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habe, und erörtern die Frage, wie sich Frankreich bei den bevorstehenden Umwälzungen verhalten müsse. Die amtliche „Wiener Abendvost" erklärt nun unter Hinweis auf diese in letzer Zeit sich häufenden düsteren Vorher sagungen eines TheileS der französischen Presse über die Zukunft der österreichisch-ungarischen Monarchie, eS sei begreiflich, daß die österreichische Presse diesen Phantasiebildern bisher nicht die Ehre erwies, von ihnen Notiz zu nehmen. In neuester Zeit zögen jedoch französische Blätter einer gewissen Richtung in unver schämter, gehässigster, tendenziösester Weise die dem Throne zunächststehenden Mitglieder deS Kaiserhauses in den Kreis der Besprechung. Dies müsse in schärfster Form zurückgewiesen werden. Diese Preßerzeugnisse ziemlich durchsichtiger Absicht verfolgten offenbar den Zweck, zwischen der österreich-ungarischen Monarchie und deren Verbündeten Mißtrauen zu säen. Das Blatt warnt daher die öffentliche Meinung Frankreichs, derartigen Ausstreuungen Gehör zu schenken. — Das seltene Glück, an einem Tage vier Kinder und noch dazu sämmtlich vom selben Jahrgange, zur Einsegnung in die Kirche zu führen, ist dem Sattler meister Wilhelm Meißner in Berlin zu theil geworden. Sein Sohn Wilhelm, geboren am 23. Januar 1886, und die Drillinge Auguste, Luise und Alma, geboren am 1b. December 1886, sind am Montag in der St. Philippus-Apostel-Kirche confirmirt worden. Als die drei Mädel das Licht der Welt erblickten, da hielt der Vater dieses Geschenk nicht für ein Glück, und seiner Schwiegermutter, die er vom Bahnhofe abholte, entfiel ob der Kunde vor Schreck die Handtasche. Als aber der Sohn und die drei Töchter gesund und frisch her anwuchsen und in jugendlichem Frohsinn „Leben in die Bude" brachten, als dank dem Fleiße des Vaters das Geschäft sich hob und vergrößerte, da erkannte dieser das ihm beschickens Glück, und heute giebt es in ganz Berlin keinen stolzeren und glücklicheren Vater als Sattlermeister Meißner. Eine allgemeine Bewegung ging durch die Kirche, als die drei Schwestern, blond haarige, zierliche Erscheinungen mit frischen Gesichtern, vortraten und Superintendent Fräderich sie einsegnete. Nach Schluß des Gottesdienstes konnten Herr Meißner und seine Gattin sich nur mit Mühe aus dem Menschen knäuel freimachen, der sich herandrängte, um ihnen die Hand zu drücken. Ein merkwürdiges Zusammentreffen war eS, daß derselbe Kutscher, der am 2. Januar 1887 die Drillingsschwestern nach der St. Philippus-Apostel- Kirche zur Taufe gefahren hatte, auch die Zügel der Kutsche führte, in der die Confirmanden von der Kirche heimkehrten. — Vor dem englischen Geschworenengerichte zu Shanghai stand kürzlich der Streitfall zwischen zwei deutschen Soldaten und englischen Polizisten aus dem November v. I. zur Verhandlung: Die Anklage richtet sich gegen den englischen Polizeisergeanten Chamgion, welcher der Ueberschrcitung seiner Amtsbefugnisse be schuldigt war. Trotz der für den Angeklagten ungünstigen Rechtsbelehrung des Vorsitzenden Richters kamen die Geschworenen zu einem freisprechenden Urtheil. Aus dem Ergebniß der gerichtlichen Verhandlungen hat aber der Municipalrath in Shanghai Veranlassung genomiuen, den Angeklagten im DiSciplinarwege aus dem Polizei dienste zu entfernen, seinem Bedauern über den Vorfall Ausdruck zu geben und dem verletzten, noch nicht völlig wieder hergestellten deutsche» Soldaten Beblo ein Schmerzensgeld von 1750 Taels (über 5000 M.) zu zuwenden. Rußland. Moskau, 19. März. Auf der nach Wenew bei Tula führenden Zweigbahn der Linie Moskau Rjasan entgleiste gestern Abend ein Personenzug. Die Loco- motive und fünf Wagen stürzten den Eisenbahndamm herab. Zwei Bahnbeamte und sechs Reisende erlitten zum Theil schwere Verletzungen. England. London, 