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Mittwoch, den 24. April 1901. Nr. 94. Redaction und Expedition: Bahnstraste 3 (nahe dein Ä. Amlögerichl). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Crnstthal. sb Wcichm-imMlll, ÜdkrlnWltz, 8crsS»rs Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf Insertionsgebühren: die fünsgespal^ ^auswärts 12 Pf»-' Raum für den Verbreitunasbezirk 10 PIM/ U^fnabe Rabatt. Reclame 25 Pfg. Äei mehr».« 'ger i» ^is Bor.». Annahme der Inserate für die folgenoe erbeten. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. 10 Uhr. Größere 28. Jahrgang. Montag, den 29. April, Nachm. 3 Uhr kommen an der Wohnung der Firma Winter Uhlig, hier, verschiedene Strumpfwaaren und Regale gegen Baarzahlung öffentlich zur Versteigerung. Der Gerichtsvollzieher beim Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal. Q. 193/01. T a g e k § s ch r ch t c. I L. >- ! > H e s Rei ui Berlin, 22. April. Reichstag. Der Zusatzver trag zum Auslieferungsvertrage mit Belgien wird in erster und zweiter Lesung ohne Debatte erledigt und sodann rn die erste Berathung des Entwurfes eines Süßstoffgesetzes eingetreten. — Abg. Speckh (Centr.) heißt die Vorlage willkommen, die sowohl in Bezug auf die Steuer wie auf die Cautelen beim Vertrieb den Wünschen der vorjährigen Resolution des Hauses entspreche. Bei dem Mangel jeglichen Nährwerthes des Saccharins sei ein solches Vorgehen durchaus zu billigen. Bei der hohen Besteuerung des Zuckers sei es nur recht und billig, das Saccharin entsprechend zu besteuern; allerdings dürfe die Besteuerung nicht so hoch sein, daß sie die Produktion unmöglich mache. Gesundheitsschädlich sei es nicht, wie er sich überzeugt habe. Ein großer Theil seiner Freunde sei der Ansicht, daß die Steuer von 80 Mk. pro Kilogramm vielleicht etwas zu hoch bemessen sei. Beim Zolltarif werde es sich übrigens empfehlen, zu erwägen, ob nicht allgemein zu dem Prinzip überzugehen sei, den Eingangszoll etwas höher zu bemessen, damit er der Jnlandssteuer ent spreche. Ein großer Theil seiner Freunde meine auch, daß es am richtigsten sei, nur den Weg einer ange messen hohen Steuer ohne Verkehrsbeschränkung zu be treten. — Abg. Graf Kanitz (kons.) glaubt nicht, daß die Saccharin-Industrie auch nur den allergeringsten Anspruch auf Schutz durch die Gesetzgebung habe. Ein Hauptfehler sei bei uns die ungenügende Kontrole; des halb kämen bei uns auch so viele Umgehungen des Nahrungsmittelgesetzes, namentlich auch des Margarine- qesetzes vor. tz 4, wonach die Verwendung von Süß stoffen bei der gewerbsmäßigen Herstellung von Nahr- ungs- und Genußmitteln, auch von Backwaaren, unter gewissen Voraussetzungen gestattet bleiben solle, sei am besten zu streichen. Der Steuersatz müsse eigentlich noch höher sein als 80 Mk., doch würde dieser bei ausreichend strenger Kontrole allenfalls hinreichen. Redner regt sodann noch an, da von den 6 Fabriken sich fünf nur nebenbei mit der Herstellung von Saccharin beschäftigen, und nur eine ausschließlich Süßstoffe her stelle, die ersteren fünf angemessen zu entschädigen und die sechste auf das Reich zu übernehmen. — Abg. Wurm (Soz.) bekämpft die Vorlage, die nur ein Liebes dienst für die Agrarier sei; auf Kommando des Abg. Oertel habe die Regierung gehorsamst eine hohe Steuer und die Verkehrsbeschränkung gebracht. Das Saccharin sei das Gewürz der armen Leute, die sich keinen Zucker kaufen könnten um ihr Zichorienwaffer mit Saccharin zu versüßen. Wie kämen wir dazu, dem Zuckerwucher auch noch mit einem solchen Gesetz zu Hilfe zu kommen. — Abg. Dr. Paasche (nat.