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Pächtern schon jetzt in Rechnung gezogen. Die Zuschrift lautet: „Seit einigen Jahren suche ich ein mittleres Gut zu kaufen oder ein größeres zu pachten. Durch Krankheit waren meine Verhandlungen längere Zeit ins Stocken gerathen und nun finde ich auf einmal durch Aussicht auf Erhöhung der Zölle Kauf- und Pachtprei«. forderungen so hinaufgeschraubt, daß man am liebsten gar kein Gebot angiebt. Was nützt eine Erhöhung der Zölle über 5 Mk. auf Weizen und Roggen? Gar nickt«; um so schlimmer der Rückschlag beim nächsten Abschluß der Handelsverträge! Steigt der Preis für Getreide, so verschlingen die größeren Landwirthe alle« — wenig ist so wie so noch vorhanden von befielen Pachtungen und Gütern — um ihre Besitzungen herum. Weshalb erklärt sich die Regierung nicht offen? Es ist doch Rückhalt genug gegen eine Erhöhung der Zölle da. In dieser Ungewißheit schweben jedenfalls noch viele meiner Berufsgenofien; angenehm ist dies gerade nicht." — Ein französischer. Offizier hat de« deutschen Truppen ein vortreffliches Zeugniß ausgestellt. Ein Missionar hat unlängst einen Brief aus dem Norden Chinas bekommen, wo sein Vetter Offizier in der fran. zösischen Armee ist. Der Franzose spricht unverhohlen seine Bewunderung für die deutschen Soldaten aus. Sie seien unleugbar die ersten Truppen in jeder Be ziehung, in der Haltung, Uebung und Kriegstüchtigkeit. Hand in Hand damit gehe strenge Disziplin, williger Gehorsam gegen die Vorgesetzten, freundlicher und herz licher Verkehr mit den Obern. Familiengeist unter den Leuten, die sich wirtlich freundlich untereinander be nähmen und keineswegs eifersüchtig gegenüber ständen. — Bei dem großen MilitärbefreiungS Proccß in Elberfeld hat der Gerichtshof über die Schuld oder Nichtschuld von noch immer 32 Angeklagten zu entscheiden. Der Abschluß des Processes ist daher kaum vor dem 10. Mai zu erwarten. Ob und welches Ergebniß der selbe haben wird, läßt sich, angesichts des beharrlichen Leugcns des Hauptongeklagtcn Baumann, auch noch nicht annährend Voraussagen. Daß Baumann ein volles Menschenalter hindurch „Freimacherei" getrieben hat, kann keinem Zweifel mehr unterliegen. Es ist nur fraglich, ob Baumann, wie verlautet, seine Thätigkeit auf Rathertheilung an die Gestellungspflichtigen, sich an bestimmten Orten zu stellen, beschränkt hat, oder ob ihm nachgewiescn werden kann, daß er Militärärzte bestochen und außerdem den Gestellungspflichtigen auf Täuschung berechnete Mittel, wie Pillen usw. verabreicht hat. Für diese beiden Dinge ist in den sieben Verhandlungstagen noch immer kein Beweis erbrachl worden und es hat den Anschein, als dürste die Bestechung kaum erwiesen werden. Es ist jo am Freitag beschlossen worden, noch den Generalarzt a. D. vr. Lindemann (Münster) und einige andere Militärärzte als Zeugen zu laden. Allein nach den bisherigen Erklärungen des Oberstabsarztes vn. Schimmel, gegen den doch erhebliche Verdachts- gründe vorliege» müssen, sonst würde er nicht schon seit mehreren Monaten verhaftet sein, will es nicht scheinen, daß die Bestechung erwiesen werden könne. Jedenfalls bietet die Verhandlung für den Vaterlandsfreund kein anmuthiges Bild. Welchen Eindruck muß es im Volke machen, wenn Söhne von wohlhabenden Leuten und solche Leute, die sich infolge ihrer Köiperlänge und -Stärke zu Vertheidigern deS Vaterlandes vortrefflich eignen und denen noch obendrein die Berechtigung für den einjährig-freiwilligen Dienst zusteht, alle Hebel in Bewegung setzen und Tausende verausgaben, um sich vom Militärdienst freimachen zu lassen. Es wird be hauptet, daß sowohl bei den Dieckhoffs, als auch bei Baumann das Freimachen ein Familienerbstück sei. Diese Behauptung hat allerdings Baumann mit großer Ent rüstung zurückgewiesen, indem er in den GerichtSsaal hineinries: „Mein Vater hat so etwa« nie gethan, denn er war ein Ehrenmann". Baumann scheint