19. März. Die Unterhandlungen mit Botha scheiterten, wie weiter vertraulich verlautet, an der Weigerung der Londoner Regierung, die von Botha geforderte Autonomie in der inneren Verwaltung unter selbstgewählten Burenführern zuzugestehen, die endgiltigen Friedensverhandlungen mit Schalk Burger und Steijn zu führen und die Caprebellen zu begnadigen. Botha nahm bereits am Sonnabend die Operationen wieder auf und besetzte die Delagoa-Bahn. Kitchener erklärt, die englischen Truppen seien gegenwärtig unfähig, ihrer- feits die Offensive zu erneuern, und fordert dringender Verstärkungen. In London ist die Stimmung überaus gedrückt. — In einem Privatbriefe schildert ein englischer Stabsoffizier, der von Belfast im Transvaal unter dem 31. Januar schreibt, wie es dem britischen Oberbefehls haber wieder einmal gelang, mit knapper Noth einem geschickt angelegten Hinterhalte der Buren zu entgehen, und zwar durch seine eigene „Schläue" und „Vorsicht". „General Kitchener hatte die Absicht, auf der Delagoa- bahn nach Middelburg zu fahren, um dort mit dem General Smith-Dorrien betreffs der neuen Operationen im Carolina-Distrikt zu conferiren. Er war auf seiner Reise bis zu der Station von Paar gekommen, hinter welcher die Buren bereits wiederholt Eisenbahnzüge mit Erfolg aufgehalten hatten, weshalb Kitchener ganz besondere Vorsichtsmaßregeln für die Weit^fahrt an ordnete, den langsam fahrenden Zug von einer Schwadron Husaren escortiren und eine Pilot-Locomotive voraus fahren ließ, um die Linie auf ihre Sicherheit zu prüfen. Einige Meilen hinter der Station, wo das Gelände übersichtlicher wird, ließ der General den Zug halten und wartete die Rückkehr seines „Piloten" ab. Die Maschine kehrte bald zurück und der Führer meldete, daß auf Meilen hinaus die Strecke sicher und kein Feind zu sehen sei. Trotzdem jedoch befahl Kitchener, daß ein paar schwerbeladene Wagen einschließlich einiger Personenwaggons, an die Locomotive gekoppelt werden und seinem eigenen Zuge vorausfahren sollten. Diese Vorsichtsmaßregel erwies sich dann auch als durchaus gerechtfertigt, denn an einer besonders verdächtigen Stelle der Strecke explodirte beim Passiren des ersten Zuges plötzlich eine Dynamit-Mine und zerstörte Maschine und Wagen beinahe vollständig. Dann stürmten ebenso plötzlich einige Hundert Buren, die ganz in der Nähe in Bereitschaft gelegen hatten, auf die Bahnlinie vor, wahrscheinlich in dem festen Glauben, daß sie diesmal den General in ihre Gewalt bekommen hätten, um dann aber zu ihrer Enttäuschung nur den armen schwerverwundeten Locomotivführer unter den Trümmern des Zuges vorzufinden. Kitchener dampfte jedoch sofort nach der Station Paar zurück, indem er gleichzeitig die Husarenschwadron gegen die Buren vor sandte. Ihr erging es aber schlecht; sie wurde von den Feinden durch wohlgezieltes Schnellfeuer sofort in wilde Flucht gejagt und verlor sieben Todte, 18 Ver wundete und 15 Gefangene." Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 20. März. — Am 28. December 1899 bildete sich für den Bezirk der Kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau eine Haftpflichlversicherungsgenossenschaft. Dieselbe hat den Zweck, ibren Mitgliedern Schutz gegen die Folgen der gesetzlichen Haftpflicht zu gewähren. Diese Genossenschaft hielt am Montag in Glauchau ihre 1. Jahreshaupt. Versammlung, zu der Herr Amtshauptmann Ebmeier anwesend war, unter Leitung des Herrn Vorsitzenden, Bürgermeister Prahtel in Callnberg, ab. In dieser Versammlung waren vertreten 44 politische Gemeinden, 14 Kirchengemeinden, 13 Schulgemeinden und 7 selbst ständige Gutsbezirke. Das Hauptinteresse der aus 7 Punkten bestehenden Tagesordnung war naturgemäß dem ersten vorliegenden Verwaltungsberichte zugewendet. Aus demselben ist zu entnehmen: Der Genossenschaft gehören