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Hchnstm-ErnWler Anzeiger TagM für Hshtüßm-ßrsMsI, MlnnOih, Gersdorf, L«M/ WüstmSrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Nemsdorf, Lmgenberg, Falke» n. s. w. Nr. 76. Sonntag, den 31. März 1901.Beilage. feine elSUNik KMvMen U jmW vWö». telus. 'lallet von Ad. 1.— an iolno. lalkot «aunöls, wundervolle 6ivdtkurdeu, ko in Aestreikt. ielu». ka^ounS von Ad. 2.— uu I wlus. Vninn88v8 - - 2.38 - I rvln8vl4. konlnrän - - 1.— - emlit lliM su8 äer Nllkönsrsinok 8k Uolll8el<l. I'ouxe von Ad. 1.— so Leins. Laedüsokosiäs - - 1.— - Itvnxalluo - - 1.25 - I1vIu8v1(I. Oaukrv - - 2.— - 11viu8vi<1. Itrillautö gavr vomüglied im 'Iragon ll8ll'//8ßököi l-M, I. 8. Z^Ot^G OsZSNsQkDfts- uncl 0oN2Srt-I?OkSN. It6l»8eld. lallet, davquard, Aoirö Velour», 4imüro, Vuoli688v, 6ro8- vln88iqnv, I)aeiU88e, Aervoilloiix u. s. w., kür toeklewe 'Inilotton, vou den rnrte»ten di» xu deu duiikelsteu AunneiruuZou. ilsiMStsiosl 8s!üö«bN«! ,Mk" NMzlsili-kimMi Löuigi., Orossdereogl. und Hsrnogl. Ilogiokoraut. 6i'ö88to Madrid kür 8eldeii8toI1v mut 8iEeinI-8eidenImu8 in 8ael>8eii. Filiale: l_6ip^>A, RsioftLstr. 33/35. T ü g s A K e d ch l ch t c. Deutsches Reich. 1 — In dem merkwürdigen Höflichkeits-Duell zwischen ein Abgeordneten Fürst Herbert Bismarck und dem teichskauzler Graf Bülow in der Reichstagssitzung om 19. März gab ersterer, wie erinnerlich, nicht un- utlich seine Zweifel dec vom Reichskanzler befolgten hinapoliük zir erkennen und berief sich dabei auf den on ihm hochgeschätzten früheren Gesandten v. Brandt; ieser habe im vorigen Sommer rind Herbst in der ondoner „Finanzchronik" ziemlich scharfe Artikel cr- hünen lassen, welche nicht alles billigten, was seitens e Mächte, speciell auch seitens Deutschland, in China ischehen sei; die Thatsache, daß der Reichskanzler >crrn v Brandt zu Rathe gezogen habe, gestatte wohl m Rückschluß, daß der Reichskanzler diese Kritiken icht ganz unberechtigt finde. — Der in der Rede des ürstea Herbert Bismarck als Sachverständiger zur hinapoliük orrfgerusene klassische Zeuge Herr v. Brandt hcint indeß sehr wenig von den politischen Ausführ- ngen seines Lobredners erbaut gewesen zu sein; denn ! der letzten hierher gelangten Nummer vom 23. März M er gerade der vom Reichskanzler inaugurirten iolilik die unbedingteste Anerkennung, während er dem er den glalresten Höflichkeilsformen tadelnden Fürsten abert Bismarck, ohne ihn indessen genau zu bezeichnen, i kleines Privatissimum über auswärtige und speciell !>cr die Chinapolitik liest. Herr v. Brandt schreibt . A : „Die vom Grafen von Bülow erklärte und ver- idigte Politik hat den Beifall aller Parteien und her Mächte gefunden, und es ist ihm dieser wohlver- imte Erfolg um so mehr zu gönnen, als seiner äußeren ststliik — unverdienterweise — nicht die Anerkennung : theit geworden ist, die sie nach mehr als einer Seite in verdiente . . ." Und an einer anderen Stelle lagt rar v. Brandt: „Nichts konnte ruhiger, verständiger ed beruhigender sein, als die Rede des Grafen Bülow, ie derselbe am 15. d. M. bei Gelegenheit der Berath- g über die zweite Forderung für die China-Expedition n Reichstage hielt ... Es ist mehr als erwünscht, es i nothwendig, daß die Mächte, so lange sich die China- v^ge in einem akuten Standpunkt befindet — und das ;nt sie, wie Graf v. Bülow sehr richtig bemerkt hat, ss die Entschädigungsfrage ganz und vollständig ge- rgelt sein wird — die Fcdern ihrer zünftigen und un- tmstigen Diplomaten und die Degen ihrer Soldaten r Ordnung zu halten " Herr v. Brandt, der om Fürsten Herbert Bismarck als Schutzpatron für kinc höfliche Kritik angerufen war, steht also völlig Inf dem Standpunkt der vom Reichskanzler befolgten kolitik! Die Sendung des Kolouialdirektors Dr. Stübel lach Loudon beweist zunächst, daß die Entschädigung, «elche China an die Mächte zu zahlen haben wird, loch nicht in den Grundzügen festgestellt ist. Die Imerikanischen Angaben über diese Frage erweisen sich Ils bloße Phantasie. Für die schließliche Abmachung Iber die Entschädigung soll eine Verständigung mit Ingland erfolgen, die für den Abschluß des Ganzen »ne feste Grundlage zu bilden hat. Ebenso geht aus ler Sendung unzweifelhaft