da- nach doch zu fühlen, daß das „Freimachen" nicht zu den ehrenhaften Gewerben gehört. — Die „Köln. Ztg." berichtet aus Peking unter dem 21. April: Das Hauptquartier kündigt den Ab schluß der Untersuchung des Brandes an. Eine Brand stiftung erscheint fast ausgeschlossen. Das Feuer ent stand in der Nebenküche; von dort aus theilte es sich dem Dache mit, dessen Zusammenbruch das Asbesthaus zerdrückte und sechs andere Häuser in Brand setzte. — Das Asbesthaus ist, wie die Hamburger Firma, welche das Haus gebaut hat, im Jnseratentheile der Hamburger Blätter miltheilt, gar kein feuersicheres ge wesen. Die Firma erklärt: Das Tropenhaus des Grafen Waldersee war nicht feuersicher construirt, viel mehr bestand dasselbe aus einem Riegelwerk, dessen Holztheile frei zu Tage traten und in Folge dessen bei Ausbruch einer Feuersbrunst anbrennen konnten. Die bei der Erbauung des Waldersee-Hauses verwendeten Asbestschieferplatten sind nur in die einzelnen Riegel felder eingefügt worden, um die Jnnenräume wirksam gegen die tropische Hitze respective winterliche Kälte zu schützen und das Gebäude leicht transportiren und wieder aufbauen zu können. Auf absolute Feuersicher heit des Gebäudes war also kein besonderer Werth gelegt worden. Südafrika. — Lord Kitchener läßt nichts unversucht, um im nordöstlichen Transvaal da« beabsichtigte große „Kessel treiben" so effektvoll als möglich in Szene zu setzen, und er hat venu auch bereits verschiedene Kolonnen nach Norden und Nordosten ausgesandt, die diese Treib jagd im großen ausführen sollen. Sein Bruder, der Generalmajor Kitchener, rückt von Lydenburg au« vor und berichtet, daß er ein von den Buren zerstörtes Creusot-Geschütz gefunden hat, da« den Tran-vaalern wahrscheinlich für den Transport in die Berge zu schwer gewesen ist. Der Krieg zieht sich immer mehr nach dem nördlichen Transvaal zusammen. Merkwürdigerweise verhalten sich Loui« Botha, Dewet und Delarey völlig ruhig. Man weiß selbst in den burenfreundlichen Kreisen nicht, ob diese eine Vertheidigung de« Zoutepan«- Distriktes vorbereiten, oder nach Süden abgegangen sind, um die britischen Verbindungen an der Wurzel zu fasten. Die britische Abiheilung Plumers wird im Süden von Lydenburg am Oliphants-Flufie gemeldet. China. Huailon, 21. April. Am 18. besetzte ein kleines Detachement der Cavallerie in Ninchuang eine kleine Flußbrücke 5 Kilometer von Lincho entfernt. Am Abend gingen drei Reiter unbewaffnet über die Brücke in eins der benachbarten Häuser. Zwei von ihnen, der Ge freite Kunz und Schmidt, wurden, als sie den Hof be traten, angegriffen und von Chinesen getödtet. Man erwartet eine scharfe Bestrafung des ganzen Dorfes für diese Mordthat. Die Leichen der Getödteten wurden nach Ninchuang gebracht. OertlicheS und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 23. April. — Der Geburtstag dec Königs wurde auch dieses Jahr in unserer Stadt in der Weise wie bisher gefeiert. Am Montag, als am Vorabend, fand im Saale des Hotel Drei Schwanen ein sehr gut besuchter Commers statt, bei welchem die Naumannsche Capelle in bekannt guter Ausführung den musikalischen Theil des Programms zu erledigen hatte. Der Herr Bürgermeister vr. Polster begrüßte die Erschienenen in herzlicher Weise und gab seiner Freude Ausdruck, daß die Zahl der Anwesenden so groß sei, die beweise, wie viel innige Antheilnahme die hiesige Bewohnerschaft dem allverehrten König Albert entgegenbringe. Mit einem „Prosit" eröffnete er den Commers. Die Festrede hielt Herr Rechtsanwalt Or. Dierks. Er griff weit zurück, in die Zeit vor 200 Jahren, als Peter der Große Kaiser von Rußland war, wo sich im Gegensatz zu heute der Herrscher das Herz im Volke erkaufen mußte, während heute bei uns in Sachsen das Herz im Volke für den König schlage. Auch der römische Cäsar habe sich nicht die Liebe seines Volkes erringen können, die unserm König dargebracht werde. Wer Liebe säet, werde