch durch seine männlich-schöne Jünglingsqestalt erhöht wurde. Der schon gemeldete Trinkspruch des Kaisers war im Tonfall ungemein herz lich und fast väterlich mild, während der Kronprinz, der anfangs eineir Augenblick befangen schien, mit fester, im ganzen Saal deutlich vernehmbarer Stimme antwortete, den Satz von der Waffenbrüderschaft mit miliiäricher Schärfe betonend. — Die Vorbereitung Rußlands zu den Handels verträgen bespricht ei» Aufsatz der Zeitschrift „Ruß land und Deutschland", der betont, daß man auch in den einsichtigen Kreisen Rußlands dem Zustandekommen eines russisch-deutschen Tarifvertrages die höchste Be deutung zumeffe. Allerdings herrsche heute schon in der russischen Industrie eine starke Bewegung, der es sehr willkommen wäre, die deutsche Konkurrenz druck) deren eigene Schuld los zu werden. In bestimmtester Weise stellt man jedoch auf russischer Seite in Abrede, daß man bereits Maßnahmen für einen etwaigen deutsch russischen Zollkrieg ins Auge gefaßt habe. Die Frage des Doppeltarifs, der Differenzirung von Roggen- und Weizenzoll und ähnliches sei noch gar nicht ernsthaft berathen worden. Die russische Regierung sei fest ent schlossen, die Frage der Handelsverträge als eine rein wirthschaftlicheAngelegenheit von der Politik fernzuhalten. — In Kamerun ist aus Zweckmäßigkeitsgründen für den Sitz des „Gouvernements" der Name ge wechselt worden. Die Ortschaft Kamerun führt fortan den Namen Duala. — Preußische Jubiläums-Denkmünzen werden am 1. Mai nochmals ausgegeben werden. Es sind nach träglich noch 360 000 Fünfmarkstücke und 1 600 000 Zweimarkstücke geprägt worden. Die neuen Münzen werden vom 1. Mai ab in den verschiedenen Staats kassen zur Vertheilung gelangen. — Der chinesische Hirsebranntwein ist manchem deutschen Soldaten verhänqnißvoll geworden. Ei» Korre spondent dec „Köln. Ztg.", der das Gebräu selbst ge- kostet hat und es „chinesischen Schwedenttunk" nennt, schreibt darüber: „Jedenfalls Hobe ich in meinem Leben nichts Aehnlichcs gekostet und hoffe auch bis an mein seliges Ende vor Aehnlichem bewahrt zu bleiben. Von Ferne erinnert der Geschmack an das edle Erzeugniß mittelaltcrlicber Grausamkeit, das auf Deutschlands hohen Schulen noch heute als Schwedentrunk bekannt ist und widerhaarigen, allzu üppigen Füchslein eingeflößt wird. Aber man merkt doch, daß es ein reiner Getreidebrannt wein ist, der eben nur mit chinesischen Mitteln nach chinesischem Geschmack gewonnen wird. Wenn man zu Hause einem deutschen Soldaten in der Kanline diesen Stoff als Schnaps vorsetzen wollte, würde man sich den