-lib.) hält dem Vorredner vor, daß derselbe bei Berathung des gegenwärtig be stehenden Saccharingesetzes das Saccharin dem Abg. Hermes gegenüber als Betrugsmittel, nicht als Genuß mittel, charakterisirt habe, und heute stelle Wurm das Saccharin als Genußmittel der armen Leute dar. In Wirklichkeit werde das Saccharin den armen Leuten von den Händlern aufgezwungen, weil letztere bei dem Zucker fast nichts, bei Saccharin sehr viel verdienten. Als Süßmittel sei es billig, weil ihm aber jeder Nähr- werth fehle, sei es theuer. Die Vorlage sei im Großen und Ganzen zweckmäßig. — Schatzsekretär von Thiel mann wendet sich gegen einen Vorschlag des Abg. Speck, das Gesetz auf eine gewisse Reihe von Jahren zu be fristen. Darüber, ob das Gesetz bereits mit Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten solle, statt erst am 1. April, werde sich in der Kommission reden lassen. Nebrigens glaube er, daß das Saccharin immer billiger werven würde. — Abg. Eickhoff (freis.) erklärt sich gegen die Vorlage; die vorgesehene Steuer sei 400fach höher wie die Äertragsabgabe auf Zucker. Saccharin habe allerdings keinen Nährwerth, ermögliche aber doch den ärmeren Klaffen, Speisen rc. billig zu versüßen. Schädlich habe der Saccharingenuß noch nirgends ge wirkt. Die Kontrolbestimmungen erinnerten an das von, Regensburger Reichstag erlassene Jndigoverbot bei Todesstrafe, das gleichwohl auf die Dauer den Ver brauch von Indigo nicht habe verhindern können. — Abg. Rösicke-Kaiserslautern (B. d. L.) spricht sich für den Entwurf aus. Abg. Wurm habe die groß kapitalistischen Interessen einiger wenigen Fabriken ver treten. Man habe im Deutschen Reich keine Veran lassung, das Surrogatwesen zu schützen. Um so mehr Anlaß habe man, die hochwerthige Zuckerindustrie gegen ein solches Surrogat zu schützen; leider wird bei^uns immer noch nicht fest zugegriffen. — Abg. Schrader (freis. Ver.), im Grunde gehe die Vorlage darauf aus, zu Gunsten einer alten Industrie eine neue zu unter drücken. Hätte man dieselben Beweggründe schon seinerzeit auf den Rübenzucker angewandt, so hätten wir jetzt keine Rübenzuckerindustrie, denn da habe es sich doch nur um ein Surrogat für den Rohzucker ge handelt. Ebenso sei die Spiritusbeleuchtung und die elektrische doch nur ein Surrogat für die ältere Gas beleuchtung. Gegen eine mäßige Steuer ließe sich ja nichts sagen, aber mit einer so hohen Steuer wie der hier vorgeschlagenen, fordere man nur die Defraudanten heraus. — Abg. Wurm (Soz.) polemisirt gegen Rösicke- Kaiserslautern, der hier die armen Leute gesundheitlich und gegen Betrug schützen zu wollen behauptet, während er ihnen doch Brot, Fleisch, Zucker und was sie sonst brauchen, vertheuere. — Die Vorlage wird einer Kommission überwiesen. Berlin, 22. April. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: König Albert von Sachsen seiert morgen, am 23. April, persönlich begrüßt und beglückwünscht von dem Kaiser, seinen 73. GeburlStag. Das sächsische Volk und mit ihm die deutsche Nation freuen sich dieses Tages um so mehr, als über den Gesundheitszustand de« allverehrten Bundessürsten seit Wochen keinerlei unbefriedigende Nachrichten mehr verlauteten, sodaß auch in dieser Hinsicht das Fest nicht getrübt erscheint. Möge König Allbert sich noch viele Jahre der Liebe und Verehrung seiner treuen Sachsen, wie des ganzen deutschen Volkes erfreuen! — Der Nachweis über die zur Neichskofse gelangte Jstemnahme an Zöllen und Verbrauchssteuern liegt nun» mehr für das Rechnungsjahr 1900 vor. Die Einnahme hat 803,7 Millionen Mark oder 21,6 Millionen mehr wie im Vorjahre betragen. Von dem Mehr entfallen 3,4 Millionen auf die Zölle, 18.7 Millionen auf die Zuckersteuer, 0,8 Millionen auf die Salzsteuer, 0,7 Mil lionen auf die Branntweinmaterialsteuer und 0,5 Millionen auf die Brausteuer, während die Branntweinverbrauchs gabe ein Weniger von 2,4 Millionen zu