auch Liebe ernten, und unser König sei nicht erst nach seiner Thronbesteigung ein guter Sämann gewesen, schon vor seiner Thronbe steigung al» Führer im Kriege, wo er mit Liebe mit seinen Kameraden gefochten habe. Und wo sucht unser König sein Volk am liebsten? In der Werkstatt, bei der Arbeit Er bekundet Interests für das Gewerbe, für den Handel, die Industrie und die Landwirthschast. In dem Leiden seiner letzthin überstandenen Krankheit habe der König am besten die innige Antheilnahme und die Liebe seines Volkes zu ihm kennen gelernt. Er stelle sich wie Kaiser Max die Frage: „Ist denn mein Volk auch glücklich durch mich ?" Die beste Antwort hierauf sei der Wunsch: Gott erhalte und segne unsern König. Ein dreimaliges Hoch auf den König und das Singen der Sachsenhymne folgte dieser fesselnden An sprache. Unter der Leitung des Herrn Cantor Merker sang ein aus den Gesangvereinen „Arion", „Liedertafel" und „Philharmonischer Verein" zusammengesetzter Männer chor die Königshymne: „Vater, kröne du mit Segen unsern König." In markiger Ansprache feierte alsdann ein ehemaliger Soldat den obersten Kriegsherrn des Deutschen Reiches, Kaiser Wilhelm II., mit einem drei- maligen Hoch. Von Mitgliedern der Turnerschast wurde eine Reihe Barren- und Stuhlgrnppen dargestellt, die mit vielem Beifall ausgenommen wurden. Das Pro- gramm war sehrzeitig zu Ende geführt, worauf Herr Musik direktor Naumann mit noch einigen Zugaben aufwartete und ein Kamerad ein kräftiges Hoch auf die Kamerad schaft ausbrachte. Damit erreichte der Commers sein offizielles Ende. — Heute früh sand Weckruf von der Naumann'schen Capelle unter Begleitung der Gewehr- scktionen der hiesigen Militärvereine statt. — In den Schulen, die heule frei hatten, fand Actus statt, bei welchem der König durch Wort und Lied gefeiert wurde. Herr Lehrer Schneider hielt in der 2. Bezirksschule die Ansprache über: „Wodurch hebt sich Sachsen gegenüber anderen Ländern hervor? 1. Durch seine geographische Lage, 2. durch das Beispiel seiner Vorfahren, 3. durch seine Verfassung und 4. durch da« Vorbild unserer Fürsten." — Heute Nachmittag gab die Schützengesell- schäft Artilleriesalven ab und Abends findet noch Fest- mahl im Schwanensaal statt. — Morgen Mittwoch wird von Vormittag 9 Uhr ab in der Hausflur des hiesigen Rathhauses das.Fleisch eines wegen Rothlauf beanstandeten Schweines in gekochtem Zu stände, L Pfund 40 Pfg., öffentlich verkauft. — Aus dem soeben zur Ausgabe gelangten Bericht des evangelischen Landeskonsistoriums über den Zustand der evangelisch-lutherischen Landeskirche im Königreich Sachsen in den Jahren 1896 bis 1900 (erstattet für die nächster Tage zusammentretende Landessynode) ist daS Folgende von allgemeinem Interesse zu entnehmen: Den 3 619 690 Evangelisch-Lutherischen stehen 128018 römische Katholiken gegenüber. Zu diesem traten in der Berichtsperiode nur 224 6,3 v. H. aus der Landes ¬ kirche au«, während die Zahl der Uebertritte von Katholiken zu dieser 1757 — 68.8 v. H. betrug. Die Austritte aus der Landeskirche (3535) überhaupt über wogen die Rück- und Uebertritte zu denselben (2554) um 981; der Zuwachs kam besonders den apostolischen Gemeinden (1472) und den Methodisten (739) zu Gute. Unter den deutschen Landeskirchen steht die sächsische mit dem erheblichen Ueberwiegen der Austritte über die Uebertritte nach wie vor allein da. — Dem Fabrikant Herrn Bernhard Ernst Bößneck in Glauchau ist Titel und Rang als Commerzienrath verliehen worden. — Herr Medicinalrath vr. Hankel in Glauchau erhielt das Ritterkreuz I. Klasse vom Albrechtsorden. — Herr Fabrikant Reinecke^ in Gablenz ist von Seiten des Nationalliberalen Wahlvereins, des konser vativen Kreisvercins und de» konservativen Wahlvereins als Candidat für de» II. Chemnitzer Landtagswahlkrcis aufgestellt worden. Dresden, 22. April Der bekannte antisemitische Agitator Graf Pückler-Klein-Tschirne hatte sich heute vor