hervor, daß auch die Ver- andlungen mit England über die Entschädigung der us Transvaal vertriebenen Deutschen noch weit von >ccm Abschlusse entfernt sind. — Der Elberfelder Militärbefreiungsproceß zieht immehr weitere Kreise. Ec führte bereits zu schärfsten Untersuchungen in anderen Städten. Hierbei ergab sich, Ich ein 72jähriger Mann in Leichlingen gleichfalls Iccative Geschäfte in „Militärbefreiungen" machte. Wie Düsseldorfer Crimiualpolizei ließ durch Spitzel dem »reis, der den Namen Jansen führt, eine Falle stellen Ich verhaftete ihn in Köln, als er den Spitzeln Aerzte »führte. Vor dem Düsseldorfer Gericht wird gleichfalls In 15. April ein Militärbefreiungsproceß verhandelt, lort sitzt bereits ein Arzt, Dr. Sch., seit Monaten in Untersuchungshaft. — Die Verhandlung gegen den Oberleutnant Rüger vom 17. Infanterie-Regiment wegen Ermordung des Hauptmanns Adams von demselben Regiment hat vor dem Oberkriegsgericht in Metz begonnen. Es sind un gefähr 30 Zeugen und 2 medizinische Sachverständige geladen. Der Prozeß wird wahrscheinlich mehrere Tage dauern. — Der Oberbürgermeister von Heilbronn, NeichS- tagsnbgeordneter Hegelmaier, hat die Stuttgarter Stadt- Väter etwas unsanft behandelt. In der Stadivertretung von Heilbronn sollte nämlich die bekannte Petition gegen die Erhöhung der Getreidezölle zur Verhandlung kommen. Das verhinderte der Oberbürgermeister Hegelmaier, in- dem er darauf hinwies, daß die Erörterung solcher An gelegenheiten nicht Sache der Stadtverlretung sei. Als man ihm darauf erwiderte, daß in Stuttgart eine solche Besprechung stattgefunden habe, meinte er: „Wenn Andere einen Unsinn machen, brauche ich ihn nicht mit zumachen." Die Stuttgarter Stadtväler haben darauf hin erwogen, ob sie sich mit Herrn Hegelmaier in einen Kamps Anlassen sollten, sind aber zu dem Entschluß ge kommen, über die Angelegenheit zur Tagesordnung überzugeben. — Daß der südafrikanische Krieg für England nicht nur eine moralische, sondern eine militärische Niederlage bedeutet, daran kann trotz der Erschöpfung der Buren kein Zweifel sein. England ist verhältnißmäßig nicht nur ebenso, sondern mehr erschöpft und deshalb ist das Scheitern der Friedenrverhandlungen mit Botha von den Engländern fast wie ein nationales Unglück em pfunden worden. Der südafrikanische Krieg bat die regierenden Klaffen in Englanv weit härter getroffen als jeder andere Kcwg, den es je geführt hat. Das Heran- ziehen der Aeomancy zum Dienst außer Landes ist zum ersten Male geschehen, der Prozentsatz der gefallenen oder verwundeten Offiziere, die fast ohne Ausnahme den angesehenen Familien angehören, ist erschreckend hoch und endlich sind die Geldopser, die der Krieg gefordert hat und weiter fordert, unerhörte, auch abgesehen von all den Verlusten, die das Stillestehen der Minen, das Stocken von Handel und Industrie, dar Spiel der Börse u. s. s. gebracht haben. Die dem Parlament mitge- theilten Depeschen über die Verhandlungen zwischen Botha und Kitchener sind für die Buren ehrenvoll, wie ihr Gesammtverhalten während des Krieges. Sie haben ihren Frieden nicht aus Kosten der Landsleute aus der Kapkolonie schließet, wollen, die ihnen beigetreten sind. Nebenher mag noch der Umstand mitgespielt haben, daß Milner, den sie kaum weniger Haffen als Cecil Rhodes, die Obrigkeit darstelli, mit der sie sür die Zukunft rechnen müßten. Wenn der Londoner Standard sich darüber lustig macht, daß Botha von „seiner Regierung" redet, der er die englischen Endvorschläge nicht vorlegen könne, so erwidert ibm sehr treffend die Kreuzzeitung: Das ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Spott, der von der englischen Negierung selbst widerlegt werden wird. Denn mit wem soll sie verhandeln und durch wen die ersehnte Unterwerfung erreichen, wenn nicht durch die „Regierung" der Burenrepubliken? Darüber Helsen keine Anmxionsdekrete und keine Proklamationen hinweg. Unrechtmäßig wird der Kampf der Buren erst, wenn die von ihnen gewählte Negierung nach den geltenden Verfaffungsformen mit der englischen Regierung oder ihren Bevollmächtigten abgeschlossen haben wird. Früher wird kein Völkerrechtslehrer die weiter kämpfenden ein zelne» Burenschaaren als außerhalb des Kriegsrechts