verzeichnen hat. Für die Beurtheilung der finanziellen Bedeutung der Einnahmen kommt jedoch weniger ihr Verhältniß zum weist gegenüber oem Etat ein Mehr von über auf. Ueber das Endergcbniß, wie es sich für Neichskasse verbleibenden Einnahmen gestaltet, diesen Zahlen ein abschließendes Urtheil nicht wiiinen, da eine ganze Zahl von Einnahmen die der ist aus zu ge- in den bisher veröffentlichsten Nachweisen fehlt. Dagegen läßt sicht das finanzielle Verhältniß der Einzelflaaten zum Reiche schon ziemlich genau übersehen. Den Einzelstaaten werden die Erträge von Zöllen und Tabaksteuer, abzüg lich 130 Millionen, sowie die der BrannlweinverbrauchS' abgabe und der Reichsstempelabgaben überwiesen. Zölle und Tabaksteuer haben gegen den Etat ein Weniger von 8,8 Millionen ergeben, denen ein Mehr bei der Branntweinverbrauchsabgabe von 2,9 und bei den Reichs stempelabgaben von 7,6, zusammen 10,5 Mill, gegen- übersteht. Danach würde sich also das Verhältniß der Einzelstaaten zum Reiche gegenüber dem Etat gebessert haben. Indessen darf nicht übersehen werden, daß über die Mehreinnahmen von 7,6 Millionen aus den Reichs stempelabgaben bereits insofern verfügt ist, als sie dem Reichsbetriebsfonds zugeführt werden müssen. Demgemäß steht einem Weniger von 8,8 Mill, auf diesem Gebiete nur ein Mehr von 2,9 Millionen gegenüber. Das Ver hältniß der Einzelstauten zum Reiche dürfte sich deshalb gegenüber dem Etat verschlechtert haben, und zwar dürften gemäß diesen Zahlen die Einzelstaaten rund 6 Mill. Mark weniger überwiesen erhalten, als im Etat in Aussicht genommen war. Von vielen Seiten ist vorausgesagt worden, daß eine Erhöhung der Getreidezölle sehr bald zu einer Er- Höhung der Güterpretse und der Pachtgelder führen werde und dann nach kurzer Zeit gerade sowie jetzt werde geklagt werden daß der Betrieb der Landwirthschaft mcht d.e Zinsen decke. Insbesondere haben auch Conrad Brentano und Lotz auf diese Weise unausbleibliche Folge der Erhöhung der Getreidezölle hingewiesen. Wie au! einer von der „Magdeb. Ztg." veröffentlichten Kuk^io hervorgeht, werden bei Kauf, und Mchmrb^ die höheren Getreidepreise von Vettäuf^ Vorjahre als das zum m 2^, H»' rn eine Ein- 1900 hatte an Zöllen und Verbrauchest n nähme von 789,7 Millionen vorges h , Millionen gegenüber dem Etat in Wirklichkeit l Ä veran- beläuft. Die Zölle waren mit 473,2 Weniger schlagt, sie haben 464,5 er einem von 8,7 Millionen ergeben, d.e T°bakst »er ' ^m Eitrage von 12 Millionen um 0,1 Million m Etat zurückgeblieben, die Zuckersteuer ha Millionen gebniß von. 123,3 Millionen ihn um 21,3 ? überstiegen, die Salzsteuer mit 49,5 Mi 108 7 Millionen, die BranntweinverbrauÄsabgi ' Millionen um 2,9 Millionen und d'e Brausteue m 30,8 M.llionen um 0,7 Millionen. Die B a.mlweu^ materialsteuer die mit 0,7 Millionen dir E' Vorjahrs überstiegen bat, ist mit einem E g- 15,7 Millionen um 2,8 Millionen hinter dem 03°t z rückgeblieben, während die Brennsteuer, die un ft - Haupt nicht berücksichtigt ist, mit einem Muni nahezu 1 Million erscheint. Einem Mehr von mSge sammt 26,6 Millionen steht demgemäß em Weniger von 12,6 Millionen Mk. gegenüber, was den oben erwähnten Uebcrschuß von 14 Millionen über den Etat ergievt. Ueber die wetteren Einnahmezweige liegen vereinzelte Nachweise vor. Die Reichsstempelabgaben haben zu sammen einen Ertrag von 61,3 Millionen oder 8,5 Millionen mehr wie im Vorjahre ergeben. Das Mehr gegenüber dem Etat beläuft sich auf 7,6 Millionen Mk. Unler den Siempelabgaben Hal die Börsensteuer allein em Plus von 4 Millionen gegenüber dem Etat zu ver zeichnen, die Loosestcuern ein solches von 3,1 Millionen und der neu eingeführte Stempel für Schiffsfracht»» künden von 0,6 Millionen. Die Wechselstempelsteuer ' 2 Mill.