der hiesigen Strafkammer wegen Aufreizung zum Klassen haß zu verantworten. Da Graf Pückler nicht erschienen war, beschloß das Königliche Landgericht die sofortige Verhaftung deS Grafen. — Am Sonntag hat Se. Majestät der König nach vorher servirtem Frühstück fünfundvierzig Oberförstern je einen Ehren-Hirschfänger ' überreichen lassen aus Dankbarkeit über die Freuden der Jagd, die sie ihm be reitet hätten. Der Hirschfänger trägt am Knauf den königlichen Namenszug, auf der Klinge ist „23. April 1901" eingravirt; jede braune Lederscheide trägt den Namen des Empfängers. Die Hirschfänger haben die jenigen Oberförster bekommen, auf deren Revier Se. Majestät gejagt hoben. Dresden, 23. April. Aus Anlaß des Geburts tages des Königs fand heute Dienstag früh in der Residenz das Wecken durch eine große Reveille statt, die von dem Hornistencorps des Schützenregiments Nr. 108 und des 1. Pionierbataillons Nr. 12 ausge führt wurde. Vormittags '^9 Uhr wurde im Garten der König!. Villa Strehlen dem König eine Morgen musik dargebracht, die von dem Hoboistencorps des 1. Leibgrenadierregiments und von dem Trompetercorps der König!. Gardereiter und des 1. Feldartillerie regiments Nr. 12 ausgeführt wurde. Später trafen dann die Prinzen tnd Prinzessinnen des König!. Hauses zur Beglückwünschung in der Villa zu Strehlen ein. Von 11 Uhr ab empfängt der König die Cavaliere des Hofstaates beider König!. Majestäten, sowie den Ministerialrath im König!. Hausministerium. Hierauf folgen die König!. Leibärzte, die Herren Staatsminister, sowie eine Abordnung von Rath und Stadtverordneten der Stadt Dresden, bestehend aus den Herren Ober bürgermeister Beutler, Stadtbaurath Hasse, Stadtralh Bober, Stadtverordnetenvorsteher Rechtsanwalt Dr. Stöckel, Vicevorsteher Fabrikant Kändler und Kaufmann Anger und zumSchluß den stellvertretendenBischof Präses Manz. Mittags 12 Uhr trifft dann der Kaiser direct von Berlin kommend, mittelst Sonderzuges auf der Halte stelle Strehlen ein. Leipzig. Der durch die Verlegung des 134. Infanterie Regiments nach Planen t. V. frei werdende umfangreiche Exercierplatz am Rosenthal wird mit Häusern in offener Bauweise gebaut. — Zum Streite zwischen Aerzten und Ortskranken kasse in Leipzig ist zu melden, daß in den letzten Tagen wiederholt in der Königl. Kreishauptmannschaft Conferenzeu zwischen einzelnen der Betheiligten und Vertretern der Aufsichtsbehörde stattgefunden haben. Voraussichtlich wird eS Mittwoch, den 24. April, zu Einigungsverhandluugen kommen. Meißen, 22. April. Im benachbarten Gasern ermordete der 35jährige Werkmeister Ziller von hier seine Geliebte, ein 21jähriges junges Mädchen durch Revolverschüsse, worauf er Selbstmord beging. Ziller ist verheirathet und Vater von drei Kindern. Der Mord und Selbstmord dürste aber schon am Donnerstag oder Freitag erfolgt sein, da Vorübergehende schon zu dieser Zeit die beiden Personen haben im Gehölz liegen sehen, davon jedoch zunächst keine Notiz nahmen, da man glaubte, daß sie sich zur Ruhe niedergelassen hätten. Die That ist zweifellos im gegenseitigen Eiuverständniß geschehen, da die Leichen friedlich nebeneinander lagen, der Revolver zwischen ihnen. Das Liebesverhältniß soll schon längere Zeit bestanden und in der Zillerschen Ehe großen Un frieden gestiftet haben, der die Veranlasfung zur That gewesen fein mag. Crimmitschau, 21. April. In hiesiger Gegend ist in der letzten Zeit ein recht gefährlicher Einbrecher aufgetreten. Im benachbarten Rußdorf ist er beim Gut«besitzer Hopfer Nachts am Blitzableiter empor- geklettert und durch ein Fenster in die Kammer eingc- stiegen, au» der er Betten im Werthe von 70 Mark gestohlen hat. Ein ähnlicher Diebstahl wurde beim Gutsbesitzer Weidlich in Blankenhain verübt. Verdacht fällt auf einen Fabrikarbeiter Petzold oder Pfützner aus Stöcken, der wiederholt vagabondirend in der Gegend von Werdau und Crimmitschau gesehen worden ist. Derselbe