z. Z. an 74 politische Gemeinden, 38 Kirchen gemeinden, 44 Schulgemeinden und 9 selbstständige Gutsbezirke, insgesammt 165 Mitglieder. Sie ist als juristische Person in das Genoffenschafts-Register des Königlichen Amtsgerichts Glauchau eingetragen. Der Vorstand der Genossenschaft besteht z. Z. aus den Herren Bürgermeister Prahtel, Callnberg, Vorsitzender; Gemeinde- Vorstand Leithold, Tettau, Stellvertreter; Pfarrer Tröger, Jerisau, Schriftführer; Rentvecwalter Letz, Waldenburg, Stellvertreter; Gemeindevorstand Lippmann, St. Egidien, Schatzmeister und Superintendent Weidauer, Glauchau, Gemeindevorstand Oppermann, Oberlungwitz und Ge meindevorstand Kühn, Oberwiera, als Beisitzer. Der nach dem Rechnungsabschlusse im ersten Jahre er zielte Vermögcnsbestand an 1520 Mk. 26 Pf. ist zufolge Beschlusses der Hauptversammlung dem Reservefond überwiesen und in der Sparkasse zu St. Egidien ange legt worden. In dem verflossenen ersten Verwaltungs jahre waren fünf Anträge um Uebernahme beanspruchter Schädenvergütungen auf die Genossenschaft angebracht worden. Von den angemeldeten Ansprüchen wurden drei zurückgewiesen, in einem Falle die geforderte geringe Entschädigung gezahlt, ein Fall ist noch nicht entschieden. Die sämmtlichen 5 Anträge wurden der Versammlung vorgetragen. In der dabei erfolgten Aussprache unter den Genossenschaftsmitgliedern dienten besonders die sachdienlichen Ausführungen des Herrn Amtshauptmanns dazu, hervorgetrctene irrige Auffassungen über den Zweck der Genossenschaft zu widerlegen und richtig zu stellen. Ein Vorschlag des Genossenschafts-Vorstandes um Ein gehung eines Rückvcrsicherungsantrags mit einer Ver sicherungsgesellschaft wurde von der Versammlung abge lehnt. Zu Mitgliedern des Schiedsgerichts wurden für jeden Amtsgerichtsbezirk des amtshauptmannschaftlichen Bezirks zwei gewählt, und zwari für den Amtsgerichtsbezirk Glauchau: Rentamtmann Henng, Glauchau, Pfarrer Lohmann, Lobsdorf; für den Amtsgerichtsbezirk Meerane: Gemeinde-Vorstand Kolditz, Dennheritz, Gemeinde-Vor- stand Tetzner, Schönberg; für den Amtsgerichtsbezirk Hohenstein-Ernstthal: Gemeindevorstand Göhler, Gersdorf, Pfarrer Schmidt, Hohenstein-Ernstthal; für den Amts- qerichtsbezirk Lichtenstein: Gemeinde-Vorstand Schubert, Mülsen St. Jacob, Pfarrer Kleinpoul, Bernsdorf; für den Amtsgerichtsbezirk Waldenburg: Gutsvorsteher Sonntag, Grumbach, Gemeinde-Vorstand Landgraf, Dürrenuhlsdorf. — Wie man der „Frkf. Ztg." aus Sachsen schreibt, ist der lähmende Einfluß der Krise gegenwärtig in allen sächsischen Jndustriebezirken zu spüren. In zahlreichen Fabriken der Dresdner Gegend hat die Arbeitszeit ver kürzt werden müssen, einzelne Fabriken haben ein Drittel ihrer Arbeiter entlassen, im Chemnitzer Bezirke fanden Arbeiterentlassungen sowohl in der Maschinen-, wie in der Textilindustrie statt, in der Crimmitschau-Werdauer Gegend haben die Vigognespinnereien, ebenso aber auch andere Industrien die Arbeitszeit beschränkt, in Johann georgenstadt arbeiten die Handschuhmacher jetzt von Vormittags 9 bis Nachmittags 4 Uhr und verdienen dabei fünf Mark wöchentlich. In den Webereien wird die Arbeitszeit gleichfalls verkürzt; im Vogtlande und in der Lausitz sind Handwerkerlöhne von 4—5 Mark wöchentlich nicht selten. Die Löhne werden voraussicht lich noch mehr zurückgehen; ganz bestimmt ist dieses in der Strumpfwirkerei der Chemnitzer Gegend der Fall, sobald die gegenwärtig in der Ausführung begriffenen Aufträge sich erledigt haben. In dieser Industrie wurden die Löhne schon kürzlich herabgesetzt. Auch in der Kirchberger Tuchindustrie ist die Arbeitszeit verkürzt und es giebt dort Familien, die mit 10 Mark die Woche auskommen müßen. In den größeren sächsischen Städten macht sich die Arbeitslosigkeit in erschreckender Weise bemerkbar. — Der Bundesrach hat auf