stehend betrachten, und früher wird auch das empörte Gewissen der gesammten ntchlenglischen Welt sich nicht zufrieden gebe». — Verloren haben die Engländer nach der mit Ende Februar abschließenden amtlichen Verlustliste in Süd afrika 13 801 Todte, darunter 664 Offiziere. Gefallen sind davon nur 3824; an den Wunden nachträglich ge storben 128, an Krankheiten gestorben 8375 usw. Die Zahl der Kranken und Verwundeten beträgt 142 357. — Wie Lord Kitchener Krieg führt und Buren zur Ucbergabe zu zwingen sucht, erzählt der Spezialkorre spondent der „Daily News" in einem längeren Bericht. Darnach wurde an die in kleinen Trupp« im Felde stehenden Buren oder an deren auf den Farmen zurück- gebliebene Angehörige folgende Aufforderung erlassen: „Vom englischen Kommandanten. Ich wünsche Sie auf die dringende Rathsamkeit einer sofortigen Ueber- gabe aufmerksam zu machen. Wenn Sie freiwillig jetzt sich übergeben, so werden Sie mit Milde behandelt und wahrscheinlich nicht (außer Landes) transportirt und am Ende des Krieges wird Ihnen gestattet werden, zu Ihrer Frau und Farm zurückzukehren. Ich warne Sie, daß, wenn Sie sich nicht übergeben, Ihre Farm nieder- gebrannt und Ihr Vieh innerhalb 14 Tagen weg genommen werden wird." (Unterschrift des Komman danten.) Der Korrespondent führt dann als Beispiel einen Fall an, wo eine Aufforderung wie die obige den Frauen im Felde stehender Buren zugesandt wurde, das Vieh aber schon weggetrieben ward, ehe noch die gestellte Frist ablief. Ebenso wurde bereits am zwölften Tage die Farm abgebrannt. In anderen Fällen erhielten die Frauen ein kurzes Avis in Englisch und Holländisch, das einfach lautete: „Der Inhalt des Hauses, der ge- sammte lebende Viehbestand, die Speisevorräthe des (folgt Name), welcher sich auf Kommando befindet, sind konsirzirt." Bremerhaven, 29. März. Nachdem auch auf der Westseite Australiens Pestfälle vorgekommen sind, ist laut Bekanntmachung des hiesigen Quarantäneamtes die gesundheittpolizeiliche Kontrole auf alle aus den Häfen des australischen Festlandes kommenden Schiffe ausgedehnt worden. Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. März. Die hiesigen Blätter drücken bei der Besprechung der Rede des deutschen Kaisers die Be fürchtung aus, daß dieselbe auf das Verhällniß zwischen Militär und Civil eine bedenkliche Rückwirkung ansüben werde. Gerichtsverhandlungen. s Freiberg. Ein überraschendes Urtheil fällte dieser Tage das hiesige Schwurgericht. Ein verheiratheter Maurer war wegen Verbrechens nach § 176 Abs. 1 an geklagt. Er hatte ein Geständniß abgelegt. Die Ver- Iheidigung hatte nicht einmal auf Freisprechung, sondern nur auf Zubilligung mildernder Umstände angelragen. Trotzdem verneinten die Geschworenen die Schuldfrage und der Angeklagte mußte kostenlos freigesprochen werden. Dies Urlheil veranlaßte wahrscheinlich den Vorsitzenden, Herrn Landgerichtsdircktor Oberjustizrath von Wolf, vor Beginn der Verhandlungen am nächsten Tage folgende Worte an die Geschworenen zu richten: „Meine Herren Geschworenen! Ich nehme Veranlassung, meinen Be- grüßungsworlen bei Beginn der Sitzungsperiode einiges hinzuzufügen. Sie sind nicht verpflichtet, sich an die Rechtsanschauungen zu halten, die in anderen, in juri stischen Kreisen herrschen; Sie sind aber verpflichtet, sich a» den Wortlaut des Strafgesetzes zu halten. Wen» also Thatsache» vorliegen, die sich decken mit den Be stimmungen des Strafgesetzes und so die Voraussetzung für eine strafbare Handlung geben, so haben Sie das Schuldig auszusprechen, auch wenn etwa im Publikum verbreitete laxe Meinungen dagegen sprechen oder der Angeklagte Ihres Mitleides würdig ist. Gnade zu üben ist allein das Recht der Krone, und die Geschworenen sind nicht befugt, in dieses Recht einzugreifen. Vermischtes. * Der Besuch eines Gerichtsvollziehers ist selbst dem sich vereinsamt fühlenden Menschen kein sonderlich ange- nehmer, doch dürfte ein solcher unter Umständen weit weniger durch dessen Erscheinen überrascht werden, als vor kurzem die Verwaltung der Pfälzischen Eisenbahnen. Wie die „Straßburger Post" nämlich mittheilt, hatte die erste Civilkammer des Landgerichts Frankenthal dem bei der am 2. November 1898 bei Station Rohrbach statt-