Antrag des Reichs kanzler« beschlossen, den Eisenbahnfahrpreis für beurlaubte Militärpersonen vom Feldwebel abwärts von 1,5 Psg. auf 1 Pfg. für den Mann und das Kilometer herab zusetzen. Diese Aenderung des Militärtarifes, wodurch die zur Zeit bestehende Unterscheidung in den Sätzen für dienstliche und für Urlaubsreifen beseitigt wird, tritt am 1. April dieses Jahres in Wirksamkeit, so daß die während der Osterfeiertage beurlaubten Mannschaften die Fahrpreisermäßigung schon genießen können. — Die amtliche „Leipziger Zeitung" fragt im Hin blick auf die vor einigen Monaten von der Staats regierung genehmigte Lotterie zum Besten des Leipziger Völkerschlachtdenkmals, warum man noch zögere und die Loose nicht endlich ausgebe. Das Allheilmittel für derlei Bauten, deren Vollendung an der Unzulänglichkeit der Mittel kranke, sei die staatlich genehmigte Lotterie, und wenn es kein Frevel sei, unsere herrlichsten Gottes häuser (in Köln, Ulm, Meißen und anderwärts) mit Hilfe von Lotterieüberschüssen auszubauen und zu vollenden, sei selbstverständlich auch der Einwurf, eine Lotterie sei der großen Sache unwürdig, ohne weiteres hinfällig. Andernfalls würde das lebende Geschlecht den fertigen Bau kaum zu sehen bekommen, cs müßte denn sein, daß die hundertste Wiederkehr der Schlacht tage noch einmal die Opfcrfreudigkeit aufleben lasse. Ein Zurück könne es jetzt, wo die Ausführung schon in den Anfängen begriffen fei und man schon 400000 M. verbaut habe, nicht mehr geben. — Die in Dresden erscheinende antisemitische Tages zeitung „Deutsche Wacht" wird demnächst eingehen bez. in andere Hände übergehen. Die „Aktiengesellschaft Deutsche Wacht" hat am 29. März ihre Generalver- sammlung, wozu der Vorstand der Gesellschaft den An trag stellt, die Gesellschaft aufzulösen und das „Gesell- schastsvermögen" im Ganzen zu veräußern. — In Stollberg (Erzgeb.) wurde, wie ein Berliner Blatt berichtet, der hochangesehene, ungefähr 54 Jahre alte Stadtrath und Buchdruckereibesitzer Keller wegen Sittlichkeilsverbrechen, begangen an Schulmädchen, verhaftet. Das Vorkommniß erregt dort und in der Umgegend großes Aussehen. Wolkenstein, 19. März. Ein sehr bedauer licher Fall ereignete sich hier, indem der Bahnwärter Küchler im Betriebsgraben der Holzstoff-Fabrik der Peniger Aktiengesellschaft seinen Tod fand. Ein Arbeiter der genannten Fabrik wurde durch einen angeschwemmten Hut aufmerksam gemacht. Es wurde sofort der Graben abgesucht, wobei man dann den Ertrunkenen auffand. Der Bedauernswerthe, welcher auf den sogenannten Fischhäusern wohnt, hat jedenfalls gestern Abend beim Nachhauseweg deu in der Nähe obengenannter Fabrik gelegenen Brückenübergang verfehlt und ist in den Mühl graben gestürzt. — Ein ebenfalls bedauerlicher Fall ereignete sich in dem in der Nähe der Fabrik Falken horst bei Wolkenstein gelegenen Walde. Dort kam der Schulknabe Pietzold aus Wolkenstein so unglücklich zu Falle, daß er das Ellenbogen-Gelenk ausfiel und den Vorderarm zweimal brach. Nur darum! Es riecht nach Frieden in der Welt John Bull den dauert jetzt sein Geld! Und auch das Hauptmaterial Wird ihm nun knapp mit einem Mal. Mit einem Mal? Ach nein, schon lang Ward ihm um die Beschaffung bang, Man muß zu fragen sich bequemen: Woher die vielen Söldner nehmen, Die nach und nach der Krieg verschlingt, Wie es das „Siegen" mit sich bringt? Und auch die Pest stellt sich jetzt ein Und lichtet Englands Kriegerreih'n, Und noch ein Feind stellt seinen Mann, Der böse Winter zieht heran! Von alle» Seiten ruft man Halt! Und braucht man auch nicht gleich Gewalt, John Bull ward ja in unsren Tagen Moralisch hundertfach geschlagen. Und lenkt er jetzt zum Frieden ein Kann dennoch das der Grund nicht sein, Eins nur drückt ihn — das schöne Geld! D'rum riecht's nach Frieden in der Welt. Deutscher Michel.